On Tour 19-GB SCO „Ganz ohne Frittenbude…“

Highlands typisch
Highlands typisch

…geht es hier in den nördlichen Highlands auch nicht,  zumindest nicht in den touristischen Zentren wie in Ullapool (noch an der Westküste), in Durness (an der Nordwestspitze), in Thurso (schon an der östlichen Nordküste) oder in Wick (an der Ostküste). Wenn es sie aber nicht gäbe, wie käme man sonst an die leckeren Fish & Chips? Ohne diese „Take-Away-Mahlzeit“ wäre Schottland gefühlsmäßig sicherlich nicht vollständig.

Glücklicherweise präsentiert sich die entsprechende Tourismusinfrastruktur eher unauffällig bei weit umspannenden, wirklich nützlichen und erfüllenden Informationen. Wir wollen auch positiv anmerken, dass nicht auf jedem Parkplatz mit schöner Aussicht einer dieser Verkaufswagen vor sich hin duftet oder lärmt (Diesel betriebener Moppel), so wie wir es des Öfteren besonders auf der Insel Skye erlebt haben.

Ullapool
Ullapool

Die vier oben erwähnten Orte geben auch Anfangs- und Endpunkt des West-Nord-Ost-Reiseabschnittes an. Gut 400km quer durch die Upper Highlands, entlang der nördlichen Küstenroute (A 838 bzw. A836) und anschießend südlich bis Wick (A 99).

Das Seebad Ullapool fischt dabei wohl die meisten Touristen aus dem Hochsaisonstrom. Fast blendend weiß strahlen seine Häuserfronten entlang der auf Terassen bebauten Straßen. Folglich wird sie auch als „Weiße Stadt am Meer“ bezeichnet. Touristisch wichtig ist Ullapool u.a. wegen seiner Fährverbindung zu den Äußeren Hebriden. Und als wohl berühmtester Gast weilte Oskar Kokoschka mitunter hier, denn, so heißt es, er soll die hiesigen Farben durch den „scatty sunshine and soft rain“ so sehr gemocht haben. Beides durften wir auch genießen, die Malsession haben wir allerdings ausgelassen.

Inverewe Garden
Inverewe Garden

Der Ort Durness besteht aus einem Hotel, einem Café, einer gut sortierten Touristeninformation und wenigen, recht verstreut liegenden Häusern. Wer in diese Nordwestecke tourt, interessiert sich bestimmt für das „Cape Wrath“, welches nur mit Personenfähre und anschießender Wanderung, als Fahrradstrecke oder per Shuttlebus zu erreichen ist. In allen Fällen beträgt die einfache Distanz rund 18km. Leichter zugänglich und ortsnäher hingegen kommt die „Smoo Cave“ einher. Eigentlich sind es ja drei Höhlenabschnitte, aber nur einer davon, das größte Höhlengewölbe kann per pedes begangen werden. In die anderen beiden paddelt eine Schlauchboot-Höhlentour. Imposant beginnt bereits der Treppenabstieg in die Felsenschlucht, von den eigentlichen Gewölben ganz zu schweigen. Anschließend bietet sich ein prächtiger Rundgang mit Viewpoint über die benachbarten Wiesen an, immer direkt an der Felskante entlang.

Einsame Strände an der Nordküste
Einsame Strände an der Nordküste

Für den nächsten Städtestopp erweist sich Thurso als gute Gelegenheit. Diese ehemalige Wikingerbastion mit Fischereihafen dient heute vom nahen Scrabster aus als Sprungbrett für die Orkney Inseln. In der kleinen Fußgängerzone herrscht reges Treiben. Dort findet der Reisende auch die moderne Touristeninformation, gekoppelt mit einem hervorragenden Museum über den berühmtesten Sohn der Stadt, Robert Dick (1811-1866), seines Zeichens Botaniker und Geologe. „Verweile doch, du bist so schön“, könnte man in Faustscher Anlehnung sagen.

John o' Groats
John o‘ Groats

Schließlich ist es dann ein Katzensprung zur Nordwestspitze in das kleine Dorf John O’Groats. Das ganze besteht eigentlich nur aus einem in Bonbonfarben schillernden Hotel samt hässlichen Ferienhütten, einem Minihafen für Tagestouren auf die Orkney Islands, dem Craft Village mit viel Ladenleerstand, einem Campingplatz und nicht zu vergessen dem Minimuseum zu „The Last House“. Am Interessantesten ist eigentlich die Namensgebung dieser Siedlung. Es war der Holländer Jan de Groot, der Anfang des 16.Jh. sich hier niederließ, ein achteckiges Haus – heute das o.g. Hotel – baute bzw. die erste Fährverbindung zu den Orkney Inseln einrichtete.

Stacks of Duncansby
Stacks of Duncansby

Auch er wusste sicherlich das in der Nähe liegende Naturkleinod, die Stacks of Duncansby am nur 4km entfernten Duncansbay Head zu schätzen. Felsgebilde, Zuckerhüten ähnlich, ragen in Küstennähe nahe der Cliffs aus dem Wasser empor. Als Wanderung von John o’Groats aus bilden sie ein lohnendes, hübsch anzusehendes Ziel, immer nur die Wiesen- und Felsküste entlang.

Wick, der Name weist gleich auf die Bedeutung hin, denn er leitet sich bekanntlich von „vik“/geschütze Bucht ab. Als ehemalige Vikingerhochburg, pflegt sie auch heute noch dieses Erbe der „norsemen“. Von fünf, den Blick einfangenden Türmen überragt,  präsentiert sie sich als kleine, lebendige Hafenstadt mit ansprechender Fußgängerzone.

Und die Landschaft zwischen diesen Besiedlungsschwerpunkten? Einfach grandios!

Bergauf bergab schlendert man durch die Bergkette um den Ben More Assynt  (knapp 1.000m) im Gebiet Easter Ross, vorbei an den nur unwesentlich niedrigeren Gipfeln des Ben Hee oder des Foinaven.

 

Corrieshalloch Gorge
Corrieshalloch Gorge

In diese Bergketten eingebettet ruhen zahlreiche Lochs,  z.B. der Loch Assynt, der Loch Shin oder auch Loch More, alles wunderschöne Seen inmitten einer hügeligen bis bergigen Hochmoorlandschaft, bis hin zum bizarren Corrieshalloch Gorge mit Wasserfall und schwankender Hängebrücke.

Als Loch werden aber nicht nur die Binnengewässer bezeichnet. Auch schmale, seenartige Buchten mit Meereszugang tragen diesen Namen, wie Loch Inver, Loch Laxford oderLoch Eribol (von West nach Nord). Verbreitern sie sich dann, wechseln sie über zu Bays. Besonders die Nordküste weist einige bemerkenswerte davon auf, wie die Tongue Bay, die Thurso Bay oder die Dunnet Bay. Gemeinsam haben sie alle ihre unbeschreiblichen Ausblicke, vielfach von hohen Felsklippen herab oder ihre weißen, menschenleeren Sandstrände und –buchten.

Leuchtturm zu verkaufen
Leuchtturm zu verkaufen

Apropos Dunnet Bay, hier erreicht man den nördlichsten Punkt Schottlands, oder besser von Englands Mainland. Wer sich dort niederlassen möchte, kann den dazugehörigen Leuchtturm käuflich erwerben. Einige Töpfe Farbe, den Rasenmäher mehrmals über das umliegende Gelände geschickt, nicht zu reden von sicherlich notwendigen Innenreparaturen, und schon hat man sich ein Paradies geschaffen.

Je weiter man nach Osten vordringt, desto flacher zeigt sich die Landschaft. Die westliche Gebirgswelt wird abgelöst durch eine nahezu horizontlose Hochebene.

Schneller Brüter
Schneller Brüter
mit Windpark
mit Windpark

Auf ihr taucht weithin sichtbar der ehemalige „Schnelle Brüter“ auf, der seinerzeit erste seiner Art, 1977 wieder stillgelegt. Als ob die Energiewende exemplarisch vollzogen werden soll, drehen sich fast genau gegenüber die Flügel zweier Windparks. Anschauungsunterricht pur!

Und zum Schluss noch etwas Gymnastik! Die Whaligoe Steps im Dorf Ulbster führen hinab in den alten Hafen. Gut 300 Stufen taucht man ein in die Schlucht. Und später erklimmt an sie natürlich auch wieder in umgekehrter Richtung.

Whaligoe Steps
Whaligoe Steps

1799 angelegt, war der Fischereihafen noch bis 1954 in Betrieb, ein etwas außergewöhnlicher Betrieb allerdings. Um die Fischerboote vor rauer See zu sichern, mussten sie mit Seilen und Flaschenzug jedes Mal auf den Kai gehoben werden. Das war ein Knochenjob, erklärte uns der Stepkeeper. Er hat sich den musealen Erhalt der Treppen und des Hafens zur Lebensaufgabe gemacht, da sein Großvater der letzte aktive Fischer an dieser Hafenanlage war.  Gefangen wurde natürlich auf alles, was das Meer hergab. Die Heringe wurden direkt vor Ort, unten am Hafenkai in Fässern eingesalzen. Die Fässer selbst stellte man oben auf dem Felsrücken in einer  kleinen Werkstatt her und transportierte sie einzeln auf Schultern nach unten. Das war der zweite Knochenjob. Man fing allerdings nicht nur Heringe. Der Beifang, bestehend aus allen möglichen Fischsorten, Hummern, Krebsen und Muscheln, wurde in Körben nach oben transportiert. Das war der dritte Knochenjob, den allerdings die Fischersfrauen zu erledigen hatten. Aus purer Menschlichkeit hatte man deshalb an die Treppenbegrenzung alle 100m eine kleine Ausruhplattform gebaut. Nun, so ein geschützter Naturhafen kostet seinen Preis!

Unser neues Buch – 5 Jahreszeiten Nordamerika

Nun ist es – bald – soweit.

Im Herbst 2014 wird unser neues Buch auf den Markt kommen.

Es war und ist wieder ein tolles Unterfangen – fesselnd die Reise in 2013, spannend die Bucherstellung, günstig der Verkaufspreis.

Und deshalb machen wir heute folgendes Angebot:

Subskriptionspreis: €12,00 (zzgl. Versandkosten), gültig bis 30.Sept.2014 bei direkter Bestellung bei uns unter wolf@leichsenring.net

Späterer Ladenpreis: €14,80 (zzgl. Versandkosten)

Die Auslieferung erfolgt unmittelbar nach Erscheinen des Buches bzw. nach Rückkehr von unserer aktuellen ca. 6-monatigen Europatour.

Weitere Informationen über unsere Neuerscheinung gibt es hier.

On Tour 18-GB SCO „Inseln am Rande des Meeres“

Isle of Skye-Cuillin Hills
Isle of Skye-Cuillin Hills

So lautet eine der möglichen Wortbedeutungen der Inselgruppe „Hebriden“. Der Volksmund nennt sie einfach „Western Isles“, da die aus rund 500 großen, kleinen und winzigen Eilanden bestehende Inselkette sich auf Schottlands Westseite in den Atlantik erstreckt. Die insgesamt knapp 50.000 Einwohner bevölkern nicht einmal ein Drittel der Inselgruppe, der Rest ist Schafen oder nur noch der puren Natur vorbehalten. Und so liegt es nahe, dass die Inneren Hebriden wiederum mehr als zwei Drittel der Einwohner beherbergen im Vergleich zu den Äußeren Hebriden.

Isle of Skye-Kilt Rock
Isle of Skye-Kilt Rock

Touristisch am bekanntesten ist die Insel Skye von den Inneren Hebriden. Nach einer kurzen Fährüberfahrt von Mallaig nach Armandale eröffnet sich dem Reisenden ein einziges „Naturschutzgebiet“, nicht vom Status aber von der Schönheit her. Man durchquere die südliche Halbinsel Sleat und verlasse die „breite“ Durchgangsstraße möglichst oft zu den kleinen Küstenorten wie Tarskavaig oder Ord. Besonders eindrucksvoll präsentiert sich die Landschaft dann ab Broadford gen Süden in die Fischersiedlung Elgol. Rund 50km auf einspuriger Berg- und Talbahnstraße (bis zu 25% Steigung bzw. Gefälle) gleiten wir entlang der Blaven Hills und den markant schroffen Cullin Hills. Was hier Hügel genannt wird, entpuppt sich als felsiges Mittelgebirge von knapp 1.000m Gipfelhöhe.

Elgols Charme entfaltet sich am stärksten in der Abendsonne, wenn sie hinter den Cullin Hills rosarot versinkt. Am Tage dann lohnt sich ein Bootsausflug hinein in den meeresoffenen Loch Coruisk. Die Seehundkolonien auf den flachgewaschenen Felsen sind das eine, eine Wanderung in der Einsamkeit immer der steilen Cullin-Wand entgegen das andere. Beides hat seinen ausgesprochenen Reiz. Die Länge der Wanderung (zwischen zwei und sechs Stunden)  kann man selbst entscheiden, muss man vorher lediglich dem Bootsführer die gewünschte Abholzeit angeben und auch pünktlich am Abholanlegeplatz wieder auftauchen, sonst droht Übernachtung im Freien mit morgendlicher Dusche an den nahegelegenen Stromschnellen und Frühstück aus frischem Gras und Quellwasser.

Kommen wir noch einmal zurück auf die einspurigen, zwei Meter breiten Straßen, ausgeschildert als „Single Track Road with Passing Places“. Das klappt eigentlich alles ganz hervorragend, wenn man einige Regeln einhält. Wir reden hier nicht über Geschwindigkeit oder Linksverkehr. Beides erübrigt sich bei der Enge von allein. Die beiden Problempunkte auf diesen Straßen sind zunächst die einheimischen Verkehrsteilnehmer. So bekommt man stets den guten Rat mit auf den Weg, die Frustrationsschwelle der mobilen Inselbewohner nicht zu stark zu strapazieren. Deshalb wurden reichlich Schilder aufgestellt, die den gemächlich dahinrollenden, touristischen Verkehrsteilnehmer auffordern, an den Ausweichplätzen die „einheimisch eiligeren Berufsverkehr“ überholen zu lassen, da sie in den besucherärmeren Jahreszeiten an höhere Geschwindigkeiten gewöhnt seien. Alles andere würde nur den Frust erhöhen mit gesteigerter Unfallgefahr.

Isle of Skye
Isle of Skye

Als eine viel größere Unfallquelle werden allerdings die unzähligen Schafe angegeben, die ja am Straßenrand leben. „Um es klar zu sagen“, so lautet der ratschlagmäßige Verkehrsfunk, „es handelt sich bei diesen Tieren nicht um knuddelige, freundliche Wollhüpfer mit einer magnetischen Anziehungskraft für Autokollisionen. Vielmehr soll man sie ansehen und behandeln als dümmlich-vergessliche, planlose aber auch hinterhältige Wesen, die offensichtlich von einem habgierigen, dem Bankrott nahestehenden Autohändler engagiert wurden, um möglichst viele Fahrzeuge in den Graben zu zwingen. Kurz, die Schafe sind eine Bedrohung ohne irgendeinen Sinn für Straßenverkehr, seit Generationen am Straßenrand geboren, aufgewachsen und dort gelebt, chronisch unempfindlich für Akustik-und Lichthupen“.

Vergessen wir über all dieses Regelwerk die Inselschönheit nicht. Im westlichen Zentrumsbereich prangt und prunkt „Dunvegan Castle and Gardens“, ein Vorzeigeschloss innen wie außen. Wir wollen hier nicht die jahrhundertalte, zwistige Historie der MacDonalds und MacLeods en dentail auftischen. Es sei nur so viel gesagt: Friedlich ging es selten zu zwischen diesen beiden Clans, was aber keinen davon abhielt, die jeweiligen Nachkömmlinge miteinander zu verheiraten, wenn Vorteile und Gewinnmaximierung in Aussicht standen. Die Ahnengalerie legt beredtes Zeugnis davon ab. Auch davon, wie man mit den Feinden des anderen Clans umging. Lebenslange Haft war an der Tagesordnung. Ins Gefängnis wurde man buchstäblich geworfen, d.h. der Delinquent wurde durch ein enges Loch rund fünf Meter tief in seinen Kerker gepresst immer als „one way ticket“. Sollte er diese Prozedur überlebt haben, ging man davon aus, dass Hunger und Kälte ihm ein Ende bereiteten. Für ganz Hartgesottene, die auch diese Lebensweise einige Zeit überstanden, wurde dann einfach die zum Meer ausgerichtete Tür geöffnet, so dass die aufsteigende Flut „den Rest erledigte“. Der heutige „MacLeod-Chief“, es ist bereits der 30. in der Geschlechternachfolge, kümmert sich dagegen lieber um seinen Garten und Reitturniere.

Der Weg führt Richtung Inselosten in die Hauptstadt von Skye nach Portree. Gemütlich, nett anzusehen ist dieser Ort mit seinen bunten Häuschen und dem Naturhafen, ein Städtchen von Touristen gefüllt. Dann kann man sich auch schon wieder auf den Rundkurs in die Nordhalbinsel, hinauf nach Duntulm mit Burgruine begeben. Die Landschaft mit dem gebirgigen, bizarren „Old Man of Storr“ und den unbeschreiblichen Küstenausblicken spielen die Hauptrollen in dieser Szenerie. Dazwischen verstreut kleine Orte wie hingetüpfelt in dieses Gemälde aus Klippen, Weiden und Berge. Knapp 70km Rundfahrt wie im Film, bis man den Hafenort Uig an der Westküste erreicht, den Ausgangspunkt für die Fähren zu den Äußeren Hebriden.

Insel Lewis
Insel Lewis

Was charakterisiert sie, diese Inseln weit draußen entfernt von Schottlands Westküste? Sie sind von Wasser umgeben wie von Wasser durchtränkt durch unzählige große und kleine Seen. Bei Windstille, Wärme und menschlicher Kreatur in der Nähe fühlen sich die Midges wie im Paradies. Die südlichen Inseln gleichen Hochmooren mit intensivem Torfabbau. Gefährlich ist es, die Straße zu verlassen. Dabei bleibt die Landschaft der vier Einzelinseln (Norduist, Benbecula,,Süduist und Eriskay) relativ eben und schlängelt sich durch die  bis zu 600m hohen, abgeflachten Hügel. Endlose, schneeweiße Strände bleiben trotz Hochsommer und Hochsaison so gut wie menschenleer. Die wenigen Einwohner können dieses Vakuum auch nicht ausgleichen. Schafe sieht man öfter. Und sie stellen neben ein wenig Fischfang und zarten touristischen Strukturen die einzige Einkommensquelle dar.

Wer diese Inselkette in Nordsüdrichtung (ca. 100km) auf der fast einzigen Straße befährt, findet immer mal wieder Häuseransammlungen. Manche tragen Ortsnamen wie Lochmaddy oder Lockboisdale, die meisten nicht. Also, wer die teilweise raue Einsamkeit liebt, wird sie nach knapp zwei Stunden Fährfahrt hier finden. Daran ändert auch der Inselflughafen nicht viel.

Insel Lewis Standing Stones
Insel Lewis Standing Stones

Einen auffälligen Unterschied zwischen Nord- und Süduist kann der Reisende schnell feststellen: In Süduist erheben sich eine Reihe von Marienstatuen. Und als ob es nicht genügte, dass das Meer die Landschaft teilt. Nein, es herrscht auch eine religiöse Spaltung: Norduist protestantisch, Süduist katholisch.

Belebter als auf den Uist-Eilanden geht es hingegen auf der „oberen“, nördlichen Inselgruppe zu, auf Harris und Lewis. Eigentlich handelt es sich lediglich um eine Insel. Insgesamt wirken Harris und Lewis belebter, auch durch vermehrten Tourismus.

Insel Harris
Insel Harris

Markenzeichen des südlicheren Harrisgebietes ist der Harris Tweed, ein aus Schafswolle handgewobenes, -gefärbtes, -gewebtes und wetterfestes Stoffprodukt, wobei der Begriff „Tweed“ nicht vom gleichnamigen Fluss abgeleitet wird, sondern das veränderte französische Wort „toile / Gewebe“ beinhaltet.

Gebirgig schroff und malerisch zeigt sich bei der Fährankunft im südlichen Leverburgh der Harrisinselteil. Kahle Felsgebilde, von einer einspurigen Ringstraße durchzogen, kann man sie relativ schnell erfahren. Für Wanderfüchse zeigt sich diese Region als Garten Eden.

Der Ortsname Leverburgh leitet sich her vom ehemaligen Lord Leverhulme, ein Seifenfabrikant, der der armen Inselbevölkerung durch seine „genialen Fischfang- und Verarbeitungskonzepte“ Arbeit und Wohlstand versprach. Nachdem alles nicht so recht gelang, er die erhoffte Wertschätzung auch nicht so richtig erfuhr, zog er sich dann Anfang des 20.Jh. mehr oder minder beleidigt wieder in seine Seifenfabrik „Sunlight“ zurück. Wir erkennen nun  vielleicht die frühere Waschmittel- und Seifenmarke „Sunlicht“.

Gemächlicher, abgeflachter und damit für den (Aus-)Blick freier lässt sich dann das nördliche Lewis genießen, bis hinauf ans Inselnordende mit der Leuchtturmspitze, dem „Butt of Lewis“.

Zeugen vergangener Epochen sind über die gesamte Inselverstreut reichlich zu finden, ob nun die St. Clemens Church aus dem 15.Jh. im Süden, der auf 5.000 Jahre alt geschätzte Steinkreis von Caillanish im westlichen Zentrum, das Lews Castle bei der lebendigen Inselhauptstadt Stornoway oder die schon fast modernen „Black Houses“ (19.Jh.) bei Carloway im nördlicheren Inselabschnitt.

Insel Harris-Zaungast
Insel Harris-Zaungast

Aber wie auch bereits für die südlichen Inseln angeführt: Wer pralle touristische Lebendigkeit mit einer Sehenswürdigkeit nach der anderen sucht, sollte besser woandershin reisen. Mutter Natur in ihrer ganzen Pracht und unbeschreiblichen Entfaltung schwingt hier das Zepter.

Und zum Schluss noch eine Inselstory, die sich wohl irgendwo zwischen Hebriden-Nord-Süd-Spitze abgespielt hat: Schafzüchter Graucho Marx fragte einst seinen Bruder Harpo nach der Form der Erde. Er wisse es nicht, gab ihm dieser als Antwort. Also baute ihm Graucho eine Eselsbrücke. „Welche Form haben meine Jackenknöpfe?“ „Viereckig“, strahlte Harpo. „Nein, nicht die normalen“, fuhr ihn sein Bruder an, „die von meiner Sonntagsjacke. Also noch einmal: Welche Form hat die Erde?“  Nach kurzem Überlegen  äußerte Harpo im Brutton der Überzeugung  „Sonntags rund, wochentags viereckig“. Ist doch logisch – oder?

On Tour 17-GB SCO „Rest and Be Thankful“

Loch Lomond
Loch Lomond

“Verweile und Sei Dankbar!”- ein unscheinbares Hinweisschild zu einem Panorama Parkplatz trifft die Gefühlswelt in den schottischen Highlands eigentlich punktgenau. Egal, ob es die verschiedenen „Lochs“ sind, die sich zwischen die gut 800m hohen  Gebirgswände nordwestlich von Glasgow einbetten. Loch Lomond, Loch Katrine oder Loch Achray seien prototypisch für die vielen anderen Bergseen genannt.  Dabei muss man sich besonders beim Loch Lomond Mühe geben, vor lauter Touristen auch noch den See zu entdecken. Doch sie ruhen in ihren Tälern wie gemalt. Egal ob es weiter westlich in Richtung Insel- und Halbinselwelt die „Firthes / Meeresarme“ sind wie der Firth of Clyde. Egal auch, ob es die Halbinseln sind, wie Kintyre, oder die vorgelagerten Inseln. Und weiterhin egal, ob man die kleinen Städtchen und Küstenorte betritt. Sie alle bieten einen paradiesischen Anblick, für den der obige Spruch uneingeschränkt zutrifft.

Wallace Tower-Sterling
Wallace Tower-Sterling

Unweit der Metropole Glasgow ragt stolz das Stirling Castle in der gleichnamigen Stadt empor. Der Aufstieg durch die historische Innenstadt gibt einen Vorgeschmack auf die frühere Geschichte des 14. Jahrhunderts. Neben Castle und Innenstadt konzentriert sich das Augenmerk stärker noch auf das Wallace Denkmal kurz vor den Stadttoren. Ein stolzer Steinturm thront auf einem Felsmassiv.

Wallace? Kennen wir am ehesten wohl als Kriminalromanautor Edgar Wallace. Hier meinen wir bzw. meinen die Schotten jedoch ihren Feldherren Nationalhelden William Wallace, der im 13.Jh. Schottland von den Engländern in die Unabhängigkeit gekämpft hat in der entscheidenden Bennockburn Schlacht und so dem ersten Schottenkönig Robert the Bruce den Weg ebnete. Bitter tragisch ging verlief sein weiteres Schicksal. Statt Ruhm erntete er Verrat bis hin zur Hinrichtung, optisch alles nachzuvollziehen in dem Film „Braveheart“.Castles mit Türmen. So lohnt es sich, quasi zur Vertiefung dieser ganzen Epoche, dem „Tower Trail“ zu folgen.

Inveraray Castle
Inveraray Castle

Nicht allzu weit entfernt von Stirling Castle, etwas nordöstlich vom Loch Lomond zeigt sich ein nicht minder imposantes Castle in Inveraray. Und wir tauchen noch einmal ein in Geschichtliches, nicht in Kämpfe mit Sieg oder Niederlage sondern in juristische Historie. Dieser kleine Seeort hat sein ehemaliges Gefängnis zum Museum umgestaltet. Die simulierte Gerichtsverhandlung auf Gälisch im originalen Gerichtssaal erfordert volle Aufmerksamkeit, der gruselig-schaurige Rundgang durch Zellen und Gebäude erzeugt mitunter Gänsehaut. Alles war natürlich noch weit entfernt von modernem sozialisierendem Strafvollzug.

Von den Seen über die Städte reisen wir nun auf die ersten Inseln an Schottlands Westküste. Zunächst betreten wir ARRAN, eine Urlaubsinsel par excellence. Es heißt, dass Arran „Schottland en miniature“ reflektiert, Gebirge, Schafe und Rinder, Whiskey Destilleries, Highland Games, Golfplätze, Castle und herrlich weitläufige und menschenleere Strände. Und wenn man alle diese schottischen Charakteristika auf engem Raum genießen kann, warum denn dann noch lange und weit fahren! Entsprechend intensiv drängeln sich dann auch die Touristen auf dem relativ kleinen Eiland (nur 260km²), die von verschiedenen Fähranbietern im Stundentakt hin- und herüber transportiert werden. Bei aller Geschäftigkeit und Nichtruhe, ein Besuch von Arran lohnt in jedem Fall.

Hafenstadt Oban
Hafenstadt Oban
Überfahrt zur Isle of Mull
Überfahrt zur Isle of Mull

Viel weitläufiger und entsprechend ruhiger kommt dann die Isle of Mull daher. Als besonders lohnenswert nennen wir zunächst eine Inselrundfahrt auf der Scenic Coastal Route. Rund 100km einspurige Straße mit Ausweichbuchten erlauben unbeschreibliche Ausblicke auf Gebirge (Zentrumsgipfel Ben More mit gut 900m), tiefe Einblicke in die tiefblauen Wasser der Seen und Fernsichten auf den Atlantik. Das Alles geschieht allerdings nur bei günstigen Wetterbedingungen. Unter Regen und in dichtem Nebel freust Du dich, wenn du die enge Straße nicht aus den Augen verlierst.

Isle of Mull-Tobermoy
Isle of Mull-Tobermoy

Der kleine Hafenort Tobermory an der Nordspitze funkelt farbenfroh in der Mittagssonne und wartet mit einem kleinen Inselmuseum auf. Eine der örtlichen Kirchen wurde entwidmet und beherbergt nunmehr ein Restaurant, eine Erscheinung, die wir bereits auch in Irland antrafen.

Heilige Insel Iona mit St. Columba Kathedrale
Heilige Insel Iona mit St. Columba Kathedrale
Isle of Mull-Coastal Road
Isle of Mull-Coastal Road

Glanzpunkt eines Besuches der Isle of Mull stellt jedoch das Übersetzen auf die winzige, vorgelagerte „Heilige Insel Iona“ dar. Seit rund 450AD stellt diese Quasi-Ermitage ein christliches, spirituelles Zentrum dar, also seit nunmehr gut 1.400 Jahren. Sein Gründer, St. Columba wird hier durch einen „National Shrine“ mit Kloster, Kathedrale und Grabeskapelle geehrt. Er war wohl ein solches Vorbild, dass später dann viele schottische mittelalterliche VIPs Wert darauf legten, auf diesem Minieiland ebenfalls zur letzten Ruhe gebettet zu werden. Ja, Berühmtheit verpflichtet. Da hat sich in den letzten 2.000 Jahren offensichtlich nichts geändert.Isle of Mull-Dornröschenschloss P1130888

Inselhopping zählt in diesem westlichen Küstenbereichs Schottland mit zu den Hauptattraktionen. Ein Verbundnetz an Fähren für mit und ohne Kfz aller Größen und Klassen bietet einen bunten Blumenstrauß an Kombinationsmöglichkeiten, die sogenannten „Hopscotch“. Die Fahrpläne sind sehr kundenfreundlich gestaltet, die Fährpreise teilweise auch. In jedem Fall kommen oftmals Einzelfahrten erheblich teurer als Verbundtickets. Mit sorgfältiger Planung und der freundlichen Beratung am Ticketschalter lässt sich dann vieles miteinander kombinieren, was man sonst vielleicht nicht unternommen hätte.

On Tour 16-GB SCO „Baumstammstemmen und Bergcrosslauf – Schottische Highland Games“

Berg für Hill Race
Berg für Hill Race

Sie sind schon eine besondere Mischung aus Sportwettkampf und Tanzturnier, diese schottischen Highland Games. Die Tanzprüfungen bleiben überwiegend der Jugend, vorwiegend der weiblichen, vorbehalten. Zu live vorgetragener Dudelsackmusik, oft mit vielköpfigen „Pipe Bands“ im Rahmenprogramm,  messen sich die meist 10-14 Jahre jungen Tänzerinnen auf einem Podest z.B. im Tanz über gekreuzte Schwerter.

Schottentracht
Schottentracht

Parallel dazu finden unterschiedliche Sportwettkämpfe statt, allerdings in vielen Disziplinen, die auf sonst „üblichen“ Sportveranstaltungen unbekannt sind.

Bei typisch schottischem Wetter, d.h. viele heftige Regenschauer durchfeuchten Sportler wie Zuschauer, erleben wir diese Highland Games in dem kleinen Ort ALVA (3.500 Einwohner) irgendwo zwischen Glasgow und Edinburgh. Wer hier an dörfliche Provinzialität denkt, hat weit gefehlt. Die Aktiven kamen aus aller Herren Länder, auch aus den USA. Denn die ALVA-Spiele sind weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannt.

Craig Dunbar-Organisator
Craig Dunbar-Organisator

Rund 200 Sportler im Alter von 9 bis 74 Jahren kämpfen heute um Ruhm und Preisgelder, erklärt uns der Organisator, Graig Dunbar in einem Gespräch. ALVA blickt auf eine lange Tradition von Highland Games zurück. In diesem Jahr werden sie schon zum 158. Mal durchgeführt. Eigentlich reiche die Tradition dieser Spiele bis in das  9.Jh. zurück. Unter den Augen von König oder Chief besaßen sie damals jedoch eher einen kultisch-religiösen Charakter. In der Gegenwart spiegele sich diese Seite noch in den Tanzwettkämpfen wider.

Die kriegerische Komponente zeige sich in den Sportwettkämpfen. Gute Läufer gäben schnelle Kuriere ab, starke Männer eine zuverlässige Leibwache.

Und was sich davon bis in die Gegenwart gerettet? Gut, Pferderennen wurden durch Wettkämpfe auf Stahlrössern ersetzt, HighTEC-Räder bleiben verpönt.

 

Hill Race
Hill Race

Zahlreiche Laufwettbewerbe auf regenglattem Rasen über alle möglichen Kurz- und Mittelstrecken füllen den Tag. Am anspruchsvollsten ist dabei das „Hill Race“ .(der Berglauf). Eine Differenz von rund 500 Höhenmetern, querfeldein einen steilen Berg bis zur Wendemarke am Gipfel und wieder zurück zum Veranstaltungsort, sind dabei zu überwinden. Gelaufen, oder besser geklettert, wird dabei in drei Altersklassen: Jugendliche unter 12 (!) Jahren müssen die halbe Höhe erklimmen, junge Leute bis 17 dürfen nach rund 350 Höhenmetern wieder umkehren. Und die Erwachsenen durchlaufen oder durchschlittern die volle Distanz.

Wir dachten zunächst, das wird ja ewig dauern, bis die Läuferinnen und Läufer wieder ins Ziel einlaufen. Weit gefehlt!

Schottentracht, feierlich
Schottentracht, feierlich

Der Sieger der jüngsten Gruppe, ein Elfjähriger durchlief bereits nach knapp 10 Minuten das Zielband. In der mittleren Altersgruppe dauerte es auch nicht viel länger als 15 Minuten, bis der Sieger gekürt werden konnte. Und auf der vollen Distanz? Nach ganzen 22  Minuten von Start bis Ziel konnte auch hier der über und über mit Matsch beschmierte Champion ausgerufen werden. Der schottische Rekord, in ALVA aufgestellt, soll bei knapp 18 Minuten für den kompletten Gipfelsturm liegen.

Nun darf man sich dieses Rennen nicht so vorstellen, dass die Läufer die Sportstätte verlassen und erst bei ihrer Rückkehr wieder gesichtet werden. Nein, der Zuschauer kann ihr mühevolles Rennen am fast baum- und strauchlosen Berghang die gesamte Zeit über verfolgen. Leuchtende weiße, schimmernde rote und undeutliche dunkle Punkte quälen sich den Hang hinauf, laufend, kriechend, zum Teil krabbelnd, die gelben, weithin sichtbaren Wendmarken anschlagend und wieder zurück den glitschigen Abhang hinunter. In der Tat, so werden „gute, ausdauernde Kuriere“ kreiert.

Gewichtwerfen
Gewichtwerfen

Und die „Leibwachenfindung“? Starke Männer, Schränken ähnlich, lautet das Stichwort. Gewandet in den Schottenrock (Kilt), mit und ohne Kopftuch  üben sich diese äußerlich rauen Riesen gleich in mehreren Wettkämpfen.

Die umgänglichsten Wettkämpfe sind dabei das „einfache“ Kugelstoßen bzw. das „Tug-o-War“ (dt: Tauziehen). Erheblich gewöhnungsbedürftiger kommen dann aber bereits „Kettenkugel-“ und der „Besenstielhammerwurf“ daher. Ersterer darf nur mit einer Hand ausgeführt werden, bei letzterem krallen sich die Wettkämpfer mit ihren „Schnabelschuhen“ in den Rasen, um nicht von dem Schwung der Hammerkugel selbst aus dem Sicherheitskreis geschleudert zu werden.

Als Königsdisziplinen der Kraftprotze präsentieren sich dann schließlich das „Weight the Height“ und anschließend das „Tossing the Caber“. Zunächst  muss ein Gewicht von 25kg einhändig über eine Hochsprunglatte geworfen werden. Dabei muss der Werfer aufpassen, dass das Geschoss ihm nicht wieder auf den Kopf fällt, da er es rückwärts hochschleudert. Die erreichte Siegerhöhe lag immerhin bei 4,20m. Man muss sich vorstellen, dass man 25 ein Kilo schwere Zuckertüten zugleich über einen Doppeldeckerbus schleudern soll.

Baumstammstemmen
Baumstammstemmen

Und nachdem doch nun alle total erschöpft sein müssten, schleppen  für das „Tossing the Caber“ zwei Ordner noch einen rund 6m langen Baumstamm herbei. Mühevoll wird er aufgerichtet und einem Wettkämpfer übergeben. Dieser muss ihn mit bloßen Händen senkrecht aufnehmen, was sich, vom Gewicht gar  nicht zu reden, schon als schwieriger Balanceakt erweist. Ein kurzer, schwankender Anlauf, und dann soll das Ungetüm so fortgeworfen werden. Die Wurfweite spielt dabei keine Rolle. Der Baumstamm soll sich vielmehr  über seine Enden kugeln, um anschließend möglichst in „Zwölf-Uhr-Position“ zum Werfer liegen zu bleiben. Kräftemäßig und technisch so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit.

Unser Fazit: Wer etwas typisch Schottisches erleben möchte, besuche eines dieser Sportfestivals, die zwischen Ende Juni und Anfang September im ganzen Land abgehalten werden. Urtypisch zeigen sie sich jedoch meist nur noch in den kleineren Gemeinden, wie z.B. in ALVA. An größeren und bekannteren Veranstaltungsorten sollen sie eher zu „touristischem Spektakel“ verkommen, versicherte uns unser Gesprächspartner.

On Tour 15-GB SCO „Schottengeiz“

Verwundert fragt der Arzt seinen schottischen Patienten: „Wie kommen denn die vielen Holzsplitter in Ihre Zunge?“ – „Ganz einfach“, antwortet dieser, „der Barkeeper hat Whiskey auf dem Tresen verschüttet“.

Threave Garden - Keine Statue
Threave Garden – Keine Statue

Dieser und weitere unzählige, oft platte, geschmacklose Witze prägen oberflächlich unser Schottenbild des stereotypen Geizkragens. Und woher kommt es? Genau ist dieses Vorurteil  kaum zu belegen. Aber die Auffassung, dass dieser Sparsamkeitstrieb sich aus der Not bzw. Armut heraus gebildet hat, sollte nicht gleich gänzlich zurückgewiesen werden. Und wir wissen ja, die Grenzen zwischen – notgedrungener? – Sparsamkeit und Geiz sind fließend.

Wir sind nunmehr auf dem „Territorium der Geizigen“ Fuß gefasst, nach gut zweistündiger, ruhiger Fährfahrt von Belfast nach Cairnryan. Fördert es den Geiz, wenn auf dem Schiff ein volles Abendmenü (z.B. ½ Hähnchen oder Schnitzel jeweils mit reichlich Beilagen) für lediglich knapp £8,00 (ca. 10,00) kredenzt wird? Jedenfalls haben uns diese „Niedrigpreise“ doch überrascht und erfreut. Da sind wir von Frankreich und Irland her doch anderes gewohnt gewesen.

Geiz war aber doch im Spiel, zumindest was das Wetter und den erhofften Sonnenschein mit sommerlichen Temperaturen betrifft. Bei unserer abendlichen Schiffsankunft herrschte nicht nur dichter Nebel. Die Temperaturen waren auf weit unter 10°C gefallen, heftiger Regen prasselte an die Windschutzscheibe. Also erst einmal ein möglichst ruhiges Übernachtungsplätzchen in Hafennähe gesucht in stiller Hoffnung auf den Folgetag. Doch der meteorologische Geiz hielt an, das „schottische Atlantiktief“ lieferte ganze Arbeit.

Da wurde dann der Besuch des „Threave Garden“ am westlichen Solway Firth zu einem eher zwiespältigen Erlebnis. Die Gärtner hat’s gefreut, diese Sintflut!

Aber wer klagt, sollte lieber umkehren. Schottland ist nun halt mal kein „Adriaerlebnis“.

Dafür geht es hurtig weiter mit Burgen, netten historischen Städtchen und vor allen Dingen wieder viel, viel bewaldetem und auch kahlem Berghangrün.

Gretna Geen Hochzeitsstube
Gretna Geen Hochzeitsstube

Unser Weg führt uns nach Norden, immer auf der Küstenstraße A77 entlang, hin zum berühmten Culzean Castle mit dem nicht minder bekannten ovalen Treppenhaus. Architektonisch hat es alle Epochen überstanden, vom 15.Jh. bis hin in die Moderne. Große, künstlerische Gartenanlagen incl. eines der so beliebten „Walled Garden“ (dieses Mal bei gutem Wetter erkundet) betten es ein.

Culzean Castle
Culzean Castle

Der Blick aus dem runden Salon hinaus aufs Meer und hinüber zur Ailsa Craig Island und der Arran Island ist unbeschreiblich. Kein Wunder also, dass es sich auch zu einer viel gesuchten Veranstaltungs-, bes. Hochzeitsstätte gemausert hat. Preiswerter geht es in Gretna Green, diesem ehemaligen Hochzeitsparadies für noch nicht „Heiratsberechtigte“. Heute präsentiert es sich als kommerzialisiertes Museumsdorf, in dem man auch noch heiraten kann.

Lockerbie
Lockerbie

Nur wenige Kilometer entfernt erinnert ein „Remembrance Garden“ an die schreckliche Flugzeugkatastrohe (1988) von Lockerbie. Dieses vorher völlig unbekannte Dorf hat sich durch diesen Terrorakt bleibend ins Gedächtnis der Menschheit eingekerbt. Eine Gänsehaut – „Es hätte auch Dir passieren können“ – lässt sich beim Wandeln durch diese Gedenkstätte nicht unterdrücken.

Burns Zentrum in Ayr
Burns Zentrum in Ayr
Burns Cottage
Burns Cottage

Doch als die eigentliche Perle dieser Region erweist sich der Heritage Trail für „Robert Burns“. Besonders die Städte Dumfries und Ayr kennzeichnen den Weg dieses schottischen Volksdichters (1759-1796). Lieder, Gedichte und typisch schottische Geschichten (z.B. in der Figur des Schusters Tam O’Shanter) charakterisieren sein kompositorisches und literarisches Schaffen. Allerdings konnte der Lebenswandel des Poeten seiner künstlerischen Qualität nicht das Wasser reichen. Sein ausschweifendes Leben mit Alkohol und Frauen spricht Bände. Unklar ist bis heute noch die Zahl seiner außerehelichen Kinder – bei sechs ehelichen. In den beiden sehr sehenswerten „Burns-Centern“ in Dumfries und Ayr finden jährlich im Mai „Robert-Burns-Festivals“ statt oder musikalische Sonntagsmatineen. Wir durften einen keltischen Chor mit traditioneller, schottischer Musik im Robert-Burns-Zentrum Ayr genießen.

Die vier hier aufgesuchten Sehenswürdigkeiten vereint, dass sie alle vom „National Trust“ betreut werden. Dabei handelt es sich um eine „Non-Profit“-Organisation, die über ganz Großbritannien und Nordirland hunderte kulturelle und naturelle Schätze unter ihren Fittichen hat. Wir wollen an dieser Stelle den wohlgemeinten Ratschlag geben, eine einjährige Mitgliedschaft einzugehen. Sie kostet rund €60 p.P. (Stand: 2014). Anschließend genießt man „freien Eintritt“ und kostenlose Parkplatzbenutzung. Nach dem vierten, fünften Besuch einer derartigen Kulturstätte hat sich der Preis bereits amortisiert, also ein lohnendes Geschäft besonders für Langzeitreisende wie wir. Und was hat das mit Geiz zu tun? Überhaupt nichts, eher – bei übertriebener Empathie – mit finanzieller und ideeller Unterstützung einer guten Sache.

Glasgow alt und modern
Glasgow alt und modern

„Dirty Old Town“ – das war vielleicht einmal. Dieser Ruf hat Glasgow offensichtlich lange Zeit geprägt. Wer heute durch die Stadt schlendert, findet ein Festival an unterschiedlichen Architekturstilen und wohlrestaurierten Kirchenbauten neben hypermodernen Brücken, Museen und Kongress- bzw. Veranstaltungszentren. Der relativ schmale River Clyde durchquert majestätisch diese ansprechende Stadt. Unter den zahlreichen Museen und musealen Sammlungen sind besonders die „Gallery of Modern Art“ im Stadtzentrum und das „Riverside Museum“ hervorzuheben. Und nicht nur sie sind gut besucht, sicherlich wohl auch, weil alle städtischen Museen freien Eintritt gewähren. Wirklich gelungen!

Das eigentliche Stadtzentrum mit seinen Einkaufpassagen kann gut zu Fuß erobert werden. Für den Rest gibt es genügend Auswahl an Stadtrundfahrten zu gemäßigten Preisen.

Glasgow Kathedrale Evensong
Glasgow Kathedrale Evensong

Denn so gelangt man auch problemlos in die Glasgower Kathedrale mit der Necropolis und dem St. Mungo Museum ein wenig außerhalb des Zentrums. Mungo präsidiert als quasi „Nationalheiliger“ die kirchliche Welt. Ihm zu Ehren ist deshalb die riesige Kathedrale gewidmet, eigentlich zwei aneinander gefügte eigenständige Kirchen mit der Orgelempore als offener Raumteiler. Wer das Glück hat, dem sogenannten „Evensong“ lauschen zu dürfen, dieser musikalisch geprägten protestantischen Abendandacht, wird wegen der Akustik und der Qualität der Darbietungen den Kirchenraum wie berauscht verlassen.

On Tour 14–IRL/Nordirland „Grenzenlos“

Ostküste
Ostküste

Man merkt es nicht, wenn man von Irland nach Großbritannien/Nordirland wechselt, kein Schild, geschweige denn ein irgendwie gearteter Hinweis oder gar eine „Grenzstation“. Der Übergang ist in der Tat „grenzenlos“.

Eine gewisse Grenznähe wird höchstens spürbar, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen nunmehr in km/h und mp/h, Benzinpreise in und £ verzeichnet sind. Und die Bezeichnungen der Straßenkategorien haben gewechselt. Ansonsten aber alles wie gehabt.

Oder doch nicht ganz, denn man muss jetzt in £ bezahlen, was eigentlich nur eine Frage der rechtzeitigen Währungsbeschaffung darstellt. Grenzenlos kompliziert wird die Währungsfrage dann aber, wenn die in Nordirland nicht aufgebrauchten £-Scheine im sogenannten „mainland“, als auf Inselengland weiterverwendet werden wollen. Denn in  Nordirland gibt es vier verschiedene Banken mit Prägungshoheit – Bank of Scotland, Bank of Irleand, Ulster Bank, Bank of England. Also hat man meistens £-Scheine verschiedener Banken im Portemonnaie. Doch nur die mit dem Aufdruck „Bank of England“ werden dann im mainland akzeptiert. Oder man muss sie auf Postämter gegen erneute Tauschgebühr in die „wirklich englischen“ £-Scheinezurücktauschen. In einem zusammenwachsenden Europa mit einer großen €-Währungszone wirkt das Alles wie Gebaren ehemaliger Fürstentümer, in denen an jedem Stadttor eine andere Währung – und nur diese – galt.

Da bereitet das Sightseeing doch mehr Freude. Anlässe hierfür gibt es genug in Nordirland, angefangen bei der politisch-historischen Stadt Londonderry/Derry über die Hauptstadt Belfast bis hin zu den fantastischen Küstenformationen.

„The Bloody Sunday“ (30.01.1972) klebt wie Patina an der Stadtgeschichte von Londonderry und ihren Bewohnern. 13 Tote gab es zu beklagen, die Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken steigerten sich ins Unermessliche. Der Ursprung dieser Spannungen geht zurück ins 17.Jahrhundert, aus heutiger Sicht sicherlich ein längst überholter, aber nie befriedeter Anlass (Stadtbelagerung durch Katholiken).

Ist es das Vorwissen um diesen Konflikt, welches das Gefühl einer unbeschwerter Besichtigung dieser Stadt mir ihrer vollständig erhaltenen und begehbaren Stadtmauer, mit der wunderschönen St. Columb’s Kathedrale, dem historischen Stadtzentrum, der Versöhnungsstatue bzw. der Peace Bridge nicht wirklich entstehen lässt? Vielleicht! Doch an allen Ecken wird man optisch auf diesen tiefgreifenden Konflikt gestoßen. An der Bishop’s Gate z.B. führt ein kleiner, schmaler Fußweg nur in ein von Protestanten bewohntes Stadtviertel, „versiegelt“ durch einen undurchdringlichen Sichtzaun. Zurück auf die eigentliche Straße kommt man nicht mehr. Viele Wandbilder mit Szenen des „Bloody Sunday“ zieren mannigfach die Hauswände. Und ob das weit sichtbare Wandbild mit der Aufschrift „You are now entering free Derry“ zur Versöhnung beiträgt, mag dahingestellt bleiben.

Giant's Causeway
Giant’s Causeway

Somit trieb es uns dann doch zum „freien Durchatmen“ relativ schnell zurück an die Küste. Und die hat es an purer Naturschönheit in sich. Der irische „Wild Atlanctic Way“ wurde abgelöst durch die „Causeway Coastal Road“ mit dem „Giant’s Causeway“ und der „Rope Bridge“ bei Ballintoy.

Rope Bridge
Rope Bridge

Geschätzte rund 40.000 meist sechseckige Basaltsäulen ragen beim Giant’s Causeway hinein ins Meer. Auf ihnen kann man herrlich herumklettern. Natürlich bleibt man dort nicht allein, besonders nicht an einem sonnigen Sommerwochenende. Aber die Menschenmassen verteilen sich auf dem ausgedehnten Wanderwegenetz (24km bis zur Rope Bridge). Es geht aber auch per Shuttlebus, um sich diese reizvolle Landschaft zu erobern.

„Giant’s Causeway“ bedeutet ja eigentlich „Damm eines Riesen“, womit wir wieder einmal bei einer tiefsitzenden lokalen Legende wären: Jedermann weiß, dass Riesen sich nicht gern nasse Füße einhandeln. Also baute Finn, der damalige Anführer des ehemaligen Fianna-Kriegerstammes (gab es wirklich! Finn wurde erst später als „Riese“ zur Legendenfigur) einen Steindamm hinüber nach Schottland, um seinen Erzfeind, den Riesen Benandonner zu besiegen. Denn nur so hätte er seine Geliebte ehelichen können. Und warum gibt es diesen Steindamm heute nicht mehr? Weil Benandonner ihn letztendlich aus Rache wieder zerstört hat.

Weniger legendenhaft erlebte die spanische Armada vor diesem Küstenstreifen Ende des 16.Jahrhunderts ihr Fiasko, nicht so sehr durch kriegerische Einwirkungen, denn durch witterungsbedingte. Jedenfalls sollen in den Stürmen rund 8.000 der insgesamt 22.000 Soldaten und Seeleute ums Leben gekommen sein.

Und überhaupt nicht legendhaft ist die Überquerung der bereits erwähnten „Rope Bridge“. Grenzenlose Schaukelfestigkeit und Schwindelfreiheit sind für ihr Betreten Grundvoraussetzung.

Und zum zweiten Frühstück – möglichst nach der Rope Bridge – gibt es eine Whisky-Probe in der Bushmills Destillery im Ort Bushmill, zumindest, wenn man die erste morgendliche Führung um 10.00Uhr bucht. Ist doch eine gute Einstimmung auf den vor einem liegenden Tag, oder nicht? In dieser Destille wird seit nunmehr gut 400 Jahren Whisky nach immer gleichem Grundrezept produziert. Da wird dann nach erfolgreicher Besichtigung und „Tasting“ die Panoramaküstenstraße noch enger, kurviger aber mit immerwährenden fantastischen Ausblicken nunmehr schon gen Osten hinüber nach Schottland.

Carrickfergus Castle
Carrickfergus Castle

Einen besonders hervorragenden Blick kann man sich gönnen vom Burgturm des majestätischen Carrickfergus Castles hinab und hinüber. Der „Wachturm“ Belfasts, einst monströse Normannenburg in Schlüsselposition an der Meereszufahrt nach Nordirlands Hauptstadt, gilt heute als Touristenmagnet, wohl auch wegen seiner ausgezeichneten Restaurierung.

Belfast unbeschwert
Belfast unbeschwert

Oh Gott, Belfast, Du Jahrhunderte lang vom Konfessionskonflikt geschundene Stadt! Gut, eine Rundtour rückt ihre Sehenswürdigkeiten ins rechte Licht, wie die alte, ehrwürdige Queen’s Universität, erzählt von den Docks, auf denen die Titanic gebaut wurde und schildert des Luxusliners schicksalhaftes Leben, führt vorbei an der St. Anne’s Cathedral, der gigantischen City Hall und dem Stormont (nordirisches Parlament). Letzteres ist in einem Tag-Wochenverhältnis genau 365 feet lang und zählt sieben Stockwerke.

Belfastkonflikt
Belfastkonflikt
Peace Grid
Peace Grid

Doch in dieser Stadt sind die „ewigen Spannungen“ spür- und sichtbar. Eine Mauer, höher als die ehemalige Berliner Mauer, und Stacheldraht bewehrt, die man fast liebevoll das „Peace Grid“ nennt, trennt Protestanten von Katholiken. Morgens werden einige eiserne Zauntore geöffnet, abends wieder verschlossen. Alles geschieht automatisch, buisiness as usual, Gefängnis robotisiert. Und trotz aller Friedensbemühungen, in die „No Go Areas“ sollten sich „Andersgläubige“ nicht wagen. Soweit geht die friedliche Stimmung während des offiziellen Waffenstillstandes noch nicht.

Ebenso wie in Londonderry veranschaulichen zahlreiche Wandbilder den Konflikt und seine Auswirkungen, natürlich je nach Religionszugehörigkeit parteiisch gestaltet. Wie man uns sagte, werden die „Murals“ (=Wandbilder) regelmäßig erneuert, gemäß der aktuellen Konfliktsituation. Und so verfolgt den Besucher auf Schritt und Tritt auch hier in dieser Stadt der religiös-politische Streit. Nach zwei Besuchstagen schnappten wir wiederum nach “freiem Durchatmen“.

Titanic Experience
Titanic Experience

Belfast ist die letzte Station auf der Tour durch die „Sinfonie in Grün“, Inselirland liegt nun hinter uns. Von den zahlreichen Küstenparkplätzen nördlich und südlich von Belfast (prima geeignet zum Overnight Parking) schweift der Blick bereits öfter hinüber nach Schottland. Zwei bis drei Fährstunden trennen uns nur noch von unserem nächsten großen Reiseabschnitt.