…geht es hier in den nördlichen Highlands auch nicht, zumindest nicht in den touristischen Zentren wie in Ullapool (noch an der Westküste), in Durness (an der Nordwestspitze), in Thurso (schon an der östlichen Nordküste) oder in Wick (an der Ostküste). Wenn es sie aber nicht gäbe, wie käme man sonst an die leckeren Fish & Chips? Ohne diese „Take-Away-Mahlzeit“ wäre Schottland gefühlsmäßig sicherlich nicht vollständig.
Glücklicherweise präsentiert sich die entsprechende Tourismusinfrastruktur eher unauffällig bei weit umspannenden, wirklich nützlichen und erfüllenden Informationen. Wir wollen auch positiv anmerken, dass nicht auf jedem Parkplatz mit schöner Aussicht einer dieser Verkaufswagen vor sich hin duftet oder lärmt (Diesel betriebener Moppel), so wie wir es des Öfteren besonders auf der Insel Skye erlebt haben.
Die vier oben erwähnten Orte geben auch Anfangs- und Endpunkt des West-Nord-Ost-Reiseabschnittes an. Gut 400km quer durch die Upper Highlands, entlang der nördlichen Küstenroute (A 838 bzw. A836) und anschießend südlich bis Wick (A 99).
Das Seebad Ullapool fischt dabei wohl die meisten Touristen aus dem Hochsaisonstrom. Fast blendend weiß strahlen seine Häuserfronten entlang der auf Terassen bebauten Straßen. Folglich wird sie auch als „Weiße Stadt am Meer“ bezeichnet. Touristisch wichtig ist Ullapool u.a. wegen seiner Fährverbindung zu den Äußeren Hebriden. Und als wohl berühmtester Gast weilte Oskar Kokoschka mitunter hier, denn, so heißt es, er soll die hiesigen Farben durch den „scatty sunshine and soft rain“ so sehr gemocht haben. Beides durften wir auch genießen, die Malsession haben wir allerdings ausgelassen.
Der Ort Durness besteht aus einem Hotel, einem Café, einer gut sortierten Touristeninformation und wenigen, recht verstreut liegenden Häusern. Wer in diese Nordwestecke tourt, interessiert sich bestimmt für das „Cape Wrath“, welches nur mit Personenfähre und anschießender Wanderung, als Fahrradstrecke oder per Shuttlebus zu erreichen ist. In allen Fällen beträgt die einfache Distanz rund 18km. Leichter zugänglich und ortsnäher hingegen kommt die „Smoo Cave“ einher. Eigentlich sind es ja drei Höhlenabschnitte, aber nur einer davon, das größte Höhlengewölbe kann per pedes begangen werden. In die anderen beiden paddelt eine Schlauchboot-Höhlentour. Imposant beginnt bereits der Treppenabstieg in die Felsenschlucht, von den eigentlichen Gewölben ganz zu schweigen. Anschließend bietet sich ein prächtiger Rundgang mit Viewpoint über die benachbarten Wiesen an, immer direkt an der Felskante entlang.
Für den nächsten Städtestopp erweist sich Thurso als gute Gelegenheit. Diese ehemalige Wikingerbastion mit Fischereihafen dient heute vom nahen Scrabster aus als Sprungbrett für die Orkney Inseln. In der kleinen Fußgängerzone herrscht reges Treiben. Dort findet der Reisende auch die moderne Touristeninformation, gekoppelt mit einem hervorragenden Museum über den berühmtesten Sohn der Stadt, Robert Dick (1811-1866), seines Zeichens Botaniker und Geologe. „Verweile doch, du bist so schön“, könnte man in Faustscher Anlehnung sagen.
Schließlich ist es dann ein Katzensprung zur Nordwestspitze in das kleine Dorf John O’Groats. Das ganze besteht eigentlich nur aus einem in Bonbonfarben schillernden Hotel samt hässlichen Ferienhütten, einem Minihafen für Tagestouren auf die Orkney Islands, dem Craft Village mit viel Ladenleerstand, einem Campingplatz und nicht zu vergessen dem Minimuseum zu „The Last House“. Am Interessantesten ist eigentlich die Namensgebung dieser Siedlung. Es war der Holländer Jan de Groot, der Anfang des 16.Jh. sich hier niederließ, ein achteckiges Haus – heute das o.g. Hotel – baute bzw. die erste Fährverbindung zu den Orkney Inseln einrichtete.
Auch er wusste sicherlich das in der Nähe liegende Naturkleinod, die Stacks of Duncansby am nur 4km entfernten Duncansbay Head zu schätzen. Felsgebilde, Zuckerhüten ähnlich, ragen in Küstennähe nahe der Cliffs aus dem Wasser empor. Als Wanderung von John o’Groats aus bilden sie ein lohnendes, hübsch anzusehendes Ziel, immer nur die Wiesen- und Felsküste entlang.
Wick, der Name weist gleich auf die Bedeutung hin, denn er leitet sich bekanntlich von „vik“/geschütze Bucht ab. Als ehemalige Vikingerhochburg, pflegt sie auch heute noch dieses Erbe der „norsemen“. Von fünf, den Blick einfangenden Türmen überragt, präsentiert sie sich als kleine, lebendige Hafenstadt mit ansprechender Fußgängerzone.
Und die Landschaft zwischen diesen Besiedlungsschwerpunkten? Einfach grandios!
Bergauf bergab schlendert man durch die Bergkette um den Ben More Assynt (knapp 1.000m) im Gebiet Easter Ross, vorbei an den nur unwesentlich niedrigeren Gipfeln des Ben Hee oder des Foinaven.
In diese Bergketten eingebettet ruhen zahlreiche Lochs, z.B. der Loch Assynt, der Loch Shin oder auch Loch More, alles wunderschöne Seen inmitten einer hügeligen bis bergigen Hochmoorlandschaft, bis hin zum bizarren Corrieshalloch Gorge mit Wasserfall und schwankender Hängebrücke.
Als Loch werden aber nicht nur die Binnengewässer bezeichnet. Auch schmale, seenartige Buchten mit Meereszugang tragen diesen Namen, wie Loch Inver, Loch Laxford oderLoch Eribol (von West nach Nord). Verbreitern sie sich dann, wechseln sie über zu Bays. Besonders die Nordküste weist einige bemerkenswerte davon auf, wie die Tongue Bay, die Thurso Bay oder die Dunnet Bay. Gemeinsam haben sie alle ihre unbeschreiblichen Ausblicke, vielfach von hohen Felsklippen herab oder ihre weißen, menschenleeren Sandstrände und –buchten.
Apropos Dunnet Bay, hier erreicht man den nördlichsten Punkt Schottlands, oder besser von Englands Mainland. Wer sich dort niederlassen möchte, kann den dazugehörigen Leuchtturm käuflich erwerben. Einige Töpfe Farbe, den Rasenmäher mehrmals über das umliegende Gelände geschickt, nicht zu reden von sicherlich notwendigen Innenreparaturen, und schon hat man sich ein Paradies geschaffen.
Je weiter man nach Osten vordringt, desto flacher zeigt sich die Landschaft. Die westliche Gebirgswelt wird abgelöst durch eine nahezu horizontlose Hochebene.
Auf ihr taucht weithin sichtbar der ehemalige „Schnelle Brüter“ auf, der seinerzeit erste seiner Art, 1977 wieder stillgelegt. Als ob die Energiewende exemplarisch vollzogen werden soll, drehen sich fast genau gegenüber die Flügel zweier Windparks. Anschauungsunterricht pur!
Und zum Schluss noch etwas Gymnastik! Die Whaligoe Steps im Dorf Ulbster führen hinab in den alten Hafen. Gut 300 Stufen taucht man ein in die Schlucht. Und später erklimmt an sie natürlich auch wieder in umgekehrter Richtung.
1799 angelegt, war der Fischereihafen noch bis 1954 in Betrieb, ein etwas außergewöhnlicher Betrieb allerdings. Um die Fischerboote vor rauer See zu sichern, mussten sie mit Seilen und Flaschenzug jedes Mal auf den Kai gehoben werden. Das war ein Knochenjob, erklärte uns der Stepkeeper. Er hat sich den musealen Erhalt der Treppen und des Hafens zur Lebensaufgabe gemacht, da sein Großvater der letzte aktive Fischer an dieser Hafenanlage war. Gefangen wurde natürlich auf alles, was das Meer hergab. Die Heringe wurden direkt vor Ort, unten am Hafenkai in Fässern eingesalzen. Die Fässer selbst stellte man oben auf dem Felsrücken in einer kleinen Werkstatt her und transportierte sie einzeln auf Schultern nach unten. Das war der zweite Knochenjob. Man fing allerdings nicht nur Heringe. Der Beifang, bestehend aus allen möglichen Fischsorten, Hummern, Krebsen und Muscheln, wurde in Körben nach oben transportiert. Das war der dritte Knochenjob, den allerdings die Fischersfrauen zu erledigen hatten. Aus purer Menschlichkeit hatte man deshalb an die Treppenbegrenzung alle 100m eine kleine Ausruhplattform gebaut. Nun, so ein geschützter Naturhafen kostet seinen Preis!