K&K13 – Überfluss allerorten

Das klingt aber verheißungsvoll! Ist es auch.

Pacific Coast HWy
Pacific Coast HWy

Denn bereits Captain Cook (schon wieder!) merkte 1769 an, als er in der Bucht südlich der Coromandelhalbinsel und nördlich des East-Capes, dass hier scheinbar „Überfluss herrsche“.

Für ihn war diese Erkenntnis lebenswichtig, denn er musste seine Schiffsvorräte aufstocken. Die Ausbeute muss ihn so beeindruckt haben, dass er die Bucht kurzerhand „Bay of Plenty“ nannte.

Ob es nun gleich zu Überfluss reicht, mag dahin gestellt bleiben. Aber von Vielem ist reichlich vorhanden.

Das beginnt natürlich mal wieder mit den unbeschreiblichen, endlosen Stränden. Der 11km lange Strand der Gemeinde Ohope kurz vor der östlichen Halbinsel wurde 2014 zum „beliebtesten“ Strand Neuseelands gekürt. Verständlich, wenn man ihn erlebt hat. Surfer z.B. können aus dem Bett direkt auf ihre Surfbretter fallen, keine 20m trennt ihre Unterkunft vom Meer.

Über Naturschönheiten können wir unentwegt berichten. Eine spektakuläre Bergspitze wollen wir hier hinzufügen, den Mount Mauganui (232m). Seinen Namen verdankt er einem erloschenen Vulkan. Heute gilt er als idyllischer Hausberg der Stadt TAURANGA nebst ihrem riesigen Containerhafen.

Ist es das milde Klimas der Stadt und der gesamten Bucht, welches viele Pensionäre anzieht, die hier ihren „Altersruhesitz“ wählen. Denn an diesen „Silverager“ herrscht in Tauranga kein Mangel. So wird sie auch Neuseelands „Hauptstadt der Pensionäre“ genannt. Finanzielle Mittel scheinen auch reichlich zur Verfügung zu stehen, nach den Hausprachtbauten zu urteilen.

Seebrücke-660m- von Tolaga Bay
Seebrücke-660m- von Tolaga Bay

Die gesamte Region gilt mit ihren 2.500 Sonnenstunden pro Jahr als „Sunshine Bay“. Schwer zu glauben, wenn man mitten in einem Tiefdruckgebiet sich nicht den Schweiß sondern nicht enden wollenden Regen von der Stirn wischt.

Bleiben wir bei den Naturschönheiten. Die Fahrt auf dem SH 2 vom wuseligen Küstenort WHAKATANE zur gut 100km entfernten Stadt GISBORNE, dem Startpunkt für die Umrundung der East-Cape-Halbinsel, gleicht einer Reise durch Schluchten und Urwald, denn die Straße folgt über weite Strecken dem wilden, ungezähmten Waikohu River.  Obwohl Nationalstraße bleibt man auf ihr fast allein. Weder hemmender LKW-Verkehr noch Schlangen von Wochenend- bzw. Kurzurlaubern (Labour Day am 23.10.15) bevölkern die schmalen Spuren und zahlreichen Haarnadelkurven.

East Cape
East Cape

Die Halbinselrundfahrt selbst (ca. 330km) nehmen wir entgegen dem Uhrzeigersinn in Angriff. Ziel ist das eigentliche East Cape, dort wo jeden Tag die Sonne ihre Stahlen als erstes auf unsere Erdkugel schickt. Frühaufsteher mögen im Ort Te Araroa eine „Sunrise Tour“ buchen. Aber für die 55NZD pP kann man die 20km Schotterstraße auch selber fahren. Und den Aufstieg hinauf zum Leuchtturm (700Stufen auf den Berg des Kaps) erspart die Buchung auch nicht. In dem Ort selbst wächst, etwas versteckt auf dem Schulhof aber nicht bechildert, der vermutlich größte und älteste „Weihnachtsbaum“ Neuseelands, Puhutukawa Baum genannt.

Dieser Süd-Nord-Streckenabschnitt führt überwiegend durch landwirtschaftliche Gebiete und dichte Wälder. Die gut ausgebaute Straße schlängelt sich nur selten hinunter zum Pazifik.

Anders dann am nördlichen Küstenabschnitt sowie der Rückfahrt gen Süden. Eine Postkartenbucht folgt mal wieder der anderen, Lookouts gibt es im Überfluss, der blau-grün schimmernde Pazifik liegt dem Reisenden quasi zu Füßen.

Randbemerkung: Am hiesigen nördlichen „Cape Runaway“ lief niemand fort, im Gegenteil es kam jemand und blieb bis heute. Die Rede ist von der Süßkartoffel, die auf dieser Erde Neuseelands zum allerersten Mal angebaut wurde.

Kiwi 360 DSCN2034Doch ein Körnchen Wahrheit muss an dieser statistischen Größe mit dem Sonnenschein dran sein. Nicht umsonst gilt die Gegend als Obst-und Gemüsegarten der Nation. Die Orangen- und Zitronenbäume hängen voller reifer Früchte, gleiches gilt für die Avocados. Erste heimische Erdbeeren erscheinen an Ständen und in Supermärkten, hiesiges Gemüse lässt auf sich warten. Wir sind ja erst im Frühling!

Kiwi-Anbau
Kiwi-Anbau

Übertroffen wird jedoch alles durch den Kiwi-Anbau.

Hautnah erleben wir Geschichte, Anbau und Kostproben bei einer Tour durch Neuseelands größtem Kiwi-Anbieter „Kiwi 360“ in der „Kiwi-Welthauptstadt“ Te Puke, etwas südlich von Tauranga. Diese heute weltweit vermarktete Frucht kommt bekanntlich aus China. Erste Samen wurden von einem Lehrer 1904 aus dem Yangtsetal nach Neuseeland gebracht, irrtümlich als Stachelbeeren. Die in der Bay of Plenty einzigartigen, natürlichen klimatischen Bedingungen begünstigen den Kiwi-Anbau wie sonst nirgends auf der Welt.

Kiwianbau
Kiwi-Anbau

Moderates Klima mit milden Wintern und nicht zu heißen und trockenen Sommern mit 1500mm Niederschlag p.a. sowie die o.g. Sonnenscheindauer wirken sich positiv auf das Gedeihen aus. Als ausschlaggebender Faktor erweist sich jedoch der Erdboden. Er besteht hauptsächlich aus weicher Vulkanasche. Die letzte Eruption des Taupo-Vulkans (181v.Chr.) bedeckte den größten Teil des Nordens und Ostens der Nordinsel mit 30 km³ weicher Bimsteinasche.In diesem weichen Boden können die Reben der Kiwifrüchte in extremen tiefen wurzeln, kommen dadurch ohne künstliche Bewässerung aus.

Eine geführte „Kiwi-Tour“ durch das immense Anwesen ist zu empfehlen. Die anschließende Kostprobe sollte man nicht versäumen, auch wenn man sicherlich nicht alle der z.Zt. 150 verschiedenen Sorten probieren kann. Natürlich ist jetzt keine Kiwi-Erntezeit. Der Kiwi-Anbauer freut sich allerdings, seine Rebstöcke heil über den Winter gebracht zu haben, denn auch in dieser Region droht hin und wieder Frost. Die Früchte haben jetzt im Oktober die Größe von Kirschen. März und April gelten als Erntemonate. Und dann wird es hektisch auf der Plantage. Rund 25.000 Erntehelfer, die meisten aus Indonesien, holen die reifen Früchte von den Rebstöcken.

Doch nicht nur sie. Zahlreiche junge Deutsche, die als „Work&Travel-Backpackers“ einige Zeit in Neuseeland hier verbringen, sind gefragte Pflücker.

Tim & Doni Backpackers
Tim & Doni Backpackers

Mit zwei von ihnen können wir uns bei einem Kaffee näher unterhalten über Motivation, Arbeits- und Lebensbedingungen: Doni (20J) und Tim (21J). Beide weilen seit rund drei Monaten auf der Nordinsel, haben sich für 4.000NZD ein Auto gekauft und touren durch die Nordinsel. Arbeit zu finden, sei gar nicht so schwer, Arbeitskräfte werden immer benötigt. Im Moment helfen sie bei der Ernte des grünen Spargels. Es wird Mindestlohn gezahlt, 14,75NZD (knapp 10€). Die Arbeitszeiten schwanken zwischen 80 Wochenstunden (an 7 Tagen) und manchmal auch nur 12 Arbeitsstunden. Man kann auch im Akkordlohnsystem arbeiten, z.B. bei Spargelernten. Für 10kg benötige man rund 45Minunten und verdiene damit 10€. Wenn man ihn hinterher aber noch portionsweise bündelt (je 260-280g) und verpackt, gibt es für die gleiche Menge nur noch 5€. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass man für diese Tätigkeiten die doppelte Zeit benötige. Lohn erhält man immer donnerstags, zuverlässig aufs Konto überwiesen.

Und Unterkunft und Verpflegung? Jeder muss für sich selber sorgen! Bei den hiesigen Miet-und Lebensmittelpreisen schlafen daher viele einfach in ihren Autos. Kaffee und Getränke stellt der Betrieb, bei Sonntagsarbeit auch Sandwiches. „Und wir haben in einem Nachbarort in den Umkleidekabinen des Sportklubs eine frei zugängliche heiße Dusche gefunden“, fügen sie augenzwinkernd an.

Wie lange sie bleiben wollen und welche Pläne sie hinterher hätten, haben wir gefragt. – Rund ein Jahr sieht die Planung vor. Wenn dann hoffentlich genügend Ersparnisse vorhanden sein werden, planen die Beiden noch ein bis zwei Monate Asientour (Laos, Kambodscha) anzuhängen. Dann soll es wieder nach Deutschland gehen, um einen Studienplatz zu ergattern. Sollte das nicht klappen, werden die zwei wohl noch ein Jahr Australien im gleichen Format hinzufügen. „Plenty of Life“,   na dann, viel Glück!

Maori Meeting House Whatakane
Maori Meeting House Whatakane

Historisch-Kulturelles treffen wir auf Schritt und Tritt. Dieser Teil unserer Tour führt durch „Maori Country“, wo Ausschilderungen meist nur in Maori zu finden sind. So könnte Neuseeland sich entwickelt haben, wären im 19. Jahrhundert nicht europäische Siedler ins Land geströmt und hätten Land und Leben der Ureinwohner europäisiert.

Maori Kirche Tikitiki

Maori Kirche Tikitiki
Maori Kirche Tikitiki

Das oben erwähnte Whatakane z.B. blickt auf eine 1000-jährige belegte Maori Historie zurück. In den dortigen Felsenhöhlen soll eine maorische Weissagerin gelebt haben. Das kunstvoll geschnitzte Versammlungshaus (Mataatua Marae) ist nach 130 Jahren Weltreise 2011 wieder „zurückgekehrt“. 1875 hier erbaut, „reiste“ es als Schaufenster der Maori-Kultur über Sydney, Melbourne, London und anderen Stationen rund um den Globus.

Maori Kirche Tikitiki
Maori Kirche Tikitiki

Die kleinen Maori-Siedlungen auf der East-Cape-Halbinsel scharen sich n um den für Maoris Heiligen Berg Mount Hikurangi (1782m). Eine kleines Kirchlein TIKITIKI , kurz vor Te Araroa, zeugt von der tiefen Verbundenheit der Maoris zum christlichen Glauben. Ausgeschmückt ist das Gotteshaus wie ein Marae. An etwas Unrühmlicheres erinnert hingegen die Hiona St. Stephen’s Chuch in OPOTIKI, am Südende der Halbinselrundfahrt. Dort wurde 1865 der damalige Pfarrer Carl Volkner von den Maoris als „Spion der Regierung“ enttarnt und ermordet.

Überfluss am Wegesrand des „Pacific Coast Highways“. Es gäbe noch Vieles mehr darüber zu berichten, z.B. über die zahlfreichen Maori Legenden dieser Gegend. Darüber dann später einmal an anderem Ort, vielleicht in einem Buch über Neuseeland.