K&K24 – Verzaubert, Verzählt, Verzahnt

Lassen wir den DUNEDIN- Einkaufskorb voller Sehenswürdigkeiten hinter uns und richten das Augenmerk auf neue derartige Körbe. Moeraki Boulders

Moeraki Boulders
Moeraki Boulders

Weit brauchen wir dafür nicht zu fahren, auf dem SH 1 nur 78km nördlich nach MOERAKI. Eine große Anzahl an kreisrunden Steinkugeln gelten in der Maori-Kultur als Lebensmittelkörbe. Wenn diese Kugeln auseinander gebrochen sind, ähneln sie tatsächlich dieser Beschreibung. Uns kommen sie in ihrer nahezu perfekten runde Form eher vor wie Fußbälle oder die größeren Formate wie der Erdball. Die Steinmaserung unterstützt diesen Eindruck.

Offiziell werden sie „Boulders“ genannt mit einem Durchmesser zwischen 0,5m und 2,5m. Im Laufe der Jahre „wachsen“ sie in einem bis heute unabgeschlossenen Prozess aus dem Meeresboden empor. Wenn sie aufbrechen, zeigt sich unter der grauen Haut eine  bräunlich schimmernde Kristallschicht.  Ihr Alter wird auf 4 bis 5 Mill. Jahre geschätzt. Für uns bedeuten sie ein zauberhaftes Fotomotiv, wie sie herumliegen am Strand, mal einzeln, öfter in Gruppen bis zu 10 Kugeln.

Zwergpinguin
Zwergpinguin

VERZÄHLEN tun sich die routinierten Mitarbeiter der „Blue Penguin Colony“ bestimmt nicht mehr, ist es doch ihre alltägliche Tätigkeit. Mit viel Hingabe und Engagement kümmern sich die haupt- und ehrenamtlichen Natur- und Tierschützer in der Stadt OAMARU (rund 60km nördlich von Moeraki) auf wissenschaftlichem Niveau um die  Zwergpinguine. Mit ihren 30cm Größe bei nur 1kg Gewicht bilden sie die kleinste Pinguinart der Welt. Um sie in ihrer natürlichen Umwelt zu erforschen und zu schützen, befindet sich am Strand am Ortsrand eine Brutkolonie aus Nistkästen. Frühmorgens verlassen die Tiere dann ihren Unterschlupf und kehren mit der Abenddämmerung in die  Nistkolonie zurück. Laut offizieller Information leben mehr als 130 Pinguinpaare in der Kolonie. An manchen Abenden sollen mehr als 200 Tiere zurück an Land kommen.

Arthur The Chasing Blue Penguin
Arthur The Chasing Blue Penguin

Wir dürfen die abendliche Heimkehr beobachten – ein einmaliges und erkenntnis- reiches Erlebnis. Der helleren Jahreszeit gemäß begann die „Anlandung“ gegen 20.30h. Bei relativ heftigem Wellengang bedarf es oftmals mehrerer Anläufe bevor Minipinguin sicheren Boden unter den Füßen hat. Viel öfter wird er mit einer Welle wieder hinaus ins Meer gespült, überkugelt sich vielfach und startet einen neuen Versuch. Aber keine Sorge: Jeder gelangt an Land und in sein Nest. Nach mehrminütigem „cooling down“ am Strand – uns Zuschauern steht der Sinn eher nach einem „warming up“ – heißt es dann einen kurzen Felsabhang empor zu watscheln. Unser menschliche Fürsorgeinstinkt ist versucht, bei dieser für uns ungeschickten Gangart fälschlicherweise  nach einer „helfenden Hand“ zu rufen. Die Natur hat es glücklicherweise anders eingerichtet. Meist in Gruppen von 10-15 Tieren erreichen sie dann die „Oberwelt“. Mit überraschend flinken Bewegungen rennen sie dann in ihren Unterschlupf.

DSCN5292An unserem Besuchsabend werden 132 heimkehrende Pinguine gezählt. Zur besseren Beobachtung gibt es im Pinguinzentrum dankenswerterweise überdachte Beobachtungsplätze mit ausgezeichneter Sicht auf die Tiere. Dabei werden die Heimkehrer durch kleine Eingangstore geschleust, bevor sie in den nummerierten Nistkästen verschwinden. Die ganze Zeremonie dauert rund 90 Minuten. Bevor dann Ruhe einkehrt, geht es in der Brutkolonie selbst zu wie auf einem belebten Marktplatz, hier noch ein Schwätzchen von Pinguin zu Pinguin, dort auch mal ein leichter Streit, kurz: ein interessantes Sozialverhalten.

Nicht nur abends ,sondern auch tagsüber kann der Besucher „hinter die Kulissen“ des Brutgebiets schauen in einem gesonderten Beobachtungsbereich des Brutgebietes.

Wir raten voller Überzeugung zu einem Besuch dieser Einrichtung. Um sich im Vorwege schon einmal hierüber genauer informieren zu können, hier der Link www.penguins.co.nz

Landeinwärts setzen wir unsere Tour auf der Südinsel fort, mehr oder minder immer parallel zum  WATAIKI RIVER. Kurze Besuche bei Resten von Maori-Höhlenzeichnungen oder eigentümlichen Felsgebilden wie den „Elephant Rocks“ unterbrechen die Fahrt. Ziel ist das Seengebiet der LAKES WAITAKI, AVIENMORE, BENMORE, PUKAKI, OHAU und TEKAPO. Die sechs Gewässer, teils natürliche Gletscherseen, teils künstlich angelegte Stauseen, sind alle miteinander VERZAHNT durch kleinere und größere Flüsse oder gar Kanäle. Die eigentliche VERZAHNUNG verdeutlicht sich auf technischem Gebiet aber noch viel stärker. Mehrere riesige, miteinander gekoppelte Staudämme mit Wasserkraftwerken produzieren ca. 25% des neuseeländischen Strombedarfs. Wer will, kann sich in den einzelnen Einrichtungen genauer informieren.Lake Tekapo DSCN5234

Dabei durchfahren wir ein Plateau mit Höhen zwischen 500m bis 800m. Dieses ganze riesengroße Gebiet stellt sich dar als Paradies für Camper und Wohnmobilisten. Viele einfache Naturcampingplätze oder ufernahe Stehplätze für Wohnmobile laden zum Verweilen ein. Dabei hat sich das Landschaftsbild grundlegend verändert. Urplötzlich verlassen wir das satte Grün der Wiesen und Wälder und tauchen ein in ein helles Braun verdorrter Weiden. TUSSOC STEPPE heißt die Landschaftsform, in der Steine zu wachsen scheinen. Und so unvermittelt, wie sie kommt, endet sie später dann auch, als ob eine von Menschenhand gezogene Grenze die Landschaftsformen eingeteilt hat. Auf dieser Steppe blöken auch nur noch die robusteren Merino-Schafe. Sie begnügen sich mit dem kargen Nahrungsangebot und produzieren dennoch extra flauschig-kuschelige Wolle.

Einen Gedankenausflug wert ist die „Ansiedelung“ dieser Schafsgattung in diesem Landstrich, auch „Mackenzie-Country“ genannt. Der Name geht zurück auf James „Jock“ Mackenzie, der in den 1840 Jahren reihenweise Schafe stahl und diese dann in dieses damals noch völlig unbewohnte Gebiet trieb. Rund 1.000 Tiere soll seine zusammengeraubte Schafsherde umfasst haben. Das Gute siegte gleich  „zweifach: Der Viehdieb wurde gestellt und verurteilt. Doch über den Umweg der Verbrecherjagd kamen andere Siedler zu der Erkenntnis, dass dieses Gebiet eben für Schafszucht geeignet  war.

Wie eng verbunden die Region mit der Schafzucht ist, zeigt sich im Ort TEKAPO. Mit Blick auf den See vom Altarraum aus wurde die Church of the Good Shepard“ errichtet. Gleich nebenan zeugt die Bronzestatue eines Hirtenhundes von der tiefen Gemeinschaft zwischen Mensch und Tier.

Viel malerischer als diese Episode glitzern die blauen Seen. Ihre eigentliche Farbe könnte man jedoch eher „smaragd-blau-grün“ nennen, im Volksmund „blue crumbs / blaue Krümel Dieses eigenartige Kolorit rührt noch von den Eiszeiten her,  als  Gletscher das Geröll unter ihnen staubfein zermahlte. Das daraus entstandene „Sandmehl“ löste sich in der Schmelzperiode im Gletscherwasser auf. Die Sedimente verleihen dem Wasser dadurch eine milchige Konsistenz. Durch Reflektion im Sonnenlicht nehmen die winzigen Partikel dann diese smaragdene Farbe an. Der intensive Farbeffekt wird unterstützt durch das braun-gelbe Naturumfeld. Das optische Glitzer-Schauspiel ist geeignet das menschliche Auge zu VERZAUBERN.HIOOKER Gletscher DSCN5168

Bei dem Begriff „Traumstraße“ läuft sogleich stets ein gedanklicher Film ab, entweder erinnert man sich an eine besonders reizvolle Küstenfahrt oder eine entzückende Bergstrecke. Der SH 80 von OMARAMA bis nach MOUNT COOK VILLAGE kann es mit jeder Traumstraße aufnehmen. Immer noch im Steppengebiet den LAKE PUKAKI entlang stoßen wir hinein in die Ostflanke der neuseeländischen Alpen. Die Gletscherwelt liegt uns zu Füßen (besser umgekehrt). Sie funkelt phänomenal im durch kein Wölkchen getrübten Sonnenlicht. Seine Majestät „Mount Cook“ (vgl. K&K 20 – eisige Geschwister) mit dem Bruder „Tasman“ umrahmen den HOOKER GLETSCHER, der sich in eindrucksvollen 11 Kilometern ins Tal wälzt. Dieses Bilderbuchpanorama kann auf der gesamten 90km langen Anfahrtsstrecke ausgekostet werden. Besonders beeindruckend zeigt sich der Anblick von „Peter’s Lookout“ aus, in der Nähe des Touristenortes TWIZEL. Die einmalig ausgebaute Straße lässt schnell vergessen, dass es sich ja eigentlich um eine „Gebirgsroute“ handelt. Ist die Fahrt in Richtung auf die Gebirgskette  schon ein unvergessliches Erlebnis (Sonnenwetter vorausgesetzt), so präsentiert sich die abendliche Rückfahrt noch weitaus spektakulärer. Rötliche Gletscher- und Schneefeldfärbung konkurriert mit einem schimmernden Grau-Blau der Seen.

Hier erweist sich unser System des „freedom camping“, also des Stehens in freier Natur, als unermesslicher Helfer. Derartige Sonnenuntergangsszenarien können so bis zum letzten Sonnenstrahl ausgekostet werden, ohne hinterher noch lange Fahrten zur gebuchten Unterkunft vornehmen zu müssen.

Mt Cook Ostseite morgens
Mt Cook Ostseite morgens

Am nächsten Morgen steht man dann auch gleich wieder an solch einem pointierten Platz, um den Sonnenaufgang zu genießen und ggf. zu fotografieren.

Fluggerät von R. Pearse
Fluggerät von R. Pearse

Jeder Abstecher führt zum Hauptweg zurück. Für uns bedeutet dies die Fahrt durch die ROLLINGS HILLS zurück zur Ostküste. In einem weiten Nord-Ost.Bogen gelangen wir nach rund 200km in die industriell geprägte Hafenstadt TIMARU. Nicht ihre innerstädtische „Schönheit“  lockt uns hierher, sondern ein anderes Kleinod. Beim Namen „Gebrüder Wright“ fallen uns sofort deren für die Menschheit ersten erfolgreichen Flugversuche ein. Sie sollen einen Vorgänger bzw. Konkurrenten gehabt haben: Richard William Pearse (1977-1953). Von Beruf eigentlich Landwirt, wie jeder hier im pazifischen Hinterland, faszinierten ihn jedoch stärker „neuartige Erfindungen“. So wandelte er in aller Heimlichkeit, versteckt hinter einer 6m hohen Ginsterhecke, seine Scheune in eine Tüftlerwerkstatt um. Schließlich unternahm er bereits 1902 erste Flugversuche (Gebrüder Wright 1903), ab März 1903 sehr erfolgreiche. Selbstredend feiert Neuseeland seinen Flughelden im South Canterbury Museum in TIMARU mit dem Nachbau des damaligen Flugapparates“.

Einige Kilometer westlich, auf dem Weg zur Küste beim Dorf PLEASANT POINT wird der Flugpionier mit einem Memorial geehrt. Errichtet wurde es auf dem Acker, auf dem Pearse seine Flugversuche auf seinem „Fahrrad mit Flügeln“ unternahm.