K&K26 – Durchreise mit und ohne Pass

Wir verlassen die Ostküste ein weiteres Mal, um auf  dem GREAT ALPINE HIGHWAY Neuseelands Hochgebirge auf dieser beliebten Route (SH 73) zu durchqueren. Arthur's Pass-Otira Viaduct DSCN5596Die Panoramastraße verbindet in ihrer gesamten Länge (240km) das östliche CHRISTCHURCH mit dem westlichen GREYMOUTH. Im Prinzip handelt es sich bei dieser Gebirgsdurchquerung um einen altbekannten, ehemaligen Handelsweg der Maoris, die auf ihm ihre Jadefunde von der Ost- an die Westküste transportierten.  Europäische Siedler machten sich die „eingefahrene Strecke“ zu nutzen, bauten die Straße für regelmäßigen Postkutschendienst (ab 1866) immer stärker aus bis zur heutigen Hochgebirgsstraße. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts nahm man dann auch das Projekt einer Eisenbahndurchquerung in Angriff. Die Eröffnung des „Otira Tunnels“ gab 1923 das Startsignal für den Eisenbahnverkehr. Heute hat sich der „TranzAlpine“ zu einer der attraktivsten, touristischen Schienenverbindungen der Welt gemausert. Sie bietet eine Hin- und Rückfahrt an einem Tag (8-18Uhr). Wegen des großen Fahrgastaufkommens ist eine rechtzeitige Reservierung zu empfehlen. Eisenbahnlinie und Panoramastraße laufen über weite Strecken parallel.

Von CHRISTCHURCH kommend durchqueren wir zunächst die CANTERBURY PLAINS. Diese Ebene ist gespickt mit Obstplantagen, Farmen für Milchwirtschaft und Gemüseanbau sowie unzähligen Weingütern. Kleine Städtchen wie DARFIELD, SHEFFIELD oder SPRINGFIELD säumen den Weg. Dabei charakterisiert die jeweilige Nachsilbe „FIELD“ den wirtschaftlichen Schwerpunkt der Region. Wie auf einer Kette reihen sich vielfältige größere und kleinere Seen aneinander, durchströmt von ebenso zahlreichen Bächen und Flüssen. Umso erstaunlicher ist es dann, dass die Pazifikwolken den Regen offensichtlich nicht einmal 50km bis ins Innenland vorstoßen. Denn die Felder und Wiesen sind übersäht mit Bewässerungsanlagen. Dort wo die künstliche Bewässerung nicht rund um die Uhr ihr Nass spendet, verfärbt sich das Gras sofort in eine braune Decke.

Hinter der Ortschaft CASTLE VILLAGE verlassen wir die Fluss- und Seenebene für den eigentlichen Gebirgsanstieg mit dem Höhepunkt ARTHUR’S PASS. Diese Bezeichnung beinhaltet neben der Passstraße auch den entsprechenden Nationalpark und das eigentliche, 100 Einwohner zählende Dorf rund 4km von der Passhöhe entfernt.

Kea-bitte recht freundlich
Kea-bitte recht freundlich

Kurvenreich klettern wir auf gute 900m Passhöhe. Das klingt erst einmal nach wenig. Die Haarnadelkurvenstraße hat es jedoch in sich. Auf den letzten 5km bis zum Passgipfel sind 20% bis 26% Steigung zu bewältigen. Seinen Namen hat der Pass nach dem früheren Bergführer Arthur Dudley Dobson erhalten, der als erster Europäer Reisende über diesen Pass führte. Oben angekommen bietet ein kleiner Parkplatz einen 360° Rundblick. Steil unter uns erblicken wir die Fahrzeuge, die den OTIRA VIADUCT im scheinbaren Schneckentempo hinaufkrabbeln, die Brückenkonstruktion noch vorsichtiger quasi im Schritttempo hinabschleichen. Nach Osten lässt der freie Blick die ferne Küste erahnen. Gen Westen bleibt die Aussicht in Berggipfeln und Wolken hängen, ohne Aussicht auf Besserung. Die Westabfahrt gibt sich dann gemächlicher bis hinunter ins Tal zum Abzweig vom SH 73 im Dorf Jacksons zum LAKE BRUNNER. Was am ersten Tag wegen des kalten, regnerischen Wetters nicht gelingen konnte, holen wir einen Tag später bei strahlendem Sonnenschein nach. Die 50km lange Rückkehr zum ARTHUR’S PASS hat sich ausgezahlt. Belohnt werden wir mit Ausblicken in alle Himmelsrichtungen auf durchweg dramatisches Bergpanorama.

Wir bleiben natürlich nicht allein an solch einem Lookout. Neben Einzelreisenden ergießen sich ganze Busladungen voller Touristen auf den viel zu engen Parkplatz. Doch damit nicht genug: Neuseelands neben dem Kiwi zweites Nationalsymbol, der KEA-Papagei, fühlt sich hier oben heimisch. Gar nicht scheu nähern sie sich auf Armlänge den Menschen, wobei Füttern der Tiefe bei Strafe verboten ist. Nicht jeder Reisende versteht Englisch, nicht jeder Papagei lehnt das dargebotene Futterangebot dankend ab. Außerdem stehen ja auch die vielen Kraftfahrzeuge mit ihren leckeren Gummiumrandungen zur Verfügung. Und so muss man entscheiden, wohin zuerst geblickt wird: Heiles Wohnmobil oder heile Bergwelt.

LAKE BRUNNER spiegelt auch eine kleine, heile Welt wider. An einer bequem zu fahrenden Nebenverbindung zwischen JACKSONS und STILLWATER gelegen, aber als TOURIST DRIVE ausgewiesen, braucht er sicherlich keinen übergroßen Besucherandrang zu fürchten. Winzige Siedlungen säumen seine Ufer. In der Ortschaft TE KINGA (85Einw.) laden ein-zwei B&B zum Verweilen ein. Der Wohnmobilist findet dort am Seeufer einen extra ausgewiesenen, kostenfreien Übernachtungsparkplatz, eine nette Geste der Gemeinde. Der spätere Ort STILLWATER kann als Markenzeichen des gesamten Seegebietes dort fungieren.

The Bearded Miners-Reefton
The Bearded Miners-Reefton

Zurück geht es nunmehr gen Osten mit einer erneuten Durchquerung der Gebirgswelt. Der SH 7 führt uns zunächst ins nördliche REEFTON, dann wieder in die dieses Mal gemäßigte Bergwelt nach HANMER SPRINGS.

Eigentlich wäre die Kleinstadt REFFTON keiner zusätzlichen Erwähnung wert, beherbergte sie nicht ein Kuriosum: „The Bearded Miners“. In einer ehemligen Goldgräberhütte an der Hauptstraße begrüßen sie gern Gäste, um von den vergangenen Zeiten des Goldrush zu schwärmen. Quasi ohne Atempausen, im Redefluss kaum zu unterbrechen, geschweige denn zu stoppen, rühmen sie die „gute, alte, goldene Ära“. Dabei handelt es sich durchaus um Zeitzeugen, denn die letzte professionelle Goldwaschanlage wurde aus Rentabilitätsgründen erst 1951 geschlossen. So verbringen denn mehrere ältere Herren mit Rauschebart – einer mit Geburtsort Kiel – ihr Rentnerdasein auf der Holzbank vor der Hütte, laden zur Besichtigung ein und freuen sich über große und kleine Spenden.

Hanmer Springs Pools
Hanmer Springs Pools

Dem Relaxen und menschlichem Wohlbefinden hat sich das Bergdorf HANMER SPRINGS verschrieben. Heiße Sulphur-/Schwefelquellen helfen beim Anlocken von Gästen. Auf 350m Höhe eingebettet ins Südinselbergwelt, beschreibt es sich als „perfekten Ort zum Abschalten und zur Rückgewinnung des inneren Gleichgewichts“.

Garant hierfür sind der riesengroße Spa-, Wellness- und Poolbereich. Seit rund 120 Jahren läuft hier der Kurbetrieb, allerdings nicht als ausgesprochene Heilkuren. Insgesamt 18 Außenpools bieten 12 verschiedene Wasserarten mit Temperaturen zwischen 22°C und 42°C. Der Ruhesuchende und der „Aktive Planscher“, alle kommen hier zu ihrem Recht. Und hinterher laden gemütliche Cafés und Restaurants zum Verweilen ein. Sanfter Tourismus abseits des Massenandrangs.

Gore Bay-Kathedralenfelsenriff
Gore Bay-Kathedralenfelsenriff

Wir verfolgen weiter den SH 7 und übersteigen den nicht so schroffen und hohen LEWIS PASS. Mi seinen 864m wirkt er sanft aber malerisch wie in eine Hügelkette eingebettet. Bald danach grüßt nach rund 70km kurvenreicher Straße die Ostküste wieder. Wir gönnen uns den Schlenker über die GORE BAY mit seinem einer Kathedrale ähnlichem Felsenriff. ALPINE PACIFIC TRIANGLE ROUTE wird ein 400km langer Rundkurs im Osten der Südinsel nördlich von CHRISTCHURCH genannt. In seinem Südwinkel, im Weinbauort WAIPARA heißt es, sich zu entscheiden, ob zuerst der Inlandskurs auf dem SH 70 oder der Pazifikabschnitt auf dem SH 1 eingeschlagen wird. Letzterer ist als Nord-Süd-Hauptverkehrsader stark befahren. Der SH 70 schnörkelt sich in seinem Nordabschnitt hingegen in absolut einsamem Gebiet durch die Berg- und Hügellandschaft. Also schließen wir einen Kompromiss: Im südlichen Teil des Tourendreiecks verbleiben wir auf dem SH 1, der auch mit landschaftlichen Reizen nicht geizt. Kurz hinter CHEVIOT biegen wir dann auf eine winzige Straße ins Landesinnere ab Richtung WAIAU. Diese Teilung bietet sich auch deswegen an, weil das südliche Segment des SH 70 überwiegend in ebener Graslandschaft verläuft, die pittoreske Bergphase dann erst beginnt.

Kaum haben wir die erste Hügelkette hinter uns gelassen, springt sofort wieder die braune, steppenartige Vegetation ins Auge. „Hier herrscht ausgesprochen Feuchtigkeitsmangel“, erzählt uns ein einheimischer Farmer. „manchmal langt es nicht einmal mehr für die Schafe“. Genügsamer sind da allerdings die Lamaherden. Sie freuen sich auch über verdorrtes Grasgestrüpp. In großen Herden sind sie hier ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor, ebenso wie die Rotwildrudel auf den Weiden. Unterwegs passieren wir das Skigebiet MOUNT LYFORD abseits vom Wegesrand. Mehr Besiedlung treffen wir jedoch nicht an.

Wo,bitte,ist hier das Meer
Wo,bitte,ist hier das Meer

Von der Abgeschiedenheit in die „touristische Quicklebendigkeit“ dauert es nun 70km auf schnörkeliger Straße. Der Unterschied könnte nicht größer sein. KAIKOURA liegt hingebettet in einer großen Bucht mit angrenzender Halbinsel. Was macht den Badeort so hinreißend reizvoll? Nennen wir zunächst das Ufer nahe Gebirgspanorama. Die bezaubernde Bergkette steigert ihren Reiz durch den häufigen Sonnenschein, in dem Schneereste flimmern und funkeln. Ein mildes Klima erzeugt ein Gefühl sommerlicher Atmosphäre. Einen wirklichen Namen hat die 4.700 Einwohner zählende Stadt sich jedoch hauptsächlich durch „Maritime Wildlife Beobachtungsexkursionen“ erworben. In Kaikouras Küstengewässern wimmelt es nur so von Meeressäugern und Seevögeln. Besonders hervorzuheben sind dabei Touren zu den Delphinen, incl. „Swim with Dolphins“ bzw. zu den Albatrossen. Auf der erwähnten Halbinsel können vom Ufer aus Pelzrobbenkolonien beobachtet werden. Bei Ebbe folgen wir ihnen ein gutes Stück weit auf felsigem Untergrund hinaus in den Pazifik.

Orca mit Delphinen
Orca mit Delphinen

Als Krönung allen Geschehens gelten aber die 3,5-stündigen Walbeobachtungstouren. Ausgezeichneter Anbieter hierfür ist „The Whale Watch Station“ (www.whalewatch.co.nz). Wie sicher man ist, die „Riesen des Meeres“ auf solch einer Bootstour auch wirklich zu sichten, beweist das Angebot, dass bei Nichtsichtung 80% des Fahrpreises zurückerstattet werden. So eine „Beobachtungsgarantie“ trifft man nicht häufig an.

Pottwal
Pottwal

Sie muss auch nicht eingelöst werden. Auf unserer Bootstour gab es vielfache Sichtung von Pottwalen, einem Killerwal in einer Herde munterer, sich tummelnder Schwarzdelphine. Über allem kreiste majestätisch der Königsalbatross. Die Walbeobachtung dient jedoch nicht ausschließlich touristischen, sondern eben auch wissenschaftlichen Zwecken. So werden die langjährigen Reiserouten der Meeressäuger erforscht. Jedes die Küstenlinie KAIKOURAS besuchende oder sogar dort ständig „wohnende“ Tier erhält einen Namen aufgrund besonderer Merkmale. So kann man feststellen, dass einer der Artgenossen bereits seit 1991 regelmäßig hier vorbeischaut. Warum ausgerechnet dieser Küstenstreifen bei den Tieren so beliebt ist? Es liegt an der nährstoffreichen Meeresumwelt mit einem Überangebot an Nahrung. Allerdings zieht es fast ausschließlich männliche Wale in diese Gegend. Für die Weibchen mit ihren Jungen ist das Wasser einfach zu kalt. Sie bevorzugen die wärmeren Gewässer nahe der Fidji Inseln.

Wir können uns nur lobend über diese Schiffstour äußern und empfehlen sie gern weiter. Alles war sehr gut aufeinander abgestimmt, die Organisation, das Preis-Leistungs-Verhältnis, die Dauer der zielgerichteten Fahrt und die im eigenen Briefingroom und an Bord gegebenen Informationen. Für den Seekrankheit verdächtigen Wellengang unterwegs kann das Unternehmen ja schließlich nichts!

Seelöwenkolonie DSCN5803Unaufhörlich geht es weiter Richtung Norden, meistens auf dem SH 1. Kurz nördlich hinter Kaikoura treffen wir noch einmal auf eine riesige Seelöwenkolonie. Neben dem Streit unter den Männchen waren die Weibchen mit ihren Jungen viel lieblicher anzusehen. Offensichtlich bleiben die Tiere aber nicht nur auf ihren Felsenriffen. Denn die Verkehrsaufsicht sah sich veranlasst, im entsprechenden Streckenabschnitt Warnschilder mit „Seal‘s Crossing“ aufzustellen.

BLENHEIM erreichen wir nach gut 100km. Auf der Hälfte der Strecke können wir eine Salzproduktionsanlage „Solar Salt Works“ erspähen. Die Salzgewinnung erfolgt ausschließlich aus dem Meereswasser durch Verdunstung in großen Erdbecken, die den flachen LAKE GRASSMERE parzellieren.

Als letzten Anlaufpunkt auf der Südhalbinsel stehen wir nunmehr in BLENHEIM. Es gilt als Zentrum des umliegenden Weinanbaugebietes im Distrikt Marlborough. Bereits viele Kilometer vorher sind wir ausschließlich durch Ebenen mit Weinanbau gefahren. Hier werden so bekannte Sorten wie Sauvignon Blanc, Pinot Noir, Riesling oder Chardonnay angebaut. Bei so viel Sonnenschein (ca. 2.500 Std. pro jahr) sicherlich kein Wunder, aucu nicht die Bezeichnung „Teh Sunshine Capital“. Aber zu viel Sonnenschein und Trockenheit kann auch zum Problem ausarten, wie uns ein Tankwart berichtet. Seit 6 Monaten soll es insgesamt nur 3mm Niederschlag gegeben haben. Die umliegenden Wiesen und Felder sehen entsprechend aus.

Bekannt ist BLENHEIM für seine „preisgekrönten Parks und Gärten“, allen voran der „Seymor Square Park“ im Stadtzentrum. Neben dem historischen Uhrenturm im Park findet der Besucher eine Erläuterung zum „deutsch klingenden Stadtnamen“. In der Tat liegen hier gewisse Ursprünge. Demnach wurde BLENHEIM nach der Battle of Blenheim (deutsch: Schlacht bei Höchstädt),benannt bei der 1704 die Truppen von John Churchill, 1.Duke of Marlborough, über die französischen und bayerischen Soldaten siegten. Die ursprüngliche Siedlung ist in der Wairau-Ebene am Zusammenfluss des Tylor und Opawa River um einen Sumpf herum entstanden. Dieser ist mittlerweile trockengelegt. An seiner Stelle befindet sich der Seymour Square mit einem Park.

Die Rundfahrt um die Südinsel Neuseelands endet hiermit. Es verbleiben noch 30km bis zum Ausgangspunkt PICTON (vgl. K&K 18), von wo aus die Fähre uns zurück auf die Nordinsel bringt.