K&K 35 – Tasmanien: Regenwald contra Buschfeuer

Hätte der Holländer Abel Tasman 1642 die Insel nicht entdeckt, wer weiß wie sie heute benannt würde. Vielleicht noch mit dem Aboriginal Namen Palawa Kani, die hier bereits seit rund 35.000 Jahren siedeln. Hätten wir unsere Australien Rundtour gut 12.000 Jahre begonnen, so hätten wir nicht die Fähre über die BASS STRAIT nehmen müssen. Denn bis dahin war TASMANIEN noch fest mit dem australischen Kontinent verbunden.

Tasmaniens raue Nordküste
Tasmaniens raue Nordküste

Aber vielleicht hat ja gerade die geographische Loslösung zur Einzigartigkeit der Insel beigetragen. Und was soll der Reisende mit dem Eiland gedanklich verbinden? Eine Tourismusbroschüre gibt Aufschluss: „Unberührte Natur, feines Essen und Wein, Kleinstädte, saubere Luft, endemische Tierarten und Pflanzen – kurz: Australiens grüner Smaragd im Süden mit ausgewiesenen 45% der Insel als Nationalparks. Lassen wir uns überraschen.

Mit der Nachtfähre „Spirit of Tasmania“ setzen wir über. Abends um 19.30h geht es ab MELBOURNE, noch im Morgengrauen gegen 6h legen wir in DEVONPORT an. 240km hat die Fähre in der Nacht zurückgelegt. Beim Einschiffen geht es zu wie beim Check-in am Flughafen – Doppelte Fahrzeugkontrolle nicht so sehr aus Furcht vor einem Terroranschlag, sondern um ungebetenes Ungeziefer nicht auf die Insel zu lassen. Einfache Fragen genügen nicht. Der Innenraum des Fahrzeugs inklusive Nasszelle und besonders der Kühlschrank werden eingehend inspiziert, die Serviceklappen mit der Campingausrüstung weniger. Uns kostet die Überprüfung eine Packung Tomaten, 1kg Karotten, 2 Zucchini und 2 Mangos. Schade drum. In DEVONTPORT ist es dann nicht mehr so streng, warum auch. Es gibt ja nicht mehr viel zu holen.

Tasmaniens raue Nordküste
Tasmaniens raue Nordküste

Nun aber auf, den „grünen Smaragd“ zu erkunden. Zunächst bleiben wir an der Nordküste und halten uns immer westlich.

Stanley-Sessellift auf The Nut
Stanley-Sessellift auf The Nut

Die Route ist ausgewiesen als West Coast Wilderness Drive. Die ersten kleinen, schmucken Städtchen lassen nicht lange auf sich warten: ULVERSTONE, PENGUIN, WYNYARD, STANLEY oder auch SMITHTON. Jeder Ort hat eine Besichtigungskleinigkeit zu bieten, unter denen The Nut in STANLEY hervorsticht. 150m hoch erhebt sich ein bewachsenes Felsplateau an der ohnehin malerischen Küste. Mit dem Spruch „Why go when you can ride“ wirbt der dazugehörige  Sessellift um Kundschaft (www.thenutchairlift.com.au).“ Es geht aber auch zu Fuß den steilen Weg hinauf und hinab. Hauptsache man kann dort oben auf dem ca. 2km Rundweg die „sauberste Luft der Welt“ atmen.

Burnie-Papierkunst
Burnie-Papierkunst

Eine Ausnahme hiervon bildet die Stadt BURNIE. Sie muss sich stark darum bemühen, Touristen anzulocken. Die Stadt hatte sich einen Ruf als Papierproduzent erworben. Doch seit einigen Jahren zieren nur noch die leeren Gebäude der geschlossenen Fabrik das Stadtbild. Man versucht das Beste daraus zu machen und hat sich als erstes den Titel gegeben „City of Makers“. Und in der Tat, mit lokaler Unterstützung ist am anderen Ende der Stadt ein neues, ansprechendes Aktivitätszentrum entstanden. Wie auf einer Messe präsentiert sich dort heimisches Kunstgewerbe. Die ehemalige Papierproduktion kommt dabei auch zu ihrem Recht, nicht mehr in großem Stil sondern in künstlerischem Gewand.

Hinter SMITHTON erreichen wir nach wenigen Kilometern Tasmaniens raue Westküste. Wir wollen ihr folgen bis STRAHAN, über MARRAWAH und PORT ARTHUR. Ab dem ARTHUR RIVER beginnt die eigentliche Wildnisstraße, The Tarkine Drive, mit dichtem Regenwald. Außerdem haben wir uns dort für eine Schifffahrt in die Wildnis angemeldet.

Port Arthur-the Edge of the World
Port Arthur-the Edge of the World

Vorher besuchen wir noch The Edge of the World, eine markante, felsige Bucht, in die der ARTHUR RIVER mündet.

Damit endet dieser Tourabschnitt allerdings unvermittelt. Ein großflächiges Buschfeuer ist in der Nacht im trockenen Regenwald durch Blitzeinschlag ausgebrochen. Die Durchgangsstraße gen Süden bleibt uns versperrt. Der Ort ARTHUR RIVER ist von Evakuierung bedroht. Selbstredend kann die Bootsexkursion nicht stattfinden. Also begeben wir uns auf den Rückweg und nehmen einen 400km langen Umweg in Kauf, um an das gewünschte Ziel STRAHAN zu gelangen.

Doch nichts ist so negativ, dass man dem nicht auch noch etwas Positives abgewinnen kann. Die unbeabsichtigte Routenänderung führt uns dann unmittelbar in den Cradle Mountain National Park.

Cradle Mountian mit Lake Dove
Cradle Mountian mit Lake Dove

Gut eine Fahrstunde südlich von der Nordküste tauchen sie auf, die gezackten Konturen des Cradle Mountain. An seinem Fuß ruht der Dove Lake. Dieses umwerfende Duo ist eingebettet in eine ursprüngliche Landschaft von Heide und einer Buschgrasebene. Eingerahmt wird das Ganze von undurchdringlichem Regenwald.

Vom kühlenden Bad im kalten Bergsee über kürzere Wanderungen am und um den Dove Lake (Rundweg 2-3 Stunden) bietet der National Park auch ein dichtes Netz an Tageswanderungen an, z.T. auch mehrtägige Touren mit Zeltübernachtung. Im gut ausgestatteten Visitor Center können sie gebucht werden, ebenso verschiedene, geführte Wildlife Touren.

Es besteht zwar die Möglichkeit, den Park mit eigenem PKW zu erkunden. Doch warum! Ein ausgezeichnetes Shuttle Bus System bringt dich an die wichtigsten Ziele für Ausblicke, Wanderungen oder Besichtigungen. Lohnenswert ist es in jedem Fall, den Holiday Park Pass zu erwerben (80AUD, ca. 27€). Er gilt  8 Wochen lang für 1 PKW + bis zu acht Insassen in allen 19 tasmanischen National Parks.

Der Cradle Mountain National Park gilt als einer der großen Anziehungspunkte für Tasmanien -Reisende. Das Besucheraufkommen gibt dem Recht. Wir sind sehr angetan von ihm. (www.parks.tas.gov.au).

Fahrt in den Regenwald
Fahrt in den Regenwald

Der „wilde grüne Westen“ der Insel lässt uns noch nicht los. Wir folgen der Südroute ins Dreieck der ehemaligen Mining Towns QUEENSTOWN, STRAHAN (mehr Bade- und Küstenort) und ZEEHAN. Auch sie alle sind tief eingebettet in den Gebirgszug um den MOUNT MURCHISON. Deutlich zu spüren ist ihre Abgeschiedenheit im städtischen Leben. Sicherlich haben sie zu Boomzeiten einmal bessere Zeiten gesehen. Heute kommen sie ländlich ruhig daher. Spätestens um 17.30Uhr wanderst du allein durch die Straßen.

Kilometerweit führt die Straße ausschließlich durch dichten, undurchdringlichen Buschwald. Keine Menschenseele kann erblickt werden. Nur wenige andere Verkehrsteilnehmer sind auszumachen. Eine Geräuschkulisse gibt es so gut wie nicht.

Erst in den kleinen Städtchen findet sich wieder etwas sichtbares Leben. Der ganze Rundkurs beträgt rund 130 naturidyllische, einsame Kilometer.

Doch es kommt noch besser. Von QUEENSTOWN aus dringen wir noch tiefer in den Regenwald hinein. Nicht per Wohnmobil, nicht zu Fuß sondern mit der West Coast Wilderness Railway, eine sehr bemerkenswerte Eisenbahnstrecke. Gebaut gegen Ende des 19. Jahrhunderts fahren auch heute noch Originalzüge von 1902 auf Originalgleisen. Die damaligen Siedler haben echte Pionierarbeit geleistet, denn ein solcher Eisenbahnbau in die Undurchdringlichkeit des tasmanischen Regenwaldes und über die felsige Gebirgslandschaft  galt damals als unmöglich. Doch offensichtlich hatten Regierung und Volkes Stimme nicht mit dem Erfindungsreichtum und der Hartnäckigkeit der „west coasters“ gerechnet. Ein geniales System aus Zahnradbahn und Brückenbau überwindet die steilsten Hänge und tiefsten Canyons.

King River Gorge
King River Gorge

Die Eisenbahn war für die kleinen Bergbausiedlungen und -städte wie QUEENSTOWN oder ZEEHAN überlebenswichtig. Der Transportweg garantierte für rund 80 Jahre die Wirtschaftlichkeit des Kohle- und Kupferabbaus.

Heute befördert der Zug nur noch Schaulustige. Mit rund 20km/h schaukeln wir hinein in den dichten, grünen Dschungel des Regenwaldes. Die Bahntrasse ist oftmals so schmal, dass Zweige und Farne in geöffnete Fenster hinein prasseln. Schaurig schöne Blicke gleiten 100m in die Tiefe, in die Canyons des Queen Rivers, später dann des King Rivers. Beim Überqueren der zahlreichen Holzbrücken bleibt einem fast das Herz stehen. Durchblick in alle Himmelsrichtungen lautet die Devise.

Brücke über den Queen River
Brücke über den Queen River

Ab und zu taucht noch eine überwucherte Holzhütte aus der Bergbauära im Dickicht auf. Ansonsten regiert die ungezähmte Natur. Eukalyptusbäume sowie Baum- und Bodenfarne haben das Zepter fest in der Hand. Außer dem einlullenden Stampfen der Dampflok herrscht absolute Stille im Dickicht.

Glücklicherweise werden einige Zwischenhalte eingelegt, um den Regenwald intensiver in Augenschein nehmen zu können. Bei einem dieser Stopps, bereits außer Sicht- und Hörweite von Zug und anderen Passagieren wird ein heiseres Krächzen vernehmbar. Der Blick nach oben ins Laubwerk gibt Aufschluss: Ein Gelbhaubenkakadu beobachtet neugierig die fremden Gäste.

Fahrgäste
Fahrgäste

Nach 30km Dschungelfahrt heißt es Endstation. Die Lokomotive wird mit 3.000l frischem Wasser versorgt. Dann dampft sie im gleichen Schneckentempo zurück an den Abfahrtsort.

Wer Regenwald pur erleben möchte, dem sei diese außergewöhnliche Fahrt empfohlen.