On Tour04–F/LA BRETAGNE „Drei ungleiche Brüder – Joachim, Paul und Cornelius“

Auf diese drei Persönlichkeiten stößt man in dem Dreieck westlich der Halbinsel Quiberon, der Atlantikküste und nördlich der Stadt Lorient, in der sogenannten „bretonischen Wildnis“. Man spürt das Wildnisgefühl u.a. daran, dass hier in der Einsamkeit nicht mehr zweisprachig ausgeschildert wird, sondern nur noch auf keltisch, was eine Ortssuche selbstverständlich erheblich erleichtert. Man könnte zwar fragen, aber es ist nicht sichergestellt, der der Gegenüber auch wirklich französisch spricht und nicht das kehlige Gälisch.

Mauerblümchen
Mauerblümchen

Der  Wildnisbegriff ist vielleicht etwas zu rau gewählt als Landschaftsbeschreibung für das wuchernde Grün der endlosen Hecken und hügeligen Wiesen, geprägt von unzähligen bunten Farbtupfern der Rhododendronsträucher, der Azaleen,  dem Weiß der Cala sowie dem Zartrosa der Mauerblümchen. Die winzigen Orte werden oft überragt durch überdimensionale Kirchen.

Und genau in einer dieser Kirchen, in der Notre-Dame de Kernascléden, einem 500-Seelendorf, treffen wir auf Joachim.

Notre-Dame de Kernascléden
Notre-Dame de Kernascléden

Die Geschichte reicht weit, weit zurück, in die Zeit um Christi Geburt. Es heißt, dass Joachim der Ehemann von Anna war, der Mutter Marias. Demnach war Joachim der Großvater von Jesus. Da die Ehe von Anna und Joachim kinderlos geblieben war, mache er sich auf, in der Wüste durch Fasten Buße dafür abzulegen. Mehrere Monate später, wie viele bleibt ungewiss, erschien dem Büßer ein Engel mit der Verkündung, dass Anna nunmehr ein Kind gebären werde.

Und tatsächlich, nach seiner Rückkehr gebar Anna eine Tochter, welche sie Maria nannten. Maria gilt als „frei von der Erbsünde“, so dass dann der späteren Geburt Jesu nichts mehr im Wege stand. So verwundert es nicht, dass voller Stolz auf die „doppelte unbefleckte Empfängnis“ hingewiesen wird.

Künstlerkolonie Pont-Aven
Künstlerkolonie Pont-Aven

Viel weniger romantisch verklärt kommt unser Paul, der zweite Bruder daher. Es handelt sich um keinen geringeren als den weltberühmten Maler Paul Gauguin. In dem Dorf Pont-Aven hat er seinerzeit die wegweisende „Schule von Pont-Aven“ gegründet, sozusagen als Mitbegründung des Synthetismus und Wegbereitung des Expressionismus. In diesem „französischen Worpswede“ hat sich dann (Ende 19.Jh.) ebenfalls eine Künstlerkolonie entwickelt. Der heutige Besucher schlendert durch eine einzige Gemäldeausstellung, denn eine Galerie reiht sich an die andere. Natürlich wird auch das Marketing nicht vergessen, aber alles bleibt doch in einem erträglichen Rahmen.

Carnac
Carnac
Kerzerho
Kerzerho

Egal welcher Theorie man für die Entstehung und dem Zweck der „Hinkelsteine“ stärker zuneigt, Cornelius hat hierfür eine sehr einleuchtende. Die ist von den unzähligen Feldern und Arealen mit Menhiren, Dolmen, Cairns oder Tumulus die Rede. Die berühmteste Ansammlung – als UNESCO Weltkulturerbe ausgezeichnet – findet der Besucher sicherlich in Carnac, dicht bei der Halbinsel Quiberon. Nicht minder attraktiv sind aber auch die anderen, weniger bekannten Alignements in dieser Region, wie z.B. bei Kerzerho, nicht weit von Carnac entfernt.

Kommen wir zu des Pudels Kern! Dienten diese Felsansammlungen nun der Orientierung, religiösem Kult oder waren sie nur schmückendes Kunstwerk?Historisch-kulturelle Weide  P1100575

Alles falsch! Der Heilige Cornelius gibt die Antwort. Er bereiste seinerzeit als Papst die Bretagne, und zwar zur Zeit der römischen Besatzung. Auf der Flucht vor den römischen Soldaten gelangte er ans Atlantikufer, womit er dann keinen Ausweg oder Fluchtweg mehr fand. Alles zu Ende? Weit gefehlt ! Er drehte sich einfach seinen Verfolgern zu und verwandelte diese mit einem „Handstreich“ in die heute noch zu sehenden Felsansammlungen. Also war sein Weg wieder frei. Und der Legendenbildung stand nun nichts mehr im Wege. Die inmitten der historisch-kulturellen Kostbarkeiten zwischenzeitlich friedlich grasenden Schafe lässt jegliche Theorie- und Legendenauslegung allerdings völlig kalt.