On Tour 11–IRL/Westen „Ringreiten”

Kerry-Cliffs
Kerry-Cliffs

Wenn auf den entsprechenden Reitturnieren tatsächlich so viel Betrieb herrschte wie hier am und auf dem „Ring of Kerry“ oder dem „Ring of Dingle“, die Veranstalter würden sich die Hände reiben. Obwohl noch nicht einmal „peak season“, also Hochsaison“ herrscht,  tummelt sich bereits ein buntes und umfangreiches Touristenvölkchen auf den einzigartigen Panoramarouten. Man findet alle Spielarten der Fortbewegung, am häufigsten natürlich per Auto, Wohnmobil oder – besonders lecker auf den schmalen Straßen – Reisebussen, daneben aber auch Wanderer, Fahrradfahrer und Biker. Selbst hoch zu Ross umrunden Wagemutige die Halbinseln.

Man muss noch nicht einmal direkt auf den eigentlichen Scenic Routes rollen, um das Gedrängel genießen zu dürfen. Bereits in Kenmare, am südlichen Ende der ersten Halbinsel, stärker noch etwas nördlicher in Killarney, dem eigentlich „Tor zum Kerryring“ schieben sich die Touristen gleichsam durch die Straßen. Das Angebot ist entsprechend, die Preise auch. 5,50 Euro für zwei kleine Kugeln Eis sprechen Bände. Da sehnen wir uns schnell an der Einsamkeit der südlicheren Küstentouren zurück.

Wo es große, bekannte Ringe gibt, fallen auch immer ein paar kleine, unbekanntere ab, wie der Ring of Skellig oder der Ring of Valentia. Der eine umrundet mit seinen knapp 20km die kleine, gleichnamige Valentia-Insel im Nordwesten der Kerry-Halbinsel, die ja eigentlich Iveragh Peninsula heißt. Aber es bietet viel, dieses kleine Eiland. Neben dem Besuch der pittoresken, weit verstreuten Fischersiedlungen lohnt das Erklimmen des „Geokaun Hügels“ mit den spektakulären Fogher Cliffs.

Übernachtungsplatz
Übernachtungsplatz

Wanderern bietet sich ein Rundwanderweg auf halber Höhe mit späterem „Gipfelsturm“ auf rund 400m. Autofahrer können die Sandpiste hinauf fahren, wenn ihr Vehikel die knapp 30% Steigung schadlos übersteht.

Es ist der Mühe wert, denn oben gibt es nicht nur einen 360° Rundblick sondern auch „Bildung über das Mittelalter“. Wer wusste denn schon, wie man vollwertiges Mitglied der Finnai-Kriegergruppe aus dem 12.Jh. werden kann? Für eventuelle Bewerber, hier die Auswahlkriterien: „Als Finnai-Krieger musst Du Folgendes beherrschen: 1) 12 Gedichtbände auswendig rezitieren – 2) Dich gegen die Speere von gleichzeitig 19 Kriegern verteidigen – 3) Durch einen dichten Wald rennen, ohne ein einziges Zweiglein abzubrechen – 4) Über einen Stab springen, der Deine Höhe hat – 5) Unter einem Stab hindurch kriechen (Limbo-Style), der nicht höher als Dein Knie liegt – und schließlich 6) im vollen Lauf einen Dorn aus de Fußsohle ziehen“. Wie gesagt, Übung macht den Meister!

Basstölpelkolonie Skellig
Basstölpelkolonie Skellig

Nicht auslassen sollte man dann von dem Inselübergangsort Portmagee eine Bootstour zu den Skellig Islands. Das sind zwei knorrige Felseninseln knapp zwei Fischkutterstunden entfernt. Die eine dient als Vogelparadies für die größte europäische Basstölpelpopulation. Die Felsformation schimmert in schierem Weiß, hervorgerufen von dem Gefieder der Vögel und deren Hinterlassenschaften. Dicht gedrängt hocken sie auf denFelsvorsprüngen, streiten oder lieben sich bei ohrenbetäubendem Lärm.

Klosterinsel Skellig
Klosterinsel Skellig

Das andere Felsmonument, gut 200m schroff aus dem Wasser ragend, diente zwischen dem 7. und 10. Jh. als Sitz eines Klosters (heute: UNESCO-Weltkulturerbe). Heute hat sich an den Felshängen eine riesige Kolonie an Papageientauchern eingenistet.  Mehr als 600 Steinstufen – sie sollen über tausend Jahre als sein – führen hinauf zu den Klosterruinen. Um sie zu erklimmen, bedarf es wirklicher Schwindelfreiheit, denn zum Teil geht es direkt an der Felswand entlang, ohne Geländer oder sonstige Sicherheitsmaßnahmen. Aber solch eine Kletter- und Hüpftour bleibt unvergesslich!

Ebenso gilt das auch für den Ring of Skellig, diese Berg-Panoramastrecke (gut 40km) immer entlang der steilen äußersten Westküste. Nur Glück braucht man, dass die Sicht nicht durch den häufigen Nebel beeinträchtigt ist. Umso imposanter wirken dann aber auch von der Sonne durchfluteten Felsformationen, die sich „Kerry‘s Most Spectacular Cliffs“ nennen. Sicherlich ein relativer Begriff aber in jedem Fall besuchenswert. Unterwegs gibt es als Belohnung auch etwas für das leibliche Wohl, die Skellig Chocolate Fabrik.

Und der eigentliche Ring of Kerry? Nun, er kann schon mit seiner attraktiven Schönheit prahlen. Denn nicht umsonst wird er von Reisebussen quasi gestürmt. Gleiches gilt für den etwas abseits der Küsteroute liegenden „Lakes of Killarny National Park“. Wer diese beiden Sehenswürdigkeiten  bei aller oben erwähnten Touristenüberflutung auslässt, hat sicherlich Wichtiges in Irland verpasst.

Papageientaucher
Papageientaucher

Das wusste wohl auch bereits Charlie Chaplin. Im Küstenort Waterville hatte er eines seiner ständigen Urlaubsquartiere aufgeschlagen. Die Stadt hat ihm aus Dankbarkeit dafür eine Statue aufgestellt.                Soviel Ruhm und Rummel erfährt der große „Befreiungspolitiker“ O’Connel nicht. Sein Geburtshaus steht zwar in Cahirsiveen, aber kaum einer nimmt Notiz davon. Tja, was die Welt wirklich interessiert!

Um wieviel ruhiger und beschaulicher als der „Kerryring“ präsentiert sich dann doch die nördliche Schwester, die Dingle Halbinsel. Sicherlich, auch hier treten sich die Touristen teilweise auf die Füße. Doch dieser Auswuchs konzentriert sich auf den Hauptort, die Hafenstadt Dingle. Der Rest, inklusive des „Ring of Dingle“ mit seiner atemberaubenden Küstenstraße, bleibt beschaulich mit seiner lieblichen Landschaft. Hier bleibt man großenteils „unter sich“, besonders an der Nordküste in den abseits gelegenen Heads und Caps.

Delphin Funghi P1110932Wer hat wohl mehr Spaß an den Wettrennen ? Die Touristen auf den Ausflugsbooten oder der Delphin „Funghi“, der sich seit nunmehr mehr als 30 Jahren in der Bucht vor Dingle-Stadt tummelt. Jedenfalls hat die „Dolphintour“ den Touch eines Wettkampfes nach dem Hase-und-Igel-Prinzip „Ick bin all dor“.

Ohne frühchristliche Kirche“ geht es auf Dingle aber auch nicht. Man entdeckt mancherorts „Bienenstöcke“ und „Boote kieloben“, alles alte Steinkirchen meistens aus dem 12./13.Jh. Die Perle unter ihnen heißt „Gallarus Oratory“ und soll bereits 1.300Jahre alt sein.

Den frühen Vogel frisst der Wurm
Den frühen Vogel frisst der Wurm
Ringstraße
Ringstraße

Wer diese beiden Halbinseln bereist, verfährt gut nach dem Motto: Schaue nicht auf die Uhr und zähle die zurückgelegten Kilometer. Das kann nur missmutig stimmen. Summiere die Spitzen der Felsküste, die sagenhaften Ausblicke, aber auch die heil überstanden verkehrstechnischen Begegnungsgefechte.