On Tour 32- GB SÜD 4 „Erbstücke einer Seefahrernation“

Plymouth-Denkmäler auf The Hoe
Plymouth-Denkmäler auf The Hoe

Sie liegen gleichsam am Straßenrand, man muss sie nur aufsammeln. Selbstverständlich, dass die südenglischen Hafenstädte mit jeder Menge illustrer Namen aufwarten.

Da beginnen wir doch gleich in Plymouth und begeben uns auf die Suche des legendären Sir Francis Drake. Von hier aus lief er 1577 mit seinem Schiff „Golden Hind“ zu einer Weltumseglung aus und kehrte ca. drei Jahre später mit Gold beladen (von gekaperten spanischen Galeonen) wieder heim. Aber nicht für lange, denn nur 11 Jahre danach besiegte er von Plymouth aus die Spanische Armada. Ein Nachbau des glorreichen Schiffes kann im Hafen von Brixham innen und außen besichtigt werden.

Drake's Schiff Golden Hind
Drake’s Schiff Golden Hind

Nicht weniger bekannt ist sicherlich der Plymouth Bewohner James Cook. Auch er wagte rund ein Jahrhundert nach Drake eine Weltumseglung von dieser Hafenstadt aus. Und wer kennt nicht den Südpolarforscher Robert Falcon Scott? Seine in der Katastrophe endende Expedition in die Antarktis startete ebenfalls hier. Bei so vielen Berühmtheiten geht die eigentliche Stadt fast unter. Die entsprechenden Sehenswürdigkeiten begrenzen sich allerdings auch lediglich auf das Hafenviertel mit dem Hügel „The Hoe“, welcher mit allen möglichen Denkmälern dieser o.g. „Helden“ bestückt ist.

Wie bescheiden macht sich im Vergleich dazu das Andenken an die „Mayflower“, dem ersten englischen Aussiedlerschiff Richtung Amerika, aus: Ein kleiner Säulenbogen am Innenhafen, ein schlichter Stein mit der eingravierten Jahreszahl 1620. Der identische Stein steht übrigens auch im amerikanischen Plymouth (Näheres hierzu s. unser Buch „5 Jahreszeiten Amerika“). Das englische Plymouth nutzten die Pilgrim Fathers als letzte Gelegenheit zum Auffrischen der Vorräte, bevor es über den Großen Teich ging.

Seebad Torquay
Seebad Torquay

Gestartet sind sie ja eigentlich in Southampton. Und auch hier erinnert ein Mayflower-Denkmal an dieses weltverändernde Ereignis aus dem 17.Jh. Und warum lohnt ein Southampton Besuch sonst noch? Ist es das Wissen darum, dass hier die Titanic 1912 zu ihrer fatalen Jungfernfahrt aufbrach? Beim Andrews Park zollt ein Memorial dieser Katastrophe Rechnung. Ansonsten aber muss man schon intensiv suchen, denn die fast ausnahmslose Nachkriegsarchitektur lädt wenig zum Bummeln ein.

Portsmouth Historic Dockyards
Portsmouth Historic Dockyards

Ganz konträr dazu die nur 20km südlicher liegende Hafenstadt Portsmouth. Besonders die „Historic Dockyards“ haben es in sich. Historische und moderne königliche Navy geben sich hier ein Stelldichein. Neben einem britischen Flugzeugträger schunkelt das berühmte Kriegsschiff von Lord Horatio Nelson, die HMS Victory, berühmt und berüchtigt durch die Schlacht von Trafalgar (1805). Nelson ist ja bekanntlich in der Schlacht umgekommen. Um ihn in allen Ehren staatsbegräblich bestatten zu können, wurde er in einem riesigen Fass voller Rum bis zu seiner Rückkehr konserviert. Die Schiffsbesatzung sah das allerdings eher skeptisch, ging ihr doch durch diese Maßnahme die gesamte Rumration verloren.

Exeter Kathedrale
Exeter Kathedrale

Den besten Überblick über Stadt und Hafen bekommt man von der 105m hohen Aussichtsplattform des Spinnacker-Turmes. Während der Blick über ein Meer von Häusern, Inselchen und Schiffen schwebt, stellt sich schnell eine Parallele zur Hamburger Speicherstadt und der neuen Hafencity ein.

Bei so vielen Hafenstädten könnte schnell der Eindruck entstehen, dass die Region „westliches Südengland“ nur maritim geprägt ist. Ist sie sicherlich besonders auch durch die mondänen Badeorte Torquay und Bournemouth, aber nicht nur. Berühmte Kathedralen prägen nicht küstennahe Städte wie die Universitätsstadt Exeter.

Dartmoor-Heidelandschaft
Dartmoor-Heidelandschaft

Wunderschöne Heide-Hügel-Landschaft kann im Dartmoor mit seinen hochaufragenden Felsformationen, „Tors“ genannt, erwandert werden. Schaurige Geschichten entstanden hier in der nebligen Moorlandschaft. Die bekannteste ist wohl die über den „Hund von Baskerville“ von Arthur Conan Doyle in der Verfilung von Edgar Wallace.

Aber auch die folgende Schauergeschichte, eine lokale Legende spricht Bände: Demnach soll im 18.Jh. eine im Arbeitshaus schuftende Waise auf die Canna Farm vermittelt worden sein. Farmers Sohn schwängerte sie, woraufhin sie unehrenhaft fortgejagt wurde. Völlig verzweifelt und hoffnungslos beging sie Selbstmord. Selbstmörder begrub man damals, wenn überhaupt, an Wegekreuzen, damit ihr Geist nicht zurückkehren konnte, sondern sich vielmehr verirren sollte.

A La Ronde-16eckiges Haus
A La Ronde-16eckiges Haus

Demzutrotz ereigneten sich daraufhin jedoch spukhafte Begebenheiten, die bis heute anhalten sollen. Und wer schmückt seit mehreren Jahrhunderten ihr Grab mit frischen Blumen?

Hochverehrt wird der „Heimatdichter“ Thomas Hardy (1840-1912). Gleich drei Museen halten seinen Ruhm lebendig, sein Haus „Max Gate“ in Dorchester, seine Geburtskate wenige Kilometer entfernt, sowie seine Hütte in Clouds Hill.

Felsküste bei Exmouth
Felsküste bei Exmouth

„A La Ronde“ gilt ja eigentlich als Gesellschaftstanz des 18.Jh’s. So rund gebaut ist auch das 16-eckige, mehrstöckige Haus bei Exmouth, welches die „spinnerigen Cousinen / spinster cousins“  Jane und Mary Parminter errichten ließen. Ihre Sammelwut, besonders Muscheln, kannte keine Grenzen. Da traf es sich gut, dass diese Eckenarchitektur vielfältige Nischen und kaum begehbare Kammern für Schränke und Regale bot.

Durdle Door
Durdle Door

Doch letztendlich landet man magnetisch angezogen immer wieder an der Küste. Die Cliffs ziehen den Reisenden in ihren Bann. Einen besonders eindrucksvollen Eindruck hinterlässt dabei die Felsenbrücke  „Durdle Door“ dicht bei Wareham.

Als besonders eindrucksvoll empfindet auch unser Blick den sogenannten „Whistler

Room“ in der Mottisfont Abbey. Hierbei handelt es sich um ein  zum Herrenhaus umgewandeltes ehemaliges Kloster (vgl. ON TOUR 29). Und der darin beheimatete „Whistler Room“ ist ausgeschmückt mit fein ziseliertem Stuck an Wänden und Decken. Dieses Meisterstück vollbrachte 1938 der Maler und Bildhauer Rex Whistler (1905-1944). Doch beim zweiten Hinsehen handelt es sich um einen meisterhaften „Trompe-l’oeil“, also um eine optische Täuschung. Denn die angeblichen Stuckarbeiten entpuppen sich schließlich als reine Malerei. Wie heißt es so treffend: „Kunst kommt von Können“.

In der Tat, sie hat viel zu bieten, diese herbstlich-milde, auch als „englische Riviera“ bezeichnete Südküste.