Unser neues Buch: 5 Jahreszeiten Nordamerika

Nun ist es – bald – soweit.

Im Herbst 2014 wird unser neues Buch auf den Markt kommen.

Es war und ist wieder ein tolles Unterfangen – fesselnd die Reise in 2013, spannend die Bucherstellung, günstig der Verkaufspreis.

Und deshalb machen wir heute folgendes Angebot:

Subskriptionspreis: €12,00 (zzgl. Versandkosten), gültig bis 30.Sept.2014 bei direkter Bestellung bei uns unter wolf@leichsenring.net

Späterer Ladenpreis: €14,80 (zzgl. Versandkosten)

Die Auslieferung erfolgt unmittelbar nach Erscheinen des Buches bzw. nach Rückkehr von unserer aktuellen ca. 6-monatigen Europatour.

Weitere Informationen über unsere Neuerscheinung gibt es hier.

On Tour 09–IRL/Südosten „Tunnelblick mit Whiskeyprobe”

Hook Head
Hook Head

Zunächst bleibt der Blick aber Gott sei Dank noch frei und ungetrübt am äußersten Head Hook. Der moderne Leuchtturm trotz den Stürmen. Den in Europa ältesten (ca. 1172), längst zerstörten soll sich eine Sturmflut Mitte des 15. Jahrhunderts geholt   haben.  Aber auch heute noch spritzen meterhohe Wellen die felsigen Küsten empor. Besonders spektakulär wird das Naturschauspiel in den „Blow Holes“. Das sind enge Einschnitte in die Küstenfelsen, in die das Meerwasser gepresst wird und einen Ausweg nur nach oben findet. Eine kleine Extradusche ist da immer drin!

Damit endet aber auch bereits der unendliche Freiblick, denn wir begeben uns auf eine Routenschleife landeinwärts. Und hier sind die von Hecken gesäumten und von Bäumen überwölbten Straßen ja geradezu sprichwörtlich und weltbekannt. Mitunter ist es in den Hecken-/Baumtunneln auch bei strahlendem Sonnenschein intensiv finster.

Rock of Cashel
Rock of Cashel

Was lockt uns ins Binnenland? Ein Arboretum, ein Heritage Trail, mehrere  Burgen bzw. Burgruinen und mittelalterliche Städte.

Das „JFK-Arboretum“ ehrt den ehemaligen amerikanischen Präsidenten, dessen Urgroßeltern aus dieser Region Irlands stammen. Der dazugehörige Heritage Trail geleitet den Reisenden dann in die Kleinstadt New Ross, wo der Dreimaster „Dunbrody“ als maßstabsgetreuer Nachbau besichtigt werden kann. Auf diesem Schiff haben die Kennedyahnen seinerzeit, nach der großen Hungersnot (1840ger Jahre) Irland verlassen, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Man sieht ja, was  im Lauf der Generationen daraus geworden ist.

Einige Dörfer weiter, in Ballyporeen, gibt es die Parallele. Dort wird an einen weiteren amerikanischen Präsidenten mit irischen Wurzeln erinnert, nämlich an Ronald Reagan. Auch seine Urahnenwiege wurde in dieser Region hier geschaukelt.

Kilkenny
Kilkenny

Mittelalter pur mit Schloss, gestyltem Schlossgarten und hervorragend erhaltener bzw. restaurierter historischer Innenstadt erleben wir in Kilkenny. Mehrere entsprechende Kirchen und Kathedralen runden das positive Bild dieses ca. 20.000 Einwohner zählenden Ortes am River Nore ab. Am besten einfach durchschlendern und genießen.

Die Wege zu den Sehenswürdigkeiten auf der Insel sind kurz, glücklicherweise bei den oft engen Straßen. Also erreichen wenig später The Rock of Cashel. Diese Felsenburg ragt weit über die Stadt hinaus und bildet einen der geschichtsträchtigsten Orte Irlands. Hier taufte der Nationalheilige St. Patrick anno 450 den damaligen König Aengus. Und warum ist das so wichtig? Diese Taufe markiert Irlands beginnende Hinwendung zum Christentum. Kleine Anekdote am Rande: Bischof Patrick durchbohrte während der Taufzeremonie mit seinem Bischofsstab den Fuß des königlichen Täuflings. Der aber sagte keinen Mucks, glaubt er doch, dass diese Vorgehensweise zum Taufakt dazugehöre.

Knockmealdown Mountains
Knockmealdown Mountains

Irland ist bekanntermaßen nicht reich an Gebirgen. Achthundert Höhenmeter bilden dabei die Ausnahme wie in den Knockmealdown Mountains, auf unserem Weg nach Süden wieder zurück an die Küste. Dieses Mittelgebirge färbt sich jetzt im aufkommenden Sommer lilarot durch den an seinen Hängen wild wuchernden Rhododendron. Das farbenfrohe Gebüsch verdrängt und durchmischt dabei das Grün der Wälder – einfach einzigartig!

Cobh - Auswanderungsterminal
Cobh – Auswanderungsterminal

Den europäischen Endpunkt des oben genannten Heritage Trails des Kennedy- bzw. Reaganahnentums finden wir in Cobh (gesprochen: Cove), dicht bei Cork. Hier liefen die Schiffe nach Amerika und Australien aus und mit ihnen rund 2,5 Millionen irische Emigranten. Neben den Präsdentenvorfahren schifften in diesem munteren Hafenstädtchen auch die beiden Filmkomiker „Laurel und Olli“ ein, bei uns besser bekannt als „Dick und Doof“.

Filmfreunde kommen ein weiteres Mal auf ihre Kosten in der Kleinstadt Youngdal (gesprochen Yawl). Diess ansonsten unbedeutende Küstenort kam einmal in seinem Leben groß heraus. Er diente als Filmkulisse für „Moby Dick“ mit Gregory Peck in der Hauptrolle.

einzigartiger Kronleuchter
einzigartiger Kronleuchter

Quasi auf dem Weg zum „Sprungbrett über den Atlantik“ trübte sich der Blick dann doch etwas, nicht etwa wegen der Tour durch die Jameson-Wiskey-Distillery in Midleton („The Jameson Experience“) sondern eher wegen der danach offerierten Verkostung. Und wer fährt dann weiter? Das städtische Tourismusbüro bietet gleich nebenan einen ansprechenden Parkplatz mit Übernachtungsmöglichkeit für Wohnmobilisten an. Da kann man sich vor dem Besuch der Stadt Cork wieder richtig in Form bringen.

Aber eigentlich benötigt man das gar nicht. Cork bietet so viel nicht, bleibt eher ein „touristisches Mauerblümchen“. Wir haben es hauptsächlich als Verkehrschaos empfunden, auch wenn wir mit der Parkplatzsuche einigermaßen Glück hatten. Die Stadt machte auf uns einen düsteren, verfallenden Eindruck. Und da sind wir wieder bei der „Tunnelatmosphäre“. Die engen Straßen mit zahlreichen hohen, renovierungsbedürftigen Altbauten  ließen dieses Gefühl schnell aufkommen.

Cork Buttermuseum
Cork Buttermuseum

Positiv hervorheben wollen wir allerdings das „Irish Butter Museum“, in dem die Erfolgsgeschichte von der auch bei uns bekannten “Kerry Gold“ und anderen irischen Buttersorten präsentiert wird – ein in jeder Beziehung schmackhafter Besuch.

Weiter geht es jetzt mit der Südwestecke und den bekannten Halbinseln. Doch davon später mehr.

Bis dann!

On Tour 08–IRL/Ostküste „Zähl’ die schönen Stunden nur”

Meeting of the Waters
Meeting of the Waters

Horas non numero nisi serenas

Wenn wir dabei an das Wetter denken, so sind wir doch recht schnell mit dem Zählen fertig. Wir befinden uns mitten in Wechselbädern zwischen ungetrübtem Sonnenschein und heftigen Schauern. Das Ganze gepaart mit häufig heftigem Wind bei eher noch kühlen Temperaturen. Besonders nachts bewegen sie sich ausnahmslos im einstelligen Bereich. Typisch Irland!

Malahide Castle
Malahide Castle

Glücklicherweise erwies sich das Wetterglück bei der Durchquerung der Wicklow Mountains, einer fjellartigen bis zu 800m hohen Mittelgebirgslandschaft, als stabil.

New Grange - Grabkammern
Newgrange – Grabkammern

Erheblich mehr Anlässe zum Zählen bieten die Sehenswürdigkeiten an der irischen Ostküste. Tief in die Geschichte tauchen wir ein am und im Malahide Castle aus dem 12. Jahrhundert etwas nördlich von Dublin. Mehrere Jahrtausende zurück blickt man hingegen in New Grange (auch nördlich der Hauptstadt). Dort hat man ein ehemaliges,  5000 Jahre altes Felsengrab – „Newgrange“ –  freigelegt und für Besucher zugänglich gemacht. Als Simultanschauspiel erleben wir den „Erhellung der Grabesgänge“ durch die Strahlen der Wintersonnenwende. Dieses Schauspiel wir jährlich jeweils am 21. Dezember in Natura geboten. Da immer nur 20 Personen die Höhlengänge gleichzeitig betreten dürfen, das Erleuchtungsschauspiel aber nicht länger als 17 Minuten dauert, sind die Teilnahmeplätze auf Jahre hin ausgebucht. Das Los entscheidet dabei über eine Teilnahme.

Heritage Center Wexford
Heritage Center Wexford

Tauchen wir noch einmal 4000 zusätzliche Jahre tiefer in die Vergangenheit ein. Möglich ist dieses in Wexford, im Irish Heritage Center. In diesem Freilichtmuseum wird die Besiedlung Irlands vor nunmehr 9000 Jahren dargestellt. Die ausgezeichnete Führung von der „Urzeit bis zum Mittelalter“ kann einschränkungslos empfohlen werden.

Glendalough
Glendalough

Mittelalter lautet auch das Stichwort für die ehemalige Klostersiedlung „Glendalough“ im Wicklow County. Wahrzeichen dieser ersten Christianisierungserscheinungen im 12./13.Jh. in Irland waren neben den eigentlichen Kirchen aber die ca. 20m hohen Steintürme. Sie dienten als Markierungspunkte, um Pilgern den Weg zu weisen. Somit hatte der Heilige Kevin, der diese christliche Siedlung bereits im 6.Jh. gründete, sicherlich ein gutes Werk vollbracht.

Powerscourt Gardens
Powerscourt Gardens

Besonders schöne Stunden können wir zählen in den „Powerscourt Gardens“, etwas südlich von Dublin gelegen. Sanssouci lässt grüßen sowohl in der Schlossarchitektur wie auch bei der Gartengestaltung. Um all diese Schönheiten genießen zu können, wie den Dolphin Pond, den Tripton Lake mit Fontäne, den Japanese oder den Wallet Garden bzw. den Rhododendron Walk, vergehen zwei Stunden wie im Flug. Als Besonderheit darf man natürlich den „Fürstlichen Friedhof“ nicht auslassen. Allerdings ruhen hier nicht der menschliche Adel sondern die Haustieren vieler Generationen, neben Hunden und Katzen auch Pferde und Kühe.

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Und wir beenden den Bericht, wie angefangen, mit dem Wetter. Mit von der Sonne durchflutetem Blick auf die Irish Sea stehen wir aktuell an der Südostspitze der Insel und erfreuen uns einer unbeschreiblichen Aussicht.

Bis dann – wohl von der Südküste.

On Tour07–IRL/DUBLIN „In Dublin’s Old City…“

… where the girls are so pretty

Liffey River
Liffey River

Dieses berühmte irische Volkslied schwebt unaufhörlich durch die Straßen von Irlands Hauptstadt. Aber natürlich lebt Dublin nicht nur von den Geschichten der Molly Malone.

James Joyce
James Joyce

Vielmehr ist hier ein Quintett an weltberühmten Schriftstellern entweder geboren oder hat eine erhebliche Zeit seines Lebens in dieser Stadt  verbracht. Wir kennen sie alle: James Joyce („Ulysses“), Jonathan Swift („Gullivers Reisen“), Samuel Beckett („Warten auf Godot“), die Gebrüder Yeats (einer war Schriftsteller, der andere Maler) und Oscar Wilde („Der ideale Gatte“). Ihnen allen sind hier Museen und Gedenkstätten gewidmet.

Eine gewisse Provinzialität kann man der 1,3-Millionen-Metropole nicht absprechen. Alles wirkt auf den ersten Blick recht gemütlich. Und selbst die Touristen scheinen noch einen Schritt gemächlicher zu bummeln, selbst auf der oft als hektisch beschriebenen

O'Connell Street mit The Spire
O’Connell Street mit The Spire

O-Connell Street. Dieser ca. 1km lange Boulevard hinunter zum Liffey River bildet das Zentrum, von dem alles ausgeht. Hier starten die Sightseeingbusse, hier kreuzen die Fußgängerzonen mit den Einkaufsmeilen, hier trifft man kaum auf Einheimische. Nicht viel anders verhält es sich im Bezirk „Temple Bar“ auf dem nördlichen Ufer.

Die anfängliche Gemütlichkeit ist in diesem  Stadtviertel nicht mehr spürbar. Das Leben konzentriert sich offensichtlich nur noch auf „touristischen“ Konsum.

Tempel Bar
Tempel Bar
Christ Church mit Dublinia
Christ Church mit Dublinia

Es gibt ursprünglichere Ecken in der Stadt, die z.T. bequem zu Fuß erreichbar sind oder mit den

Poets Corner
Poets Corner

Sightseeingsystemen. The Christ Church Cathedral oder St. Patrick’s Cathedral laden ein zum Innehalten und zur  Beschaulichkeit. Der Geschichte Dublin’s, angefangen bei den Wikingern, kommt man in der „Dubliana“ auf die Spur, der historischen Gerichtsbarkeit im „Kilmainham Gaol“, einem ehemaligen Gefängnis.

Ha'pennybridge
Ha’pennybridge

Die eine Seite der Medaille sind die für Tourismus herausgeputzten „Prachtstraßen“, die andere zeigt sich, wenn man zweimal um die Ecke schaut. Für Restaurierungs-, Renovierungs- und Ausbesserungsarbeiten bleibt noch viel Luft nach oben. Manche Straßenzüge und Stadtviertel können eine gewisse Düsterheit nicht verheimlichen, aufgelockert hin und wieder dann durch knallbunte Türen. Und wie mögen sich die Bewohner des Stadtviertels fühlen, denen man quasi in die Vorgärten eine riesige Eventarena gestellt hat? Sie befinden sich im eigentlichen Wortsinn auf des Lebens Schattenseite.

Schlendern wir noch einmal zurück zum Liffey River, den die Stadt kreuzenden Fluss. Am häufigsten wird er via „Ha’pennybridge“ überquert.  Warum sie so heißt? Die Geschichte um den Namen zeugt von Geschäftssinn und Gerissenheit. Sie geht so: Früher hatte man zum Betreten der Brücke Wegzoll von einem Penny verlangt. Zwei Männer haben sich der Brücke genähert und gefragt, ob der Brückeneintritt auch für Gepäckstücke zu bezahlen sei. Als dieses verneint wurde, sprang der eine auf des Anderen Schultern, mutierte so zum Gepäckstück. Also überquerten die beiden die Brücke „zum halben Preis“, sprichwörtlich für einen halben Penny pro Person.

Bemerkenswert fanden wir die Besucherströme in und an den einzelnen Sehenswürdigkeiten. Die „normalen“ Attraktionen wie Kirchen und Museen waren in keiner Weise überlaufen. Anders wurde es schon auf der oben erwähnten „Ha’pennnybridge“, die Steigerung erfuhr das  „Gefängnismuseum mit ehemaliger Hinrichtungsstätte“. Und wer war der Sieger? Die Guinnessfabrik, sowohl Produktionsstätte als auch besuchenswertes Museum. Lag es ausschließlich daran, dass in dem nicht überteuerten Eintrittsgeld eine Pint of Guinness enthalten war?

Guinness Fabrik
Guinness Fabrik

Sicherlich nicht nur, aber ebenso sicher trug die Aussicht dazu bei, nach „getaner Arbeit“ ein frisch gezapftes kühles Dunkelbier genießen zu dürfen, auf Kosten des Hauses. Ohne Übertreibung lässt sich behaupten, dass die Guinnessfabrik für Dublin DAS ERKENNUNGSZEICHEN, räumlich wie gefühlt, darstellt.

On Tour06–F/LA BRETAGNE „ASB der Bretonen! – oder ABS?“

Um die Spannung der Leserschaft nicht ins Unendliche zu treiben, hier eine wichtige Information vorweg:

Atlantische Hochwetterlage
Atlantische Hochwetterlage

Die Wettervorhersage – aus dem letzten Bericht – hat ihr Versprechen gehalten, das Atlantiktief hat sich aufgelöst oder ist irgendwohin verschwunden. Wir hier jedenfalls, an Bretagnes  Nordküste genießen seit einigen Tagen sommerhafte Temperaturen unter einem azurähnlichen Himmel.

Doch nun zum ASB der Bretonen:

„Aber“ lautet das erste Stichwort. Nein, Einwände machen wir nicht geltend. Dier Begriff steht für die fjordähnlichen, tief ins Landesinnere eindringende Flussmündungen, wunderschöne, grüne Landschaften. Nicht zuletzt deshalb kann man auf einer „Route des Abers“ die Landschaft erkunden, wie den Aber Idlut, den Aber Benoît oder den Aber Wrac’h, wobei der letztgenannte „Mündung der Hexe“ bedeutet.

Über die bretonischen Köstlichkeiten haben wir bereits kurz berichtet. Nun kommt eine weniger köstliche Angelegenheit mit einem herben Beigeschmack. Der kleine Ort Ploudalmézeau ist weithin unbekannt. Oder kann sich vielleicht doch noch jemand an ihn erinnern?  Auf Anhieb konnten wir nicht! Erst wieder, als wir dort entlang fuhren. Nach dem Lesen einer Hinweistafel fiel es uns wie Schuppen von den Augen. Im März 1978 trafen die Auswirkungen der Havarie des Öltankers Amoco Cadiz diese nordbretonische Gemeinde als erste. Danach verseuchte der Ölteppich auf rund 300km Breite die Küste. Als Mahnmal hat man auf der Hafenmole einen halb zerbrochenen Anker des Havaristen aufgestellt. Es sollen auch bei außergewöhnlich starker Ebbe noch Reste des Schiffswracks sichtbar werden.

St.Mathieu
St.Mathieu

Berichten wir lieber über die Schönheiten dieser „Côte Sauvage / Wilde Küste“, über ihre bilderbuchhafte Schroffheit, Weitläufigkeit und Rauheit. Menschenleere Strände locken besonders bei Ebbe zu stundenlangen Wanderungen. Wer will kann sich für das Mittag oder Abendbrot allerlei Meeresgetier zusammensammeln. Die Schroffheit und Rauheit werden erst richtig bei Ebbe deutlich, wenn die unzähligen Felsen und ganze Felswelten  ans Tageslicht kommen, die bei Flut

Rocher de L'Eléphant
Rocher de L’Eléphant

unter Wasser bleiben. Bezeichnungen wie „Rocher de L’Eléphant / Elefantenfelsen“ geben Auskunft über deren Ausmaße.  Ein hervorragendes Beispiel für die Rauheit der Küste bietet das kleine Dorf Saint-Mathieu mit einer weiteren Pointe / Felsenspitze westlich von Brest. 20m unter dem Küstenwanderweg brodelt der Atlantik. Der auf der Felsspitze errichtete Leuchtturm teilt sich den engen Platz mit den Ruinen eines Klosters aus dem 15.Jh. Für wen erbaut? Klar: für Saint-Mathieu.

Wir wollen nicht verschweigen, dass die bretonische Nordwestecke auch „Côte des Légendes“ genannt wird, womit wir mal wieder bei einem unserer Lieblingsthemen wären. Optisch vorbereitet und unterstützt wird dieser Begriff nicht zuletzt durch die hohe Anzahl von Menhiren, welche hier aus den Feldern hervorragen.  Und um zwei kleine Legenden kommt der Leser auch dieses Mal nicht herum, oder aber er überschlägt ganz einfach die nächsten beiden Absätze.

Einer dieser gigantischen Steinriesen, der Megalith von Kerloas dient als Fruchtbarkeitssymbol. Es heißt, dass abends junge Paare hierher kamen oder auch noch kommen. Ihre nackten Körper sollen sie an dem Stein reiben, um nicht nur viele sondern auch wunderschöne Kinder zeugen zu können. Nun, jeder mag da so seine eigene Theorie verfolgen. Wir haben es auch ohne Megalithen auf fünf Kinder gebracht, eines schöner als das andere.

Megalithen
Megalithen

Wussten sie schon, warum einige Megalithen aufrecht stehen, andere hingegen liegen? Eine fade und langweilige Erläuterung besagt, dass die Mitglieder der zweiten Gruppe im Laufe der Jahrtausende einfach umgefallen sind. Viel einleuchtender ist doch folgende Erklärung: Am hiesigen Küstenstreifen, direkt an der Wasserkante, werden immer in der Weihnachtsnacht riesige, leuchtende Schätze sichtbar, und zwar immer genau um Mitternacht vom 24. auf den 25. Dezember zwischen dem ersten und dem zwölften Glockenschlag. Das ist die Stunde der Megalithen, die vor ihrer Versteinerung ja auch einmal menschenähnliche Gestalten waren. Mit dem ersten Glockenschlag dürfen sie loslaufen, die Schätze zu bewundern. Mit dem zwölften müssen sie wieder ihren Standplatz eingenommen haben, stoisch, unbeweglich, Wind und Wetter trutzend. Wer es in dieser Zeitspanne schafft, darf aufrecht stehen bleiben. Aber Ungemach den Verblendeten, die nicht rechtzeitig an ihren Platz zurückkehren, egal ob sie sich nun nicht vom Anblick des Schatzes lösen konnten oder ganz einfach die Rahmenbedingungen für ihre temporäre Beweglichkeit verdrängt hatten – sie wurden von ihrem obersten Gott einfach umgestoßen, als Strafe für ihr schuldhaftes Verhalten. Und so liegen sie auch heute noch dort!

Gehen wir über zum zweiten Teil im Abkürzungsspiel, nämlich zu ASB:

Armorique als Teilbegriff in „Parc Natuel Régional d’Armorique“. Man beachte den kleinen aber wichtigen Unterschied in der Schreibweise zu „Amor“. Letzterer drückt sich in jedem Fall in unserer Liebe zu diesem Landstrich aus. Eigentlich kommt das Wort aber aus dem Keltischen und bedeutet „Land am Meer / ARMOR“, was nicht nur den Küstenstreifen sondern auch die vorgelagerten Inseln und die sogenannte amphibische Zone mit einschließt.

Brest
Brest

Man muss die Hafenstadt Brest nicht mögen. Sie stellt auch keine touristische Perle im langläufigen Sinn dar trotz Schloss, Oceanopolis und Hafen. Aber wenn man dort schon mal auf dem Weg an die Westküste hindurchfährt, dann raten wir doch an, nicht nur die Umgehungsstraße zu benutzen, sondern das Auto irgendwo in der Innenstadt abzustellen und die Straßenbahn zu benutzen. Sie fährt den Betrachter in knapp einer Stunde von den westlichen in die östlichen Außenbezirke, am Hafen vorbei, durch die innerstädtische Flaniermeile und Fußgängerzone bis hin zu den großen Einkaufszentren am Stadtrand. Um sich einen groben Überblick zu verschaffen, lohnt die preisgünstige Tour in den Panoramawagen.

Be Breizh bedeutet Bretagne und drückt die enge Verbundenheit der hiesigen Bevölkerung mit ihrer Region aus. Wer „Be Breizh“ ruft, wünscht dem anderen „Viel Glück und Erfolg“. Diese Heimatverbundenheit der Bretonen wird darüber hinaus deutlich durch Aufkleber oder Symbole besonders an Häusern und Autos mit der Abkürzung „BHZ“, aber auch durch das Zeigen der bretonischen schwarz-weißen Flagge „Gwen ha du“ bzw. dem Glücksbringer „Triskell“. Dabei handelt es sich um drei ineinander verwobene Schneckenfiguren, die die drei Grundelemente Wasser, Luft und Feuer symbolisieren.

Bretagne-Au Revoir
Bretagne-Au Revoir

Wir kommen zum Schluss noch einmal zurück auf das „A“, wie in Abschied, denn mit der Nachtfähre wechseln über nach Irland, verabschieden uns also von Frankreich und der zauberhaften Bretagne.

Also ein letztes „A Bientôt“ und bald ein erstes „See You Again“.

On Tour05–F/LA BRETAGNE „Bretonische Spitzen“

Am einfachsten ersichtlich ist die geographische Spitze, da wir mittlerweile von der Südküste in die westlichen Halbinseln weitergezogen sind. Allen westlichen Ausbeulungen voran müssen wir natürlich die Region CORNOUAILLE nennen, in der Frankreichs westlichster Festlandspunkt POINTE DU RAZ in den Atlantik hinaus ragt, markant, felsig, meerumtost.

Felsenküste an der Pointe du Van
Felsenküste an der Pointe du Van

Und überhaupt diese vielen Pointes (dt.: Spitze) bzw. Kaps, sie alle sind einen Besuch inkl. Abstecher wert. Beispielhaft seien hier einige genannt: Pointe de la Jument bei Concarneau, Pointe de Penmarc’h oder Pointe de la Torche bei St. Guénolé, die Zwillingsschwester der Pointe du Raz, nämlich die etwas nördlichere Pointe du Van (Küstenwanderweg), Cap de la Chèvre, Pointe de Penhir bzw. Pointe des Espagnols, alle im Parc Naturel Regional d’Armorique gelegen.

Das südliche sanfte Flair weicht dem rauen, nördlichen Atlantikwetter, welches natürlich auch spitze ist – zumindest für die Landwirtschaft. Aktuell jagt ein Regenschauer der anderen, von sommerlichen Temperaturen keine Spur mehr. Allerdings verspricht die Wettervorhersage Besserung.

Kalvarienberg von Tronoen
Kalvarienberg von Tronoen

Spitzenmäßig anzusehen sind die Kalvarienberge in den Dörfern und Städten. Dabei handelt es sich um in Stein gehauene Kunstwerke biblischer Geschichte aus dem 14./15.Jahrhundert. Jede kleine Dorfkirche aus der gleichen Epoche schmückt sich mit diesen Granitskulpturen, wie z.B. in TRONOEN. Hier ist der Lebensweg Christi verewigt worden.

Kirche von Locronan
Kirche von Locronan

Fast schon wie ein Wallfahrtsort wirkt der Dom des historischen Dorfes LOCRONAN, in der Nähe von Douarnenez. Denn hier soll sich die Geschichte des Heiligen Ronan abgespielt haben. Zu seinen Ehren wird jährlich eine kleine Prozession, Troménie genannt, abgehalten, alle 12 Jahre dann eine große (12km Prozessionsweg).

Le Saint Ronan
Le Saint Ronan

Wer war Ronan, wird man sich fragen, wenn man ihn heute noch ehrt. In Kürze: Er war ein gallischer Priester aus Irland, der hier in aller Abgeschiedenheit lebte. Es wird erzählt, dass er jeden Tag vor dem Frühstück betend einem kurzen Pilgerweg folgte, samstags allerdings einem längeren. Daher rührt auch noch die aktuelle Unterteilung der Troménie. Unglücklicherweise wusste man nicht, wo man ihn nach seinem Ableben begraben sollte. Ohne lange zu fackeln, legte man ihn deshalb auf einen Ochsenkarren und ließ die Tierchen dorthin laufen, wohin sie wollten. Just an der Stelle, wo die Einsiedelei von Ronan stand, versteinerte der Trauerzug, heute symbolisch sichtbar durch eine Kapelle.

Und wann spielte sich das Ganze ab? Hier ist Spitzenforschung gefragt, denn noch gibt es zwei Ergebnisse. Entweder lebte Ronan im 6.Jh. oder im 9.Jh. nach Christi. Warten wir ab, wann man Genaueres darüber erfährt! Für kultische Verehrung spielt dieser kleine Zeitunterschied eh keine Rolle.

In einer boulangerie...
In einer boulangerie…
... mit Auszeichnung
… mit Auszeichnung

Reden wir noch über wirklich erleb-und schmeckbar Spitzenmäßiges. die hervorragenden bretonischen Kuchen- und Keksspezialitäten sowie die auffallende Vielfalt der Baguettesorten.  Nun, wer kann schon an der „Brotstange“ mit Namen „La Tentation / Die Versuchung“ vorbeigehen, oder Le Grain (Mehrkornbaguette) bzw. La Traditionelle. Die schmackhaftesten erhält man eigentlich nur in den echten Bäckereien und nicht im Supermarkt.

In einer biscuiterie P1100653Biscuiterie / Keksbäckerei heißt das Zauberwort für diese bretonische Spezialität, egal ob Kuchen und Kekse. Auch hier einige Bezeichnungen, die durchzuprobieren sich lohnen. Bei Kuchen sind es: Le Kouign oder Les Gâteaux / Pains Bretons. Für Kekse gilt: Palets, Rochers, Palmiers oder Galettes. Die letzteren sind nicht zu verwechseln mit den ebenfalls köstlich herzhaften Crêpes.

Natürlich könnte man noch viele bretonische Spezialitäten aufzählen, wie z.B. die gleichsam unendliche Auswahl an „Fruits de Mer / Meeresfrüchte“ oder die große Bandbreite an Leberpasteten. Aber das würde den Rahmen hier sprengen. Wir sagen nur: Probieren mit vollem Essgenuss, man wird auf keinem Feld enttäuscht werden.

Und zum Schluss wollen wir uns noch lobend über die bretonische „Infrastruktur für Wohnmobilisten“ äußern. Es ist ja nicht unsere erste Reise ins Land der Kelten. Über die gesamte Bretagne verteilt findet der Reisende nunmehr ein ausgezeichnetes Campingplatzangebot. Stärker erfreut hat uns allerdings noch die Tatsache, dass überall sogenannte Wohnmobilstellplätze geschaffen wurden, in der Regel mit Übernachtungsmöglichkeit, oftmals mit Frischwasserhahn, Abwasser- und ChemieWC-Entsorgungsmöglichkeit.

Typischer WoMoÜbernachtungsplatz
Typischer WoMoÜbernachtungsplatz

Den Initiatoren dieser Stellplätze sei dafür herzlich dafür gedankt.

A bientôt!

On Tour04–F/LA BRETAGNE „Drei ungleiche Brüder – Joachim, Paul und Cornelius“

Auf diese drei Persönlichkeiten stößt man in dem Dreieck westlich der Halbinsel Quiberon, der Atlantikküste und nördlich der Stadt Lorient, in der sogenannten „bretonischen Wildnis“. Man spürt das Wildnisgefühl u.a. daran, dass hier in der Einsamkeit nicht mehr zweisprachig ausgeschildert wird, sondern nur noch auf keltisch, was eine Ortssuche selbstverständlich erheblich erleichtert. Man könnte zwar fragen, aber es ist nicht sichergestellt, der der Gegenüber auch wirklich französisch spricht und nicht das kehlige Gälisch.

Mauerblümchen
Mauerblümchen

Der  Wildnisbegriff ist vielleicht etwas zu rau gewählt als Landschaftsbeschreibung für das wuchernde Grün der endlosen Hecken und hügeligen Wiesen, geprägt von unzähligen bunten Farbtupfern der Rhododendronsträucher, der Azaleen,  dem Weiß der Cala sowie dem Zartrosa der Mauerblümchen. Die winzigen Orte werden oft überragt durch überdimensionale Kirchen.

Und genau in einer dieser Kirchen, in der Notre-Dame de Kernascléden, einem 500-Seelendorf, treffen wir auf Joachim.

Notre-Dame de Kernascléden
Notre-Dame de Kernascléden

Die Geschichte reicht weit, weit zurück, in die Zeit um Christi Geburt. Es heißt, dass Joachim der Ehemann von Anna war, der Mutter Marias. Demnach war Joachim der Großvater von Jesus. Da die Ehe von Anna und Joachim kinderlos geblieben war, mache er sich auf, in der Wüste durch Fasten Buße dafür abzulegen. Mehrere Monate später, wie viele bleibt ungewiss, erschien dem Büßer ein Engel mit der Verkündung, dass Anna nunmehr ein Kind gebären werde.

Und tatsächlich, nach seiner Rückkehr gebar Anna eine Tochter, welche sie Maria nannten. Maria gilt als „frei von der Erbsünde“, so dass dann der späteren Geburt Jesu nichts mehr im Wege stand. So verwundert es nicht, dass voller Stolz auf die „doppelte unbefleckte Empfängnis“ hingewiesen wird.

Künstlerkolonie Pont-Aven
Künstlerkolonie Pont-Aven

Viel weniger romantisch verklärt kommt unser Paul, der zweite Bruder daher. Es handelt sich um keinen geringeren als den weltberühmten Maler Paul Gauguin. In dem Dorf Pont-Aven hat er seinerzeit die wegweisende „Schule von Pont-Aven“ gegründet, sozusagen als Mitbegründung des Synthetismus und Wegbereitung des Expressionismus. In diesem „französischen Worpswede“ hat sich dann (Ende 19.Jh.) ebenfalls eine Künstlerkolonie entwickelt. Der heutige Besucher schlendert durch eine einzige Gemäldeausstellung, denn eine Galerie reiht sich an die andere. Natürlich wird auch das Marketing nicht vergessen, aber alles bleibt doch in einem erträglichen Rahmen.

Carnac
Carnac
Kerzerho
Kerzerho

Egal welcher Theorie man für die Entstehung und dem Zweck der „Hinkelsteine“ stärker zuneigt, Cornelius hat hierfür eine sehr einleuchtende. Die ist von den unzähligen Feldern und Arealen mit Menhiren, Dolmen, Cairns oder Tumulus die Rede. Die berühmteste Ansammlung – als UNESCO Weltkulturerbe ausgezeichnet – findet der Besucher sicherlich in Carnac, dicht bei der Halbinsel Quiberon. Nicht minder attraktiv sind aber auch die anderen, weniger bekannten Alignements in dieser Region, wie z.B. bei Kerzerho, nicht weit von Carnac entfernt.

Kommen wir zu des Pudels Kern! Dienten diese Felsansammlungen nun der Orientierung, religiösem Kult oder waren sie nur schmückendes Kunstwerk?Historisch-kulturelle Weide  P1100575

Alles falsch! Der Heilige Cornelius gibt die Antwort. Er bereiste seinerzeit als Papst die Bretagne, und zwar zur Zeit der römischen Besatzung. Auf der Flucht vor den römischen Soldaten gelangte er ans Atlantikufer, womit er dann keinen Ausweg oder Fluchtweg mehr fand. Alles zu Ende? Weit gefehlt ! Er drehte sich einfach seinen Verfolgern zu und verwandelte diese mit einem „Handstreich“ in die heute noch zu sehenden Felsansammlungen. Also war sein Weg wieder frei. Und der Legendenbildung stand nun nichts mehr im Wege. Die inmitten der historisch-kulturellen Kostbarkeiten zwischenzeitlich friedlich grasenden Schafe lässt jegliche Theorie- und Legendenauslegung allerdings völlig kalt.

On Tour03–F/LA BRETAGNE „Von grossen und kleinen Meeren!“

Einen südlichen Katzensprung entfernt von unserer letzten Station, Rochefort-en-Terre, liegt das berühmte Naturschutzgebiet „La Brière“. Nach der Camargue in Südfrankreich ist es die zweitgrößte Sumpf- und Moorlandschaft Frankreichs. Sie erstreckt sich über ein Gebiet zwei Mal so groß wie New York. Als Amerikafahrer nennen wir es „Everglades friedlich“, denn ohne Alligatoren dafür voller Reiher, Kormorane und Wildgänse. Wer tiefer hineinfahren möchte in dieses Meer aus Wasser und Grass (ausschließlich per Schiff möglich), begebe sich z.B. nach Saint Lyphard und besteige eines der Boote. Entweder kann man sich eines mieten und selber rudern bzw. staken, oder sich schippern lassen und den Erklärungen des „Gondoliere“ lauschen. Es lohnt sich und ist mit 8€ für eine Stunde auch nicht überbezahlt.

Salzbauer
Salzbauer

Am südwestlichen Rand der Brière, unweit des Städtchens Guérande, finden wir die zweite Sehenswürdigkeit dieser Region, die „Marais salants“. Es ist das Gebiet der Meersalzgewinnung. Diese „kleinen Salzmeere“, d.h. mehr oder minder kleine, durch Erdwälle begrenzte  Wasserbecken, sind durch ein ausgeklügeltes Kanal- und Absperrsystem miteinander verbunden und füllen sich bei Flut mit dem Salzwasser des Atlantik. Dann braucht der „Salzbauer“ ( französisch: Le Paludier) nur noch auf Sonnenschein zu warten, so dass das Meereswasser verdunsten und er mit großen Schiebern die übrig gebliebene Salzkruste ernten kann. Bei soviel Handarbeit gestaltet sich das Preisgefüge entsprechend. Detaillierte Informationen über diese Art der Salzgewinnung bieten die zahlreichen „Maisons des Paludiers“, eine Mischung aus Museum und Shop.

Seglerparadies Golf du Morbihan
Seglerparadies Golf du Morbihan

Die nächst größere Stufe von Meer finden wir am Golf von Morbihan. Es ist der keltische Begriff für „kleines Meer“: mor = Meer; bihan = klein. Eigentlich handelt es sich um einen großen Binnensee mit schmalem Ausgang zum Atlantik und durchsetzt von Inseln, für jeden Tag des Jahres eine, nämlich 365 Stück Die Rundstraße misst knappe 100km, d.h., wenn man jede Bucht und jede Landzunge abfahren möchte, verdoppelt sich die Kilometerzahl sehr schnell. Die ganze Region ist durchsetzt von einem reichhaltigen Tourismusangebot und zählt wohl zu den schönsten Flecken hier im nordwestlichen Frankreich.

Schloss Suscinio
Schloss Suscinio

Historisch lässt sich selbstverständlich Vieles entdecken, beginnend mit der Burgstadt Vannes am nördlichen Ufer bis hin zum Schloss Suscinio (13./14.Jh.) auf der südlichen Halbinsel Rhuys bei Sarzeau.

Im Land von Asterix und Obelix geht es aber auch nirgendwo ohne entsprechende Histörchen ab, deshalb jetzt dann mal eine geschichtliche: Der Widerstandskampf gegen die römische Besatzung unter Cäsar ist legendär, die entsprechenden Wehrdörfer der Kelten sind es gleichfalls. Die oben erwähnte Stadt Vannes, in der die damaligen Veneter wohnten (hat nichts mit Venedig zu tun), widersetzten sich als letzter keltischer Stamm den Römern. Als Ortskundige waren sie mit ihren flachen Booten den Eroberern lange Zeit überlegen. Das ging zumindest solange gut, wie die Römer nicht selbst auf die Idee kamen, diese flachkieligen Ruder- und Segelbootstypen nachzubauen. Schließlich wurden die Kelten eben doch unterworfen in einer „Seeschlacht“ auf dem „Golf du Morbihan“. Cäsar selbst beobachtete das Geschehen (ca. 45 vor Christi) aus sicherer Entfernung von einem Hügel am Südufer aus, dicht bei Arzon. Logischerweise hat man diese Erhebung im Volksmund dann auch „Butte de César / Cäsars Hügel“ genannt.

Quiberon Côte Sauvage P1100541

Quiberon Côte Sauvage
Quiberon Côte Sauvage

Mit dem Meereszugang des Golfes kommen wir auch zum „großen Meer“, dem Atlantik. Etwas weiter westlich vom Binnenmeer bietet sich ein Abstecher auf die Halbinsel Quiberon mit seiner rauen und wilden Küste (Côte sauvage) an. Hier lohnt sich besonders eine Tour entlang der westlichen Küstenstraße (Route côtière), egal ob per Auto, mit dem Fahrrad oder zu Fuß.

Pour cette fois-ci, on vous dit „à toute à l’heure!”

On Tour 02-F/LA BRETAGNE: „Felsen, Feen, Frühgeschichte”

Gut 500km südwestlich der Somme-Region erreichen wir das Land der Dolmen und Menhire, der saftig grünen Wiesen voller bunter Frühlingsblumen,  des Cidre, der weltberühmten Galettes und des Mysteriösen.

Galettes (salzige Crêpes aus Vollkorn) und Cidre gehören zusammen wie die Henne und das Ei – eine äußerst schmackhafte bretonische Spezialität, die auch in den „gallischen Wehrdörfern“ von Asterix und Obelix ausgiebig genossen wurde.

Arbeiten am Feenfelsen
Arbeiten am Feenfelsen

Das Reich der Feen und Felsen betritt man in der Gegend um die Hauptstadt Rennes. „La Roche aux Fées / Feenfelsen“ nennt sich eine Dolmen- und Megalithansammlung nahe der Ortschaft CESSÉ. Feen sollen sie vor ca. 5.000 Jahren aufgetürmt und zu einer „Allée Couverte“ (d.h. aufrecht stehende Menhire mit Deckplatten) haben. Realistischer sind wohl die Erklärungen, dass ca. 300 Männer sie in Handarbeit neben- und übereinander schichteten.

König Arthurs Schloss
König Arthurs Schloss
Merlins Grab
Merlins Grab

Nicht weniger mysteriös geht es in der Sage um König Arthur zu, der auch in dieser Gegend hier „tafelte“. Das „Château“ beim Dorf COMPER geleitet den Besucher nicht nur in „Arthurs sagenhaftes Leben“ sondern auch in den Feenwald  „La Brocéliande“ mit Drachen, Elfen und weißen Hirschen, aber auch verwoben mit  Tristan&Isoldes Schicksal.  Und nicht zu vergessen: das Grab das Zauberers Merlin!

Der Realität geschuldet ist demgegenüber, nur einige Kilometer weiter beim Dorf CONCORET, die Episode um eine tausendjährige Eiche, in dessen Innerem sich ein Pater namens Guilloutin (hat nichts mit der Kopfabschneidemaschine zu tun) vor den Feinden verbarg. Das Ganze hat sich in den Jahren der französischen Revolution gegen Ende des 18. Jahrhunderts abgespielt.

Tausendjährige Eiche als Versteck
Tausendjährige Eiche als Versteck

Ob es nun wirklich das Netz einer Spinne war, das dem Baum den Anschein gab, an diesem Ort sei lange niemand gewesen, bleibt der eigenen Urteilskraft überlassen.

Das Urteilsvermögen wird auch bei der Geschichte des Kreuzritters strapaziert, der von einem einer Kreuzzüge nach Jerusalem einen „Originalsplitter vom Kreuz Jesu“ mitbrachte, diesen hütete wie seinen Augapfel und es dennoch nicht verhindern konnte, dass eine diebische Elster just diesen Splitter schließlich in ihr Nest entführte. Dem Zufall war es zu verdanken, dass ein Dorfjunge das Stück Holz entdeckte und dem Ritter zurückgab. Aus Dankbarkeit soll der Ritter eine Kapelle errichtet haben in dem heutigen Dörfchen „La VRAIE-CROIX“ (Das wahre Kreuz).

Alle diese Begebenheiten sollen vor vielen Jahren und Jahrhunderten geschehen sein. Aber im Vergleich zu den Jahrmillionen an Vergangenheit, in denen die Dinosaurier und später dann die ersten Menschen gelebt haben, fühlt man sich dabei fast wie in der Gegenwart.

Parc de Préhistoire
Parc de Préhistoire

Diese älteste erd- und menschheitsgeschichtliche Vergangenheit wird lebendig im „Parc de Préhistoire“ (Urgeschichtlicher Museumspark) bei ROCHEFORT-EN-TERRE, einem Gebiet bedeckt von dichten Wäldern und durchzogen von tiefen Felsschluchten.

Kurz gesagt: Die Fantasie stimulierende, realistische (?) Vergangenheitsbewältigung.

Dann bis zum nächsten Mal

On Tour 01-F/La SOMME: „Auch 100 Jahre später…“

Auf dem „Rundkurs der Erinnerungen“ an der Somme

Man stelle sich vor: Rund 3 Millionen Soldaten aus ca. 30 Nationen standen sich auf einer Länge von nur 45km Frontlinie gegenüber, hier in dem kleinen nordfranzösischen Département SOMME. Der Erste Weltkrieg (1914-1918) hat diesem, heute friedlich in der Maisonne ruhenden Landstrich der Picardie übel mitgespielt. Auf der einen Seite standen die Alliierten, allen voran die Franzosen und Engländer, später auch die Amerikaner, Kanadier, Australier und viele weitere Nationen, auf der anderen die Deutschen und ihre Verbündeten. Die entscheidenden Schlachten wurden hier ab Juli 1916 bis hin zur späteren Kapitulation Deutschlands (im November 1918) am gleichnamigen Fluss geschlagen.

Schützengrabenreste
Schützengrabenreste

Unsere Rundfahrt führt vorbei an außerordentlichen Gedenkstätten, Museen, Kampfplätzen und Friedhöfen, die das Andenken an alle Soldaten dieses Krieges pflegen.

Zwei hervorragende Museen gilt es zu nennen. In der Stadt PÉRONNE weist das „Historial“ dem Besucher den Weg durch vier Jahre Weltkriegszeit. Geschichtliches wie Alltägliches kommen zu Wort; das Leiden der Soldaten und Zivilbevölkerung nimmt dabei einen umfangreichen Platz ein.

dt. Soldatenfriedhof
dt. Soldatenfriedhof

Im „Musée Somme 1916“ des  Städtchens ALBERT wird der Besucher zehn Meter unter die Erde geführt, um dort in 250m Schutzbunkergewölbe „das Leben der Soldaten im Schützengraben“ nachempfinden zu lassen.

Überreste von ehemals durch Artilleriebeschuss ausradierten Dörfern, wie z.B. das „Ruinendorf“ FAY, säumen unseren Weg genauso wie der nunmehr eingefallene ehemalige deutsche Bunker „Le Gibraltar“ nahe der Ortschaft POZIÈRES.

Britisches Mahnmal
Britisches Mahnmal

Zum kriegswichtigen Transportmittel entwickelte sich die Eisenbahn. Auf historischer Strecke geht es von FROISSY nach DOMPIERRE. Diese Strecke diente den Alliierten als Haupttransportweg zur Versorgung der Einheiten in den Schützengräben.

Den entscheidenden Angriff 1916 leiteten die Alliierten ein durch die Explosion einer „unvorstellbar gigantischen Mine“ (Sichtweise 1916). Der daraus resultierende Krater mit seinen 91m Durchmesser und 21m Tiefe kann heute als „Lochnager Crater“ bei LA BOISSELLE zu Fuß umrundet werden.

Schier unzählige Monumente und Gedenkstätten zieren die Region. Jede Nation hat ihre eigene Gedenkstätte errichtet. Jetzt zum 100. Jahrestag des Kriegsbeginns sind sie natürlich besonders herausgeputzt. Allen voran ist die französische „Gedächtniskirche“ in RANCOURT zu nennen, ebenso wie der „Triumphbogen“ von PROYART. Nicht minder beeindruckten uns das britische Monument in THIEPVAL, die südafrikanische Gedenkstätte in LONGUEVAL sowie der australische Gedächtnispark in VILLERS-BRETONNEUX.

Lokalkolorit spiegelt das Denkmal für Soldaten aus Wales „Gallischer Drachen“ bei MARMETZ wider. Flügelschlagend streckt das knallrote Untier seine Krallen dem Feind entgegen, der sich im naheliegenden Wald verschanzt hält.

Ähnliches gibt es über das Monument für die Einheiten aus Neufundland zu berichten. Statt Drachen wurde hier ein Karibu, das Wappentier dieser kanadischen Insel, als Bronzestatue auf einen Hügel gestellt. Sein Schrei ertönt in Richtung der feindlichen Schützengräben. Zu finden ist es in BEAUMONT-HAMEL.

Zusätzlich bietet dieser Erinnerungspark, laut eigener Beschreibung der Parkdirektion, eine „bewegende und realistische Vision von dem Stellungskrieg, nicht zuletzt hervorgerufen durch ein heute noch begehbares und gut erhaltenes Netz an Schützengräben“.

Erheblich hautnaher schildert diese Situation der ehemalige Kriegsteilnehmer und große französische Schriftsteller Blaise Cendrars (1887-1961): „Wir konnten die Deutschen buchstäblich bei den Hörnern packen. Wir hielten eine kleine Stellung, die von der deutschen nur einige Sandsäcke entfernt lag. Man hätte sich mit den Bajonetten von einem Schützengraben zum anderen wie zu einem Schaschlik aufspießen können“.

Blaise Cendrars hat den Krieg überlebt. Viele Millionen andere Soldaten nicht (insgesamt 9.300.000 gefallene Soldaten). Einer von ihnen war das deutsche „Fliegerass“ Manfred von Richthofen, auch genannt „Der Rote Baron“. Vor seiner Überführung nach Deutschland war der Leichnam zeitweilig auf dem deutschen Soldatenfriedhof in FRICOURT bestattet.

Wer mag all die Gräber zählen auf den gut 500 Soldatenfriedhöfen nur in dieser Somme-Region (darunter 410 britische, 22 französische und 14 deutsche). Eine Besonderheit stellt der „Chinesische Soldatenfriedhof“ in NOYELLE-SUR-MER dar. China hatte zwar nicht an den Kämpfen direkt teilgenommen. Es schickte den Alliierten jedoch bis zu 90.000 zivile Mitarbeiter für Versorgung und späteren Wiederaufbau.

Spendenaufruf
Spendenaufruf

Wir wenden uns zum Schluss noch einmal dem Museum und Dokumentationszentrum „Historial“ in PÉRONNE zu, knüpft es doch eine besondere Verbindung nach Deutschland. In einer einzigartigen Ausstellung des deutschen Malers Otto Dix werden Leid, Schrecken und die zerstörerischen Folgen des Krieges in Kohlezeichnungen dargestellt.

Außerdem – mehr per Zufall entdeckt – wird unter den rund 70.000 Exponaten des Museums ein Plakataufruf an alle Einwohner Lübecks präsentiert: „Sammelt Knochen!“

Wir verabschieden uns aus dieser geschichtsträchtigen Region Nordfrankreichs und melden uns später wieder evtl. aus der Bretagne.

von Wolf Leichsenring