Schlagwort-Archive: Kiwis & Kängurus

K&K 74 – Mondlandschaft trifft auf Ozean

Unaufhaltsam verfolgen wir unseren Südkurs. 20km südlich von Dongara gabelt sich die Straße in den Inland Brand Highway für den schnelleren Trip nach Perth und den Indian Ocean Drive für den Panoramablick auf den nächsten 200km.

Indian Ocean Drive
Indian Ocean Drive

Sicherlich, diese Tourist Route kann es nicht aufnehmen mit der Great Ocean Route an  Australiens Südküste. Doch es lohnt schon, ihn zu befahren. Leider schlängelt er sich nicht immer direkt an der Küste entlang. Hohes Buschwerk und vielfältige Dünenlandschaft versperren oft den Blick aufs Wasser. Als Ausgleich gibt es aber immer wieder Abzweigungen in die kleinen Meeresorte mit ihren Bilderbuch-Stränden. Diese Aussage gilt mit Ausnahme der beiden nördlichsten Siedlungen Illawong und Coolimba. Hier treffen wir nur auf halb verfallene Wellblechhütten. Am besten nicht hingucken und weiterfahren.

Indian Ocean Drive
Indian Ocean Drive

Danach allerdings kommen wir in schmucke kleine Ortschaften wie Leeman, Green Head oder auch Jurien Bay. Zu viel sollte man zwar nicht erwarten, doch sie bieten immerhin eine ausreichende Infrastruktur.

Lobster 8kg schwer
Lobster 8kg schwer

Ein erster längerer Stopp bietet sich in Cervantes an, einem malerischen Fischerdorf. Freunde edlen Genusses sei ein Besuch im Lobster Shack empfohlen (www.lobstershack.com.au). Vor den Genuss kommt die Besichtigung. Während der Factory Tour und in einem Film erfahren wir viel Wissenswertes über Fang, Haltung, Lebendversand und weltweite Vermarktung des Hummers, ebenso aber auch über Umwelt- und Artenschutz für die Delikatesse. Gefangene Lobster unter 7,7cm Länge verbleiben im Meer. Der größte Lobster, den wir sehen, wiegt immerhin 8kg. Im Lobster Shack muss es nicht bei einer Land-Erfahrung bleiben. Das Unternehmen bietet obendrein Touren zum Lobsterfang an. Und dann geht es anschließend zum Lobster Lunch, fangfrisch aus dem Meer auf den Teller.

Cervantes bietet mehr als Lobster. Das Dorf gilt als Einfallstor zum Namburg National Park, womit wir bei der Mondlandschaft direkt am Ozean wären. Die weltberühmte Pinnacles Wüste, sicherlich als Hauptattraktion des Indian Ocean Drives anzusehen, erstreckt sich nur 17km südlich des Ortes. Geheimnisvoll ragen tausende von Sandsteinsäulen aus dem dünenartigen Wüstensand hervor. Diese Wüste kommt umso unerwarteter, ist doch die Umgebung weiträumig nichts anderes als mit Heidegestrüpp bewachsen. 8m bis 10m ragen die höchsten Steindenkmäler in den Himmel.

Die Nationalparkverwaltung bietet zwei Möglichkeiten der Wüstenerkundung an. Man kann das Naturwunder auf einem rund zwei Kilometer langen Rundweg erwandern. Bei großer Hitze ab 35°C bleibt dieser Wanderweg mangels Schattenmöglichkeiten gesperrt. Mehrere Aussichtspunkte erlauben immer wieder einen Überblick über das gar nicht so ausgedehnte Wüstenareal. Die begrenzende Heidelandschaft lugt an allen Ecken und Enden hervor.

Auf der gut vier Kilometer langen Rundfahrt mit dem eigenen Fahrzeug dringt man tiefer in die Wunderwelt der Pinnacles Desert ein. Doch dürfen die Fahrzeuge nicht länger als 6.50m und nicht breiter als 2,50m sein, sonst bleiben sie stecken. Dieser Gefahr setzt sich auch aus, wer bei Regen durch den Wüstensand rollen möchte.

Pinnacles
Pinnacles

Auf keinen Fall auslassen sollte man das in den National Park integrierte Pinnacles Desert Discovery Center. Eine multimediale Ausstellung erläutert Zusammensetzung und Entstehung dieser Sandsteingebilde. Die Forschung nimmt an, dass es sich um gepresste, erodierte Überreste von Muscheln handelt. Denn vor mehreren hunderttausend Jahren war dieses Gebiet noch Meeresgrund. Ganz sicher ist man sich aber offensichtlich nicht über Herkunft und Zusammensetzung der Pinnacles. Denn eine andere Forschungsrichtung besagt, dass hier früher ein Wald gestanden haben soll. Mithin betrachten wir heute also versteinerte Baumreste (petrified forest). Ob nun die eine oder andere Forschungsrichtung stimmt, tut den phantastischen Fotomotiven auf unserer knapp halbtägigen Fotosafari keinen Abbruch.

Mit der Küsten-Heide-Landschaft findet die Wildflower Story natürlich kein abruptes Ende. Nur wenige Kilometer von der Küste entfernt, bei der einladenden Stadt Moora stoßen wir auf eine weitere Wildflower Farm (www.wildflowerswa.com.au). Diese Farm widmet sich in der Tat der Pflege, Bewirtschaftung und Vermarktung der Wildblumen. Pflege bedeutet dabei, die angrenzenden Felder und Wiesen der Farm stehen samt und sonders unter Schutz. Die Natur bleibt unbearbeitet. Bewirtschaftung bedeutet, dass gut zwei Dutzend Blumenpflücker jetzt in der Blütezeit ausschwärmen, um die Farbenpracht auszudünnen. Vermarktet wird das Ganze dann meist in getrockneter Form. „Wir liefern weltweit“, betont die Farmersfrau nicht ohne Stolz, während sie eine Lieferung nach Italien bearbeitet.

Kloster New Norcia
Kloster New Norcia

Ein Stück weiter soll es noch ins Inland gehen, rund 60km tiefer zu Australiens spirituellem Hauptanziehungspunkt, einem Benediktiner Kloster. Wir finden es im Dorf New Norcia am Brand Highway. Eigentlich besteht das ganze Dorf  nur aus den Klosteranlagen. Die 38 sonstigen Bewohner bewirtschaften meist das Visitors Information Center, das angrenzende Hotel mit Café oder arbeiten an der Dorftankstelle.

Museum und Kunstgalerie sind zu besichtigen, eine „Stadttour / Town Tour“ soll tieferen Einblick in das Klosterleben geben. Eindringlicher geht es, wenn man der Einladung der Mönche zum Gebet folgt (6 Mal pro Tag), oder sich mehrere Tage lang der klösterlichen Spiritualität hingibt. Motto der Besinnungswoche: „It refreshes the soul better than any holiday. The only hardship of coming here is leaving“.

Kirchenmusikalische Schwerpunkte, literarische Veranstaltung sowie Seminare zur Bibelforschung runden das Programm ab. Die Anzahl der Besucher an einer dieser Literaturseminare über Dantes „Göttliche Komödie“ deutet auf einen guten, überregionalen Ruf hin.

Mit „Himmelsforschung“ im weitesten Sinn befasst sich auch das Cosmos Center / Center of Gravity der Universität Westaustraliens. Wir finden das Discovery Center and Observatory verborgen in unendlicher Heidelandschaft auf dem Rückweg zur Küste bei dem Weinort Gingin. Alles was in der Gravitäts- und Raumforschung Rang und Namen hat, ist hier ausstellungsmäßig vertreten. Albert Einstein nimmt einen besonderen Platz ein. Die Anlage dient gleichzeitig als physikalisches Bildungszentrum für Schüler und Studenten allen Alters, mit viel experimentellem Material zum sprichwörtlichen „Begreifen“.

Schiefe Turm von Gingin
Schiefe Turm von Gingin

Eine solche Begreifgelegenheit lassen wir uns natürlich nicht entgehen. An einer der Lernstationen haben wir Gelegenheit, das eigene Körpergewicht zu relativieren. Bei gemessenen 74kg lebendem Erdgewicht bleiben davon auf dem Pluto gerade noch einmal 5kg übrig, wegen der geringeren Gravität. Auf dem Mond wären wir immerhin schon 8kg schwer; der Merkur wartet mit 24kg auf, auf dem Mars steigert sich das Eigengewicht dann auf 29kg. Soweit die freundlichen Messangaben, denn reisen wir weiter zum Jupiter, wären unsere 74kg bereits zu 180kg umgewandelt. Auf der Sonne, die glücklicherweise nicht betreten werden kann, wögen wir aber doch 2.080kg.

Von diesem Körpergewicht müssen wir wieder herunter. Hierfür besteigen wir den universitätseigegen schiefen Turm. Er hat den gleichen Neigungswinkel wie jener in Pisa. Von der 10. Etage aus, nach 222 Stufen und einigen Gramm weniger, werden dann wissenschaftlich relevante Fallstudien durchgeführt. Spielerisch geht es bei uns um einen mit Wasser gefüllten Luftballon. Soviel Erkenntnis, gepaart mit dem Gewichtsverlust, lassen die Mühsal des Aufstiegs schnell vergessen.

Noch sind es zwar gut 150km bis Perth, doch allmählich machen sich die Auswirkungen einer Großstadt bemerkbar. Wie?

In Two Rocks
In Two Rocks

Die Küstenorte erhalten einen völlig anderen Anstrich. Die Millionenvillen in der ersten Reihe am Meer werden unübersehbar. Völlig neue  Orte entstehen. Die letzten Baulücken zwischen den Orten sollen wohl noch geschlossen werden. Brandneue Shopping Center haben ihre Pforten geöffnet. An vielen leeren Grundstücken lesen wir das Schild „Verkauft“. Die Bautätigkeit ist voll im Gange, auch an Sonntagen.

Prototypisch für diesen Bauboom stehen die neuen, supermodernen Dörfer – oder eher Siedlungen – Two Rocks und Yanchep. Die Architekten haben sich viel einfallen lassen, um bauliche Tristesse zu vermeiden. Abwechslungsreich präsentieren sich die Häuserzeilen. Großzügig gestalten die Lokalpolitiker das Umfeld mit kombinierten Rad- und Wanderwegen, ansprechendem Outdoor Mobiliar und vielen Grünanlagen. So lässt es sich leben (mit dem nötigen Kleingeld!).

Yanchep National Park
Yanchep National Park

Yanchep wartet aber nicht nur mit dörflicher Schönheit auf. Fast direkt am Ortsrand öffnet der Yanchep National Park seine Pforten. Er wirkt wie eine Miniaturausgabe seiner großen Geschwister. Man kann eigentlich alle Attraktionen zu Fuß erreichen, die Crystal Cave (kann nur per gebuchter Tour besichtigt werden), das Aboriginal Center, Loch Ness (mit richtigem Namen Loch McNess) sowie eine Koala Kolonie. Und die großen Western Kängurus hüpfen eh im gesamten Parkgelände herum. Dieser Park eignet sich hervorragend für ein Schönwetter Picknick mit anschließenden Spaziergängen – oder umgekehrt.

Yanchep National Park
Yanchep National Park

Somit beenden wir dieses Kapitel unmittelbar vor den Toren von Westaustraliens Hauptstadt Perth.

K&K 73 – Bunter Blumenteppich auf 2,5Mill km²

Die ersten Anzeichen der nördlichen Blumenteppichkante entdecken wir in der Nähe von Geraldton (vgl. vorheriges Kapitel). Je südlicher wir kommen, umso dichter und farbenfroher wird das Teppichmuster. Wildflower Country zieht sich hinab bis an die Südwestküste und ins östliche Outback.DSCN9163

Die Wildblumensaison dauert von July bis November mit den Scherpunktmonaten August, September und teilweise Oktober. Besonders in den kleineren abgelegenen Orten öffnen deshalb extra Visitor Information Center ihre Pforten oder werden Wildflower Festivals organisiert. Eine Reihe von Tourenanbietern in den verschiedenen Orten hat sich auf bunte Rundfahrten spezialisiert. Das Angebot an regionalen und überregionalen Wildflower Broschüren ist immens. Aus einer dieser Hefte suchen auch wir uns aus immerhin einem guten Dutzend verschiedener Trails den passenden Loop für self drivers heraus. Jede dieser Routen, meistens Rundfahrten zurück zum Ausganspunkt, hat eine Länge von 300km bis 500km. Die unsrige, als Everlasting Trail bezeichnet, führt uns überwiegend in die südöstliche Region von Dongara. Für ein eventuelles Kartenstudium hier einige der kleinen Orte als Anhaltspunkte: Mingenew – Three Springs – Ebeabba – Perenjori – Morawa – Mullewa.DSCN8963

Im gesamten Westaustralien sollen 12.000 Wildblumenarten wachsen, von denen rund 60% nur in Australien gedeihen. Über insgesamt 2,5Mill. km² sollen sie verstreut blühen. Somit lassen sich dann auch immer nur kleine Ausschnitte aus dem bunten Meer herausfiltern. Doch diese sind beeindruckend. Es ist eben nicht so, dass auf einer Wiese ein kleiner Fleck voller Blumen entdeckt wird. Großflächig, oft soweit das Auge reicht, schillern gelbe, weiße oder violette Teppiche am Straßenrand in die Landschaft hinein. Eine Etage höher inmitten der Farbenpracht leuchten oft goldgelbe Mimosenbüsche oder rote Azaleen.

Pommes in der Pampa
Pommes in der Pampa

Und wie heißen die australischen Wildblumen? Hier eine kleine Namensauswahl: Dampiera, Silver Cassioa, Wreath Flower, Everlastings, Eremophila, Donkey Orchid oder Climbing Fringe Lily. Für den Betrachter ist die Schönheit der Blumenpracht sicherlich viel entscheidender als der Pflanzenname.

Die kleinen Orte am Wegesrand geben sich viel Mühe im Konkurrenzkampf um die Durchreisenden. Jeder wartet außer mit der Wildblumenpracht mit irgendeiner anderen Besonderheit auf: Morawa mit den Koolanooka Springs,  Three Spings mit einem Lookout auf die Talkum Mine und einem Minifelsgarten; Mingenew mit historischen Wandgemälden. Von hier aus führt eine Straße in den 30km nördlich gelegenen Coalseam Conservation Park. Mit seinem Irvin River Gorge ist er ein Musterbeispiel an Wildflower Romantik.DSCN9166

Auch Perenjori, als Ort selbst eher unscheinbar, schickt seine Besucher ein wenig nach außerhalb. In einem der früheren Berichte haben wir bereits über den „Dingo Fence“ berichtet (vgl. Kap. „Von Sechs bis Sechs“.) Dieser Schutzzaun zieht sich bekanntlich 5.400km von der südaustralischen Küste in der Nullarbor Plain bis hinauf ins nordöstliche Queensland. Er sollte und soll die Schafsherden vor Dingoraubzügen schützen. Seinen Zaunvetter finden wir nunmehr beim Dorf Perenjori. Hier allerdings soll nicht das Vieh vor Raubtieren geschützt werden sondern das Gemüse und Getreide vor gefräßigen Kaninchen. So heißt dieses Zaunbollwerk denn auch „Rabbit Fence“ und erstreckt sich von Westaustraliens Nordküste bis zur Südküste.

Mullewa Kirche
Mullewa Kirche

Der nördlichste Ort dieser Flower Power Rundtour strahlt schon fast etwas Pilgerfahrtähnliches aus. Er kann mit einem rund drei Kilometer langen Wildblumenpfad aufwarten, immer schnurstracks durch die wilde Natur. Seine Hauptattraktion allerdings steht bescheiden am Dorfrand und ist die Kirche „Our Lady of Mount Carmel“. Geplant und erbaut vom Priester-Architekten Monsignor Hawes zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildet sie ein Schmuckstück in einer Reihe ähnlicher Gotteshäuser der Region.

In Mullewa stehen wir auch am Scheidepunkt, ob wir zurück an die Küste fahren oder weiter hinein ins östliche Outback. Wir entscheiden uns für die zweite Richtung. „Das blühende Outback erleben“, ein „must do & must see“ wurde uns vielfach von Einheimischen geraten. Nun, sie kennen ihr Land, wir nicht so sehr. Verlassen wir uns auf die Ratschläge und steuern Laverton 800km östlich an.DSCN9169

Und ebenfalls für diesen Streckenabschnitt führen wir für diejenigen, die mit dem Finger auf der Landkarte mitfahren wollen, einige Ortsnamen an: Mullewa – Yalgoo – Mt Magnet mit nördlichem Abstecher nach Cue – Sandstone – Leinster – Leonora – Laverton.

Die Farbenpracht des Blumenteppichs bleibt uneingeschränkt strahlend. Ihr Effekt erhöht sich höchstens noch durch die rote Erde des Outbacks, insbesondere bei den weißen und gelben Blüten. In der Tat lässt sich sagen: „Die Wüste blüht“ – ein wunderbares, unbeschreibliches Schauspiel.

Diese zum Teil winzigen Orte warten ebenfalls oftmals mit einer kleinen Besonderheit auf. Allen gemeinsam ist, dass sie jeweils rund 150km voneinander entfernt liegen, die „durchlöcherte Einsamkeit“ sich auch auf diesem Streckenabschnitt fortsetzt. „Golden Quest Discovery Trail“ nennt sich die Tour ins Binnenland. Die Blütezeit der Region lag also während des gold rush. Heute bedeutet das Andenken und dessen Pflege an diese goldenen Zeiten vielfach aktuelles „touristisches Gold“.   Mt Magnet z.B. bietet neben dem Warramboo Hill Outlook ein umfangreiches „Mining and Pastoral Museum“. Der Blick von den nahe gelegenen Granitformationen gibt den Blick frei auf die Tagebaumine (Gold). Der Ort Cue wirbt mit den Ruinen des Big Bell als Referenz an die längst verflossene Goldene Ära.  Das dörfliche Sandstone hingegen versucht sein touristisches Glück mit dem Felsbogen „London Bridge“ welcher sich immerhin gut 50km außerhalb des Ortes wölbt und nur über eine dirt road erreicht werden kann.

Trinkwasser endlich!
Trinkwasser endlich!

Spannender wird es in Leonora bzw. im zwei Kilometer entfernten Gwalia. Die noch aktive Mine beherbergt aber bereits Museales. Zum einen ist Gwalia eine Ghosttown aus der Zeit des gold rush. Zum anderen präsentiert man in einer ansehnlichen Ausstellung stolz das erfolgreiche Werk von Herbert Hoover, der die Mine aufgebaut hat. Der Name verbindet sich eigentlich mit einer anderen Assoziation als australischem Bergbau. Herbert Hoovers Name erscheint eher als der 31. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. In dieser verlassenen Outback Region hat er vor seiner Präsidentschaft gewirkt. Der Besucher dieses Museums kann nicht nur anschauen. Er kann auch in den Räumen des Hoover Hauses übernachten. Drei Originalzimmer stehen den Gästen zur Verfügung, im modernisierten Stil der damaligen Zeit (www.gwalia.org.au).

DSCN9089End- und Höhepunkt dieser Outbackschleife ist Laverton. Auch hier hat ein australischer Albert Schweitzer gewirkt, Dr. Charles Laver. Mit dem Fahrrad  besuchte er um die Wende des 19. zum 20 Jahrhundert seine Patienten in den weit verstreuten Siedlungen des Outbacks. Mehr Anziehungskraft besitzt „The Great Beyond – The Hall of Fame of the Explorers“. Alle Entdecker, die sich bei den ersten Erkundungen West- und Zentralaustraliens des 18./19. Jahrhunderts einen Namen gemacht haben, werden hier geehrt. Per Film erfahren wir mehr über die gescheiterte Suche in der Wüste nach dem preußischen Erforscher Friedrich Wilhelm Ludwig Leichardt (verschollen 1848 im zentralen Outback). In einer „historischen Videokonferenz“ unterhalten sich die Entdecker Alexander Forrest, Edvard J. Eyre, Williams J. Wills, Augustus Gregory und Dirk Hartog und einige andere mehr über Erfolge und Misserfolge ihrer Expeditionen. Dieses Museum hat es in sich. Es lohnt den Besuch außerordentlich.

In Laverton, dem letzten Ort vor dem sandigen Outback Way quer hinüber im östlichen Outback, kehren wir wieder um zurück an die Westküste. Die Wildblumen Story begleitet uns natürlich auch auf dem Rückweg, besonders rund 100km, bevor wir die Küste des Indischen Ozean wieder erreichen. Im Dorf Coorow folgen wir der Ausschilderung „Wildflower Farm“. Dahinter verbirgt sich nicht etwa ein Gehöft, welches die Wildblumen züchtet. Das wäre auch ein Widerspruch. Diese Farm ist eingebettet in unübersehbare Wiesen und Felder mit diesem Naturschmuck. Ein sechs Kilometer langer, sandiger Rundweg führt mitten hindurch. Kleinere Abzweigungen vom Hauptweg, z.B. hinauf auf einen Lookout bieten einen noch besseren Überblick über das vielfarbige Blütenmeer. DSCN9096Somit erfreuen wir uns eines wirklich genüsslichen Abschlusses dieser Inlandstour.

Als nächste Touretappe planen wir den Indian Ocean Drive, der in der Gegend von Dongara beginnt und uns bis kurz vor Perth führen wird.

K&K 72 – Dem Staub den Rücken kehren

Die Monate Juli bis November gelten als Australiens Wildblumen- Saison. Der „Mittlere Westen“ erblüht in einem kunterbunten Farbteppich. Doch ehe wir in die Tiefe dieses Naturtuschkastens dringen können, bleiben wir noch einige hundert Kilometer an der Küste des Indischen Ozeans.

Indischer Ozean
Indischer Ozean

Nach der Monkey Mia Delphin Show durchqueren wir gut 300km südlicher den ruhig besonnenen Kalbarri National Park. Die Ajana-Kalbarri Road führt in einer Nordwestschleife durch ihn hindurch. Naturperspektiven stehen auf dem Programm, keineswegs spektakulär aber malerisch und nicht überlaufen. So laufen wir den Ross Graham Lookout mit Ausblick auf den Murchison River Gorge an, kurz darauf den Hawks Head, einen Flussfelsen mit der Kontur eines Habichtkopfes.

Im Städtchen Kalbarri können River Cruises gebucht werden. Der Ort selbst kann sich einiger wunderschöner Parkanlagen und Lookouts auf die Mündung des Murchison Rivers in den Indischen Ozean rühmen. Idylle perfekt heißt es morgens um 8.45 Uhr bei der Fütterung der Pelikane.

Kalbarri NP
Kalbarri NP

Die Stadtbilder haben sich nunmehr absolut verändert. Keine staubigen Hauptstraßen mehr, die Farbe Grün dominiert in den Vorgärten.  Die meisten  Nebenstraßen bleiben in der Regel nun auch geteert. Die nördliche durchlöcherte Einsamkeit ist dörflichem Farmland mit zahlreichen Gehöften gewichen. Diese stehen jetzt vielfach mitten in blühenden Rapsfeldern. Man merkt, der Winter nimmt Abschied, der Frühling klopft an die Tür.

Doch zurück zum National Park. Nach dem Ort Kalbarri lohnen noch Abstecher zum Island Rock und zur Natural Bridge, beide mit fantastischem Blick auf den tosenden Ozean. Dann ist der National Park aber auch bereits wieder zu Ende.

Island Rock
Island Rock

Bevor wir auf den großen North West Coastal Highway zurückkehren, grüßt noch der Pink Lake nahe der Küste. Hier färben nicht irgendwelche Chemikalien das Wasser rosa, sondern die Natur. Beta-Carotin haltige Algen wachsen in ihm und geben ihm so seine Farbe. Das ergibt schon ein eigenartiges Bild: Blaues Meer, gelbe Dünen mit ein wenig grünem Strandhafer versetzt und davor der rosa See.

Pink Lake
Pink Lake

Die große Kleinstadt Geraldton soll der nächste Stopp werden, nur 80km hinter der Parkausfahrt. Wer vor der Stadt einen malerischen Übernachtungsplatz sucht, der biege ca. 20km vorher ab zur ausgeschilderten Coronation Beach. Diese Bucht besteht aus einem einzigen parzellierten Übernachtungsplatz direkt am Strand. Für 7AUD/4€ pP stehen wir idyllisch und absolut ruhig in der Abendsonne. Im Vergleich zum nördlichen Broome verschwindet das Himmelsgestirn hier erst zwischen 18 Uhr und 18.30 Uhr hinter dem Horizont. Dafür fallen die Temperaturen von 25°C rapide auf nächtliche 8°C. Man merkt, es herrscht kein Tropenklima mehr!

Coronation Bay
Coronation Bay

Geraldton, mit knapp 40.000 Einwohnbern der größte Ort zwischen Broome und Perth, wartet mit rund 10km malerischer, ausgebauter Küstenpromenade auf. Haupteinkaufsstraßen drängen sich in der Unterstadt, gleich darauf wird man in die hügelige Oberstadt geführt. Die stolze Kathedrale spiegelt einen Hauch venezianischer Baukunst wider, ebenso wie einige historische Häuser.

Gleich zwei geschichtliche Erbstücke gilt es zu verwalten, als Küstenort haben beide natürlich mit Schifffahrt und Meer zu tun. Beide Ereignisse hinterlassen tragische und traurige Erinnerungen.

Zum einen erfahren wir viel über die Havarie des Schiffes „Batavia“ (Ende des 17. Jahrhunderts) an dieser Schiffswrackküste. In dem ausgezeichneten Westaustralien Museum gibt es zu diesem Thema eine hochinteressante Führung. Der Nachbau eines Longboats schaukelt stilecht im Marinabecken direkt vor dem modernen Museumsgebäude. Solche Longboote wurden mitgeführt als Rettungsboote, aber auch als Erforschunsboote für Flüsse in unbekannten Gegenden. Keine 10m Länge weisen sie auf. Als Stabilisatoren haben sie keinen Kiel, sondern seitliche Flügelbretter. Dadurch bleiben sie geeignet für flache Gewässer und können schnell wieder flott gemacht werden, sollten sie auf Grund gelaufen sein.  An überdachten Wetterschutz ist nicht zu denken. Maximal 45 Mann Besatzung fanden in der absolut offenen Nussschale Platz (every seat a window seat!).

Longboat
Longboat

In der musealen Batavia Ausstellung bleibt der Blick an einem riesigen Steintor hängen.

Diese riesigen Quader konnten geborgen werden. Aus den Schiffsaufzeichnungen geht hervor, dass sie am Schiffsboden als Stabilisatoren gelagert waren. Ihre Herkunft konnte nachvollzogen werden. Sie stammen aus einem Steinbruch bei Bentheim in Deutschland.  Bestimmt waren sie für den Bau eines Steintores. Also hat man es jetzt im Museum installiert.

Der zweiten maritimen Katastrophe aus jüngerer Vergangenheit wird mittels eines großen Memorials gedacht. Auf einem der Hügel ragt die sehr geschmackvolle Gedenkstätte empor. Sie erinnert an den Verlust des Kreuzers „HMS Sydney II“, der während WW II in einem Gefecht mit einem deutschen Kriegsschiff sank. Bis heute wurden noch keinerlei Überbleibsel von Schiff und Mannschaft (645 Leute) je wiedergefunden, alles spurlos verschwunden.

Batavia Fracht
Batavia Fracht

Doch widmen wir uns jetzt lieber der Leichtigkeit des Strandlebens. Nur 60km südlicher erwartet uns der Doppelort Dongara-Port Denison. Er ist ein Paradestück für Segeltourismus mit seiner großflächigen Marina. Im Moment, d.h. im winterlichen August, herrscht zwar keine Segelsaison. Dennoch ist der Sportboothafen gut belegt. Die kleine,  niedliche Stadt bietet auch für durchreisende Camper einen fantastischen Service. Auf der Wiese neben dem Sportplatz dürfen „fully self contained“ Wohnmobile, also auch unseres, kostenfrei übernachten. Umso besser schmeckt uns dann der frische grüne Spargel, den es nunmehr für nur 4AUD /2,50€ (500g) zu kaufen gibt. Welt verkehrt eben, Spargelernte im Winter.

Es wird Zeit, dass wir in die anfangs angesprochenen Wildblumen kommen. Hier und da sehen wir am Rand des Highways bereits gelb leuchtende, manchmal auch weiß schimmernde Weiden. Hier ist die Blüte dann bereits im Gange. Für eine intensivere Farbenpracht verabschieden wir uns erst einmal wieder von der Küste und fahren ostwärts  ins Landesinnere.

K&K 71 – Das Reef von gegenüber

Das Great Barrier Reef an der Ostküste genießt Weltruf und wird entsprechend frequentiert. Das Ningaloo Reef an der Westküste bleibt hingegen weniger bekannt.

Bergkängurus
Bergkängurus

Der im vorherigen Kapitel angekündigte Szenenwechsel hat sich somit vollzogen. Die dominierende Farbe Rot ist einem durchweg satten Grün gewichen. Die tropische Ära gehört  südlich des Karijini National Parks mehr oder minder der Vergangenheit an. Nur noch vereinzelte Palmen wachsen wenn überhaupt in den Ortschaften. Da es aber in der durchlöcherten Einsamkeit so gut wie keine Orte gibt, fällt auch der Palmenbestand entsprechend spärlich aus. Denn zwischen dem Karijini National Park bis zur nächsten nennenswerten Ortschaft, Exmouth, liegen immerhin 650 Kilometer.

Davon sind rund 170km auf dem Highway der North West Cape Halbinsel zu fahren, fast bis in die Spitze hinein. Exmouth, eine Stadt, die sich nunmehr fast völlig dem Tourismusgeschäft ergeben hat. Bevor es soweit gekommen war, diente sie als Militärstützpunkt. Während des WW II extra als Marine und Airforce Basis erbaut, war sie ein wichtiger Standort im Pazifikkrieg gegen die Japaner und musste unter den Bombardements entsprechend leiden. Heute erinnern nur noch einige Gedenksteine und das Potshot Memorial an diese Zeit von 1942-1945.

Als Stadtbild bleibt Exmouth recht konturenlos. Niedrig geduckte Häuser mit überwiegend grauen Dächern schimmern aus der Busch- und Weidelandschaft hervor. Als charakteristisches Stadteinfallstor präsentiert sich eine nagelneue, riesige Marina. Hier auf sandigen Flächen gibt es noch viele freie Grundstücke mit eigenem Bootsanlegesteg, die einen Käufer suchen. Das Ortszentrum als großflächiges Shopping Center strotzt vor Funktionalität. Ansonsten alle Arten von Touristenunterkünften en masse. Der Camper nimmt den Nachteil in Kauf, dass er nirgendwo frei übernachten darf, profitiert hingegen beim gut sortierten Visitor Information Center von einem kostenfreien Trinkwasserhahn. Dieser Umstand ist allein schon deshalb erwähnenswert, weil auch auf den Campingplätzen in der Umgegend das Wasser aus dem Hahn nicht trinkbar ist.

Doch an Exmouth kommt niemand vorbei, der den Cape Range National Park der Halbinsel besuchen möchte. Fast die gesamte Halbinsel bedeckt diese Naturperle auf der Westseite. 75km von Exmouth bis zum Yardie Creek um die Spitze der Halbinsel herum eine wundervolle Tour. Im Zentrum erhebt sich stets die North West Range. Die Straße verbleibt in Küstennähe mit vielen, vielen Strandzugängen und kostenpflichtigen Campingmöglichkeiten (Natur- oder Wildernesscamping).

Cape Range NP
Cape Range NP

Außer all den wunderschönen Beaches, Dünen und Picknick- Möglichkeiten bleibt jedoch der Besuch des Yardie Creek Gorge der unschlagbare Höhepunkt des National Parks. Ein drei Kilometer langer Naturpfad führt zu ihm hin und teilweise an seine Felskanten heran. Um aber die einzigartigen, nur dort ansässigen Bergkängurus / Rock Wallabies aus nächster Nähe und in ihrer felsigen Umwelt beobachten zu können, empfehlen wir die Yardie Creek Gorge Cruise (www.yardiecreekboattours.com.au/). Das Boot gleitet zunächst entlang am dichten Mangrovenwald und schiebt sich dann Stück für Stück hinein in den rund 50m hohen Felseinschnitt. Die artenreiche Vogelwelt mit z.B. Kingfisher, Habicht oder Kormoranen gibt sich ein Stelldichein. Die in den Felsnischen und Höhlen beheimateten Bergkängurus bleiben der Höhepunkt.  Wie Gemsen klettern, besser hüpfen sie über die oftmals senkrechten Felskanten bis zum nächsten Vorsprung. Mit ihren überlangen Schwänzen steuern sie ihren Sprung, um sich danach sofort mit ihnen auf dem neuen Standplatz abzustützen – eine Bootstour und ein Naturschauspiel der besonderen Art.

Geschützte Natur pur bietet wasserseits der Ningaloo Marine Park mit dem Reef. Als World Heritage gelistet  gilt es als eines der längsten Reefs der Welt. 300km erstreckt es sich von Exmouth bis zum Red Bluff nördlich von Carnarvon.  Im Unterschied zum Great Barrier Reef reichen die Korallenriffe hier im Westen aber teilweise bis auf 100m an die Küste heran. Das erleichtert den Zugang, erschwert den Schutz und zieht gleichzeitig Heerscharen von Tauchern, Schnorchlern und Anglern an. So wurden zahlreiche Sanctuaries als besondere Schutzzonen eingerichtet, die für jegliche Form von Freizeitbeschäftigung tabu bleiben. Ein besonderes Augenmerk richtet sich dabei auf die Schutzzone für Schildkröten. Ein eigenes Informations- und Forschungszentrum lädt zum Besuch ein mit Ranger geführten Abendwanderungen während der Schlüpfzeit der Jungtiere.

Blowholes
Blowholes

Wer nicht so tauch- oder schwimmfreudig ist, das Korallenriff aber trotzdem bestaunen möchte, mache eine Tour mit einem Glass Bottom Boat. Die in Exmouth stationierten Ningaloo Ecology Cruises (www.glassbottomboat.com.au) bietet sich hierfür als geeigneter Ansprechpartner an. Die knapp 90minütige Tour bietet alles, was man von einer solchen Boots-/Besichtigungstour erwarten darf.

Die gesamte Coral Coast gilt auch als Durchzugsgebiet für Wale. Auf ihrer jährlichen Route schwimmen die Meeresgiganten nicht einfach nur diese Küste entlang. Sie haben sich die Region der Ningaloo Coast als Brutgebiet erkoren. So können auf diversen Whale Watching Touren mit etwas Glück Mutter und Jungtier gemeinsam auf ein Foto gebannt werden. Doch Westküste bedeutet auch Windküste. Und so kommt es häufiger vor, dass vorgesehene und ggf. auch bereits gebuchte Touren kurzfristig abgesagt werden müssen. Wer viel Zeit mitbringt, wird dann schon einige Tage später solch eine Tour machen können. Für den Rest bleibt es manchmal bei der Absicht.

Um die spezielle Stimmung dieses North West Capes wirklich in sich aufnehmen zu können, sollte man mehrere Tage einplanen. Wenn man lediglich einmal die Nationalparkstraße hin und wieder zurück fährt, geht vieles an Atmosphäre verloren. Allein schon die unbeschreiblichen Sonnenuntergänge an dieser Sunset Coast lohnen das Warten. In sich einsaugen lässt sich das Sonnenschauspiel entweder von einem der zahlreichen Strände aus oder am besten vom Leuchtturmhügel.

Voller toller Eindrücke verlassen wir nach drei Tagen schließlich das North West Cape wieder. Rund 150 ereignislose Straßenkilometer südlicher werfen wir noch einen kurzen Blick in die Touristensiedlung Coral Bay, immer  noch am Ningaloo Reef gelegen. Hier kann man eigentlich nicht mehr von einem Ort sprechen. Er sollte eher als großer Campingplatz mit ausschließlichem Tourismusangebot bezeichnet werden.

Astronautenblick
Astronautenblick

Machen wir uns auf nach Carnarvon zum südlichen Ende des Ningaloo Reefs. Den eigentlichen Anziehungspunkt bilden allerdings die Blowholes an der felsigen Ozeanküste, rund 70km nördlich der Stadt. Die mächtige Ozeandünung drückt Wasser in unterirdische Meereshöhlen. Wie kalte Geysire spritzen dann Fontänen durch die engen Röhren mit Spitzen bis zu 20m Höhe.

Stadt und Umgebung selbst bezeichnen sich als Obstkorb Westaustraliens. So säumen die Ortsränder am mächtigen Gascoyne River denn auch große Obstanbaugebiete, vor allem Bananenplantagen. Zum Meer hin prägen Dünen das Landschaftsbild. Ein 2,5km langer Wanderweg führt auf einem ehemaligen Gleisbett  von der Innenstadt hinaus zum Steam Train Museum und zur One Mile Jetty. Gegen Eintritt darf sie betreten werden, etwas mehr kostet die Fahrt auf ihr mit der Minieisenbahn.

Erheblich interessanter präsentiert sich Carnarvons Space & Technology Museum. Der Ort mit seiner ehemaligen Leitstrahlfunktion für bemannte Raumfahrzeuge spielte eine gewichtige Rolle während der Mercury, Gemini und Apollo Raumfahrtprogramme der 1960ger bis 1980ger Jahre. Diese Weltraumprogramme sind nunmehr eingestellt. Dadurch hat die Stadt ihre Raumfahrtfunktion eingebüßt und das Beste aus dem Verlust gemacht. Heute erleben wir die Mondlandung von 1969 noch einmal in verschiedenen Filmen nach. In der Enge  des Raketencockpits (Maßstab 1:1) eines der Apollo Raumschiffe spüren wir, wie die Astronauten seinerzeit in Rückenliegeposition starteten. Rund acht Minuten lang vollziehen wir  das Gefühl einer startenden Rakete und den Eintritt in die Erdumlaufbahn nach. Interaktive Displays z.B. zur Berechnung eines Raketenabschusses um den Mond zu treffen, geben einen recht realistischen Einblick in die Komplexität von Raumfahrt. Ohne dass Langeweile aufkommt, kann man gut zwei bis drei Stunden in diesem Museum verbringen.

Monkey Mia
Monkey Mia

Somit können wir nach diesem Museumsbesuch den Ort aber auch ruhig wieder verlassen. Landschaftlich ruhig, um nicht zu sagen eintönig, geht es dann die nächsten 200km weiter südlich Richtung Shark Bay, immer dem North West Coastal Highway folgend. Am Wegesrand zeigt sich weiterhin  geducktes und gedrungenes Gras- und Buschland. Hier und da durchziehen Schafe oder Ziegen die Ebene. Allmählich fangen erste blau-violette, rote, gelbe und weiße Farbflecken an zu leuchten. Wir stehen im ausgehenden australischen Winter (August) an der Schwelle zur Blüte der Wildblumen.

Etwas mehr als 200km südlich von Carnarvon lockt eine weitere Halbinsel zur Erkundung, die World Heritage gelistete Shark Bay mit dem weltbekannten Monkey Mia. Bevor wir an diesen Delphin Strand gelangen, geht es noch einmal 130km bis an die Spitze der Halbinsel.

Segeltörn
Segeltörn

Erstaunlich, wie viele Frühaufsteher es gibt, nur um die morgendliche Begegnung mit den Delphinen nicht zu verpassen. Rund 250 Zuschauer mögen es sein, die ab 7.30Uhr den Strand säumen. Allerdings dürfen wir noch nicht an die Wasserkante selbst, sondern müssen brav auf dem boardwalk abwarten, bis die Ranger der Wildlife Parkverwaltung grünes Licht geben. Inzwischen patrouillieren auch bereits diverse Delphine den Strandabschnitt auf und ab. Sie kennen Treffpunkt und Zeit ganz genau. Denn an 360Tagen im Jahr sollen sie hier zuverlässig aufkreuzen. Sieben Tiere sind es an unserem Morgen. Ganz nah kommen sie ans Ufer heran, suchen quasi den Kontakt zum Menschen. Zwischen den Delphinen und den menschlichen Gästen gehen die Ranger im Wasser auf und ab, damit niemand auf die Idee kommt, die Tiere zu streicheln. Eigenwilliges Füttern bleibt ebenfalls verboten, damit die Delphine ihr Wildtiergebaren nicht ablegen. Unter Aufsicht und in Minimengen wird aber doch gefüttert. Ein bis zwei Fische erhält jedes Tier aus der Hand eines Zuschauers. Rund 45 Minuten dauert die Wildlifebegegnung. Dann schwimmen die Tiere wieder hinaus aufs offene Meer. Allerdings wiederholt sich die Prozedur im Verlauf des Vormittags noch zwei Mal. Andere Delphine kommen zur Fütterung. Es scheint, als ob es einen festen Essenszeitplan der Delphine gibt. Die Ranger können die Einzeltiere beim Namen nennen. Viele Tiere leben schon über 30 Jahre in der Bucht. Australische Westküste ohne Monkey Mia – undenkbar.

Eine weitere Delphinschau steht dann am Nachmittag auf dem Programm. Mit einem Katamaran segeln wir für drei Stunden in den Indischen Ozean hinaus. Ohne Motorgeräusche, nur das Säuseln des Windes und das Schlagen der Segel im Ohr gleiten wir still durch das glasklare Wasser. An den flachen Stellen blicken wir hinab bis auf den Meeresboden. Ein Rochen /Manta Ray hat sich im Sand vergraben. Nur die Schwanzflosse zeigt sich. Und auch sie wäre unentdeckt geblieben, hätte der Fisch sie nicht bewegt. Hin und wieder schwimmt eine Schildkröte vorbei. Doch im Mittelpunkt bleiben die Delphine, die immer wieder um den Segler kreisen. Bei den milden Wintertemperaturen von 20°C bis 25°C bleibt es eine ruhige, gemütliche Cruise. Wir können dieses Angebot von Monkey Mia Wildsights Tours auf dem Segler „Shotover“ (www.monkeymiawildsights.com.au) nur loben.

Stromatoliten
Stromatoliten

Damit ist allerdings das Erkundenswerte auf der Shark Bay Halbinsel noch lange nicht ausgeschöpft. Ziemlich am Südende bietet sich ein Zwischenstopp an, um die Stromatoliten zu besichtigen. Mit ihnen steigen wir ein in die sinnbildlich tiefste erdgeschichtliche Höhle allen Lebens. Sie sollen seit 3.000 Millionen Jahren existieren und die Urform allen Lebens darstellen. Eigentlich sind es nicht anderes als Bakterien gestützte Mikroben, welche in hochsalzigem Wasser existieren. Sie bilden eigenartig eingedrückte ovale Steingebilde, wachsen in Kolonien und kommen eigentlich nur in dieser Gegend vor.

Shell Beach
Shell Beach

Die vielen Outlooks auf der Halbinsel sind alle samt und sonders die ausgewiesenen kurzen Abstecher wert, egal ob Eagle Bluff, Little Lagoon oder Hamelin Pool. Eine Besonderheit bleibt die Shell Beach. Ein Mekka für Muschelsammler? Nein, denn das Areal steht unter besonderem Naturschutz, und Muschelsammeln ist bei Strafe verboten. Dabei gibt es auf den 4km Länge Trillionen der winzigen Hamelin Cockles oder Coquina Shells. Nur wenige Millimeter sind sie in der Regel groß. Der Strand ist eben statt mit Sand mit diesen Muscheln bedeckt in z.T. mehreren Metern Dicke. Gepresst werden sie auch als Baumaterial für Hauswände verwendet. Bei strahlendem Sonnenschein können wir ohne Sonnenbrillen auf dem Strand nicht wandern, derart gleißend reflektieren die Muscheln das Licht.

Ich bin ein Fisch / Steinfisch
Ich bin ein Fisch / Steinfisch

So gemütlich es auf der Segeltour zuging, so hektisch kann es im Ocean Park bei der Stadt Denham werden, nämlich immer dann wenn es zur Fütterung der Haie geht. Dieses überwiegende Freiluftaquarium (www.oceanpark.com.au) direkt an der Küste des Indischen Ozeans mit herrlichem Blick von seiner Terrasse aus hat vielfältige, besondere Fischarten in seinen Becken, eben auch Haie. Die geführte Aquariumstour gibt gute Einblicke in die Unterwasserwelt. Als Magnet des Ocean Park gelten jene stündlichen Haifütterungen – eine passende Institution auf der Shark Bay.

Wen es bei so viel Natur wieder ins Städtische zieht, ist in Denham, dem Hauptort der Halbinsel gut aufgehoben. Alle notwendigen Versorgungseinrichtungen sind vorhanden. Das Visitor Information Center hilft bei der Programmgestaltung. Mit seiner langen Promenade an der Beach Front kann der Badeort wirklich punkten. Im Verlauf unserer Rundreise haben wir bereits zahlreiche Küstenorte besucht. Denham gehört aus unserer Sicht zu den einladend angenehmsten.

Wir werden nach Shark Bay noch ein wenig weiter auf Küstenkurs bleiben Richtung Geraldton ca. 500km südlicher, um dann ins Binnenland einzuschwenken. Die Monate August bis November gelten als Saison der blühenden Wildblumen. Lassen wir uns überraschen, wie farbenfroh sich die Landschaft zeigen wird.

K&K 70 – Durchlöcherte Einsamkeit

Größer kann ein Kontrast kaum ausfallen: Auf der einen Seite Australiens dicht bevölkerte Ostküste, an der sich die Ortschaften  dicht aneinanderreihen. Kaum, dass man ein Ortsausgangsschild hinter sich gelassen hat, kündigt sich bereits ein  nächstes Ortseingangsschild an.

Einsamkeit
Einsamkeit

Aber dann auf der anderen Seite des Kontinents an der Westküste zeichnet sich ein völlig anderes Bild.  Von Broome ab herrscht ortsmäßige Leere. Zwischen der Perlenstadt und dem nächsten, südlicheren Ort Port Hedland liegen immerhin rund 600km. Zwischendurch gibt es lediglich zwei Roadhouses zum Tanken.

Und in diesem Stil geht es weiter. 300 weitere Kilometer sind zu bewältigen, um an ein Ballungsgebiet von vier Ortschaften zu gelangen, nach Roebourne, Wickham, Karratha und Dampier. Und wem das alles noch nicht genügt, der fahre dann auch noch die nächsten 250km bis zur Abzweigung vom HWy 1nach Onslow, 80km nördlich, unmittelbar an der Küste. Summa summarum: 1.200km von wenigen Orten durchlöcherte Einsamkeit.

Eisenkunst
Eisenkunst

Die ganze Region heißt Pilbara mit der Great Sandy Desert. Die Große Sandwüste macht auf den ersten Blick nicht den Eindruck, dass sie ihrem Namen gerecht wird. Im optischen Gegenteil, Grasland mit Strauch- und Baumbewuchs herrschen vor. Allerdings verbirgt sich unter dieser hauchdünnen Grasnarbe roter, loser Wüstensand. Einzelne Sandinseln sprechen Bände. Der kleinste Windhauch wirbelt die feinen Sandkörner auf. Staub und Sand, wohin man schaut. Sie dringen vor bis in die letzten Ecken unseres Wohnmobils.

Westküste
Westküste

Gelegentlich zeichnen sich in der Landschaft kleinere und größere Erhebungen ab. Diese sind nicht allein von der Natur geschaffen. Oft handelt es sich um Abraumhalden. Denn die gesamte Pilbara Region ist gleichzeitig Bergbauregion. Eisenerz  und Gas sind die hauptsächlichen Produkte, die hier gefördert werden. Wer nach Port Hedland fährt, glaubt sich im Coober Pedy des Westens. Die Stadt wirbt mit dem Slogan, der größte Massenstückguthafen Australiens zu sein. Vom Ufer aus weit draußen auf dem Meer ist eine lange Kette wartender Riesenfrachter  zu sehen. Nicht so gigantisch, aber stets aktiv, geben sich auch die anderen Orte wie Dampier oder Karratha. Riesige Bergbaumaschinen und Bohrmaschinen säumen das Blickfeld. Eine durchlöchert Einsamkeit stellen sie her.

In Küstennähe mischen sich unter die rostbraunen Halden schneeweiße Berge, auf denen Schneeschieber aktiv sind. Im großen Maßstab wird aus kilometerlangen Poldern Meeressalz gewonnen. Die heiße Wintersonne hilft beim Verdunstungsprozess außerordentlich. Die Uferränder sehen aus, wie mit Zuckerguss bedeckt.

Einsames Newman
Einsames Newman

400km landeinwärts, in der Stadt Newman, erleben wir die Bergbauaktivitäten noch einmal. Der Welt größte Tagebaumine arbeitet hier. Alles wirkt gigantisch in dieser rostbraunen Welt. Die „BHP Billiton Iron Mt Whaleback Mine“ bietet Besichtigungstouren an. Über das Visitor Information Center buchen wir die Morgentour. Ausgerüstet mit Warnweste, Schutzhelm und Staubbrille, dringen wir ein in diese geheimnisvolle Welt. Ein Werkbus bringt uns zum Aussichtsberg, der einen direkten Blick in das Grubenloch zulässt.

Der Welt größte Tagebaumine für Eisenerz bedeutet in Zahlen: Die Grube ist 5,5km lang, 3km breit bei einer Tiefe von rund 150m. Trucks können pro Landung 200t Gestein transportieren und sind damit schwerer als ein Jumbojet. Dafür verbrauchen sie dann aber auch für 24 Betriebsstunden rund 4.000l Diesel. Was das für den regelmäßigen Einsatz von 40 solcher Trucks bedeutet, kann schnell ausgerechnet werden.

Größenvergleich
Größenvergleich

Seit Eröffnung der Mine 1969 sind per Eisenbahntransport mehr als eine Billion Tonnen Eisenerz ins 450km entfernte Port Hedland transportiert worden. In der Newman Mine liegt also die Quelle für Port Hedlands Ruf als größter Massenguthafen Australiens. 7 bis 9 Stunden benötigt ein vollbeladener, 2,6km langer Zug von Newman bis zur Hafenstadt.

Newman Tagebau
Newman Tagebau

Die rund 800 Beschäftigten der Tagebaumine, die in 12-Stunden-Schichten arbeiten,  dürfen nicht staubempfindlich sein, denn staubfreie Flecken gibt es hier nicht. Stadt und Mine bedingen sich einander. Die Rauheit der Minenlandschaft wird kompensiert durch die geschmackvolle Gestaltung der Stadt. Große Grünflächen z.B. stehen zur Freizeitgestaltung zu Verfügung, neben zahlreichen anderen Freizeiteinrichtungen.

Mine hin, Mine her, für Camper bietet das Visitor Center gegen eine geringe Gebühr den angrenzenden Parkplatz als Übernachtungsstandort an. Nach der Minentour werden als Morning Tea heiße Getränke und Scones mit „German cream“ (sprich: Schlagsahne) serviert. Einfach praktisch und sehr aufmerksam.

Historisches Gefängnis
Historisches Gefängnis

Bei allem Bergbaugetöse gewinnt die grüne Lunge der Kilbara Region eine besondere Bedeutung. Die Grünzone liegt wie das Salatblatt eines Sandwiches zwischen den Bergbaustädten Dampier und Newman Es geht um den Karijini National Park im Landesinneren. Nachdem wir die fast schon Outback ähnlichen Ortschaften Paraburdoo und Tom Price passiert haben, erhebt sich schroff die Hamersley Range aus der Ebene. In vielen Bereichen unzugänglich konzentriert sich der Besucherstrom auf die zahlreichen, zugänglichen Gorges, Wassserfälle und Lookouts.  Doch der Park ist so groß, dass kein Gedränge aufkommt, weder z.B. am Joffre Gorge mit Wasserfall noch am Dales Gorge oder eventuell an den Fortescue Falls. In beeindruckenden Wanderungen geht es meistens entlang der Felsenkanten.

Karijini NP
Karijini NP

Auch in diesem National Park gibt es gute Campingmöglichkeiten, zum einen kommerziell an eine Lodge angegliedert, zum anderen auf dem Naturcampingplatz der Parkverwaltung. Und wenn diese Plätze belegt sind, wie es bei uns der Fall war, dann wird man auf den zusätzlichen Erweiterungsplatz verwiesen. Dieser hat den unschlagbaren Vorteil, dass er für den Camper kostenfrei bleibt. Sparfüchse melden sich deshalb auch erst nach 15 Uhr für einen Übernachtungsplatz an, denn bis dahin sind die beiden erstgenannten C-Plätze mit Sicherheit voll belegt.

Je südlicher wir kommen, desto weniger spüren wir tropisches Klima. Die Tagestemperaturen bleiben erträglich warm, die Nächte kühlen jetzt im Winter auf ca. 15°C ab. Auch die permanente, teilweise lästige Luftfeuchtigkeit der nördlichen Regionen nimmt stetig ab.

Dales Gorge im Karijini NP
Dales Gorge im Karijini NP

Zurück geht es aus dem Binnenland wieder zur North West Coastal Route / HWy 1. Damit ist ein markanter Szenenwechsel vorprogrammiert. Exmouth am North West Cape mit dem Cape Range National Park und dem Ningaloo Reef heißt das nächste Ziel. Darüber berichten wir dann in einem weiteren Kapitel.

K&K 69 – Schneeweisse Perlen aus dem tiefblauen Meer

Noch 230km sind es von Derby, unserer vorigen Station am nördlichen King Sound, dann empfängt uns das tiefe Blau des Indischen Ozeans an Australiens Westküste.

Indischer Ozean bei Broome
Indischer Ozean bei Broome

Wie ein  einsamer Juwel in einer sonst endlosen Einsamkeit öffnet sich die Stadt Broome (15.000 Einwohner) dem Ankommenden. In der hochsaisonalen Trockenzeit, also während des gerade herrschenden Winters, können noch einmal gut 20.000 Touristen hinzu gerechnet werden, argumentiert das städtische Tourismusmanagement. Von jeder Landeshauptstadt mindestens 2.000km entfernt, egal ob Perth, Darwin oder gar Brisbane, führt Broome ein munteres, quirliges Eigenleben. Auf den ersten Blick wirkt der Ort supermodern, der zweite legt einige historische Nischen frei wie z.B. im Museumsviertel mit dem entsprechenden Regionalmuseum.

Hier kommen wir ein erstes Mal mit dem die Stadt prägenden und beherrschenden Thema in Berührung: Broome, die Welthauptstadt der Perlen. Daneben gehen andere Themen, wie WW II oder regionale Entdecker so gut wie unter. Kein Wunder, wenn Broome rund 60% des gesamten Perlenmarktes der Welt abdeckt.

In der Innenstadt reiht sich ein Juwelier an den anderen. City und die moderne Chinatown bilden so gut wie eine Einheit. Denn die Chinesen waren (und sind) hinsichtlich des Schmuckhandels führend. Asiaten und Japaner belieferten ergänzend den Markt mit Perlentauchern. Dazu müssen die gekidnappten Aborigines addiert werden, für die Perlentauchen quasi Zwangsarbeit wurde (vgl. dazu auch vorheriges Kapitel). Wie stark die Japaner und Chinesen präsent waren, zeigt sich allein an den entsprechenden, für jede Ethnie eigens angelegten Friedhöfen.

Dinofuß
Dinofuß

Neben dem bereits erwähnten Museum lässt sich zusätzlich viel über die historische und moderne Perlenindustrie  an zwei Orten erfahren. In der Innenstadt an der Dampier Terrace gelegen besuchen wir die „Pearls Luggers Tour“. Die sehr informative Veranstaltung rückt die Perlentauchboote und das frühere (Ende 19. Jahrhundert) Leben der Perlentaucher im angeschlossenen Museum in den Mittelpunkt. Es muss hart gewesen sein, dieses Dasein. Die engen Boote, auf den bis zu 10 Mann Besatzung oftmals mehrere Wochen ununterbrochen gemeinsam ausharren mussten, vom Kapitän über den Perlenmeister und die Taucher bis zu den Hilfskräften. Oftmals dauerte die tägliche Arbeit im Wasser bis zu 10 Stunden. Bei den Nussschalen auf hoher See waren Unglücke vorprogrammiert. Die Liste der Havarien ist lang.

Der heutigen Perlenzucht widmet sich dann eine Tour zu einer aktiven Perlenfarm. Rund 15km von Broome entfernt arbeitet die Willie Creek Pearl Farm, die einen abwechslungsreichen Besuch anbietet. Einzelne Themenstationen geben Auskunft über das Einpflanzen einer Perlenkultur in die Auster, den Reifeprozess und nach zwei bis fünf Jahren den Erntevorgang. Es bleibt nicht bei trockener Demonstration. Anschließend geht es per Boot in die eigentlichen Zuchtgewässer, den Willie Creek. Er nennt sich zwar „Bach“, ist aber eigentlich eine Bucht im salzigen Indischen Ozean. Nach vier Stunden können die Endprodukte bestaunt und gekauft werden.

Streeter's Jetty
Streeter’s Jetty

Kehren wir zurück in Broomes City. Außer den beiden wundervollen Stränden, der Cable Beach und der Town Beach prägt ein breiter, dichter Mangrovenwald das Stadtbild in Citynähe. Die alte, hölzerne „Streeter’s Jetty“ ist, wenn auch stark verkürzt, noch betretbar. Neben Bootsanlegestelle diente sie im Übergang 19./20. Jahrhundert als Handelsort für die auf dem Meeresgrund gesammelten Muscheln mit Perlen. Man würde Broomes Stellenwert sicherlich überhöhen, wenn man nur dort das Geschäft mit den Perlen ansiedelte. An Australiens gesamter Nordwestspitze, insbesondere der Dampier Halbinsel, wird Perlenzucht betrieben.

In direkter Nachbarschaft zur Perlenfarm mit ihren Kostbarkeiten betreibt der Bundesstaat Westaustralien ein regionales Gefängnis. Übertriebene Angst vor Ausbruchsversuchen und Überfällen haben aber weder der Staat noch die Perlenfarm. Einerseits ist die Marschlandschaft durch den hohen Tidenunterschied öfter unter Wasser. Das wiederum lockt Krokodile an und reduziert somit die Zahl der Wachmannschaften und eventuellen Überfälle. Praktisch gedacht, kann man da nur sagen.

Als Kuriosum empfinden wir gleichfalls, dass von den weitverstreuten Stadtvierteln Broomes keines mehr als 15 Minuten vom betriebsamen Flughafen entfernt liegt, inclusive City Center. Denn das eigentliche geographische Zentrum der Stadt bildet der Airport mit allen Vorzügen und Nachteilen, die eine solche stadtzentrierte Lage mit sich bringen. Besichtigungen und Shopping mit Sicht auf ausgefahrene Triebwerke.

Himmelsleiter zum Mond
Himmelsleiter zum Mond

Entfernen wir uns von der städtischen Geschäftigkeit. Broome bietet mehr, sowohl an Natur- wie auch an Tierbeobachtungserlebnissen. Von der erwähnten Town Beach aus gibt es bei Vollmond, Vollebbe und voll sternenklarem Himmel ein Naturschauspiel der besonderen Art zu beobachten, die „Staircase to the Moon / Mondhimmelsleiter“. Jährlich acht Mal für jeweils drei Mondaufgänge kann dieses Schauspiel erlebt werden. Wir sind glückliche Gewinner der Datumslotterie. Alle drei Komponenten treffen während unseres Broome Aufenthaltes zusammen. Von der stark bevölkerten Town Beach aus können wir das Schauspiel an zwei Tagen beobachten. Der tief orangen schimmernde Vollmond hebt sich allmählich über den Horizont. Dadurch wir das vor ihm liegende Watt mit seinen Wasserpfützen immer stärker beleuchtet. Und in der Tat, nachdem der Mond vollständig über den Horizont geklettert ist, aber noch dicht auf Horizontlinie verharrt, bildet sich für den Betrachter die beschienene Fläche wie eine schmale, erleuchtete Leiter ab. Das ganze Naturschauspiel dauert rund 15 Minuten. Danach steht der Mond zu hoch und das zusammenhängende Leitergefühl geht verloren. Die Schar der Beobachter zerstreut sich. Das Klicken der Verschlüsse der Fotoapparate verstummt allmählich. Der Wirt des Strandcafés schaut zufrieden drein. Seine Extra „Staircase“-Speisekarte hat offensichtlich reichlich Zuspruch gefunden. Und so geht es dann drei Tage lang.

Napier Range
Napier Range

Wer steinerne Felsnatur erleben möchte, findet diese am Südende der Cable Beach, am Gantheaume Point mit altem Leuchtfeuer. Schroff und bizarr ragen die Felsen ins Meer hinaus. Manche kleinere Höhle hat sich im Sandstein gebildet. Drei Rock Pools, bei starkem Wellengang mit einer Wirklung wie Blowholes, schmücken die unmittelbare Felskante.

Hier draußen erfolgt dann auch der Übergang zur Broomschen Tierwelt. Fußabtritte von Dinosauerien besichtigen wir an einer Felsspitze. An dieser Stelle sind sie noch imitiert.  Die Originale werden bei Ebbe weit draußen auf einem Felsplateau freigelegt. Mit Hovercraftschiffen kann man dorthin gelangen. Ein Einzelabdruck wird im o.g. Broome Museum ausgestellt.Crocs DSCN7989

Krokodile als Gefangenenwärter wurden bereits erwähnt. Alles, was man über Krokodile wissen muss, erfährt man im Malcolm Douglas Crocodile Park (13km außerhalb). Rund 3.000 Crocs leben auf dieser Farm, die riesigen Salties, die kleineren Freshies sowie amerikanische Alligatoren. Höhepunkt des Parkbesuches ist natürlich die Fütterung der Reptilien, besonders der immensen Salzwasserkrokodile (salties). Untereinander kennen diese Reptilien kein Pardon. Was eben noch friedlich nebeneinander zu schlummern schien, entpuppt sich unversehens in einem heftigen Kampf. Revierkämpfe und selbst Kannibalismus stehen auf deren täglichem (Über-)Lebensprogramm.

Gefahr im Verzug
Gefahr im Verzug

Mit Broome endet größtenteils auch die Krokodilregion. Doch eine andere wunderbare, nicht weniger gigantische Tierart nimmt ihren Platz ein: Wale. In und ab Broome haben wir die Möglichkeit für Whale Watching per Boot. Eine dreistündige Bootstour (mit und ohne sunset) garantiert Walsichtungen, sonst wird der Fahrpreis rückerstattet. Uns sind die Wale lieber. Wir werden nicht enttäuscht. Riesige Buckelwale tauchen vor unseren Augen auf und ab, schlagen mit den Flossen. Manchmal steigen die Meeresgiganten senkrecht in die Höhe. Das typische eintauchen der Walflosse fehlt dabei auch nicht. Schlicht und ergreifend, ein tolles Erlebnis!

Whale Watching
Whale Watching

Wir kehren noch einmal ein wenig zurück in die Kimberleywildnis. Mit „Kimberley Wild“ (www.kimberleywild.com.au ) wollen wir in einem Tagesausflug zwei der Hauptattraktionen der Kimberleyrgion besuchen: den Tunnel Creek National Park und den Windjana Gorge National Park. Es wird ein ausgesprochen langer Tag werden. Um 6.30Uhr starten wir, gegen 22.30Uhr treffen wir wieder in Broome ein. Zwischendurch liegen rund 900km gefahrene Kilometer, davon gut 400km auf dirt road, also sandigen Waschbrettpisten. Nicht umsonst wird die Strecke auch „The Kimberley Massage“ genannt. Doch die beiden Nationalparks, die angelaufen werden, sind die Mühe und das Geld wert.

Im „Tunnel Creek“ holen wir uns heftig nasse Füße. Das ist auch nicht vermeidbar, wenn wir durch die 750m lange Tunnelröhre wandern. Ausgestattet mit guten Taschenlampen stolpern wir im Dunklen über Felsengebilde und durch den teilweise tiefen Wasserlauf. Dadurch unterqueren wir die Napier Range, eine felsig steile, rund 400m hohe Gebirgskette. Am anderen Ende des Tunnels lockt dann ein seeartiger, krokodilfreier Rock Pool zum Schwimmen. Der Rückweg führt anschließend wieder nur durch den Tunnel. – Verschnaufpause!

Tunnel Creek
Tunnel Creek

50km weiter erfolgt eine zweite Wanderung, dieses Mal in einen Gorge hinein,  den Windjana Gorge. Auch er durchschneidet die erwähnte Range. Die gesamte Gorge Rundwanderung verläuft jedoch auf 7,5km. Der schönste Teil liegt glücklicherweise auf den ersten zwei Kilometern, wenn wir uns durch die engen Felsspalten zwängen. Dieser Eingang erscheint wie das Tor zum Paradies. Einmal eingetreten umfängt uns zunächst eine himmlische Ruhe. Bis uns die Heerschar an weißen Kakadus entdeckt hat und mit ohrenbetörendem Lärm auffliegt. Dieses Geschrei stört die im Fluss treibenden Süßwasserkrokodile (freshies) überhaupt nicht. Rund 20 Tiere können wir erblicken. Mehr als 100 Exemplare sollen im gesamten Gorge Gewässer leben, erklärt uns der Ranger.

Freshy
Freshy

Allmählich wird es Zeit für die 350km Rückfahrt. Die Abendsonne lässt das Kimberley Outback noch einmal glutrot entflammen. So findet ein erlebnisreicher Tag schließlich sein Ende.

Windjana Gorge
Windjana Gorge

Der Indische Ozean ist erreicht, die Ost-West-Durchquerung des Kontinents mit der Stadt Broome abgeschlossen. Somit heißt es nun unweigerlich, den Südkurs einschlagen.

K&K 68 – Im Westen manch Neues

Zunächst wollen wir berichten über ein Phänomen, welches an der State Border nicht neu ist: Die Obst-, Gemüse- und Honigkontrolle. Diese Quarantänemaßnahme kennen wir bereits vom südlichen Grenzübertritt nach Westaustralien her. Alles wie gehabt mit Checkpoint, Befragung und Fahrzeugkontrolle nichts Neues. Wer mehr darüber erfahren möchte, lese noch einmal unseren Blog über die Nullarbor Plain (K&K 41 – Auf der Nullarbor-Piste). Hier ist der Vorgang detaillierter beschrieben.

Ord River
Ord River

Aber doch – etwas ist wohltuend neu. Nicht an der Grenze selbst aber im letzten Ort vor der State Border, in Timber Creek, Northern Territory. Der dortige Tour-Anbieter, mit dem wir die Sunset Cruise auf dem Victoria River erleben durften, handelt gegen eventuelles, sinnloses Wegwerfen von Lebensmitteln. In seinem Geschäft „Croc Shop“ hat er eine Kiste aufgestellt und mit dem Hinweis versehen: „Liebe Reisende nach Westaustralien! Wenn Sie noch Obst, Gemüse oder Honig haben, legen sie es doch einfach in unsere Box. An der Grenze wird es Ihnen abgenommen und vernichtet. Wir spenden es im Gegensatz dazu unserem örtlichen Altenheim und der Grundschule“. Eine segensreiche Idee, finden wir.  

Segensreich ist sicherlich auch die Idee der westaustralischen National Park Behörde, für die hauptsächlichen Highways eine Broschüre herauszugeben, in der exakt vermerkt ist, wo sich am Wegesrand 24-Stunden-Park/Übernachtungsplätze befinden. Meist sind diese Parkplätze in der Nähe vom Highway im Hinterland angelegt. Ausgestattet oft mit Toilette, hin und wieder einer Entsorgungsstation, aber immer mit  Platz für mindestens 30 Wohnmobile / Gespanne. Dieses Heftchen ist kostenlos in den Visitor Informtion Centers erhältlich, oder man bemüht die Webseite www.mainroads.wa.gov.au . Es lebe das Freedom Camping in netter Gesellschaft von Gleichgesinnten.    

Mit Grenzübertritt müssen wir noch einmal die Zeit umstellen. Westaustralische Zeitzone bedeutet, die Zeiger um 90 Minuten zurückzustellen. Das verlängert diesen einen Tag erheblich. Doch die Rache stellt sich am Nachmittag ein. Nunmehr bricht die Nacht bereits gegen 17 Uhr über uns herein. Das hat aber auch den Vorteil, dass es morgens jetzt bereits gegen 5.30 Uhr wieder hell wird. Also, Naturbesichtigungen bei Tageslicht verschieben sich erheblich, früh anfangen und früh aufhören. Nichts für Langschläfer!

Ord River
Ord River

Und so geht es dann auch schon wieder los mit den Sehenswürdigkeiten. 80km hinter der Grenze erwartet uns die Kleinstadt Kununurra. Sie wirbt mit dem Hinweis,das östliches Portal zur Kimberley Region zu sein. Die Stadt selbst mit ihren 3.500 Einwohnern wirkt sehr einladend und modern. Sie ist erst in den 1970ger Jahren entstanden mit dem Bau der großen Staudämme und Kraftwerke im Ord River. Kluge Stadtplanung hat viel Raum gelassen für Parkanlagen, Uferpromenaden und ein kleines, aber feines Stadtzentrum. Um die Jahrtausendwende galten die o.g. Baumaßnahmen als wirtschaftliche Impulsgeber. Nunmehr fertiggestellt ist es jetzt zu einem großen Teil die Landwirtschaft. Denn das Wasserprojekt ist entstanden als Bewässerungsprojekt. Wie es scheint mit Erfolg, denn auf gut 3.000km²  grünt und blüht es auf Wiesen, in Obstplantagen und urwaldmäßig am breiten Flussuferrand.

Mit dem Staudamm bildete sich mit dem Lake Argyle auch die große Touristenattraktion Kunumarras heraus. Viele Hotels und sechs Campingplätze bevölkern den Ort.   

Neben Stadtrundgang und Uferpromenaden richten wir unser Augenmerk auf eine kombinierte River Cruise auf dem Ord River (www.triplejtours.com.au). Die Kombination besteht aus Schiffstour, Staudammbesichtigung und Busrundfahrt.

Am Vormittag in der wohltuenden Morgensonne fährt uns eine Mischung aus gemütlichem Dampfer und Speedboat 55km stromaufwärts bis zum gigantischen Staudamm des Lake Argyle. Es gibt wieder einmal eine reichhaltige Vogel- und Tierwelt zu beobachten, neben unzähligen Kormoranen, einigen Frischwasserkrokodilen einen besonders seltenen Vogel, den erdfarbenen Jesus Bird mit rotem Schnabel.  Wissenschaftlich besitzt er noch einen neutraleren Namen. Er wird aber deshalb als Jesus Vogel bezeichnet, weil er über das Wasser gehen kann, hauptsächlich auf den Blättern der Seerosen Die Szenerie de Uferlandschaft wechselt von sanften Wiesen bis hin zu canyonartigen Felsschluchten. Unterbrochen wird die Bootsfahrt durch einen Stopp an einem urwüchsigen Buschcamp zum Lunch. Die letzte Bootsetappe führt uns dann bis direkt an die 100m hohe Staudammmauer.

Nach einer Besichtigung dieses Bauwerks, wobei wir herrliche Ausblicke auf den Lake Argyle und die umliegende Gebirgslandschaft genießen, geht es weiter per Bus. Ein historisches Homestead, sprich eine geräumige Wohn- und Stallungsanlage einer Ranch aus dem 19. Jahrhundert, gibt Einblick in die seinerzeitigen Lebensumstände der Region. Schließlich fährt uns der Bus im weiten Bogen um verschiedene Gewässer herum zurück nach Kununurra. Wer den Ort also nicht nur als Tankstopp oder Übernachtungsmöglichkeit besucht, kann auf dieser Exkursion viel sehen und erfahren.

Bevor wir weiter den Westkurs einschlagen, gönnen wir uns noch einen kleinen nördlichen Abstecher ins 100km entfernte Wyndham. Die Gemeinde gilt als nördlichster Ort von Westaustralien. Das lockt allein noch keine Besucher an. Als lohenswerter Besuch erweist sich jedoch der Anstieg auf den Five River Lookout, besonders bei Sonnenuntergang, wenn der abendliche Himmelskörper glutrot die Ord River Mündung und das Schwemmvorland durchflutet.

Purnululu National Park
Purnululu National Park

Somit erreichen wir das Einfallstor in die Kimberley Region, jenes berühmte Gebiet in Australiens Nordwestecke. Stark besucht von inländischen wie ausländischen Touristen, gibt es zwei hauptsächliche Möglichkeiten, sie zu erforschen. Entweder man nimmt ab Kununurra die 600km lange Gibb River Road bis Derby, quer durch die Postkartenlandschaft. Diese Strecke ist als unsealed road allerdings nur mit robustem Allradantrieb möglich. Konventionelle PKWs und Wohnmobile kämen nie heil an. Für sie bietet sich der südliche Bogen auf 800km geteerter Straße, dem Savannah Highway an. Und um in die Tiefe der Kimberleys eindringen zu können, gibt es einen bunten Strauß an Touranbietern, mal per Allradbus, mal per Helikopter oder Flugzeug.

Nicht unterschätzen darf man die Entfernungen zwischen den einzelnen Orten, denn die Kimberley Region allein ist größer als Deutschland. So rollen wir denn auch die ersten 250 ortsfreien Kilometer von Kununurra bis nach Halls Creek. Im Nordwesten breitet sich die Savanne der Kimberleys aus, meist flach, manchmal unterbrochen von felsigen Gebirgszügen. Auf der anderen Straßenseite, also in südwestlicher Richtung begleitet uns über lange Zeit der Purnululu National Park.

Bungle Bungle Cathedral Gorge
Bungle Bungle Cathedral Gorge

Dieser National Park beherbergt ein erstes Highlight auf unserem Tourabschnitt Westaustralien. 60km landeinwärts erheben sich die weltbekannten Bungle Bungle Ranges. Ein Allradbus holpert auf dieser Tagestour die Dirt Road entlang. Dabei sind Flussbetten zu durchqueren, was in der Trockenzeit möglich ist.  Während der Regenzeit (Oktober bis April) bleibt der Park wegen Unpassierbarkeit ohnehin geschlossen. Zwei Stunden werden Rücken und besonders ausgiebig die Fußsohlen auf dem Waschbrettweg massiert. Busfahren macht Freude, Aussteigen aus dem Gefährt manchmal noch mehr. So stehen wir zunächst am parkeigenen Visitor Center, wo es jede Menge über Geologie und Farbzusammensetzung der Bungle Bungle gibt. Die Felsen werden „Bienenstöcke“ genannt. So sehen sie auch aus! Die

 rot /rosa Farbgebung erzeugt eine Bakterienart mit Hilfe einer entsprechenden Portion Feuchtigkeit. Der Erosionsprozess des weichen Sandsteins geht rasch voran. Wie lange das Tourismusgeschäft mit den Bungle Bungles noch florieren kann, bleibt ungewiss, vielleicht 300Millionen Jahre, vielleicht etwas länger oder kürzer. Danach aber sollen Wind und Regen (Frost gibt es hier nicht!) sie eingeebnet haben.

Wir nehmen uns zunächst das Südende vor, denn man kann auf gut ausgebauten Wegen zwischen den Bienenstöcken wandern. Vom Parkplatz Picanny aus folgen wir zunächst der Ausschilderung „The Domes“. Nach rund einem Kilometer endet dieser Strang in einer Halbhöhle. Eine Abzweigung auf dem Rückweg führt uns anschließend in den Cathedral Gorge. Auch hier ist nach rund zwei Kilometern in einem Gewölbe mit See die Wanderung zu Ende. Bei beiden Wanderungen weiß das Auge vor Naturschönheit oft nicht, wohin es zuerst blicken soll. Diese felsigen Bienenkörbe sind einfach faszinierend. Zurück zum Treffpunkt geht es dann über den Picanny Creek Lookout, von dem aus das ganze südliche Ausmaß dieser Felsendome deutlich wird. Für Tageswanderungen bietet sich der Picanny Gorge Trek an, kombiniert mit dem Wipe Snake Gorge.

Bungle Bungle Echidna Chasm
Bungle Bungle Echidna Chasm

Wir machen es uns nach einem leckeren Lunch etwas bequemer und umrunden die 55km lange Felskette per Bus bis zum Nordende. Hier wartet eine weitere begeisternde Wanderung auf uns. In einem steinigen Flussbett geht es hinein in den Echidna Chasm. Die 100m emporragenden Felswände verengen sich derart, dass keine zwei Leute nebeneinander gehen können. Zudem heißt es auch noch stets um die Palmen im Flussbett herum zu gehen. So manchen kleinen, trockenen Wasserfall gilt es zu erklimmen, bis wir wiederum in einer engen Höhle stehen. Einen kleinen Fetzen blauen Himmels erhaschen wir beim Blick in die Höhe. Auf dem Rückweg zum Parkplatz wollen wir auch den Osmand Lookout nicht auslassen. Dann aber heißt es sich  sputen. Der Bus muss pünktlich um 15 Uhr die Rückfahrt antreten. Bis 17 Uhr muss er wieder am Ausgangspunkt, der Mabel Downs Station sein. Fahrten bei Dunkelheit auf diesen Wegen sind einfach zu gefährlich. Wer hat uns

diesen wunderschönen, erlebnisreichen Tag beschert? „Bungle Bungel Expeditions“ heißt der Touranbieter (www.bunglebungleexpeditions.com.au). Wir können ihn mit ruhigem Gewissen weiterempfehlen.   

Halls Creek Chinesische Mauer
Halls Creek Chinesische Mauer

Durchlöcherte Einsamkeit könnten wir dieses Kapitel auch nennen. Die Weite der Landschaft wird nur unterbrochen durch einige wenige Cattle Stations tief im Innern des Outbacks und kleinen Orten wie 260km später Halls Creek. Damit wären wir auch fast schon in China angekommen, denn die „chinesische Mauer“ zieht sich nur sechs Kilometer vom Ort entfernt durch die Landschaft. Dieses Felsenriff hügelauf hügelab hat aber auch verblüffende Ähnlichkeit mit dem Original. Was könnte den Durchreisenden außer Tanken, evtl. Kühlschrank auffüllen noch interessieren? Das überdimensionierte Schwimmbad? Die zwar groß angepriesenen, im Ortsbild aber kaum auszumachenden und recht verwitterten Totempfähle?

Halls Creek Russian Jack
Halls Creek Russian Jack

Da regt dann Story und Statue von Russian Jack die Fantasie doch viel mehr an. Eigentlich hieß er ja Ivan Fredericks und wollte seinen Lebensunterhalt als Goldsucher verdienen. So zog er 1886 zu Fuß von Derby in Richtung Halls Creek. Die beiden Orte liegen immerhin rund 550km entfernt auseinander. Obendrein schob Russian Jack noch eine schwer beladene Schubkarre mit seiner Schürfausrüstung vor sich her. Unterwegs stieß er auf einen völlig erschöpften Mitstreiter, ohne Transportgefährt. Uneigennützig lud er dessen Gepäck auch noch auf seine Karre. Als bis Halls Creek nur noch rund 100km zurückzulegen waren, fanden sie am Wegesrand einen weiteren, schwer erkrankten Kollegen. So wurde die Schubkarre flugs zum Krankenwagen umfunktioniert, Russian Jack lud so viel Gepäck wie möglich auf seine Schultern, sprach dem geschwächten Erstgefundenen Mut zu, und so erreichten sie mit Müh und Not ihr Ziel. Der Kranke erhielt dort ärztliche Hilfe, der Geschwächte ausreichend Nahrungsmittel. Russian Jack aber wurde belohnt mit dem ewigen Andenken an seine Heldentat.

Geikie Gorge NP
Geikie Gorge NP

Mit Halls Creek ist die Südspitze der Kimberleys erreicht. Weiter südlich beginnt die Great Sandy Desert / Die Große Sandwüste sich auszubreiten. Allerdings bemerken wir mit Blick vom Savannah Hwy / Great Northern HWy aus noch nicht viel. Das grasreiche und mit Baumbestand durchwachsene Landschaftsbild ändert sich nicht unbedingt. Zumindest nicht bis zum nächsten Ort Fitzroy Crossing am mächtigen Fitzroy River. Dem Einerlei des Highways können wir in Nähe des Ortes einmal wieder kurz entfliehen. Wir biegen ab nach Norden in eine schmale Straße und erreichen nach 20km den Geiki Gorge National Park. Zwar wird eine Bootsfahrt durch den weit geöffneten Gorge angeboten. Aber eigentlich erscheint uns die Riffwanderung mit Blick von der Felskante auf den Fluss als viel attraktiver. Zusätzlich entdecken wir dadurch  winzige Pfade hinein in eine bizarr-spitze Sandsteinfelsenwelt. Wie gesagt, eine angenehme Unterbrechung des Highway-Geschehens.

Im Kapitel „Top End2 (vgl. K&K 65) haben wir schon einmal kurz das Kapitel der Sprachenvielfalt Australiens mit seinen 200 verschiedenen Sprachgruppen und 500 Dialekten gestreift. Ein Paradebeispiel für diesen bunten Sprachteppich ist der Bezirk Derby Shire, in dem Fitzroy Crossing liegt. In einem Gebiet, wenig größer als ein etwas ausgedehnter Landkreis, gibt es immerhin fünf verschiedene Aboriginal Sprachgruppen. Die Angehörigen einer jeden Sprachgruppe ( nicht Dialekt) können sich mit den Vertretern einer anderen, benachbarten Sprachgruppe so gut wie nicht verständigen. Englisch als Bindeglied könnte als Verständigungsmittel herhalten, wird von den durchschnittlichen Aborigines aber nicht ausreichend gesprochen. Außerdem bestehen zwischen den einzelnen Stämmen (=Sprachgruppen) oftmals uralte Fehden, die die gegenseitige Kommunikation nicht unbedingt fördern. Diese Sprachbarrieren passen ins Bild z.B. der Auflagen, wer wen heiraten darf (vgl. K&K 65 Top End). Als ob es nicht bereits genügend Probleme mit der Integration und diversen Qualifikationsmaßnahmen gäbe!

Wir bleiben auf Kommunikationskurs und nehmen die letzten 250km bis in die nördlichste Stadt Westaustraliens, bis Derby. Damit erreichen wir wieder eine Hafenstadt am King Sound, eine Bay in der nördlichen Timor Sea. Zwei Hauptattraktionen sind den Weg dorthin wert. Zum einen erleben wir einen hinreißenden Sonnenuntergang auf der rund einen Kilometer langen Derby Wharf. In früheren Jahren soll die Hafenanlage von hohem wirtschaftlichem Wert u.a. für Perlenexport gewesen sein. Heute erfreut der Rundbogen die Angler, die von der Brücke aus ihr Petri Heil versuchen. Mit Australiens höchster Tide von 11m unterschied leert sich zwei Mal am Tag das Hafenbecken fast vollständig.

Derby Sunset
Derby Sunset

Derbys zweiter Anziehungspunkt sind die Boabs, auch Flaschenbäume genannt. Je älter sie werden, umso mehr nehmen sie die Form einer bauchigen Flasche an. Ihr Alter kann eigentlich nur geschätzt werden, da sie keine Jahresringe bilden. Manche Dickbäucher sollen mehr als 1.000 Jahre auf dem Buckel haben. Als Überlebenskünstler überstehen sie Waldbrände und langanhaltende Dürreperioden. Die meisten verlieren ihr Leben durch Blitzeinschlag. In ihrer Rinde klaffen nach einem solchen Ereignis dann große Risse und Löcher und legen die Wasserspeicher frei. Noch bevor sie kollabieren, werden sie dann oft Opfer von Pilzbefall, Insekten und Mikroben.

Wir konnten diesen Wunderbaum sicherlich schon oft am Wegesrand sehen. Hier im Derby Shire ist er aber besonders häufig beheimatet. So schmückt sich Derby in der Innenstadt mit einer Boab Avenue. Stolz und stoisch stehen sie da auf dem Mittelstreifen in einer parkähnlichen Anlage.

Etwas außerhalb der Stadt besichtigen wir zum Abschluss eine Boab-Einzigartigkeit, den Boab Prison Tree. Innen hohl, diente er  gegen Ende des 19. Jahrhunderts tatsächlich als Gefängnis. In jenen Tagen der 1880ger / 1890ger Jahren wurden auffallend viele Aborigines gekidnappt, erzählt die kommunale Kriminalgeschichte. Als Kidnapper, auch „blackbirders“ genannt, schälten sich schnell geldgierige Siedler heraus. Als Kopfjäger lieferten sie der seinerzeit florierenden Perlenindustrie auf diese Weise Arbeiter und Taucher. Die Aboriginal Opfer  trieben die Kriminellen zu Fuß von Broome nach Derby. Hier wurden sie auf Schiffe verladen zum Abtransport zur Zwangsarbeitet  auf abgelegene Inseln oder in unzugängliche Küstenstreifen. Die letzte Nacht vor dem Schiffstransport wurden die Gefangenen eben in diesem uralten Flaschenbaum eingesperrt. Rund 11m Umfang hat der Boab, bis zu zehn Gefangene wurden gleichzeitig hineingezwängt.

Boab Prison Tree
Boab Prison Tree

Mit dieser Gruselstory leiten wir fließend über zum nächsten Ziel. „Perlen“ heißt das Stichwort. Wir touren die 220km bis Broome, womit wir dann endgültig an Australiens Westküste angelangt sind.       

Das Vierte Kleeblatt in der Australien-Vortragsserie

Mit dem Reisebericht / Diavortrag Nr. 4 über unsere Australien Rundfahrt ist die Serie nunmehr fast vollständig. Er trägt den Titel:

AUS 4  – Kein Krokodil Kann Klettern

Mehr Informationen darüber gibt es hier.

Unter der Rubrik „Vorträge“ finden wir bereits

AUS 1: TASMANIEN – Der Grüne Smaragd Australiens  sowie

AUS 2: Vom Urwald ins Outback – Australiens Süden

AUS 3: In den Tropischen Norden – Australiens Ostküste

K&K 67 – In die Westkurve

Viele Alternativen für unsere Route bleiben uns nicht, um unsere Tour fortzusetzen.

größter Termite Mound DSCN6905Denn so ganz allmählich erreichen wir die letzte Etappe der Australienrundfahrt, Western Australia. Doch noch ist es nicht soweit. Zunächst geht es auf dem Stuart Highway wieder gen Süden Richtung Katherine. Für diesen Rückweg hatten wir uns noch einige Besichtigungspunkte aufgespart, um die  300km nicht lediglich durchfahren zu müssen.

Auf halber Strecke biegen wir ab in den Litchfield National Park. Allradfahrzeuge können von Darwin aus auch die nördlichere, viel kürzere Sandwegstrecke nehmen. Wir jedenfalls wollen die vor kurzem erneuerte Windschutzscheibe nicht aufs Spiel setzen, bleiben demnach auf dem geteerten Highway.

Termite Mounds
Termite Mounds

Der National Park ist vielleicht nur ein Viertel so groß wie sein gegenüber auf der Ostseite liegende Konkurrent, der Kakadu National Park. Gefühlt erleben wir ihn jedoch doppelt so stark frequentiert. Was zieht die Besucher scharenweise in diese Naturperle? Das angenehme Sommer-Winter -Wetter der Trockensaison allein kann es nicht sein. Es sind wohl eher die Wasserfälle mit ihren Rockpools, die als Köder dienen. Dabei müssen wir uns nicht auf das Betrachten dieser Kaskaden beschränken. Rockpools erweisen sich oft auch als ideale Schwimmbecken. Die kristallklaren Gewässer sollen trotz der Warnschilder mehr oder minder frei von Krokodilen sein. Die Wassertemperaturen erweisen sich als frisch bis angenehm.

Nitmiluk NP Edith Falls
Nitmiluk NP Edith Falls

Florence Falls mit Buley Rockhole, Tolmer Falls und als schönste die Wangi Falls locken ein Heer von Wanderfreunden und Wasserratten. Der Besucherandrang ist teilweise so groß, dass Parkplatzgedränge entsteht. Belebend lustig zu beobachten, wie rasch sich so ein Besucherstrom teilt. Die einen schnüren die Wanderstiefel, rücken die Rucksäcke samt jeder Menge Trinkflaschen zurecht und verschwinden kurz darauf im dichten, bergigen Buschwald. Die anderen packen bunte Schwimmnudeln aus, entladen die oftmals schweren Picknickkisten und suchen auf den Liegewiesen schattige Plätzchen mit und ohne Tisch-Bank-Kombination, aber immer möglichst mit BBQ-Ofen.

Wir erfreuen uns an den schattigen Wanderwegen, mal rund um die Wasserfälle, mal zu aussichtsreich errichteten Aussichtstürmen und Plattformen.

Katherine Gorge Sonne
Katherine Gorge Sonne

Lichtfield National Park kann aber noch mit einer einzigartigen Besonderheit aufwarten, mit dem größten und höchsten Termitenhügel Australiens. Diese Gebilde finden wir immer dann, wo wir rote Sandsteinregionen durchqueren. Zu Tausenden stehen sie in der Natur, ähneln in Ansammlungen einem Friedhof voller Grabsteine. In diesem National Park soll es nunmehr der höchste Termitenbau sein. Eingezäunt hat man ihn, um ihn vor Zerstörung oder auch nur häufiger Berührung durch Menschenhand zu schützen. Denn es handelt sich um ein aktives Termitengebäude / Termite Mound. Wie viele Millionen und Abermillionen Termiten ihn bewohnen, bleibt unbekannt. Informationen hingegen finden wir über die Bau- und Lebensweise der Tiere. Sofern diese Hügel nicht kreisrund und zylinderförmig errichtet werden, haben sie mit den Schmalseiten eine Ost-West-Ausrichtung. Das soll vor Überhitzung schützen. So bleibt eine Seite stets im Schatten. Der Termitenbau besteht aus hartem, verfestigtem Sandstein. Die Innenröhren sind über und über mit zerkauten Gräsern gefüllt. Zum kleinen Teil dient das Grünzeug als Nahrung, zum großen als Klimaanlage. Dabei sichern die Grasschnipsel im Termitenbau mehr als 95% ventilierende Luftfeuchtigkeit . Neben den Gräsern dienen auch tote Termiten als Futter. Wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt, werden die Artgenossen nicht gleich verzehrt, sondern im sogenannten Dachboden des Termitenturms zwischengelagert.

Liebespaar
Liebespaar

Nach dieser National- Park- Rundfahrt geht es 100km weiter südlich bis zu den Edith Falls am Nordende des Nitmiluk /Katherine National Park. Auch in diesem Rock Pool das gleiche aktive Badetreiben mit zweistufigem Wasserfallausblick und fünf Kilometer Rundwanderung. Aus dem relativ dichten mit Palmen durchsetzten Wald dringt heftiger Lärm. Eine große Kolonie von Flying Foxes hat die meisten Palmen in Beschlag genommen und baumelt kreischend an den Ästen.

Im Ort Katherine fahren wir rund 30km östlich zum Südeingang des Nitmiluk National Parks. Wir wollen die Katherine Gorges des gleichnamigen Flusses anschauen. Frei zugänglich sind diese insgesamt 13 Felsschluchten nicht. Als Möglichkeit bieten sich dafür aber die Nitmiluk Tours an (www.nitmiluktours.com.au). Vier der Gorges können per Schiff befahren werden. Ein vielfältiges Tourenprogramm hat für jeden etwas dabei, von der Dawn Cruise  bei Sonnenaufgang über die vierstündige Bootsfahrt durch drei Gorges bis zur Abend Cruise. Als eingefleischte Frühaufsteher fällt die Entscheidung nicht schwer.

Katherine Gorge
Katherine Gorge

Warum nicht einmal einen Sonnenaufgang. Dabei wird morgens um 7 Uhr nicht einfach der Bootsmotor angeworfen und los geht es. Wer sich eine halbe Stunde vor Abfahrt am Bootssteg einfindet, darf ein schnelles „Gorge Frühstück“ genießen, d.h. Kaffee oder Tee im Pappbecher, dazu Frühstückskuchen und tropische Früchte, einfach romantisch, idyllisch in der Morgenkühle. Doch dann wird zum Bording geblasen. Per Namen geht man vor. Aus Sicherheitsgründen wird noch nachgezählt, wer wirklich an Bord sitzt. Diese Maßnahmen geschehen als Vorsichtsmaßnahme, da es sich um eine kombinierte Boots- Wandertour handelt. Offensichtich hat wohl schon so mancher unfreiwillig in der Wildnis übernachten müssen.

Als der Elektromotor das Schiff leise über das ruhige Wasser des Katherine Rivers schiebt, fängt es allmählich an zu dämmern. Das tiefe Innere der Schlucht verharrt noch fast im Dunkeln. So früh am Tage gibt es noch mehr zu hören als zu sehen. Die Natur erwacht mit immer stärker anschwellenden Vogelrufen. Die ersten Mutigen flattern über unseren Köpfen. Das sei das Signal, dass die ersten Lichtstrahlen bald die Bergspitzen beleuchten werden. So dauert es auch keine fünf Minuten mehr, bis diese Vorhersage eintrifft. Wie von leuchtenden Kappen bedeckt, stehen die Felsen im Morgenlicht. Allmählich vergrößern sich die Lichtflecken, werden ganze Felsflächen beschienen. Ein wolkenloser Himmel überwölbt das Lichterspiel.

Katherine Gorge
Katherine Gorge

Zwischenzeitlich haben wir den ersten Gorge durchquert und an seinem Ende angelegt. Nun heißt es zunächst erst einmal zu Fuß weitergehen. Der River führt so niedriges Wasser, so dass von Schlucht zu Schlucht nur ein schmales Rinnsal plätschert. Aber in der Regenzeit sollen die Wasserstände hoch genug sein, um mit einem Flachboot ohne Unterbrechung flussaufwärts fahren zu können. Wir steigen über gut ausgeschildertes Felsgelände. Unterwegs entdecken wir einige Aboriginal Felszeichnungen. Rund 5.000 Jahre sollen sie alt sein. Nach 30 Minuten Gebirgswanderung an der plätschernden Staustufe entlang besteigen wir ein zweites Boot, welches uns durch den zweiten noch engeren Gorge fährt.

Victoria River
Victoria River

Mittlerweile steht die Sonne hoch am Himmel, leuchtet mit voller Kraft in die tiefen Schluchten hinein. Somit kann auch die schwimmende Welt entdeckt werden, z.B. Süßwasserkrokodile.  Irgendwann tritt das Boot die Rückfahrt an, unterbrochen von der Felswanderung. Nach gut zwei Stunden landen wir wieder am Anlegesteg. Fazit: Diese morgendliche Erfrischungstour können wir weiterempfehlen.

Victoria River Croc
Victoria River Croc

In Katherine geht es aber endlich in die Westkurve. Der Victoria Highway bringt uns nach 220 Kilometern in die Tankstopp-Siedlung Timber Creek. Unterwegs durchqueren wir den Judbarra Gregory National Park.

Beware of Crocs
Beware of Crocs

Doch wenn das Namensschild nicht aufgestellt worden wäre, wir hätten es wohl kaum bemerkt. Die Landschaft ändert sich durch einen National Park Status nicht gleich. Unterwegs verlaufen Victoria Highway und Victoria River immer mal wieder parallel. Dieser Fluss heißt für uns auch das Tagesziel in Timber Creek. Sonnenaufgang in den Katherine Gorges. Warum dann nicht Sonnenuntergang auf dem mit 600km längsten Fluss von Northern Territory. Auch hier lockt uns wieder ein entsprechende Einladung zu den „Victoria River Cruises“ (www.victoriarivercruises.som.au). Diese Sunset Cruise dauert allerdings geschlagene vier Stunden. Per Bus geht es zunächst in die Wildnis zum Anlegesteg. Ziel der Bootsfahrt für den Sonnenuntergang sind die 35km entfernten Yambarrin Ranges. Hier heißt es dann nicht allzu oft trödeln. Doch es bleibt immer genügend Zeit für Wildlife Beobachtungen, besonders von den mächtigen Salzwasserkrokodilen und der Vielzahl an Adlern und Habichten. Von den am Uferrand grasenden Wallabies wollen wir gar nicht reden. Das Bild ist für uns bereits zur Gewöhnung geworden. Kreuz und quer über den breiten Fluss schippert uns Nelville, Bootsführer und Besitzer der Cruise Company. Seit 35 Jahren kennt er  seine Tiere, wo und wann sie am besten zu beobachten sind. Sein geschultes Auge entdeckt auch jedes noch so versteckte Krokodil.

Victoria River Vogelwelt
Victoria River Vogelwelt

An einer Flussbiegung, die Yambarrin Ranges nunmehr direkt vor uns, machen wir fest an seinem geankerten Fluss-Ponton. Die Sonne wird sich nicht mehr lange über dem Bergrücken zeigen. Auch hier bleibt die Fahrt nicht ohne kulinarischen Genuss. Kalte Getränke und köstliche nibbles (Fingerfood) verschönern die Zwischenzeit. Und dann geht es ganz schnell. Keine fünf Minuten dauert es, bis die Sonne hinter der Bergwand verschwindet. Das Schönste kommt jedoch auch der Rückfahrt, wie Neville bereits angekündigt hat. Die glutroten Sonnenspiegelungen auf dem Wasser sind einfach traumhaft. Mit der Beobachtung dieser Farbenspiele verbringen wir noch einige Zeit auf dem spiegelglatten Fluss. In völliger Dunkelheit geht es dann zurück an die Wildnisanlegestelle, wo Nelvilles Bus (ein alter Schulbus aus den 1970ger Jahren) auf uns wartet. Auch für diese Tour verteilen wir gern ohne Einschränkungen fünf Sterne.

Victoria River Sonnenuntergang
Victoria River Sonnenuntergang

Somit befinden wir uns endgültig auf Westkurs. 180km sind es noch bis zur State Border zwischen Northern Territory und Western Australia. Das machen wir dann zu einem anderen Kapitel.

K&K 66 – Top End getoppt

Wer sagt denn, dass das Top End nicht noch getoppt werden kann.

Anfahrt Bathurst
Anfahrt Bathurst

Die Rede wird sein von einem Besuch von Kontinentalaustraliens nördlichster Inselgruppe, den Tiwi Islands. Sie bestehen aus zwei Hauptinseln, Bathurst und Melville. Um sie herum liegen noch weitere neun kleine Inselchen, unbekannt und unbewohnt. Dicht bewohnt sind die Hauptinseln ebenfalls nicht. Melville, Australiens zweitgrößtes Eiland nach Tasmanien, zählt lediglich 800 Einwohner, der Nachbar Bathurst rund 2.500 in der Gemeinde Nguiu. Melville darf von Touristen nicht betreten werden, Bathurst mit Einschränkungen schon. Denn diese Inselgruppe gehört ausschließlich den Tiwi Aborigines.

Ausschiffen
Ausschiffen

Als Tour mit einheimischen Fremdenführern wird es allerdings gestattet, wobei wir wieder bei der Frage nach einem adäquaten Touranbieter sind. Für uns fügt sich damit das dritte Kleeblatt vom Tourunternehmen „adventurefree“ ein. Nach „fraserfree“ und „reeffree“ können wir nunmehr eine entsprechende Tour über „outbackfree“ buchen. Mal sehen, ob sich die  bisher gemachten positiven Erfahrungen auch bei dieser Tiwi Aboriginal Cultural Experience Exkursion bestätigen.

Es wird ein langer Tag. Die Fähre legt um acht Uhr morgens in Darwin ab, Treffen gegen sieben Uhr. 60 Meilen legt anschließend ein kleiner Katamaran in 2 ½ Stunden zurück. Bei rollender, offener See geht es nicht jedem gut. Doch gegen 10Uhr taucht die Inselgruppe als Streifen am Horizont auf. Der Katamaran fährt ein in den engen Apsley Strait, der die beiden Hauptinseln voneinander trennt. Versteckt im Buschwald werden einzelne Hausdächer sichtbar, mehr aber auch nicht. Die Suche nach einem Anlegesteg erübrigt sich. Es gibt keinen. Also strandet der Katamaran elegant an der Küste und fährt eine Art Bugleiter aus. Schaukelnd klettern wir auf den rostroten Sand hinab und werden von Jari, unserem Aboriginal Fremdenführer für diesen Tag empfangen. Das Abenteuer kann beginnen.

Totempfähle
Totempfähle

Wer auf die Tiwi Inseln fährt, tut das nicht wegen großer Naturerlebnisse. Die werden nämlich nicht geboten. Die Inseln bleiben flach, fast ausschließlich von Buschwald und Gestrüpp bewachsen. Nichts weiter Auffälliges. Das Ziel dieser Tour liegt denn auch auf einem anderen Akzent, der Begegnung mit einer fast unbeeinflussten Aboriginal Kultur. Im dem früheren Kapitel „Kontraste“ haben wir bereits über eine Tiwi Kunstausstellung berichtet, welche wir in der Stadt Mackay besucht haben. Hier auf der Insel besuchen wir  u.a. nunmehr die Künstler dieser Werke.

Als erste Besichtigungsstation schließt uns Jari das Tiwi Inselmuseum auf. Deutlich positiv wird in ihm die Missionsgeschichte aus dem 19. und 20. Jahrhundert herausgestellt. Eine große Ausstellung ist den Tiwi Totempfählen gewidmet. Und  dritter Themenschwerpunkt: Von den Ereignissen des WW II sind auch diese abgelegenen Inseln nicht verschont geblieben. Denn die Japaner, von Norden kommend, überflogen zunächst die Tiwi Inseln, bevor sie Darwin bombardierten. So konnte der damalige dort tätige Priester schon einmal eine Vorwarnung aufs Festland funken. Auf Bathurst ist auch der erste abgeschossene japanische Pilot notgelandet, womit die Tiwis direkt in den Konflikt hineingezogen wurden.

Rauchzeremonie
Rauchzeremonie

Die Totempfähle haben nicht nur musealen Charakter. Sie finden praktische Anwendung auf dem kommunalen Friedhof, der uneingezäunt direkt neben der offenen Tanzdiele liegt. So schmücken teilweise christliche Grabsteine, umgeben von Tiwi kulturellen Totempfählen die Gräber. Jari erläutert die vorgeschriebenen Trauerzeremonien, die bis zu zwei Jahre dauern können. Bemerkenswert finden wir, dass der Name des oder der Verstorbenen während der gesamten Trauerphase nicht verwendet werden darf. Es geht sogar so weit, dass Namensvetter in dieser Zeit ihren Namen ändern müssen, um die Erinnerung an den Verstorbenen nicht zu schmälern.

Künstlerin
Künstlerin

Über die Hochzeitsauflagen, wer wen heiraten darf oder nicht, haben wir auch bereits im Rahmen unseres Kakadu National Parks berichtet (vgl. Kap. „Top End“). Die Heiratsbräuche und Auswahlregularien bezüglich Braut und Bräutigam sind bei den Tiwi nicht einfacher, eher noch komplizierter. Eine freie Wahl ist so gut wie ausgeschlossen. Viele Ehen sind vorherbestimmt.  Außerdem darf ein Mann beliebig viele Frauen heiraten. Er muss nur darauf achten, dass sie nicht der eigenen engeren Familie entstammen. Doch wenn man die Ausführungen von Jari etwas hinterfragt, so scheint hier fast jeder mit jedem verwandt oder verschwägert zu sein. Auffallend viele Kinder bevölkern den Ort.

So wundert es nicht, dass die kleine Gemeinde zwei Schulen unterhält, eine Grundschule und eine weiterführende Schule. Der Aspekt modernen Lebens zeigt sich sicherlich in den handys und teilweise TV-Satellitenschüsseln. Stärker jedoch darin, dass Englisch als Fremdsprache ein Unterrichtsfach ist. Bei aller Kulturbewahrung und Abgeschiedenheitsgrenzlage möchte man den Anschluss an das 21. Jahrhundert nicht völlig verlieren.

Tiwi Tanz
Tiwi Tanz

Weiter geht es mit dem Aboriginal Cultural Experience. Wir besichtigen das Atelier der Künstler, deren Werke wir im o.g. Mackay bewundert haben. Hier können  wir es nunmehr hautnah im direkten Kontakt mit den Künstlern. Das Atelier besteht aus einem scheunenähnlichen Gebäude, in dem sich jeder Künstler seine Ecke eingerichtet hat, egal ob Holzschnitzerei, Ölmalerei, Aquarellkunst oder Linoleumschnitt. Das Deckengewölbe besteht aus Werken mit typischen Tiwi Mustern. Als äußerlich verbindendes Zeichen haben alle Künstler ihren Teebecher an ein gemeinsames Schlüsselbrett gehängt.

Künstleratelier
Künstleratelier

Brotlos darf die Kunst natürlich auch nicht bleiben. Also kann sie im angrenzenden  Shop „Tiwi Design“ auch erworben werden. Auf Wunsch werden die Kunstwerke avor den Augen des Besuchers – ohne Kaufzwang – hergestellt, wobei besonders Tücher, manchmal auch T-Shirts nach traditioneller Art mit Naturfarben und Mustern bedruckt werden. Kreative Eigenversuche – Siebdruck – sind dabei nicht ausgeschlossen. In unmittelbarer Nachbarschaft beobachten wir eine Tiwi Frau beim Schnitzen eines Totempfahls. Auf dem Boden sitzend, hebt sie mit kleinen Stemmeisen Figurenteile aus einem Baum. Rund 30 Stunden benötigt sie für die Roharbeiten, berichtet sie. Anschließend werden die typischen Tiwi Muster aufgemalt. Der ca. 2m lange und relativ dünne Totempfahl soll das Grab ihrer kürzlich verstorbenen Tante zieren, fügt sie hinzu. Bei größeren Pfählen werden diese oftmals direkt am Grab hergestellt, sozusagen als Teil der Trauerzeremonie.   

Schließlich begeben wir uns noch in die Dorfmitte zur Rauchzeremonie. Grünes Blattwerk wird unter heftiger Rauchbildung verschwelt, um böse Geister und Gedanken zu vertreiben. Gleichzeitig zeigt diese Zeremonie an, dass der Fremde willkommen ist in der Gemeinschaft. Es bleibt nicht bei der bloßen Zeremonie. Das Gastmahl besteht aus Billy Tea und Damper, also dem in einer Pfanne oder einem Topf über offenem Feuer gebackenen Brot. Typische Tiwi Tänze und Gesänge, dargeboten von Männern und Frauen, begleiten das Mahl.

Schließlich wird zum Aufbruch gemahnt, denn viele Stunden sind seit unserer Ankunft vergangen. Es geht nicht direkt zurück zum Strand mit der Fähre, sondern wir unternehmen noch einen Umweg zur alten Missionskirche. Über 100 Jahre diente sie als Kirche. Heute wird sie als Gotteshaus nur noch für besondere Anlässe benutzt. Der Kirchenraum ist wiederum mit charakteristischen Tiwi Mustern ausgelegt. Im Altarraum prangt nicht ein überdimensionales christliches Kreuz. Stattdessen hält auf einem Gemälde ein Aborigine das Aboriginal Jesuskind in die Höhe. Eingerahmt wird dieses Bild von weiteren Gemälden mit Aboriginal Motiven. Das christliche Kreuz steht bescheiden in einer Ecke des Altarraumes. Die katholische Mission war tätig bis Ende der 1980ger Jahre. Eine 85-jährige Nonne lebt noch in der Kommune. Nach 60 Jahren dort verbrachter Lebenszeit möchte sie die Inseln nicht mehr verlassen.

Old Mission
Old Mission

Der Nachmittag ist bereits gut fortgeschritten, als wir den Katamaran wieder so erklettern wie verlassen, nämlich über den Bugsteg. Noch ganz unter dem Eindruck des Gesehenen und Erlebten schaukeln wir bei auch nicht viel ruhigerer See zurück nach Darwin. Pünktlich zum malerischen Sonnenuntergang stehen wir wieder an der Festlandküste.

Auch nach diesem Tag ziehen wir das Fazit: Diese Tour und deren Organisatoren können wir guten Gewissens weiterempfehlen:

fraserfree + reeffree + outbackfree = adventurefree – Eine wirklich gelungene Kombination.