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K&K 50 – Viele Wege führen nach ROMA

… und darüber hinaus!

Hinein ins Outback
Hinein ins Outback

Wir steuern also wieder einmal auf eine Inlandschleife zu. Quer durch die Great Dividing Range führen uns die unzähligen kleinen Straßen, die es in der engeren und weiteren Umgebung der Ostküste noch gibt, südwestlich auf die erste Stadt ROMA zu. Rund 400km sind es bis dorthin. Unterwegs treffen wir eigentlich nur auf kleinere Dörfer und Siedlungen. Je weiter westlich ins Voroutback wir fahren, umso dünner wird das Straßennetz. Schließlich konzentriert es sich auf wenige Überlandhighways, unter denen der Warrego HWy der für uns ausschlaggebende ist.

Ständige Begleiter
Ständige Begleiter

ROMA, sie gilt bereits als Outback Town, auch wenn bis zum wirklichen Outback noch einige hundert Kilometer verbleiben. Der Sightseeingschwerpunkt in dieser Kleinstadt liegt eindeutig beim Big Rig. Die Stadt und die Umgebung haben viele Jahrzehnte seit Beginn des 20. Jahrhunderts von der Erdgas- und Erdölförderung gelebt. Das Geschäft ist abgeflaut, die Gas- und Ölvorräte stark dezimiert. Vermarktet wird heute dafür die Geschichte dieses Booms in Form eines Museums mit lehrreichem Film, vielen ehemaligen Gerätschaften inklusive Fördertürmen und sehr anschaulichen Informationstafeln. Abends bei Dunkelheit wird die ehemalige Erfolgsstory dann noch einmal durch eine halbstündige Ligth & Sound Show  eindrucksvoll illustriert.

Flaschenbaum
Flaschenbaum

Wir haben bereits öfter erwähnt, dass WW I für Australien eine bedeutendere Rolle spielt als WW II. In ROMA zeigt sich dieses Phänomen erneut. In der Innenstadt, entlang der Avenue of Heroes wurden 1918 für jeden gefallenen Soldaten aus ROMA und Umgebung ein Bottle Tree gepflanzt und jeweils ein namentlicher  Gedenkstein am Baumfuß gesetzt. Mittlerweile ist aus den 140 Baumsprösslingen eine Schatten spendende Allee erwachsen. Aus unserer Sicht ein gelungenes einfühlsames und lang andauerndes Zeichen des Gedenkens. Am Stadtrand findet der Besucher auch den größten Flaschenbaum von Queensland. Man glaubt, dass er bereits aus dem 19. Jahrhundert stammt. Aktuell hat er die Ausmaße von 9,20m Umfang, 6m Höhe mit einer Baumkrone von 20m.

Tiefer dringen wir ein ins Outback. St. GEORGE lautet das nächste Ziel rund 230km südlich von ROMA, immer den Carnavon HWy entlang. Kurz vor der Stadt gleicht die Gegend einer eingedeichten Landschaft. Beachtliche Kanäle durchziehen die Felder, hohe Dämme schützen vor unnötigem Wasserabfluss. Das Ganze bildet ein kompliziertes Schleusen- und Bewässerungssystem für die Baumwollfelder. Ein gut ausgeschilderter 90km langer Rundkurs bringt uns an die „Schaltstellen“ dieses Bewässerungssystems, vom großen Wasserkraftwerksdamm über kleinere Wehre und Schleusen zu den einzelnen Feldkanälen. Besonders stolz ist man, dass kein einziger kostbarer Wassertropfen unnütz abfließt. Man hat das Kanal- und Pumpsystem so  konstruiert, dass Wasser, welches an einem Kanalende ankommt, wieder zurück an den Kanalanfang gepumpt wird für einen weiteren Durchfluss. So gelingt es, dass die durstigen Baumwollpflanzen selbst hier in der trockenen Plaine prächtig gedeihen.

Und für den Balonne River, der quer durch St. GEORGE fließt, bleibt auch noch genügend Wasser übrig. Seine sandgefärbten Fluten fließen träge dahin. Der Andrang auf die Sandytown River Cruise hält sich in Grenzen.

Emu Egg Kunst
Emu Egg Kunst

Dafür lohnt ein Besuch einer außergewöhnlichen Attraktion: The Unique Egg. Der griechisch stämmige Künstler Stavros hat tausende von Emu-Eiern verziert,  graviert und effektvoll beleuchtet. Der Betrachter kommt sich vor wie in einer anderen Welt, wenn er in dem verdunkelten kleinen Museum die beleuchteten Kunstwerke betrachtet. Zahlreiche Spiegel intensivieren die Lichteffekte und erhöhen den Kunstgenuss. Das beachtliche Lebenswerk eines Künstlers in einer unbekannten Outback Town.

Auf unserer Weiterfahrt ins nordwestlichere CHARLEVILLE (450km von St. GEORGE entfernt gelegen) treffen wir auf eine Besonderheit ganz anderer Art. Das Dorf BOLLON lädt den Durchreisenden zum Free Camping ein. Ein idyllischer, schattiger Platz am Bach wird hierfür zur Verfügung gestellt. Und selbst für eine warme Dusche ist gesorgt. Der Wanderweg zurück ins Dorfzentrum dient gleichzeitig auch als Kunstmeile. Der Wallam Creek Walking Trail präsentiert in einer Open Air Ausstellung bildnerische Kunst der Gwamu Aborigines.

Kein Zoo - Natur
Kein Zoo – Natur

Auf dieser Kunstmeile heißt es „Guck mal hin!“. An ihrem Ende lautet die Aufforderung „Guck mal rein“, nämlich in Deb’s Café. Getränke und Kuchen gibt es dort sicherlich auch. Doch eigentlich handelt es sich um einen Outback General Store, wie er im Buche steht. Hier bekommst du einfach Alles, vom Oberhemd bis zur Eiskugel, vom Spaten über den Räucherfisch bis zu Fahrradersatzteilen. Und was nicht gleich vorhanden ist, wird besorgt. Man kann sich jeden Film sparen,  muss einfach in diesen musealen Laden schauen, um zu wissen, was General Store bedeutet.

Das nächste Etappenziel wird charakterisiert von zwei Zeitreisen. Die erste spielt sich 30km vor CHARLEVILLE ab, ist traurig und tragisch und ist eigentlich nur einen Zeitschritt her. Angellala Bridge Site nennt sich die heutige Gedenkstätte, an der 2014 (6.Sept.) ein Tanklaster mit Nitroglyzerin explodierte. Die Druckwelle war so heftig, dass sich ein Krater von rund einem Kilometer Durchmesser aushob. Die Straßenbrücke wurde zwischenzeitlich erneuert, die angrenzende Bahnlinie noch nicht. Die Explosionswellen waren noch im 30km entfernten CHARLEVILLE zu spüren.

Die zweite Zeitreise kann über tausende von Lichtjahren in die Vergangenheit gehen. Die Kleinstadt hat einen beachtlichen wissenschaftlichen Ruf wegen ihres Cosmos Center. In der ab April beginnenden Trockenzeit mit regelmäßig sternenklarem Himmel bietet das Observatorium deshalb  allabendliche Veranstaltungen zur Sternkunde per Teleskop an. Das Kreuz des Südens steht dabei natürlich im Mittelpunkt. Hier im tiefschwarzen, nächtlichen Outback blinken die Himmelskörper besonders deutlich. Und warum Zeitreise? Das auf Erden zu sichtende Sternenlicht hat vielleicht 2.000 Jahre benötigt, um auf unserem Planeten anzukommen. Wir schauen also in die Sternengeschichte vor 2.000 Jahren. Und wie kann ich das aktuelle, heutige Sternlicht erblicken? Ganz einfach: Man komme in 2.000 Jahren wieder und schaue dann durch das Teleskop. Und so können wir uns zwei Stunden lang am Schein und an den unterschiedlichen Farbtönen vom Großen Orion Nebel, der Jewel Box und dem Jupiter mit seinen Monden erfreuen.

Regenmacher
Regenmacher

Überzeugt wissenschaftlich ist sicherlich auch der selbsternannte Meteorologe M. Wragg 1902 vorgegangen, als er versuchte, mit Hilfe von sechs überdimensionalen Schießpulvergewehren einer langanhaltenden Trockenheit ein Ende zu bereiten. Er wollte damit das Klima verändern. Das ging natürlich schief, aber er hat der Stadt immerhin eine heute noch attraktive Sehenswürdigkeit im Graham Andrews Park beschert.

Wir rollen hinein in die Capital of the Outback LONGREACH. Am östlichen Stadtrand fallen als erstes zwei überdimensionale Flugzeuge ins Auge. Bei näherer Betrachtung handelt es sich um die größten ehemaligen Flugzeuge der australischen Fluggesellschaft Qantas (=Queensland an Northern Territory Aerial Services), eine DC 707 und DC 747. LONGREACH ist die Geburtsstätte der Fluggesellschaft. In dem Qantas Founders Museum direkt beim aktiven Flughafen wird die gut 100jährige Geschichte australischen Passagier- und Frachtflugwesens aufgeblättert.

Gegenüber vom Museum, etwas abseits des Highway, erhebt sich eine riesige, halbrunde Halle. Am Eingangstor lesen wir Stockman’s Hall of Fame. Diese riesige Ausstellung widmet sich also dem Cowboywesen. Denn Stockman ist der australische Begriff für Cowboy (Stock=Vieh). Der Pioniergeist zur landwirtschaftlichen „Eroberung“ des Outback wird durch die zahlreichen Displays, Filme und Ausstellungsstücke wieder zum Leben erweckt. Eine große Abteilung widmet sich dem Flying Doctor Service mit seiner Entstehungsgeschichte. Beide Museen sind besuchenswert und reflektieren ein Stück authentischen Outbacklebens.

Es ist ANZAC DAY (25.April), d.h. der australische Volkstrauertag. Begangen wird er mit einem Umzug, an dem quasi die ganze Stadt teilnimmt, von den Stadtoberen über die Vereine und Schulen bzw. Kindergärten. 30 Minuten zieht man durch die Geschäftsstraßen bis zum ANZAC Park zur eigentlichen Gedenkfeier. Bei aller Aufgelockertheit der Atmosphäre bleibt es stets eine sehr würdige Zeremonie.

Authentische „Outback Erfahrung“ bietet vor allen Dingen das Familienunternehmen Kinnon & Co, welches wir bereits im vorherigen Blog (vgl. K&K 49 – Im Herzen des Outback) vorgestellt haben.

Weiter geht es noch rund 200km tiefer ins Outback hinein, nach WINTON. Der winzige Ort ist geprägt von Andenken an seinen Outbackdichter Banjo Paterson und seiner Waltzing Mathilda. Dieser Song, überhöht fast ausschließlich nur als Anthem / Hymne bezeichnet, gilt als heimliche australische Nationalhymne. Hier im North Gregory Hotel fand die öffentliche Premiere statt. Der Dichter hat das Outback treffend charakterisiert, wenn er sagt: „Wenn man die Sandfliegen nicht rechnet, ebenso wenig den Staub, die oftmals leeren Mägen, wenn man den Regen vernachlässigt, der kalt in die Knochen kriecht, dann ist es hier im Outback doch recht gemütlich“. Das Lied von den Sandfliegen können wir gut mitsingen.

Musik liegt in der Luft-Musical Fence in Winton
Musik liegt in der Luft-Musical Fence in Winton

Pop ähnliche Kunst steht gleich zwei Mal auf dem Programm in dem Outback Städtchen. Arno’s Wall, eine 70m lange und 2m hohe Mauer aus Felsen und Zement, ist künstlerisch bestückt mit Teilen von Rasenmähern, Bootsschrauben, Radkappen oder sonstigem ausrangiertem Gebrauchsgerät. Und dann kurz um die Ecke geschaut, denn da wird es musikalisch am Musical Fence. Dieser Drahtzaun ist so aufbereitet, dass man auf seinen Saiten, sprich Drähten, Töne erzeugen kann. Das begleitende Schlagzeug besteht ebenfalls aus vielfältigen, ehemaligen Gebrauchsgegenständen. Die Informationstafel erzählt, dass hier regelmäßig Konzertwettbewerbe stattfinden.

Winton-Dinosaurier Experten
Winton-Dinosaurier Experten

Erheblich ernsthafter und wissenschaftlicher geht es im Age of Dinosaurs zu. Die Zeitreise reicht rund 95 Millionen Jahre zurück  zu einem wahren Ansturm dieser Kolosse auf diese Region. Im 110km entfernten (davon 50km Sandpiste) Lake Quarry Conservation Park hat man gut 3.000 Fußabdrücke der Urtiere ausfindig gemacht. Örtlich näher, denn nur 20km von WINTON entfernt, widmet sich eine Forschungseinrichtung der Aufbereitung gefundener Dinosaurierknochen. Eine geführte Tour durch die Laboratorien mit anschließendem Museumsbesuch gewähren einen ausgezeichneten Einblick in diese filigrane Arbeit.

Ab WINTON, rund 900km Luftlinie von der Ostküste entfernt, machen wir uns wieder auf den Rückweg.  Dabei folgen wir im Großen und Ganzen dem Capricorn Highway, der entweder direkt oder in unmittelbarer Nähe des südlichen Wendekreises verläuft. So durchfahren wir auch ein weiteres Mal LONGREACH und gelangen schließlich nach BARCALDINE.

Die City mit dem historischen Bahnhof wird geprägt vom Tree of Knowlegde / Baum der Erkenntnis. Mit Religion hat dieses einem Baum gewidmete Denkmal nichts zu tun. Wie in einem Glockenspiel ertönen die Geräusche aneinander schlagender Holzschlegel im sanften Wind.

Barcaldine-Tree of Knowlegde
Barcaldine-Tree of Knowlegde

Erinnern soll das Memorial an den ersten Streik der Schafscherer im Jahr 1891. Was als singulärer Streik begann, weitete sich bald auch in anderen Branchen über ganz Queensland, im Folgenden über ganz Australien aus. Somit war die nationale Gewerkschaftsvereinigung geboren, aus der später dann die aktuelle Labour Party hervorging. Im Australian Workers Heritage Center wird diese Geschichte in Form eines Freiluftmuseums präsentiert. Jeder Pavillon erzählt den Werdegang eines anderen Gewerkschaftszweiges bis hin zur vereinigenden Umwandlung in eine politische Partei. Eine beeindruckende Ausstellung!

Unweigerlich rückt der Südpazifik wieder näher. Nach weiteren 350km Ostroute gelangen wir in die Edelsteinregion mit dem zentralen Ort EMERALD. Überall wird nach Saphiren gebuddelt, sowohl industriell wie auch privat. „Fossicking / Schürfen“ lautet das Stichwort, um Besucher anzulocken. Die nahe gelegenen Dörfer ANAKIE und RUBYVALE tun sich hier besonders hervor.  Ausgerüstet mit Schürfpfanne kann jeder gegen Eintritt auf bestimmten Schürffeldern sein Glück versuchen. Sollte er Erfolg haben, versprechen die örtlichen Juweliere, der Kostbarkeit je nach Geldbeutel eine würdige Einrahmung aus Gold oder Silber zu verpassen.

Mindestens ebenso kostbar und viel intensiver wird in BLACKWATER, 80km weiter Richtung Pazifik, geschürft. Nicht nach Edelsteinen sondern nach Kohle. Die für den Ort sehr junge Industrie – erste Funde in den 1960ger Jahren – prägen durch den Tagebau das Landschaftsbild. Ein langer Kohlezug nach dem anderen rollt schwerbeladen Richtung Meer, wartet dann entladen im Eisenbahnknotenpunkt BLUFF auf seine Weiterfahrt zurück in die Kohlegruben. Wer mehr darüber wissen möchte, besuche das International Coal Center in dem von Neubausiedlungen geprägten BLACKWATER.

Outlook Blackdown Tableland
Outlook Blackdown Tableland

Am Horizont erheben sich wieder einmal die ersten Bergketten der Great Dividing Range, nicht felsig schroff dafür grün bewaldet. Nach 12 Tagen rostbraunem Outback Ambiente ergötzen wir uns an jedem mit Bäumen bewachsenem Hügel. 40km östlich von BLACKWATER lockt uns ein Schild noch einmal vom Highway. Blackdown Tableland National Park in 20km klingt es verheißungsvoll. Luftige Abwechslung vom einerlei der Plaine kann nicht schaden, denken wir uns. Nach rund 15km ragt das Felsplateau urplötzlich steil empor. Die enge Straße schraubt sich in vielen Haarnadelkurven auf 800m und endet ebenso unvermutet im tiefsten Wald mit fantastischem Outlook. Dichter, grün satter und vor allen Dingen staubfreier mit Palmen durchsetzter Regenwald – welch eine Labsal.

Blackdown Tableland NP
Blackdown Tableland NP

Quasi ein letzter Sprung, immer parallel zu den ratternden, gigantischen Kohlezügen (mit 110 gezählten Waggons)  und die Ostküste hat uns in  GLADSTONE wieder. Für die Kohlewaggons bedeutet dies Endstation auf dem Landweg und Verladung auf Schiffe. Die Stadt selbst ist geprägt von Industrie, besonders auch Raffinerien. Doch zwischendrin immer mal wieder kleine, schmucke, inselartige Parklandschaften. Man mag wetten, ob die ausgeschilderten Outlooks oder die Kohlehalden höher sind.

Ständige Begleiter
Ständige Begleiter

12 Tage Outback Erfahrung, was haben sie außer gut 2.000 gefahrenen Kilometern gebracht? Wir glauben, ein wenig vom authentischen Outback Flair erlebt zu haben. Was auf den ersten Blick als leere, tote Landschaft erscheint, steckt nicht zuletzt durch die Outback Bewohner auf den zweiten voller Leben. Wir können erahnen, wie hart eine Existenz in dieser steinigen Halbwüste sein kann, wo das wohl kostbarste Gut eine regelmäßige Trinkwasserversorgung darstellt. Wie steht es auf einem bunten Plakat irgendwo im Nirgendwo? „The Outback – You should’nt be faint-hearted! / Das Outback – nichts für Hasenfüße“.