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K&K 61 – Meteoriten & UFOs

Ein großes Schild kündigt es an: The Northern Territory mit vielen Hinweisen, was alles nicht eingeführt werden darf, aber ohne unmittelbare Kontrolle. Wegweiser DSCN5489So können wir unser Obst und Gemüse  behalten und in Ruhe aufessen.

Von hier aus sind es noch rund 400km Barkly Highway bis zur nächsten nennenswerten Ortschaft. Ununterbrochene Grasprärie, von einigen Bäumen und Sträuchern durchsetzt, begleitet uns. Der Straße ist tadellos ausgebaut, wir kommen zügig voran. Doch bis nach TENNANT CREEK, bereits an der großen Nord-Süd-Verbindung, dem Stuart Highway gelegen, werden es wir an diesem Tag nicht mehr schaffen.

Dazu bricht dann doch zu früh die Nacht herein. Gegen 18 Uhr wird es dunkel. Wie bereits erwähnt, birgt das Fahren in der Dämmerung und in der Nacht in sich die Gefahr eines Wildunfalls. Also suchen wir möglichst rechtzeitig eine Übernachtungsmöglichkeit. Diese gibt es entweder an den Road Houses, also den Rasthöfen mit Tankstelle, Motel, Restaurant und Campingplatz. Viel einladender  sind aber oft die Parkplätze am Wegesrand. Sie gestatten ausdrücklich 24-Stunden-Parken incl. Übernachtung. Oft sind sie dann mit Einbruch der Dämmerung belegter als so mancher Campingplatz. Es gibt zwar keinen Strom und auch kein Duschhäuschen – hat man doch alles dabei – dafür aber Tisch und Bank und  Feuerstellen bzw. Grillgelegenheiten für eigenes, mitgebrachtes Feuerholz. Klingt das nicht romantisch? Parkplatz, lodernde Lagerfeuer, der Duft nach Steak, Bratwurst und Stockbrot, dazu jede Menge netter Leute und bei etwas Glück ein bilderbuchhafter Outback Sonnenuntergang?

Stuart HWy
Stuart HWy

So steht dann  TENNANT CREEK eben erst am Folgetag auf dem Programmzettel. Gleich am Ortsschild erblicken wir den Hinweis auf eine „Gemeinde ohne Alkohol“. Selbst bei den 3.500 Einwohnern, davon über 50% Aborigines, ist im ganzen Ort kein bottle shop zu finden. Supermärkte hingegen verkaufen keine Alkoholgetränke.

Ob man für die Besichtigung des Ortes einen Tag veranschlagen soll, mag dahingestellt bleiben. Neben dem Aboriginal Cultural Center Nuinkka Nuyunyu sowie dem Battery Hill Mining Center mit angebotener Minenführung bietet die Stadt nicht mehr viel. Beide Attraktionen gibt es aber zuhauf in der Region.

Somit reizt uns die Weiterfahrt ins südliche 530km entfernte ALICE SPRINGS erheblich mehr.

Denn bereits 100km hinter TENNANT CREEK heißt es einen lohnenden Zwischenstopp einzulegen an den Devil’s Marbles. Große, eiförmige Felsblöcke zieren die Landschaft. Die „Eier“ liegen dort wie aufgeschichtet oder hingerollt. Für die Warumungu Aborigines ist der Ort heilig, denn für sie symbolisieren die Felskugeln die „Eier der Regenbogenschlange“ (vgl. K&K 56-Tjapukai und Pamagirri – Cairns einmal anders).

Weitere 30km südlich wird es mystisch, denn das Road House von WYCLIFFE beherbergt ein UFO-Center. Schriftlichen wie mündlichen Informationen zufolge sollen bemannte Raumschiffe von Aliens diesen Landstrich regelmäßig überfliegen. Eine Ausstellung aus Fotos und Zeitungsartikeln versucht dieses behauptete Phänomen zu belegen. Handfest zeigen sich hingegen die lustigen Aliensfiguren und Raumschiffattrappen.

Der weitere Weg nach Süden zieht sich durch die bergige Landschaft des Outback. Mal nennt sie sich Wüste wie die Karlantijpa Desert, mal Range wie Crawford Range oder Anmatjira Range. Hübsch anzusehen sind sie alle mit den Hügeln und Bergen. Langweilig wird die lange Fahrt deshalb nie.

Naked Giant
Naked Giant

Schon gar nicht, wenn man unterwegs auch noch an den sogenannten Historical Markers eine kurze Rast einlegt. Hierdurch erfahren wir viel über die lokale und regionale Geschichte, z.B. beim John McDuall Stuart Memorial, der Ryans Well Historic Reserve oder dem Warburton Memorial. Ergänzend blickt dann noch in der Aboriginal Siedlung AILERON die 12m hohe Statue Naked Charly auf die Reisenden herab. Er thront nicht allein auf seinem Felsen. Seine Frau zähmt am Fuß des Berges zusammen mit ihrem Kind eine Schlange, natürlich ebenfalls als Statue.

Kurz vor ALICE SPRINGS haben wir noch einmal die Gelegenheit zur Parkplatzübernachtung, direkt auf dem Wendekreis des Steinbocks / Tropic of Capricorn. Hier holt uns der australische Winter ein. Oben, bei MOUNT ISA herrschten noch Temperaturen von bis zu 30°C tagsüber, nachts um die 20°C. Im nördlicheren DARWIN spricht der Wetterbericht von 35°C Tages- bei 25°C Nachttemperaturen. Mitten im Kontinent ohne mäßigenden Meereseinfluss liegen wir nur noch bei 15°C am Tage, trotz ununterbrochenen Sonnenscheins, und 2°C nachts. Je südlicher wir fahren, umso kälter soll es werden.  Alice Springs im Morgengrauen DSCN5594

Noch bei Sonnenaufgang erreichen wir die Stadtgrenze von ALICE SPRINGS, dieser Halbwüstenmetropole. Erstaunlich grün kommt sie uns auf den ersten Blick vor. Das alltägliche Leben scheint noch nicht erwacht zu sein, also fahren wir hinauf auf den ANZAC Hill für einen morgendlichen Stadtüberblick. Dieser macht sich fantastisch: Die Häuser sind in dem vielen Grün nicht leicht auszumachen. Der Stadtkern gefällt durch seine moderne, aufgelockerte Architektur. Direkt in der Fußgängerzone konkurrieren mehrere Aboriginal Art Galleries miteinander. Vom Verkäufer sollte man sich nicht abschrecken lassen, die Kunstwerke mit ihren bestechenden Mustern in Ruhe zu betrachten. Über TV-Schirme werden Filme über die Aboriginal Künstler und deren Arbeitsweise gezeigt. ALICE SPRINGS sagt von sich selbst, dass hier die „modernen Aborigines“ zuhause sind, die sich den „modernen Lebensanforderungen“ gestellt haben. Mag sein, wir erleben sie auch nicht anders als in anderen Städten und Dörfern.

Besichtigungsanlässe finden wir in der Stadt mehr als genug. Um sie alle zu besuchen, bräuchten wir sicherlich mehr als eine Woche. Also beschränken wir uns auf solche, die sich von vorherigen vielleicht ein wenig abheben.

Der Alice Springs Desert Park mag zu dieser Kategorie zählen. Wir erleben ihn als gelungene Mixtur aus Botanischem Garten, Zoo und Aboriginal Cultural Center. Von jedem ein wenig mit viel Auslauf für Tier und Mensch.

The Old Ghan  Freiluftklasse
The Old Ghan Freiluftklasse

Viele Städte punkten mit einer Hall of Fame. ALICE SPRINGS wartet gleich mit zwei solcher Ruhmeshallen auf. Die eine befindet sich im Museum of Transport. Beleuchtet wird die Wichtigkeit der Erschließung des Outbacks durch mechanische Transportmittel, allen voran durch den Bau der Eisenbahn. The Old Ghan gilt als Schlüsselerfindung. Ihr wird  ein breiter Raum eingeräumt mit Außen- und Innenbesichtigung des historischen Zuges. Erst sein Einsatz hat das Outback wirklich erschlossen, ohne die Ergebnisse der Erforschungsreisen zu Fuß, auf Pferderücken oder mit Kamelen schmälern zu wollen. Die zweite Hälfte dieses Museums widmet sich dem Auto, als PKW, Bus aber mit besonderem Akzent auf LKW. Denn sie sind für den heutigen Outback-Transport ein unerlässliches  Verkehrsmittel. Das gilt in besonderem Maße natürlich für die Road Trains. Wie diese besondere Geschichte begann, kann den allerersten Road Train hier besichtigen, einen Viehtransporter. Und wen beherbergt nun die Ruhmeshalle? Alles was sich als Trucker im On und Off Road Schwerverkehr einen Namen gemacht hat. Dabei spielt es aus unserer Sicht auch keine Rolle, ob wir Namen kennen oder nicht. Die Leistungen dieser Kapitäne der Landstraßen sind einfach grandios. Es gibt zwar auch den Begriff der Truckerette. Doch dieser Beruf bleibt hier immer noch eine Männerdomäne.

Da ist es nur logisch, dass im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit das weibliche Gegenstück auch mit einer Hall of Fame aufwartet, The National Pioneer Women Museum. Bei dem Begriff „Pioneer“ kommt uns natürlich sofort die Erstbesiedlung durch europäische Einwanderer in den Sinn. Diesen heldenhaften Frauen wird in der Ruhmeshalle auch ein Denkmal gesetzt. Doch die Ausstellung und Dokumentation geht weit darüber hinaus. Allen Frauen, die bahnbrechend als erste auf einem Gebiet für Australien gewirkt haben oder noch wirken, wird hier ein Denkmal gesetzt. Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen Aborigines oder europäischen Herkunftswurzeln. Um auch nur einen Hauch aller in der Ruhmeshalle aufgezeichneten Pionierleistungen erfassen zu können, soll man genügend Zeit mitbringen, denn es muss viel gelesen werden. Nach dem eindrucksvollen Rundgang bleibt für uns allerdings eine Frage unbeantwortet. Warum hat man diese wertvolle Dokumentation ausgerechnet in ein Gebäude des musealen Gefängnisses „The Old Goal“ in unnetter Nachbarschaft zu historischen Gefängniszellen integriert?

Flynn Gedächtniskirche
Flynn Gedächtniskirche

Ein weiteres Mal treffen wir in der Stadt auf den „Albert Schweizer“ des Outback, Reverend Flynn. Hier hat er als Superintendent viele Jahre gewirkt und die entscheidenden Maßnahmen und Schritte für den Aufbau der Royal Flying Doctor Services unternommen. Aus Dank hat man ihm in der Innenstadt eine Flynn Gedächtniskirche gewidmet. Sein Grab befindet sich 6km westlich der Stadt, stilecht  auf einem Outback Hügel vor einer Outback typischen Felswand in Outback charakteristischer Vegetation mit einem riesigen Felsbrocken auf einem Sockel. Der schlichte Ort gleicht einer Pilgerstätte.

Gehen wir noch gemeinsam ins Central Australian Museum. Man findet es im sogenannten Alaruen Cultural Precint in direkter Nachbarschaft mit einem Aboriginal Cultural Center und dem Strehlow’s Research Institute.

MacDonnell Ranges East
MacDonnell Ranges East

Was macht das Museum so interessant? Außer einer Ausstellung über Tiere im Outback behütet es zum einen ein Meteoritenstück, welches vor rund 4.000 Jahren auf die Erde fiel (s.u.). Zum anderen steht dort in nachgebauter Skelettform der größte Vogel, der jemals auf Erden gelebt haben soll, vor gut 4 Millionen Jahren. Zum dritten widmet sich das Museum und die Ausstellung zu dem angegliederte Forschungsinstitut dem missionarischen Schaffen des deutschen Pastors Carl Strehlow.

MacDonnell Ranges West
MacDonnell Ranges West

Somit können wir eine direkte Verbindung in die westlichen MacDonnell Ranges zu dem Dorf HERMANNSBURG knüpfen.

Hermannsburg
Hermannsburg

Denn hier hat Carl Strehlow von 1894-1922 als evangelischer Pastor gewirkt und missioniert. Dazu muss man wissen, dass es sich bei dem Ort um das Aboriginal Dorf Ntaria handelt.

Hermannsburg
Hermannsburg

Strehlow errichtete hier ein umfangreiches Missionsdorf mit Kirche, Schule, Krankenstation, Schmiede, Gerberei, Bäckerei mehreren Wirtschaftsgebäuden und Wohnhäusern. Neben der kirchlichen Arbeit widmete er sich besonders der schulischen Ausbildung der Kinder. Ohne von ihrer Muttersprache, dem Arrarnta zu lassen, lernten die Kinder und auch Erwachsenen Englisch. Viele ließen sich taufen. Strehlows Erbe wirkt auch heute noch in Form einer aktiven evangelischen Gemeinde.

Die MacDonnell Ranges gelten als wahre Naturperlen. Wie die Querbalken eines Kreuzes erstrecken sich westlich und östlich der Stadt. Hohe, schroffe Gebirgsketten sind ihr Markenzeichen. Jeweils eine gut geteerte Stichstraße führt in sie hinein. Im Westen rund 160km bis nach GLEN HELEN. Abstecher führen zum Simpsons Gap, dem Serpentine Gorge und dem Ormiston Gorge, zu den Orchre Pits sowie zum Ellery Creek Big Hole. Allesamt bestauenswerte Naturerscheinungen. Die größte Attraktion ist dabei der Standley Chasm mit seinen 80m hohen Felswänden.  

Standley Chasm
Standley Chasm

Auf der gegenüber liegenden Seite, im Osten, verläuft die Straße rund 70km bis zu einem Resort. Auch auf diesem Abstecher wirken die Felswände wie Postkartenpanoramen, manchmal durchbrochen von einer großen Felslücke, aber immer parallel zur Straße. Für jeden Arm nehmen wir uns einen Tag Zeit, um die fantastischen Aussichten in Ruhe genießen zu können. Beim Oststrang lohnen sich besonders Kurzwanderungen an Emilys Gap, Jessie Gap und dem Corroboree Rock.

Die Solar Capital ALICE SPRINGS und Umgebung bilden fast eine kleine Reise für sich. Doch allmählich zieht es uns weiter südlich zu einer anderen markanten Outback Sehenswürdigkeit.

Meteoriten Kraterrand
Meteoriten Kraterrand

Gut 4.000 Jahre sind seither vergangen, als ein Meteorit 130km südlich von ALICE SPRINGS, nahe der winzigen Gemeinde HENBURY mit einer Geschwindigkeit von 40.000km/h auf die Erde prallte. Es heißt, glücklicherweise zerlegte er sich vor dem Aufprall in viele Einzelteile, sonst hätte ein Erdbeben den Globus eventuell aus seiner Umlaufbahn geworfen. So lief der Zusammenstoß einigermaßen glimpflich ab. Er brachte außer 12 Kratern mit Durchmessern zwischen 7m und 180m bei teilweise 15m Tiefe lediglich noch einige Felsen zum Einsturz. Einige Tonnen an Nickel-Eisen-Meteoritenbrocken konnten für die heutige Forschung noch geborgen werden. Die großen Krater entstanden durch Fragmente so groß wie ein 200L Benzinfass. Heute können einige dieser Krater umwandert werden. Hierfür biegen wir kurz hinter HENBURY vom Stuart Highway westlich auf eine Schotterstraße ab, die nach 15km am entsprechenden Parkplatz (mit Übernachtungsmöglichkeit) endet. Der interessanteste Rundweg führt auf dem Rand um den größten Krater herum. Verschiedene Informationstafeln erläutern Absturz und Auswirkungen des Meteoriteneinschlags. Was wäre, wenn der Himmelkörper nicht in dieser gottverlassenen Gegend niedergegangen wäre? Das kann sich  nun jeder selbst ausmalen.

Red Center
Red Center

Wir wollen jedenfalls ohne Meteoritenbegleitung ins Herz des Roten Zentrums vorstoßen, zum Ayers Rock und dem Kings Canyon. Australiens Hauptattraktionen liegen nur noch 500km von den Kratern entfernt. Hier im Outback firmiert diese Entfernung unter Kurzstrecke.