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K&K 59 – Stromland

Zum letzten Mal überqueren wir die Great Dividing Range in westlicher Richtung, ohne später an die Ostküste zurückkehren zu wollen.

Great Dividing Range
Great Dividing Range

Dichtes, grünes Wald- und Buschland begleitet uns in dieser Gebirgskette, die sich in 230 Millionen Jahren so aufgefaltet hat, wie wir sie jetzt erleben. Doch der Prozess der Faltung ist noch nicht zum Stillstand gekommen. Nachfolgende Generationen, vielleicht in 5.000 Jahren, werden teilweise wenn auch minimal anderes sehen als wir heute.

Unsere Route auf dem Savannah Way führt über weite Strecken durch ehemals vulkanaktives Gebiet. Es kündigt sich knapp 100km hinter ATHERTON bereits an durch die heißen Quellen von INNOT HOT SPRINGS. Der Mini-Ort mit 5 Häusern, einem Campingplatz und Hotel lädt ein zum heißen Bad im Dorfbach. Es ist ein wirklich heißer Strom mit 70°C Wassertemperatur dicht an der Quelle. Später können wir in kleinen Sandkuhlen im flachen Strombett ein angenehmes (Fuß-)Bad nehmen. So eine Ruhepause belebt für die kommenden 200km bis zum nächsten Zwischenziel, den Undara Volcanic National Park.

Undara Volcanic NP
Undara Volcanic NP

Wer diese unsere Route nimmt oder ihn eventuell ganz auslässt, versäumt Wesentliches, sowohl an Naturhistorie wie auch an Gastfreundschaft. Mitten im Buschwald ist der Undara Recreation Complex entstanden mit Hotelunterkunft in ausgedienten Eisenbahnwaggons, Buschcampinghütten, einem Campingplatz und Natur-Swimmingpool. Die gesamte Anlage ist sehr gefällig gestaltet, die Preise moderat im Hinblick auf das Angebot. Wer abends kein TV mag, kann beim Campfire Talk (jeweils 20 Uhr) viel Wissenswertes über Natur, Wildlife und lokale Geschichte erfahren. Wir erleben diese Ranger geleitete Veranstaltung mit dem Thema „Schlangen“ im Nationalpark. In ganz Australien, so erfahren wir, gibt es ca. 250 verschiedene Arten, davon 20 mehr oder minder giftige. Im Undara NP selbst davon rund 100 Spezies. Ein etwas allgemeiner Quiz zu Australien, Trivia genannt, bildet das Abendprogramm des nächsten Tages. Und so werden die Gäste während er Saison (Mai bis November) an sieben Tagen in der Woche lehrreich und aufgelockert unterhalten. Zusätzliches Eintrittsgeld für diese Abendveranstaltungen sind ein Fremdwort. Obendrein können wir uns, ebenfalls kostenfrei, den ganzen Tag über mit Kaffee, Tee, Milch und glasklarem Quellwasser versorgen.

Undara Lava Tube
Undara Lava Tube

Wegen seines Wertes als Weltnaturerbe darf der Nationalpark selbst nicht ohne Ranger betreten werden. Die sogenannten Savannah Guides, eine speziell ausgebildete Rangertruppe, bieten über den Undara Recreation Komplex deshalb verschiedene geführte Touren an. Wir entscheiden uns für zwei Touren, die Wildlife at Sunset Tour und die Archway Explorer Tour.

Die Sunset Tour startet mit einem Kleinbus gegen 17 Uhr, also zu der Tageszeit, in dem die Wildtiere recht aktiv sind. Im Schritttempo fahren wir in die Wildnis hinein. Die Kängurus, Wallabies und Wallaroos, die wir sichten, bleiben wegen ihrer hohen Anzahl ungezählt. Überall hüpft es, sind die Ohrenantennen ausgefahren, schmiegen sich die Jungtiere an die Mütter oder hüpfen schnurstracks in den Beutel. Mit solchen Tierbeobachtungen und den begleitenden Erklärungen dringen wir recht tief in den National Park ein. An einem Felsenberg unterbrechen wir die Fahrt. Die Sonne färbt sich glutrot am Horizont. Es ist 17.45 Uhr. Wir erklimmen das Felsgebilde, um den Sonnenuntergang von dem erhöhten Standpunkt aus beobachten zu können. Welch ein Anblick!  In der mit Bäumen bewachsenen Ebene unter uns erkennen wir rund ein Dutzend erloschener Vulkankegel. Insgesamt befinden sich 72 von ihnen im Nationalpark. Rasch senkt sich die Sonne, erleuchtet noch einmal diese und jene Vulkanspitze, und schon verschwindet sie in einem Dunstmeer am Horizont. Sie senkt sich mindestens ebenso schnell wie Kängurus weghüpfen können. Im Dunkeln und mit Hilfe von Taschenlampen kehren wir zum Bus zurück, um zur nächsten Tourstation zu fahren. Draußen ist es rabenschwarz, als der Bus hält. Der Ranger spricht uns Mut zu, wir sollten ihm nur folgen. Künstliche Beleuchtung nur im äußersten Notfall einschalten. Warum? Wir steigen hinab in eine Vulkanhöhle zu den Zwergfledermäusen / Micro Bats. Die Stablampe des Ranger leuchtet urplötzlich in die Kolonie hinein. Den Lärm und das Geflatter der Tiere kann sich jeder vorstellen. Die Dunkelheit ist sowieso ihre Aktivzeit. So streift denn auch manche Fledermaus ganz dicht an unseren Köpfen vorbei. Nicht jeder bleibt dabei ruhig und gelassen. Nach gut zwei Stunden Gesamttour kehren wir zum Buschcamp zurück, pünktlich zur Abendveranstaltung.

Undara Volcanic NP
Undara Volcanic NP

Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen, denn die Explorer Tour startet bereit um acht Uhr. Sie setzt den thematischen Hauptakzent auf die ehemaligen Vulkantätigkeiten dieser Region. Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, in Bett eines Lavastromes zu wandern? Hier gibt es sie.

Wir versetzen uns 190.000 Jahre zurück. Zu der Zeit brodelten hier die Vulkane, nicht alle gleichzeitig, immer schön einer nach dem anderen. Dabei waren die Eruptionen nicht durch grandiose Explosionen, geprägt mit Aschewolken und Steinbrocken, die gen Himmel geschleudert wurden. Die flüssige Lava quoll vielmehr über den Vulkanrand hinaus und floss in die bestehenden Flusstäler. Das Flusswasser verdampfte natürlich sofort, so dass die Lava hervorragende Bedingungen für den Weiterfluss vorfand. Dadurch entstand der längste, je gemessene Lavastrom der Erdgeschichte. 160km ergoss sich die „Mobile Ofen“ ins Land.18 Monate dauerte im Durchschnitt solch eine Vulkan-Lava-Aktivität. 23km³ Lava wurden jeweils freigesetzt. Damit könnte man den gesamten Sydney Harbour problemlos füllen (vgl. dazu K&K 31 – Boating, Bays und Beaches-Sydney).

Und heute? Nunmehr können wir in diesen Lavastrombetten / Lava Tubes wandeln. Der trockene Regenwald hat sie erobert. Auf Board Walks dringen wir ein in das Gestrüpp, hinein bis in die tiefsten Lavahöhlen oder unter gigantische Felsbrücken. Auch diese Tour, angereichert mit den sachkundigen Rangererklärungen, hinterlässt einen unvergesslichen Eindruck.

Bleibt noch die Frage, warum die Gegend Undara heißt. Das Wort stammt von den Aborigines und bedeutet langer Weg. Damit sind nicht die langen Entfernungen zum nächsten Ort gemeint, sondern die Länge der seinerzeitigen Lavaströme.

Savannah Highway
Savannah Highway

Bleiben wir bei dem Begriff „langer Weg“. Je weiter westlich wir vordringen, jetzt bereits wieder jenseits der Great Dividing Range, umso einsamer liegen die Siedlungen und kleinen Orte. Im Gegensatz zur stark bevölkerten Ostküste im Sunshine State kommen uns 100km Ortsdistanzen bald schon wieder als „Kurzstrecke“ vor. Der Outbackort GEORGETOWN mit seinen 150 Einwohnern hofft auf Besucher für seine sehenswerte Mineralienausstellung. Visitor Information, Mineralmuseum und kommunale Bücherei sind synergetisch unter einem Dach untergebracht. Einen überregional guten Ruf hat sich der Dorfschlachter mit seinen allerorts gepriesenen Würstchen erworben. Schmecken wirklich lecker! Kurz darauf kommt aber auch gleich wieder das Ortsausgangsschild.

Mit jedem Kilometer westlich färbt sich die Erde roter, nimmt die Anzahl der Termitenhügel zu, die Bäume, Menschen und Kühe ab. Weitere 150km weiter bietet sich beim Roadhouse ein notwendiger Tankstopp an. Die Füße vertreten wir uns im frei zugänglichen Heritage Precint. Museumdorf als Begriff wäre übertrieben. Doch einige historische Gebäude wie die historische Polizeistation aus dem Jahr 1896, das ehemalige Gerichtsgebäude von 1887 oder die Town Hall von 1890 sind schon einen Hingucker wert. Im „True Blue Visitor Information Center“ kann man sich einen Film über die Bergbaugeschichte anschauen. Danach geht es zum Croydon General Store, nach eigenen Bekundungen das am längsten ununterbrochen existierende Geschäft Australiens (seit 1894).

Normanton-Lifesize Crocodile
Normanton-Lifesize Crocodile

Der nächste Sprung von 150km westwärts bringt uns bis NORMANTON. Die Kleinstadt mit seinen 1.400 Einwohnern gilt als das Zentrum der Region. Am Norman River gelegen hatte es seine Blütezeit als Ausfuhrhafen für die Produkte des kurzlebigen Gold Rush. Heute lebt es von dieser Vergangenheit, bietet einen Historical Town Walk an, gilt als Endstation der  historischen Eisenbahnlinie Croydon-Normanton (alle 14 Tage immer mittwochs) und rühmt sich der Geschichte mit dem Erlegen des größten jemals geschossenen Krokodils. 8,4m soll das Ungeheuer gemessen haben. Erlegt wurde es an den Ufern des Norman Rivers von einer Krokodilsjägerin. Eine lebensgroße Statue des Reptils schmückt die Hauptstraße. Das war es dann auch bereits, und wir können weiterfahren, dieses Mal Richtung Norden.

Australiens Nordküste
Australiens Nordküste

„Outback meets Ocean / Das Outback trifft das Meer“ lautet das Motto der nächsten Reisestation. Nach geteerten 70km erreichen wir den Hafenort KARUMBA an der Mündung des Norman Rivers. Er fließt in den Gulf of Carpentaria. Somit stehen wir ein erstes Mal an Australiens Nordküste. Uns gegenüber liegt das Inselreich von Timor, unsichtbar hinterm Horizont.

Regional und überregional bekannt ist der Seeort als Capital of Barramundi and Prawns. Der erste ist ein sehr köstlicher Speisefisch, dem Karpfen ähnlich nur viel größer. Ca. 10t werden hier pro Fangfahrt davon gefischt. Die Strände sind gesäumt mit Petrijüngern, die vom Ufer aus ihr Glück versuchen. Der Ort selbst hat zwar nur gut 500 Einwohner, die 6 Campingplätze und 8 Hotels lassen diese Zahl jetzt n der beginnenden nordischen Trockenzeit aber geradezu explodieren, Angeltourismus in seiner ausgeprägtesten Art. Die zweite Delikatesse sind die Königskrabben, die hier ebenfalls abgeerntet werden, 40t pro rund 8tägiger Fangfahrt.

Am Carpantaria Gulf
Am Carpantaria Gulf

Uns lockt etwas Anderes an die Küste. Sie ist nämlich berühmt für ihre malerischen Sonnenuntergänge, blickstörungsfrei vom extra eingerichteten Sunset Point. Die Genusssteigerung dieses Naturschauspiels gibt es dann vom Wasser her. Der Familienbetrieb „Crocs & Crab Tours“ (www.crocandcrab.com.au) bietet entsprechende Sunset Cruises an. Hervorragend, können wir dazu nur sagen. Es geht nicht einfach per Boot ein wenig ins Meer hinaus und wenige Minuten später wieder zurück. Das gesamte Erlebnis dauert rund 2 1/2 Stunden. Gegen 17 Uhr sammelt dich das Schiff am Strand auf, maximal 20 Passagiere insgesamt. Zunächst geht es ein wenig flussaufwärts in KRUMBAS Fischereihafen mit der kleinen Fangflotte. Mächtig stolz ist man darauf, dass ganz Australien und auch Überseeländer mit den Königskrabben von hier aus versorgt werden. Bald nimmt das Boot Kurs auf das offene Meer. Es wird auch Zeit, denn der Sonnenuntergang ist hier regelmäßig gegen 18 Uhr zu bestaunen. Nach gut 20 Minuten Fahrt werden die Passagiere ausgesetzt auf der kleinen Insel Sand Island.

Sandy Island Sunset
Sandy Island Sunset

Das gesamte Eiland besteht aus nichts anderem als einem abgeflachten Sandhügel, der aus dem Wasser ein wenig hervorragt. Nunmehr steht nichts mehr zwischen dir und dem Sonnenuntergang. Ein Robinson-Crusoe-Gefühl de luxe schleicht sich in die Stimmung. Ein Sonnenuntergang in sich ist schon traumhaft. Mit den Cruise-Zutaten glaubst du dich in einer verzauberten Welt. In Windeseile hat die Crew mehrere Klapptische aufgestellt. Deinen Hocker kannst du dir vom Schiff selbst mitnehmen. Aus mehreren Kühlkisten wird als Topping zum malerischen Sonnenuntergang Leckeres serviert: die uns nunmehr schon bekannten „Nibbles“, also fingerfood aus Käse, Wurst, Rohkost und Dressing. KARUMBAS Spezialität fehlt natürlich auch nicht. Eine große Kiste frischer, eisgekühlter Königskrabben steht zum Verzehr bereit, anschließend verlängert durch eine Obstplatte mit tropischen Früchten. Und während du die Herrlichkeiten genießt, taucht mehr oder minder rasch der glutrote Sonnenball ins Meer ein. Kaum dass du dein Glas mit den ebenfalls kostenfreien Getränken aus der Hand legen kannst, um dieses einmalige Schauspiel zu fotografieren. Einsame Insel ohne Palmen, köstliche Speisen und Getränke und ein phänomenaler Sonnenuntergang – eigentlich ein unbeschreibliches Erlebnis! Bereits in tiefer Dunkelheit, nur noch durch einen schmalen roten Streifen am Horizont unterbrochen, kehren wir gegen 19.30 Uhr zum Ausgangpunkt zurück.

Sandy Island Sunset
Sandy Island Sunset

Wir können nur sagen, das sind Höhepunkte einer Reise, die auch weiterhin zum Träumen anregen.

Weiter nördlich als bis zur Küste geht es straßenmäßig hier nicht mehr. Also schlagen wir den südlichen Retourkurs ein, über NORMATON hinaus bis in die Bergbauregion um MOUNT ISA.