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K&K 59 – Stromland

Zum letzten Mal überqueren wir die Great Dividing Range in westlicher Richtung, ohne später an die Ostküste zurückkehren zu wollen.

Great Dividing Range
Great Dividing Range

Dichtes, grünes Wald- und Buschland begleitet uns in dieser Gebirgskette, die sich in 230 Millionen Jahren so aufgefaltet hat, wie wir sie jetzt erleben. Doch der Prozess der Faltung ist noch nicht zum Stillstand gekommen. Nachfolgende Generationen, vielleicht in 5.000 Jahren, werden teilweise wenn auch minimal anderes sehen als wir heute.

Unsere Route auf dem Savannah Way führt über weite Strecken durch ehemals vulkanaktives Gebiet. Es kündigt sich knapp 100km hinter ATHERTON bereits an durch die heißen Quellen von INNOT HOT SPRINGS. Der Mini-Ort mit 5 Häusern, einem Campingplatz und Hotel lädt ein zum heißen Bad im Dorfbach. Es ist ein wirklich heißer Strom mit 70°C Wassertemperatur dicht an der Quelle. Später können wir in kleinen Sandkuhlen im flachen Strombett ein angenehmes (Fuß-)Bad nehmen. So eine Ruhepause belebt für die kommenden 200km bis zum nächsten Zwischenziel, den Undara Volcanic National Park.

Undara Volcanic NP
Undara Volcanic NP

Wer diese unsere Route nimmt oder ihn eventuell ganz auslässt, versäumt Wesentliches, sowohl an Naturhistorie wie auch an Gastfreundschaft. Mitten im Buschwald ist der Undara Recreation Complex entstanden mit Hotelunterkunft in ausgedienten Eisenbahnwaggons, Buschcampinghütten, einem Campingplatz und Natur-Swimmingpool. Die gesamte Anlage ist sehr gefällig gestaltet, die Preise moderat im Hinblick auf das Angebot. Wer abends kein TV mag, kann beim Campfire Talk (jeweils 20 Uhr) viel Wissenswertes über Natur, Wildlife und lokale Geschichte erfahren. Wir erleben diese Ranger geleitete Veranstaltung mit dem Thema „Schlangen“ im Nationalpark. In ganz Australien, so erfahren wir, gibt es ca. 250 verschiedene Arten, davon 20 mehr oder minder giftige. Im Undara NP selbst davon rund 100 Spezies. Ein etwas allgemeiner Quiz zu Australien, Trivia genannt, bildet das Abendprogramm des nächsten Tages. Und so werden die Gäste während er Saison (Mai bis November) an sieben Tagen in der Woche lehrreich und aufgelockert unterhalten. Zusätzliches Eintrittsgeld für diese Abendveranstaltungen sind ein Fremdwort. Obendrein können wir uns, ebenfalls kostenfrei, den ganzen Tag über mit Kaffee, Tee, Milch und glasklarem Quellwasser versorgen.

Undara Lava Tube
Undara Lava Tube

Wegen seines Wertes als Weltnaturerbe darf der Nationalpark selbst nicht ohne Ranger betreten werden. Die sogenannten Savannah Guides, eine speziell ausgebildete Rangertruppe, bieten über den Undara Recreation Komplex deshalb verschiedene geführte Touren an. Wir entscheiden uns für zwei Touren, die Wildlife at Sunset Tour und die Archway Explorer Tour.

Die Sunset Tour startet mit einem Kleinbus gegen 17 Uhr, also zu der Tageszeit, in dem die Wildtiere recht aktiv sind. Im Schritttempo fahren wir in die Wildnis hinein. Die Kängurus, Wallabies und Wallaroos, die wir sichten, bleiben wegen ihrer hohen Anzahl ungezählt. Überall hüpft es, sind die Ohrenantennen ausgefahren, schmiegen sich die Jungtiere an die Mütter oder hüpfen schnurstracks in den Beutel. Mit solchen Tierbeobachtungen und den begleitenden Erklärungen dringen wir recht tief in den National Park ein. An einem Felsenberg unterbrechen wir die Fahrt. Die Sonne färbt sich glutrot am Horizont. Es ist 17.45 Uhr. Wir erklimmen das Felsgebilde, um den Sonnenuntergang von dem erhöhten Standpunkt aus beobachten zu können. Welch ein Anblick!  In der mit Bäumen bewachsenen Ebene unter uns erkennen wir rund ein Dutzend erloschener Vulkankegel. Insgesamt befinden sich 72 von ihnen im Nationalpark. Rasch senkt sich die Sonne, erleuchtet noch einmal diese und jene Vulkanspitze, und schon verschwindet sie in einem Dunstmeer am Horizont. Sie senkt sich mindestens ebenso schnell wie Kängurus weghüpfen können. Im Dunkeln und mit Hilfe von Taschenlampen kehren wir zum Bus zurück, um zur nächsten Tourstation zu fahren. Draußen ist es rabenschwarz, als der Bus hält. Der Ranger spricht uns Mut zu, wir sollten ihm nur folgen. Künstliche Beleuchtung nur im äußersten Notfall einschalten. Warum? Wir steigen hinab in eine Vulkanhöhle zu den Zwergfledermäusen / Micro Bats. Die Stablampe des Ranger leuchtet urplötzlich in die Kolonie hinein. Den Lärm und das Geflatter der Tiere kann sich jeder vorstellen. Die Dunkelheit ist sowieso ihre Aktivzeit. So streift denn auch manche Fledermaus ganz dicht an unseren Köpfen vorbei. Nicht jeder bleibt dabei ruhig und gelassen. Nach gut zwei Stunden Gesamttour kehren wir zum Buschcamp zurück, pünktlich zur Abendveranstaltung.

Undara Volcanic NP
Undara Volcanic NP

Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen, denn die Explorer Tour startet bereit um acht Uhr. Sie setzt den thematischen Hauptakzent auf die ehemaligen Vulkantätigkeiten dieser Region. Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, in Bett eines Lavastromes zu wandern? Hier gibt es sie.

Wir versetzen uns 190.000 Jahre zurück. Zu der Zeit brodelten hier die Vulkane, nicht alle gleichzeitig, immer schön einer nach dem anderen. Dabei waren die Eruptionen nicht durch grandiose Explosionen, geprägt mit Aschewolken und Steinbrocken, die gen Himmel geschleudert wurden. Die flüssige Lava quoll vielmehr über den Vulkanrand hinaus und floss in die bestehenden Flusstäler. Das Flusswasser verdampfte natürlich sofort, so dass die Lava hervorragende Bedingungen für den Weiterfluss vorfand. Dadurch entstand der längste, je gemessene Lavastrom der Erdgeschichte. 160km ergoss sich die „Mobile Ofen“ ins Land.18 Monate dauerte im Durchschnitt solch eine Vulkan-Lava-Aktivität. 23km³ Lava wurden jeweils freigesetzt. Damit könnte man den gesamten Sydney Harbour problemlos füllen (vgl. dazu K&K 31 – Boating, Bays und Beaches-Sydney).

Und heute? Nunmehr können wir in diesen Lavastrombetten / Lava Tubes wandeln. Der trockene Regenwald hat sie erobert. Auf Board Walks dringen wir ein in das Gestrüpp, hinein bis in die tiefsten Lavahöhlen oder unter gigantische Felsbrücken. Auch diese Tour, angereichert mit den sachkundigen Rangererklärungen, hinterlässt einen unvergesslichen Eindruck.

Bleibt noch die Frage, warum die Gegend Undara heißt. Das Wort stammt von den Aborigines und bedeutet langer Weg. Damit sind nicht die langen Entfernungen zum nächsten Ort gemeint, sondern die Länge der seinerzeitigen Lavaströme.

Savannah Highway
Savannah Highway

Bleiben wir bei dem Begriff „langer Weg“. Je weiter westlich wir vordringen, jetzt bereits wieder jenseits der Great Dividing Range, umso einsamer liegen die Siedlungen und kleinen Orte. Im Gegensatz zur stark bevölkerten Ostküste im Sunshine State kommen uns 100km Ortsdistanzen bald schon wieder als „Kurzstrecke“ vor. Der Outbackort GEORGETOWN mit seinen 150 Einwohnern hofft auf Besucher für seine sehenswerte Mineralienausstellung. Visitor Information, Mineralmuseum und kommunale Bücherei sind synergetisch unter einem Dach untergebracht. Einen überregional guten Ruf hat sich der Dorfschlachter mit seinen allerorts gepriesenen Würstchen erworben. Schmecken wirklich lecker! Kurz darauf kommt aber auch gleich wieder das Ortsausgangsschild.

Mit jedem Kilometer westlich färbt sich die Erde roter, nimmt die Anzahl der Termitenhügel zu, die Bäume, Menschen und Kühe ab. Weitere 150km weiter bietet sich beim Roadhouse ein notwendiger Tankstopp an. Die Füße vertreten wir uns im frei zugänglichen Heritage Precint. Museumdorf als Begriff wäre übertrieben. Doch einige historische Gebäude wie die historische Polizeistation aus dem Jahr 1896, das ehemalige Gerichtsgebäude von 1887 oder die Town Hall von 1890 sind schon einen Hingucker wert. Im „True Blue Visitor Information Center“ kann man sich einen Film über die Bergbaugeschichte anschauen. Danach geht es zum Croydon General Store, nach eigenen Bekundungen das am längsten ununterbrochen existierende Geschäft Australiens (seit 1894).

Normanton-Lifesize Crocodile
Normanton-Lifesize Crocodile

Der nächste Sprung von 150km westwärts bringt uns bis NORMANTON. Die Kleinstadt mit seinen 1.400 Einwohnern gilt als das Zentrum der Region. Am Norman River gelegen hatte es seine Blütezeit als Ausfuhrhafen für die Produkte des kurzlebigen Gold Rush. Heute lebt es von dieser Vergangenheit, bietet einen Historical Town Walk an, gilt als Endstation der  historischen Eisenbahnlinie Croydon-Normanton (alle 14 Tage immer mittwochs) und rühmt sich der Geschichte mit dem Erlegen des größten jemals geschossenen Krokodils. 8,4m soll das Ungeheuer gemessen haben. Erlegt wurde es an den Ufern des Norman Rivers von einer Krokodilsjägerin. Eine lebensgroße Statue des Reptils schmückt die Hauptstraße. Das war es dann auch bereits, und wir können weiterfahren, dieses Mal Richtung Norden.

Australiens Nordküste
Australiens Nordküste

„Outback meets Ocean / Das Outback trifft das Meer“ lautet das Motto der nächsten Reisestation. Nach geteerten 70km erreichen wir den Hafenort KARUMBA an der Mündung des Norman Rivers. Er fließt in den Gulf of Carpentaria. Somit stehen wir ein erstes Mal an Australiens Nordküste. Uns gegenüber liegt das Inselreich von Timor, unsichtbar hinterm Horizont.

Regional und überregional bekannt ist der Seeort als Capital of Barramundi and Prawns. Der erste ist ein sehr köstlicher Speisefisch, dem Karpfen ähnlich nur viel größer. Ca. 10t werden hier pro Fangfahrt davon gefischt. Die Strände sind gesäumt mit Petrijüngern, die vom Ufer aus ihr Glück versuchen. Der Ort selbst hat zwar nur gut 500 Einwohner, die 6 Campingplätze und 8 Hotels lassen diese Zahl jetzt n der beginnenden nordischen Trockenzeit aber geradezu explodieren, Angeltourismus in seiner ausgeprägtesten Art. Die zweite Delikatesse sind die Königskrabben, die hier ebenfalls abgeerntet werden, 40t pro rund 8tägiger Fangfahrt.

Am Carpantaria Gulf
Am Carpantaria Gulf

Uns lockt etwas Anderes an die Küste. Sie ist nämlich berühmt für ihre malerischen Sonnenuntergänge, blickstörungsfrei vom extra eingerichteten Sunset Point. Die Genusssteigerung dieses Naturschauspiels gibt es dann vom Wasser her. Der Familienbetrieb „Crocs & Crab Tours“ (www.crocandcrab.com.au) bietet entsprechende Sunset Cruises an. Hervorragend, können wir dazu nur sagen. Es geht nicht einfach per Boot ein wenig ins Meer hinaus und wenige Minuten später wieder zurück. Das gesamte Erlebnis dauert rund 2 1/2 Stunden. Gegen 17 Uhr sammelt dich das Schiff am Strand auf, maximal 20 Passagiere insgesamt. Zunächst geht es ein wenig flussaufwärts in KRUMBAS Fischereihafen mit der kleinen Fangflotte. Mächtig stolz ist man darauf, dass ganz Australien und auch Überseeländer mit den Königskrabben von hier aus versorgt werden. Bald nimmt das Boot Kurs auf das offene Meer. Es wird auch Zeit, denn der Sonnenuntergang ist hier regelmäßig gegen 18 Uhr zu bestaunen. Nach gut 20 Minuten Fahrt werden die Passagiere ausgesetzt auf der kleinen Insel Sand Island.

Sandy Island Sunset
Sandy Island Sunset

Das gesamte Eiland besteht aus nichts anderem als einem abgeflachten Sandhügel, der aus dem Wasser ein wenig hervorragt. Nunmehr steht nichts mehr zwischen dir und dem Sonnenuntergang. Ein Robinson-Crusoe-Gefühl de luxe schleicht sich in die Stimmung. Ein Sonnenuntergang in sich ist schon traumhaft. Mit den Cruise-Zutaten glaubst du dich in einer verzauberten Welt. In Windeseile hat die Crew mehrere Klapptische aufgestellt. Deinen Hocker kannst du dir vom Schiff selbst mitnehmen. Aus mehreren Kühlkisten wird als Topping zum malerischen Sonnenuntergang Leckeres serviert: die uns nunmehr schon bekannten „Nibbles“, also fingerfood aus Käse, Wurst, Rohkost und Dressing. KARUMBAS Spezialität fehlt natürlich auch nicht. Eine große Kiste frischer, eisgekühlter Königskrabben steht zum Verzehr bereit, anschließend verlängert durch eine Obstplatte mit tropischen Früchten. Und während du die Herrlichkeiten genießt, taucht mehr oder minder rasch der glutrote Sonnenball ins Meer ein. Kaum dass du dein Glas mit den ebenfalls kostenfreien Getränken aus der Hand legen kannst, um dieses einmalige Schauspiel zu fotografieren. Einsame Insel ohne Palmen, köstliche Speisen und Getränke und ein phänomenaler Sonnenuntergang – eigentlich ein unbeschreibliches Erlebnis! Bereits in tiefer Dunkelheit, nur noch durch einen schmalen roten Streifen am Horizont unterbrochen, kehren wir gegen 19.30 Uhr zum Ausgangpunkt zurück.

Sandy Island Sunset
Sandy Island Sunset

Wir können nur sagen, das sind Höhepunkte einer Reise, die auch weiterhin zum Träumen anregen.

Weiter nördlich als bis zur Küste geht es straßenmäßig hier nicht mehr. Also schlagen wir den südlichen Retourkurs ein, über NORMATON hinaus bis in die Bergbauregion um MOUNT ISA.

K&K 51 – Kontraste

Kontrastreicher geht es nun wirklich kaum noch. In jüngster Vergangenheit waren wir eingehüllt in den ewigen Staub des Outback. Outback DSCN2756Nunmehr umzingelt uns das ewige Grün der tropischen Capricorn Coast. Die Dividing Range (frei übersetzt: teilender Gebirgszug) dieses rund 2.000km lange Nord-Süd-Gebirge hält, was er verspricht als Wasserscheide. In zwei Welten teilt sie den Kontinent. Jeder Teil lebt im Überfluss: Im Osten herrscht Überfluss an üppigem Grün und unablässiger Wasserzufuhr, im Westen dagegen Überfluss an Windhosen und gnadenloser Trockenheit.

Östlich des Trenngebirges bleibst du, von wenigen Städtchen abgesehen, allein mit der Natur und dem Wildlife. Westlich findest du kaum einen Platz zum Alleinsein. Der Meerestourismus zieht Heerscharen von Besuchern an, selbst jetzt in der Zwischensaison (shoulder season). Die einzelnen Outbackorte liegen oftmals mehrere hundert Kilometer verstreut voneinander entfernt. Anders im Osten: Durch die Küstenbebauung bleiben Ortsgrenzen vielfach unbemerkt. Die Orte verschmelzen ineinander. Hier: Outback Nationalparks haben teilweise die Ausdehnung eines Flächenlandes. Dort: Im Küstenbereich sind sie vielfach nicht größer als ein besserer Stadtpark. Der Ruhe des Outbacklebens steht die touristische Hektik in den küstennahen Urlaubsorten gegenüber.Tropiche Ostküste DSCN3013

Persönlich erleben wir einen zusätzlichen Kontrast ganz anderer Art. Unser so heiß geliebtes Freedom Camping muss notwendigerweise unterbrochen werden, sprich wir müssen doch einmal einen Campingplatz aufsuchen. Ursache dafür sind nicht die unsäglich vielen „No Overnight Camping“ – Schilder in den Urlaubsorten. Ein abgelegenes Plätzchen an einem Showground oder bei einem Sportplatz findest du immer. Aber wenn die Gasversorgung des Kühlschranks sich abmeldet, dann bleibt eben nur eine 230V Stromquelle für die Kühlung. Oder der Motor läuft ununterbrochen und den Kühlschrank  auf 12V Batterie laufen lassen. Auch nur eine suboptimale Lösung!  Ohne nächtliche Kühlung der Lebensmittel jedoch, könntest du diese bei den herrschenden tropischen Temperaturen am nächsten Morgen in den Mülleimer werfen. Da heißt es dann schnell einen Reparaturservice finden. Davon gibt es hier glücklicherweise genügend Angebote mit direktem Service auf einem Campingplatz.

So wird auch unserem Kühlschrank recht schnell geholfen, da es zum Glück kein irreparabler Blackout war.

Der zivilisierte Aufenthalt hat auch sein Gutes, denn wir können die strengen Regeln für „Party auf dem Campingplatz“ studieren. In der entsprechenden Broschüre unseres Campgrounds in der Nähe von ROCKHAMPTON steht zu diesem Thema zu lesen: „ Wir möchten, dass jeder Gast seinen Aufenthalt auf unserem Platz wirklich genießen kann…. Demnach, die Regeln für Partys, die länger als bis 22 Uhr gehen, sind ganz einfach: Der Partyausrichter muss lediglich sicherstellen, dass jeder C-Platzbewohner persönlich zur Party eingeladen wurde und die Einladung auf Kosten des Gastgebers auch angenommen hat. Die gefühlvollere und preiswertere Alternative besteht darin, dass Nach-22-Uhr-Partys irgendwo anders stattfinden. So kann sich jeder seiner Nachtruhe erfreuen“ Ja, so geht es auch!

Frisch vom Feld
Frisch vom Feld

Und somit können wir nunmehr nach erfolgreicher Reparatur und ungestörter Nachtruhe die Tour und ihre Berichterstattung darüber fortsetzen.

ROCKHAMPTON hüllt sein Flair in folgenden Spruch: „Rocky, where the hats, boots and utes are big ….. but the bulls are even bigger / Rocky, wo Hüte, Stiefel und Geländewagen groß sind…doch die Stiere bleiben eben immer noch größer“. Sicherlich ein passender Werbespruch für Australia’s Beef Capital. Die Statistik weist aus, dass in einem 200km Umkreis 2,5 Millionen Stück Rindvieh grasen sollen. Optisch wird die Stadt diesem Ruf gerecht, durch sieben Bullenstatuen, von jeder dort lebenden Rasse  ein Exemplar. Der entsprechende Bull Trail geht kreuz und quer durch die Stadt.

Doch die geschäftige Stadt hat mehr zu bieten. Am Nordrand des Ortes lockt das Freilichtmuseum Heritage Village, welches in meistens noch Originalbauten die regionale Geschichte der vergangenen 150 Jahre beleuchtet.

In unmittelbarer Nachbarschaft befindet sich Australiens größtes Aboriginal Culture Center. Das Gelände selbst ist riesig, einige Gebäude oder auch künstliche Höhlen mit imitierten Aboriginal Felszeichnungen sind zu besichtigen, sowohl als geführte Tour (90Min) wie auch eigenständig. Doch offensichtlich mangelt es dem Kulturzentrum an interessierten Besuchern. Um die Mittagszeit waren wir die einzigen Gäste.

Die Stadt läuft fast über vor herrlichen Parks an den Ufern des mächtigen Fitzroy River. Stutzig machen uns allerdings Warnhinweise, nicht zu eventuellen Überflutungen, sondern auf Krokodile, die sich im Fluss und an den mit hohem Gras bewachsenen Ufern häuslich eingerichtet haben sollen. Erstaunlich, dass dann gleich auf der anderen Seite des Wanderweges die städtischen Sportanlagen errichtet wurden.

Rockhampton-Vorsicht
Rockhampton-Vorsicht

Gelungen erscheint uns die Kombination von Botanischem Garten und Zoo. Die beiden Parks liegen fast im Stadtzentrum. Der eine quillt über vor tropischer Pflanzenwelt. Den anderen könnte man zwar klein nennen, beherbergt aber doch viele unterschiedliche Tiere Australiens. Die Stadt erlaubt sich den Luxus, keinen Eintritt für den Besuch des Zoos zu nehmen, eine generöse Geste.

Pferderennen DSCN3070Ebenso freigiebig zeigt sich der Leiter Öffentlichkeitsarbeit des Rockhampton  Racecourse. Für seine „German Friends“ spendiert er uns zwei Eintrittskarten für das Galopprennen. Sechs Rennen werden insgesamt ausgetragen, eines spannender als das andere. Bei den Wettanlegern steigt wohl jedes Mal der Adrenalinspiegel kurz vor dem Zieleinlauf. Wir können es ruhiger betrachten, besonders auch, weil wir Teile des Rennnachmittags von der erhöhten Reporterkabine aus erleben dürfen. Natürlich verknüpft der Marketingleiter seine noble Geste mit der Hoffnung, um nicht zu sagen Erwartung, dass wir später auch darüber berichten. Diesem Wunsch folgen wir gern. Und lehnen auch die Einladung nicht ab, direkt vor der Rennbahn auf einer großen Wiese mit unserem Wohnmobil Overnight Parking zu machen.

18 Uhr
18 Uhr

So verlassen wir nach zwei Tagen am nächsten Morgen ROCKHAMPTON,  angefüllt mit den unterschiedlichsten Impressionen dieser überraschend attraktiven Stadt.

Ein 40km langer Tourist Drive führt uns an die nordwestlichen Strände zu den Orten EMU PARK und YEPPOON. Der letztere präsentiert sich als der lohnenswertere, sowohl vom Ortsbild als auch von den Stränden her. Auf dem Weg dorthin nehmen wir einen kurzen Umweg zur Koorana Crocodile Farm. Den Umweg hätten wir uns sparen können, denn aus unserer Sicht lohnt ein Besuch nicht so recht, trotz der angekündigten 3.000 Krokodile. Wir gewinnen eher den Eindruck eines unaufgeräumten Müllplatzes mit einigen Sumpfkuhlen. Da schenken wir uns doch lieber den stolzen Eintrittspreis von 30 AUD pro Person.

Flying Foxes
Flying Foxes

Unangekündigt und ohne Eintritt werden wir hingegen Zeugen eines anderen Naturspektakels. In einem Wald von Feigenbäumen bei YEPPOON baumeln kopfüber tausende von Flying Foxes. Sie hängen dort so bewegungslos, dass man sie gar nicht bemerkt, wenn man die Stelle nicht kennt. Plötzlich flattern sie im Schwarm unter lautem Gekreische auf. Was hat diese eigentlich nur nachtaktiven Quasi-Fledermäuse dazu getrieben? Zwei Habichte auf der Suche nach Beute durchkreuzen immer wieder den Schwarm. 10 Minuten später hängt alles wieder ruhig wie gehabt. Wir haben allerdings nicht gezählt, ob auch alle wieder an ihrem Platz hängen.Flying Foxes DSCN2935

Auf dem Weg ins nördliche MACKAY folgen wir überwiegend dem Bruce Highway / HWy 1. Nach 20km biegen wir Richtung Küste ab zum Mt Etna Caves National Park. Wir wollen einen Blick in die Hochzeitshöhle werfen. Offiziell wird sie Capricorn Cave genannt, die volkstümliche Bezeichnung trifft jedoch eher zu. Zur Besichtigung der Gewölbe bleiben wir überirdisch, denn sie ist verborgen in einem immensen Berg aus Sandstein. Was allerdings nicht daran hindert, dass wir häufig treppauf treppab durch die engen Gänge geschleust werden. Nach rund 20minütigem Fußmarsch erreichen wir sie, die Hochzeitskathedrale.

Hochzeitshöhle-Kathedrale mit Glockenstrang
Hochzeitshöhle-Kathedrale mit Glockenstrang

Ihr turmhohes Gewölbe sieht nicht nur aus wie eine Kirchenkuppel. In der Decke zeigt sich das Bild eines Kirchenfensters. Zumindest ähnelt die Felsplatte mit ihrer Maserung einem solchen. Kurz darunter schimmern Konturen, die aussehen wie ein Altarbild „Jesus am Kreuz“. Alles ist jedoch ausschließlich naturelles Felsgebilde. Auf einer Kathedralenseite hängt der Glockenstrang, glaubt man. Nichts dergleichen! Die Wurzel eines Baumes hat sich durch den Stein gefressen und gibt nunmehr ein solches Fantasiegebilde ab. Also wurde der Felsenhohlraum zu einer echten, aktiven Kirche umgestaltet, die auch gleichzeitig als Konzertsaal genutzt wird. „Opera in the Underground“ lautet das Motto.

Sehr angetan von dieser Besichtigungsperle setzen wir unsere Tour fort bis SARINA (70km nordwärts). Dort wollen wir ein „süßes Geheimnis“ erklärt bekommen. Kilometer um Kilometer fahren wir durch Zuckerrohrfelder. Wir sind in einer Region mit der drittgrößten Zuckerproduktion Australiens. Da bietet sich ein Besuch im Sarina Sugar Shed geradezu an. „From the field onto the table / Vom Feld auf den Tisch“ ist die Führung durch die Zuckerraffinerie überschrieben.

Rohrzuckerfelder in den Peak Downs
Zuckerrohrfelder in den Peak Downs

Deutlich wird besonders, wie kompliziert der Gewinnungsprozess aus dem Zuckerrohr über den Rohzucker bis zum genießbaren Zucker sich darstellt. Vieler Arbeitsgänge bedarf es, bis wir das Produkt genießen können.  Aber am Ende der Lehrstunde können wir ausgiebig abschmecken, in flüssiger Form als Syrup oder auch Likör und Schnaps oder in fester Konsistenz. Als i-Tüpfelchen wird dann noch eine große Portion Zuckerwatte kredenzt.

Aus dieser gefühlten Unendlichkeit der Zuckkerrohrfelder taucht alsbald der riesige Kohle- und Ölhafen der Stadt MACKAY am Horizont auf. Was zunächst nach eventuell wenig attraktiver Industriestadt riecht, entpuppt sich bald als pittoreskes, anziehendes Art Deco Stadtbild, dessen Mittelpunkt die Art  Space bildet, eine regionale Gemälde Galerie in der City. Mackay-Art Space.

Mackay-Art Space
Mackay-Art Space

Man hat sich etwas gegönnt und der Kunst ein großes Areal zugestanden. Besonders beeindruckt hat uns dabei die temporäre Gemäldeausstellung der Tiwi People. Beheimatet auf der nördlich von DARWIN gelegenen Melville Island, stellen dort neun Künstler ihre Aboriginal Kunstwerke in traditionellen Formen und Farben aus.

MACKAYS Stadtkern selbst liegt nicht unmittelbar am Meer sondern rund 15km im Landesinneren. Dort an der Küste aber löst eine Ferien- bzw. Neusiedlung die andere ab. Meist um ein Kap oder einen Point gruppiert, konkurrieren die Villen nur so miteinander. Von Palmen gesäumte Straßen stehen für das charakteristisch tropische Ambiente. Wie nennt sich Queensland auch außer Sunshine State? Richtig – Holiday State!

Eungella NP
Eungella NP

Am Ende dieser Etappe richten wir unser Augenmerk noch einmal auf nahe Naturparks. In der zweiten Hügelkette, nach Durchquerung der Peak Downs Ebene mit ihren gigantischen Zuckerrohrfeldern, erreichen wir nach 80km  den Eungella National Park. Hoch oben auf 700m spüren wir nichts mehr von der hohen Luftfeuchtigkeit in Meeresnähe. Die Temperaturen pendeln sich bei 22°C ein. Sehr angenehm gerade auch fürs Wandern, denn wir wollen zum Finch Hatton Gorge mit seinen Araluen Cascades. Der Wanderweg führt durch dichten Palmen- und Farnwald, bevor er steil abfällt in die Schlucht hinunter. Donnernd rauschen die Wassermassen ins Tal und verlieren sich dann irgendwo im tief eingekerbten felsigen Flussbett.

Eungella NP
Eungella NP

Quasi zurück an die Küste geht die Strecke dann zum Cape Hillborough National Park. Das dieses Kap umfließende Meereswasser gehört bereits zum Great Barrier Reef Marine Park mit den ausgedehnten Mangrovenwäldern. Ein entsprechender Boardwalk erschließt dem Wanderer dieses Naturspektakel.  Bekannt sind Park und dazugehöriger Strand aber besonders, weil sich dort bei Sonnenauf und –untergang Wallabies direkt bis auf den Strand wagen.

Nördlich vor uns auf dem künftigen Tourabschnitt besuchen wir  so bekannte Touristenorte wie TOWNSVILLE, die Strandparadiese AIRLIE BEACH oder SHUTE HABOUR. Darüber dann im nächsten Bericht.

K&K 50 – Viele Wege führen nach ROMA

… und darüber hinaus!

Hinein ins Outback
Hinein ins Outback

Wir steuern also wieder einmal auf eine Inlandschleife zu. Quer durch die Great Dividing Range führen uns die unzähligen kleinen Straßen, die es in der engeren und weiteren Umgebung der Ostküste noch gibt, südwestlich auf die erste Stadt ROMA zu. Rund 400km sind es bis dorthin. Unterwegs treffen wir eigentlich nur auf kleinere Dörfer und Siedlungen. Je weiter westlich ins Voroutback wir fahren, umso dünner wird das Straßennetz. Schließlich konzentriert es sich auf wenige Überlandhighways, unter denen der Warrego HWy der für uns ausschlaggebende ist.

Ständige Begleiter
Ständige Begleiter

ROMA, sie gilt bereits als Outback Town, auch wenn bis zum wirklichen Outback noch einige hundert Kilometer verbleiben. Der Sightseeingschwerpunkt in dieser Kleinstadt liegt eindeutig beim Big Rig. Die Stadt und die Umgebung haben viele Jahrzehnte seit Beginn des 20. Jahrhunderts von der Erdgas- und Erdölförderung gelebt. Das Geschäft ist abgeflaut, die Gas- und Ölvorräte stark dezimiert. Vermarktet wird heute dafür die Geschichte dieses Booms in Form eines Museums mit lehrreichem Film, vielen ehemaligen Gerätschaften inklusive Fördertürmen und sehr anschaulichen Informationstafeln. Abends bei Dunkelheit wird die ehemalige Erfolgsstory dann noch einmal durch eine halbstündige Ligth & Sound Show  eindrucksvoll illustriert.

Flaschenbaum
Flaschenbaum

Wir haben bereits öfter erwähnt, dass WW I für Australien eine bedeutendere Rolle spielt als WW II. In ROMA zeigt sich dieses Phänomen erneut. In der Innenstadt, entlang der Avenue of Heroes wurden 1918 für jeden gefallenen Soldaten aus ROMA und Umgebung ein Bottle Tree gepflanzt und jeweils ein namentlicher  Gedenkstein am Baumfuß gesetzt. Mittlerweile ist aus den 140 Baumsprösslingen eine Schatten spendende Allee erwachsen. Aus unserer Sicht ein gelungenes einfühlsames und lang andauerndes Zeichen des Gedenkens. Am Stadtrand findet der Besucher auch den größten Flaschenbaum von Queensland. Man glaubt, dass er bereits aus dem 19. Jahrhundert stammt. Aktuell hat er die Ausmaße von 9,20m Umfang, 6m Höhe mit einer Baumkrone von 20m.

Tiefer dringen wir ein ins Outback. St. GEORGE lautet das nächste Ziel rund 230km südlich von ROMA, immer den Carnavon HWy entlang. Kurz vor der Stadt gleicht die Gegend einer eingedeichten Landschaft. Beachtliche Kanäle durchziehen die Felder, hohe Dämme schützen vor unnötigem Wasserabfluss. Das Ganze bildet ein kompliziertes Schleusen- und Bewässerungssystem für die Baumwollfelder. Ein gut ausgeschilderter 90km langer Rundkurs bringt uns an die „Schaltstellen“ dieses Bewässerungssystems, vom großen Wasserkraftwerksdamm über kleinere Wehre und Schleusen zu den einzelnen Feldkanälen. Besonders stolz ist man, dass kein einziger kostbarer Wassertropfen unnütz abfließt. Man hat das Kanal- und Pumpsystem so  konstruiert, dass Wasser, welches an einem Kanalende ankommt, wieder zurück an den Kanalanfang gepumpt wird für einen weiteren Durchfluss. So gelingt es, dass die durstigen Baumwollpflanzen selbst hier in der trockenen Plaine prächtig gedeihen.

Und für den Balonne River, der quer durch St. GEORGE fließt, bleibt auch noch genügend Wasser übrig. Seine sandgefärbten Fluten fließen träge dahin. Der Andrang auf die Sandytown River Cruise hält sich in Grenzen.

Emu Egg Kunst
Emu Egg Kunst

Dafür lohnt ein Besuch einer außergewöhnlichen Attraktion: The Unique Egg. Der griechisch stämmige Künstler Stavros hat tausende von Emu-Eiern verziert,  graviert und effektvoll beleuchtet. Der Betrachter kommt sich vor wie in einer anderen Welt, wenn er in dem verdunkelten kleinen Museum die beleuchteten Kunstwerke betrachtet. Zahlreiche Spiegel intensivieren die Lichteffekte und erhöhen den Kunstgenuss. Das beachtliche Lebenswerk eines Künstlers in einer unbekannten Outback Town.

Auf unserer Weiterfahrt ins nordwestlichere CHARLEVILLE (450km von St. GEORGE entfernt gelegen) treffen wir auf eine Besonderheit ganz anderer Art. Das Dorf BOLLON lädt den Durchreisenden zum Free Camping ein. Ein idyllischer, schattiger Platz am Bach wird hierfür zur Verfügung gestellt. Und selbst für eine warme Dusche ist gesorgt. Der Wanderweg zurück ins Dorfzentrum dient gleichzeitig auch als Kunstmeile. Der Wallam Creek Walking Trail präsentiert in einer Open Air Ausstellung bildnerische Kunst der Gwamu Aborigines.

Kein Zoo - Natur
Kein Zoo – Natur

Auf dieser Kunstmeile heißt es „Guck mal hin!“. An ihrem Ende lautet die Aufforderung „Guck mal rein“, nämlich in Deb’s Café. Getränke und Kuchen gibt es dort sicherlich auch. Doch eigentlich handelt es sich um einen Outback General Store, wie er im Buche steht. Hier bekommst du einfach Alles, vom Oberhemd bis zur Eiskugel, vom Spaten über den Räucherfisch bis zu Fahrradersatzteilen. Und was nicht gleich vorhanden ist, wird besorgt. Man kann sich jeden Film sparen,  muss einfach in diesen musealen Laden schauen, um zu wissen, was General Store bedeutet.

Das nächste Etappenziel wird charakterisiert von zwei Zeitreisen. Die erste spielt sich 30km vor CHARLEVILLE ab, ist traurig und tragisch und ist eigentlich nur einen Zeitschritt her. Angellala Bridge Site nennt sich die heutige Gedenkstätte, an der 2014 (6.Sept.) ein Tanklaster mit Nitroglyzerin explodierte. Die Druckwelle war so heftig, dass sich ein Krater von rund einem Kilometer Durchmesser aushob. Die Straßenbrücke wurde zwischenzeitlich erneuert, die angrenzende Bahnlinie noch nicht. Die Explosionswellen waren noch im 30km entfernten CHARLEVILLE zu spüren.

Die zweite Zeitreise kann über tausende von Lichtjahren in die Vergangenheit gehen. Die Kleinstadt hat einen beachtlichen wissenschaftlichen Ruf wegen ihres Cosmos Center. In der ab April beginnenden Trockenzeit mit regelmäßig sternenklarem Himmel bietet das Observatorium deshalb  allabendliche Veranstaltungen zur Sternkunde per Teleskop an. Das Kreuz des Südens steht dabei natürlich im Mittelpunkt. Hier im tiefschwarzen, nächtlichen Outback blinken die Himmelskörper besonders deutlich. Und warum Zeitreise? Das auf Erden zu sichtende Sternenlicht hat vielleicht 2.000 Jahre benötigt, um auf unserem Planeten anzukommen. Wir schauen also in die Sternengeschichte vor 2.000 Jahren. Und wie kann ich das aktuelle, heutige Sternlicht erblicken? Ganz einfach: Man komme in 2.000 Jahren wieder und schaue dann durch das Teleskop. Und so können wir uns zwei Stunden lang am Schein und an den unterschiedlichen Farbtönen vom Großen Orion Nebel, der Jewel Box und dem Jupiter mit seinen Monden erfreuen.

Regenmacher
Regenmacher

Überzeugt wissenschaftlich ist sicherlich auch der selbsternannte Meteorologe M. Wragg 1902 vorgegangen, als er versuchte, mit Hilfe von sechs überdimensionalen Schießpulvergewehren einer langanhaltenden Trockenheit ein Ende zu bereiten. Er wollte damit das Klima verändern. Das ging natürlich schief, aber er hat der Stadt immerhin eine heute noch attraktive Sehenswürdigkeit im Graham Andrews Park beschert.

Wir rollen hinein in die Capital of the Outback LONGREACH. Am östlichen Stadtrand fallen als erstes zwei überdimensionale Flugzeuge ins Auge. Bei näherer Betrachtung handelt es sich um die größten ehemaligen Flugzeuge der australischen Fluggesellschaft Qantas (=Queensland an Northern Territory Aerial Services), eine DC 707 und DC 747. LONGREACH ist die Geburtsstätte der Fluggesellschaft. In dem Qantas Founders Museum direkt beim aktiven Flughafen wird die gut 100jährige Geschichte australischen Passagier- und Frachtflugwesens aufgeblättert.

Gegenüber vom Museum, etwas abseits des Highway, erhebt sich eine riesige, halbrunde Halle. Am Eingangstor lesen wir Stockman’s Hall of Fame. Diese riesige Ausstellung widmet sich also dem Cowboywesen. Denn Stockman ist der australische Begriff für Cowboy (Stock=Vieh). Der Pioniergeist zur landwirtschaftlichen „Eroberung“ des Outback wird durch die zahlreichen Displays, Filme und Ausstellungsstücke wieder zum Leben erweckt. Eine große Abteilung widmet sich dem Flying Doctor Service mit seiner Entstehungsgeschichte. Beide Museen sind besuchenswert und reflektieren ein Stück authentischen Outbacklebens.

Es ist ANZAC DAY (25.April), d.h. der australische Volkstrauertag. Begangen wird er mit einem Umzug, an dem quasi die ganze Stadt teilnimmt, von den Stadtoberen über die Vereine und Schulen bzw. Kindergärten. 30 Minuten zieht man durch die Geschäftsstraßen bis zum ANZAC Park zur eigentlichen Gedenkfeier. Bei aller Aufgelockertheit der Atmosphäre bleibt es stets eine sehr würdige Zeremonie.

Authentische „Outback Erfahrung“ bietet vor allen Dingen das Familienunternehmen Kinnon & Co, welches wir bereits im vorherigen Blog (vgl. K&K 49 – Im Herzen des Outback) vorgestellt haben.

Weiter geht es noch rund 200km tiefer ins Outback hinein, nach WINTON. Der winzige Ort ist geprägt von Andenken an seinen Outbackdichter Banjo Paterson und seiner Waltzing Mathilda. Dieser Song, überhöht fast ausschließlich nur als Anthem / Hymne bezeichnet, gilt als heimliche australische Nationalhymne. Hier im North Gregory Hotel fand die öffentliche Premiere statt. Der Dichter hat das Outback treffend charakterisiert, wenn er sagt: „Wenn man die Sandfliegen nicht rechnet, ebenso wenig den Staub, die oftmals leeren Mägen, wenn man den Regen vernachlässigt, der kalt in die Knochen kriecht, dann ist es hier im Outback doch recht gemütlich“. Das Lied von den Sandfliegen können wir gut mitsingen.

Musik liegt in der Luft-Musical Fence in Winton
Musik liegt in der Luft-Musical Fence in Winton

Pop ähnliche Kunst steht gleich zwei Mal auf dem Programm in dem Outback Städtchen. Arno’s Wall, eine 70m lange und 2m hohe Mauer aus Felsen und Zement, ist künstlerisch bestückt mit Teilen von Rasenmähern, Bootsschrauben, Radkappen oder sonstigem ausrangiertem Gebrauchsgerät. Und dann kurz um die Ecke geschaut, denn da wird es musikalisch am Musical Fence. Dieser Drahtzaun ist so aufbereitet, dass man auf seinen Saiten, sprich Drähten, Töne erzeugen kann. Das begleitende Schlagzeug besteht ebenfalls aus vielfältigen, ehemaligen Gebrauchsgegenständen. Die Informationstafel erzählt, dass hier regelmäßig Konzertwettbewerbe stattfinden.

Winton-Dinosaurier Experten
Winton-Dinosaurier Experten

Erheblich ernsthafter und wissenschaftlicher geht es im Age of Dinosaurs zu. Die Zeitreise reicht rund 95 Millionen Jahre zurück  zu einem wahren Ansturm dieser Kolosse auf diese Region. Im 110km entfernten (davon 50km Sandpiste) Lake Quarry Conservation Park hat man gut 3.000 Fußabdrücke der Urtiere ausfindig gemacht. Örtlich näher, denn nur 20km von WINTON entfernt, widmet sich eine Forschungseinrichtung der Aufbereitung gefundener Dinosaurierknochen. Eine geführte Tour durch die Laboratorien mit anschließendem Museumsbesuch gewähren einen ausgezeichneten Einblick in diese filigrane Arbeit.

Ab WINTON, rund 900km Luftlinie von der Ostküste entfernt, machen wir uns wieder auf den Rückweg.  Dabei folgen wir im Großen und Ganzen dem Capricorn Highway, der entweder direkt oder in unmittelbarer Nähe des südlichen Wendekreises verläuft. So durchfahren wir auch ein weiteres Mal LONGREACH und gelangen schließlich nach BARCALDINE.

Die City mit dem historischen Bahnhof wird geprägt vom Tree of Knowlegde / Baum der Erkenntnis. Mit Religion hat dieses einem Baum gewidmete Denkmal nichts zu tun. Wie in einem Glockenspiel ertönen die Geräusche aneinander schlagender Holzschlegel im sanften Wind.

Barcaldine-Tree of Knowlegde
Barcaldine-Tree of Knowlegde

Erinnern soll das Memorial an den ersten Streik der Schafscherer im Jahr 1891. Was als singulärer Streik begann, weitete sich bald auch in anderen Branchen über ganz Queensland, im Folgenden über ganz Australien aus. Somit war die nationale Gewerkschaftsvereinigung geboren, aus der später dann die aktuelle Labour Party hervorging. Im Australian Workers Heritage Center wird diese Geschichte in Form eines Freiluftmuseums präsentiert. Jeder Pavillon erzählt den Werdegang eines anderen Gewerkschaftszweiges bis hin zur vereinigenden Umwandlung in eine politische Partei. Eine beeindruckende Ausstellung!

Unweigerlich rückt der Südpazifik wieder näher. Nach weiteren 350km Ostroute gelangen wir in die Edelsteinregion mit dem zentralen Ort EMERALD. Überall wird nach Saphiren gebuddelt, sowohl industriell wie auch privat. „Fossicking / Schürfen“ lautet das Stichwort, um Besucher anzulocken. Die nahe gelegenen Dörfer ANAKIE und RUBYVALE tun sich hier besonders hervor.  Ausgerüstet mit Schürfpfanne kann jeder gegen Eintritt auf bestimmten Schürffeldern sein Glück versuchen. Sollte er Erfolg haben, versprechen die örtlichen Juweliere, der Kostbarkeit je nach Geldbeutel eine würdige Einrahmung aus Gold oder Silber zu verpassen.

Mindestens ebenso kostbar und viel intensiver wird in BLACKWATER, 80km weiter Richtung Pazifik, geschürft. Nicht nach Edelsteinen sondern nach Kohle. Die für den Ort sehr junge Industrie – erste Funde in den 1960ger Jahren – prägen durch den Tagebau das Landschaftsbild. Ein langer Kohlezug nach dem anderen rollt schwerbeladen Richtung Meer, wartet dann entladen im Eisenbahnknotenpunkt BLUFF auf seine Weiterfahrt zurück in die Kohlegruben. Wer mehr darüber wissen möchte, besuche das International Coal Center in dem von Neubausiedlungen geprägten BLACKWATER.

Outlook Blackdown Tableland
Outlook Blackdown Tableland

Am Horizont erheben sich wieder einmal die ersten Bergketten der Great Dividing Range, nicht felsig schroff dafür grün bewaldet. Nach 12 Tagen rostbraunem Outback Ambiente ergötzen wir uns an jedem mit Bäumen bewachsenem Hügel. 40km östlich von BLACKWATER lockt uns ein Schild noch einmal vom Highway. Blackdown Tableland National Park in 20km klingt es verheißungsvoll. Luftige Abwechslung vom einerlei der Plaine kann nicht schaden, denken wir uns. Nach rund 15km ragt das Felsplateau urplötzlich steil empor. Die enge Straße schraubt sich in vielen Haarnadelkurven auf 800m und endet ebenso unvermutet im tiefsten Wald mit fantastischem Outlook. Dichter, grün satter und vor allen Dingen staubfreier mit Palmen durchsetzter Regenwald – welch eine Labsal.

Blackdown Tableland NP
Blackdown Tableland NP

Quasi ein letzter Sprung, immer parallel zu den ratternden, gigantischen Kohlezügen (mit 110 gezählten Waggons)  und die Ostküste hat uns in  GLADSTONE wieder. Für die Kohlewaggons bedeutet dies Endstation auf dem Landweg und Verladung auf Schiffe. Die Stadt selbst ist geprägt von Industrie, besonders auch Raffinerien. Doch zwischendrin immer mal wieder kleine, schmucke, inselartige Parklandschaften. Man mag wetten, ob die ausgeschilderten Outlooks oder die Kohlehalden höher sind.

Ständige Begleiter
Ständige Begleiter

12 Tage Outback Erfahrung, was haben sie außer gut 2.000 gefahrenen Kilometern gebracht? Wir glauben, ein wenig vom authentischen Outback Flair erlebt zu haben. Was auf den ersten Blick als leere, tote Landschaft erscheint, steckt nicht zuletzt durch die Outback Bewohner auf den zweiten voller Leben. Wir können erahnen, wie hart eine Existenz in dieser steinigen Halbwüste sein kann, wo das wohl kostbarste Gut eine regelmäßige Trinkwasserversorgung darstellt. Wie steht es auf einem bunten Plakat irgendwo im Nirgendwo? „The Outback – You should’nt be faint-hearted! / Das Outback – nichts für Hasenfüße“.

K&K 49 – Im Herzen des Outback

… oder Das Outback im Herzen

Nogo Farmland
Nogo Farmland

 Der erste Begriff konzentriert sich sicherlich stärker auf die geographischen Gegebenheiten. Wir besuchen die Kleinstadt LONGREACH, welche rund 700km Luftlinie westlich der Ostküste auf dem Wendekreis des Steinbocks liegt. Also mitten im unwirtlichen Outback. Rund 3.000 Bewohner hat es hierher gezogen an einen Ort, der umgeben ist von nichts anderem als steiniger Plaine und verdorrtem Gras. Einige knorrig krüppelige Bäume und Büsche ducken sich im 35°C heißen Herbstwind. Unter einer dicken Staubschicht kann das Blattgrün nur erahnt werden. Wäre da nicht der nahe Thomson River, die Stadt wäre von gesicherter Wasserversorgung abgeschnitten. Egal in welcher Himmelsrichtung, der nächstliegende Ort, die dichteste Siedlung liegen mindestens 100km entfernt.

Das Outback im Herzen müssen die Stadt- und Umlandbewohner sicherlich haben. Eine besondere Outback Familie wollen wir herausgreifen und etwas näher beleuchten. Wir sprechen von den Kinnons und dem Unternehmen Kinnon & Co.

Das klingt erstes einmal recht ähnlich zu Cobb & Co.. Wir erinnern uns, das damalige legendäre Transportunternehmen hat in einer einmaligen Pionierleistung Queensland auf transportfähig getrimmt (vgl.K&K 46 „Von Sechs bis Sechs“). Gibt es Verbindungen zwischen Cobb und Kinnon? Nur insoweit, als einer der Kinnonvorfahren zeitweilig als Kutscher bei Cobb gearbeitet hat.

River Cruise
River Cruise

Viehzüchter seit mehreren Generationen haben die Kinnons sich nunmehr auf ein offensichtlich florierendes Tourismusgeschäft verlegt mit Hotel, Ferienhäusern und Outbackstore. Der stärkere Akzent liegt wohl aber auf den Tour- und Besichtigungsmöglichkeiten für den Besucher. Was uns allerdings bei unserer ersten Begegnung sofort auffällt, ist die entgegenkommende Freundlichkeit dem Besucher gegenüber. Sie hebt sich wohltuend von geschäftstüchtigem Entgegenkommen ab, wie wir es in dieser Branche des Öfteren erleben.

Campfire Dinner
Campfire Dinner

Outback pur und authentisch erleben, hat sich die fünfköpfige  auf die Fahnen geschrieben. Hierfür gibt es einen bunten Strauß an Exkursionsmöglichkeiten, sowohl als Einzelveranstaltungen aber auch in gebündelter Form. Wir entscheiden uns für drei Exkursionen an drei verschiedenen, aufeinanderfolgenden Tagen.

Unser Start ins Outback-Erlebnis verläuft allerdings völlig anders. Wir genießen einen Intensivkurs von australischem Outback Humor. Harry Redford Old Time Tent Show kommt mittags zwischen 12 und 13 Uhr auf die Bühne, besser in die Innenhofarena. Kutschen, allerlei Gebrauchsgegenstände, Tiere und vor allen Dingen die beiden Söhne der Familie, geborene Komiker, erzählen die Geschichte des Betrügers und Viehdiebs Harry Redford, alias Captain Starlight. Wer bisher meinte, er könne mit seinem Englisch im Outback problemlos klarkommen, sollte einen weiteren Intensivkurs im australischen Outbackslang belegen. Eine Stunde köstliches Amusement!

Tent Show
Tent Show

Besinnlich romantisch wird es später dann gegen Abend bei Starlight’s Cruise Experience. Ein Bus bringt uns an eine Anlegestelle am Thomson River. Dort wartet bereits ein kleiner Raddampfer auf die Gäste. Gemütlich schippern wir eine Stunde lang auf dem gemächlichen Fluss dem Sonnenuntergang entgegen. Je tiefer die glutrote Sonne steht, umso stärker gewinnen wir das Gefühl, dass Bäume und Büsche brennen. Mit der einbrechenden Dunkelheit geht es zurück an die Anlegestelle. Die geringere Aussichtsmöglichkeit in der Finsternis wird versüßt mit kleinen, per Hand hergestellten Snacks (nibbles). Sozusagen als Vorspeise. Denn auf einer Ranch-Freiluftstation gibt es anschließen das traditionelle Stockman’s Campfire Dinner (stockman ist der australische Ausdruck für cowboy / stock=Vieh). Während wir das köstliche Beefstew mit Kartoffelbrei und Toast verzehren, erfahren wir, dass solch eine Mahlzeit typisch für das Cowboyleben ist. Denn unterwegs, im Freien, beim Viehtreiben sind große Geschirr- und Besteckansprüche einfach nicht umsetzbar. Eine Gabel und ein lackierter Zinnteller müssen genügen. Mehr erhalten wir auch nicht als Ausrüstung, außer dem Zinnbecher mit Henkel für den auf dem Lagerfeuer gekochten Kaffee. Als robuste Nachspeise wartet Apfelkuchen auf den Verzehr, gleiche Gabel, gleicher, aber neuer Teller.

Campfire Dinner Show
Campfire Dinner Show

Zur Auflockerung gibt Scotty, ebenfalls ausgerüstet mit komödiantischem Talent und stets barfuss, sogenannte Bush Poetry zum Besten. Das sind meist in Versform gekleidete Geschichten und Begebenheiten aus dem Outbackalltag. Dann wird es ernster mit Starlight’s Spectacular Sound & Light Picture Show. Auf einer überdimensionalen Freiluftbildleinwand erleben wir im Film die Aktivitäten dieses ehemaligen Viehdiebs und Betrügers. Heute ist er jedoch schon fast zum Helden avanciert, denn er hat auch Gutes getan. Der Abend endet jedoch nicht einfach mit Film, Licht und Lagerfeuer . Zum Abschluss wird hausgebackener Carrot Cake mit Sirup serviert. Wer soll dem noch widerstehen!  Allmählich wandelt sich das Outbackleben in süßes Leben.

Coach Drive
Coach Drive

Am folgenden Morgen geht es sofort weiter mit den Outbackerfahrungen. In einer historischen Pferdekutsche, Cobb & Co lassen grüßen, schaukeln wir hoch oben auf den Außensitzen durch die wüstenähnliche Ebene. Unsere Strecke von rund 10km hat so manchen Hintern bereits zum Scherzen gebracht, so manches Herz fast stillstehen lassen, wenn die Kutsche mal wieder durch ein unvorhergesehenes Schlagloch rumpelt. Dabei erweist sich die Aussicht „von oben – nach hinten“ als hervorragender Blick auf den weit entfernten Horizont. Im wahrsten Sinne getrübt wird der Blick durch den aufgewirbelten Staub. Unweigerlich fängt es nach einer kurzen Weile an, zwischen den Zähnen zu knirschen. So ganz allmählich bekommt man eine blasse Ahnung davon, was es bedeutet haben mag, zu Zeiten von ausschließlichem Kutschentransport zu reisen. Denn was bedeuten schon unsere 10km im Vergleich zu den 80km durchschnittlicher Tagesleistung bei den damaligen Fernreisen. Durchgeschaukelt und heftig bestaubt klettern wir später dann via Hinterrad und Achse wieder hinab auf festen Boden. Ein authentisches Erlebnis. Zur Erholung dürfen wir uns dann im unternehmenseigenen Kino einen süßen und anrührenden Outbackabenteuerfilm anschauen, Huckleberry Finn auf australisch. Und zum Abschluss darf natürlich auch eine weitere Version Tent Show nicht fehlen.

Nogo Farmhouse
Nogo Farmhouse

Wie zu Anfang bereits erwähnt, hat die Kinnon Familie ihre Wurzeln in der Viehzucht. Dieser Zweig ist trotz Schwerpunktverlagerung nicht völlig abgestorben. Die Tochter Abigail bewirtschaftet zusammen mit ihrem Ehemann weit draußen in der Outbackebene die NoGo Farm. Diesem Anwesen gilt unser dritter Ausflug ins Outbackleben.

„No Go“, dort, wohin eigentlich niemand mehr kommen oder gehen möchte, verdient dieser Zweig der Kinnon Family seinen Lebensunterhalt, hauptsächlich mit Schafszucht. Da darf natürlich auch die Vorführung einer Schafscherung nicht fehlen. Wir erfahren, dass die hier Tagesleistung eines durchschnittlichen Schafscherers zwischen 150 und 300 Tieren liegt. Für solch eine Schwerstarbeit ist nicht jeder zu gebrauchen in dieser Gluthitze. Als guter Schafscherer zu gelten, bedeutet Auszeichnung und wird hoch anerkannt.

Nogo Farm Schafscheren
Nogo Farm Schafscheren

Die Ausmaße dieser Farm sind riesig. Wir fahren fast eine Stunde per Allrad- Bus herum, um vom Eingangstor zum Haupthaus zu gelangen. Unterwegs wird uns deutlich, wie kompliziert das Bewässerungssystem sein muss und ist, um überhaupt dort auf kleinen Flächen noch etwas wachsen zu lassen bzw. das Vieh zu tränken. Sichtbar aus dem Erdboden scheinen nur Steine und Felsen zu wachsen. Der kleinste Windhauch hüllt dich unweigerlich in Staub ein.

Nogo Farm
Nogo Farm

Wie fast alle Häuser steht auch dieses Farmhaus auf Stelzen. Dabei handelt es sich um den typischen Queensland Farmhouse Stil. Die Stelzen dienen weniger dem Schutz gegen Hochwasser, welches allerdings auch von Saison zu Saison bedrohlich ganze Landstriche überflutet. Der Luftraum zwischen Erdboden und Hauserdgeschoss wirkt vielmehr wie eine Klimaanlage. Da der Boden sich durch den Dauersonnenschein unweigerlich stark aufheizt, würden Häuser nie richtig abkühlen können. Der ständige Outbackwind weht so unter den Häusern hindurch mit kühlender Wirkung. Sicherlich hält sich die Kühlung tagsüber in Grenzen. doch nachts kann dieses System seine Wirkung vollständig entfalten.

Es wäre verwunderlich, wenn nicht! Doch Captain Starlight taucht erneut auf. Dieses Mal geht es um seine damaligen Ställe, in die er das gestohlene Vieh gepfercht hatte. Sie stehen heute immer noch auf diesem Boden (und werden in Ehren gehalten).

Wie bereits die Abendcruise endet auch diese Tour kulinarisch. Einheimische kennen natürlich den Begriff Smoko. Wir lassen ihn uns erläutern. Ausgeschrieben bedeutet er: Have a Break for Smoking , zu Deutsch: Raucherpause. Diese Pausen strukturieren den Arbeitsalltag der stockmen. Mit Rauchen haben sie allerdings so gut wie nichts mehr zu tun. Sie mutierten zu Imbisspausen. Auf der großräumigen Veranda des Farmhauses wird bei unserem Besuch kräftig serviert, insbesondere Sandwiches,  verschiedene Sorten hausgebackener Kuchen und Kekse, incl. Kaffee, Tee und Kaltgetränke. Hausgebacken garantiert, denn Abigail, Farmersfrau und Kinnon-Tochter hat ein eigenes Smoko-Rezeptbuch herausgegeben.  DSCN2815

Bewundernswert die Kinnon Family, dieser Familienbetrieb im tiefsten Outback. Aus vollem Herzen unterstreicht das Familienoberhaupt Richard noch einmal sein Outbackmotto: „Wir tragen das Outback in unseren Herzen. Unseren Gästen möchten wir ein kleines Stück abgeben von dem Outback, welches wir lieben“. Es ist gelungen.

 

K&K 43– Zurück ins Grün

Nach dem Besuch von PETERBOROUGH ändert sich natürlich nicht gleich die Landschaft, auch wenn die Pazifikküste als Ziel angestrebt wird. Outback bleibt Outback. Aber es ändert sich mal wieder der Bundesstaat. 250km auf einsamer Route, dem Barrier Highway, und wir kehren zurück nach New South Wales, unserem früheren Ausgangspunkt. Das Betreten dieses Bundesstaates geht glücklicherweise ohne Quarantäne Kontrolle vor sich. Also, alles Obst und Gemüse kann mitgenommen werden.

Broken Hill
Broken Hill

Kurz hinter der State Border steuern wir eine World Cultural Heritage Stadt an, BROKEN HILL. Sie ist wegen ihrer Pionier- und besonders Bergbaugeschichte als zu erhaltenes Kulturdenkmal ausgewiesen. Doch bevor wir darüber berichten, zunächst einmal eine Kuriosität am Rande.

Der Übergang von South Australia (SA) nach New South Wales (NSW) bedeutet auch eine neue Zeitzone. Von Westen kommend müssen die Uhren um 30Minuten vorgestellt werden. Nicht so in BROKEN HILL. Asterix’ gallisches Rebellendorf nacheifernd, bleibt die Uhrzeit die gleiche wie in SA. Der Grund liegt einfach darin, dass sich BROKEN HILL von der Landesregierung NSW  in SYDNEY nicht ausreichend gewürdigt  und schlecht behandelt fühlt. So wurde vom Stadtrat kurzerhand beschlossen, sich stärker an SA anzulehnen, z.B. durch die Zeitzone. Darüber hinaus gibt es eine einseitige BROKEN HILL Erklärung, dass die Stadt nicht zu NSW gehört bzw. gehören will.

Broken Hill City Center
Broken Hill City Center

Dem Besucher kann dieser Dauerstreit egal sein. Ihn interessiert eher die UNESCO – Komponente, was den Ort so erhaltenswert macht. Als Zentrum des auch heute noch aktiven Silberbergbaus blicken Stadt und Region auf eine spannende Geschichte, die  nicht erst mit der europäischen Besiedlungsepoche begann ,sondern geologisch geschätzte 200 Millionen Jahre früher. Damals soll das riesige Great Artesian Basin explodiert sein, woraufhin der Barrier Hill entstand. Die Vulkantätigkeiten setzten dann die sogenannten Gold-und Silbererdschichten frei. Die heutige Menschheit darf von dieser erdgeschichtlichen Veränderung nunmehr profitieren. In dem Stadtnamen BROKEN HILL ist diese Umwälzung enthalten. 1907 wurde der heute 30.000-Seelen-Ort offiziell zur Silver City gekürt.

Broken Hill Miners Memorial
Broken Hill Miners Memorial

Eine gigantische Abraumhalde und die nicht viel kleinere Tagebaumine beherrschen das Stadtbild. Bei der Ortseinfahrt erblicken wir sofort den Schriftzug Underground am Haldenhang. Gut 130m können wir per Auto auf die Halde fahren. Neben dem fantastischen Rundblick auf Stadt und Umgebung lockt der Besuch des Line of Lode Miners Memorial. Vom äußeren Erscheinungsbild her kommt es einer langgestreckten Kathedrale gleich, ähnlich der Eismeerkathedrale in Tromsö. Doch es gibt kein wirklich Inneres. Die Enden bleiben offen. Links und rechts an den Innenwänden sind Grabplatten montiert, jede versehen mit einer weißen Rose. Auf der Grabplatte sind eingraviert der Name und die Lebensdaten des Minenarbeiters, das Datum seines tödlichen Arbeitsunfalls, wo bekannt, auch dessen Ursache. Insgesamt 900 Gedenktafeln seit 1883. Schlicht aber beeindruckend.

Um stets genügend Arbeitskräfte in diese Einsamkeit zu locken, geben Stadt und Unternehmen sich viel Mühe. Neben verschiedenen schönen Parks lockt ein ebenso anziehendes Schwimmbad. Die historische Innenstadt trägt ebenso beträchtlich zur Wohlfühlatmosphäre bei. Der städtische Terminkalender für kulturelle, sportliche und sonstige Veranstaltungen ist prall gefüllt. Zufällig besuchen wir BROKEN HILLL am Wochenende der St. Patrick Pferderennen.  Das national irische Grün prägt das Stadtbild, die Bewohner haben sich entsprechend herausgeputzt.

Wer tiefer in die Bergbaugeschichte einsteigen möchte, dem empfehlen wir eine Day Dream Mine Tour und das Silver City Mint & Art Center.

Nun sind die Minenschächte nicht ausschließlich in und um BROKEN HILL gruppiert. Es gibt weit entfernte Arbeits- und Wohnsiedlungen, in die man nach vielen Stunden Fahrtzeit nur per Allradfahrzeug gelangt. Hierin fährt kein Bus mehr, geschweige denn ein Schulbus. Um aber auch diese Kinder beschulen zu können, hat man in BROKEN HILL eine School on the Air eingerichtet. Die Kinder werden per e-mail, Bildschirm und Videokonferenz fernunterrichtet. Interessierte an dieser Pädagogik können gern einmal nach Voranmeldung an solch einem Unterricht teilnehmen (www.schoolair-p.schools.nsw.edu.au)

Keine noch so friedliche Idylle bleibt ewig ungetrübt. Auch hier müssen wir einen Wehmutstropfen einfügen. Die Stadt leidet heftig unter Trinkwassernot. Der die Region durchfließende Darling River hat nicht erst seit diesem Sommer einen sehr niedrigen Pegelstand. Die entsprechenden Wasserreservoire konnten und können sich nicht mehr richtig auffüllen. Der hohe Wasserverbrauch für den Bergbau trägt sein Schärflein dazu bei. In der Konsequenz unterliegt BROKEN HILL einer Wassernotstandsregelung der Stufe 3, der höchsten. Verbote für Rasensprengen, Autowaschen oder ausgedehntes Duschen sind unter diesem Aspekt kaum noch erwähnenswert.  Die gegenseitigen Beschuldigungen, wer wann zu viel verbraucht hat, schlagen in der australischen Presse hohe Wellen, nicht nur in der regionalen.

Pink Kakadu
Pink Kakadu

BROKEN HILL sieht sich in der stiefmütterlichen Behandlung durch die NSW-Regierung bestätigt. Die Zentrifugalkräfte in Richtung South Australia- Zugehörigkeit legen noch ein paar Umdrehungen zu.

Wir erhöhen die Umdrehungen ebenfalls, aber in puncto Idylle. Im stadtnahen Umfeld von BROKEN HILL   lohnen zwei Ausflüge. Der eine führt ins 12km entfernte SILVERTON. Dieses 200-Einwohner-Künstlerdorf mit seinen hügeligen Sandstraßen beherbergt nicht nur ein Minenmuseum und zahlreiche Gemäldegalerien, sondern auch zwei außergewöhnliche Sammler. Mad Max 2 nennt sich der eine. Er sammelt alles, was komisch ist, besonders ausgefallene Automarken. Der andere stapelt eine Nummer tiefer und hat sich auf Fahrräder spezialisiert. Beide Sammleroriginale sind aber bestimmt das letzte, was man in dieser einsamen, unwegsamen Gegend erwartet und gebrauchen kann.

Und gleich hinter dem Dorf beginnt der Mundi Mundi National Park. Er ist eigentlich nichts weiter als eine Kopie der Nullarbor Plain, nur noch etwas krüppeliger und trockner. Vom nahe gelegenen Outlook aus verliert sich der Blick schnell in der rot-grünen Unendlichkeit.

Broken Hill Sculptures Hill
Broken Hill Sculptures Hill

Der zweite Ausflug führt zur 15km außerhalb liegenden Living Desert Reserve. Auf den ersten Blick ein wüstenhaftes Naturschutzgebiet wie jedes andere auch. Auf den zweiten ein künstlerischer Edelstein. Auf dem Living Desert Sculpture Hill, ca. 2km vom Parkplatz entfernt, haben internationale Künstler massive Steinskulpturen kreiert und alle auf der relativ engen Hügelkuppe platziert. Der Kunstgenuss wird besonders intensiv abends beim glutroten Sonnenuntergang, wenn einzelne Kunstwerke  rosa bis rote Sonneneinstrahlung reflektieren. Die Mühen des Aufstiegs geraten bei solchem Kunstgenuss schnell in Vergessenheit. Aber für den Rückweg sollte man eine Taschenlampe mitnehmen.

Bis zur „Rückkehr ins Grün“, sprich zunächst bis zum Gebirgszug Great Dividing Range unweit der Pazifikküste sind noch viele hundert Kilometer durch das Outback zurückzulegen. Der Weg dorthin nennt sich Mining Trail. Wie auf einer Perlenschnur reihen sich die kleinen aktuellen und ehemaligen Bergbaustädtchen aneinander, wie z.B. WILCANNIA, COBAR oder NYNGAN. Die erste und dritte Siedlung leben von der Geschichte und sind gut für einen Tankstopp.

Cobar Goldmine
Cobar Goldmine

In der zweiten gibt es eine aktive Goldmine zu besichtigen. 600m tief kann man von einer Aussichtsplattform aus, The Peak Gold Mine Outlook, in die Tiefe schauen, ein anschauliches Beispiel mit Einblick.

Über COOPER PEDY haben wir im vorherigen Kapitel berichtet. Coober Pedy en miniature gibt es auf einem kleinen nördlichen Umweg vom Mining Trail aus. In WILCANNIA zweigt eine knapp 100km lange geteerte Straße nach WHITE CLIFFS ab. Auf mehrere Hügel verteilt erscheinen nach gut einer Stunde Fahrzeit mitten in der Wüste am Horizont einige Häuser, Wassersilos und Bohrtürme. Fast gespenstisch flimmern sie in der Hitze. Wie in Coober Pedy wird auch hier nach dem Opal Edelstein geschürft. Und schließlich, wie in Coober Pedy, haben sich die knapp 200 Einwohner oftmals wegen der Gluthitze in Höhlenwohnungen zurückgezogen.

White Cliffs Outback Abendstimmung
White Cliffs Outback Abendstimmung

Bei unserer Fahrt dorthin und von dort zurück hat sich unser Tierfilmensemble neben unzähligen Kängurus und Emus noch um Fuchs und Adler erweitert. Besonders in den frühen Abend- bzw. Morgenstunden freut sich der Fotograf über zahlreiche Motive. Aber Vorsicht: Geschwindigkeit drosseln! Die vielen überfahrenen Kängurus und Emus sprechen Bände und locken Heerscharen von Krähen an.

Back O‘ Bourke oder „If you know Bourke, you know Australia“. Der erste Ausspruch bedeutet nichts anderes als „in the mddle of nowhere / mitten im Nirgendwo“. Die Ortsbestimmung trifft zu. Hier triffst du kein Mietwohnmobil mehr, vielleicht mal einen Wohnwagenanhänger eines Einheimischen. Die Zugangsstraßen sind so gut wie leer gefegt.  Mindestens 160km von jeglicher Siedlung, geschweige denn Stadt entfernt, genießt die Kleinstadt BOURKE, nördlich von COBAR, erstaunlicherweise ein lebendiges Eigenleben. Keine Wüsteneinöde wird in ihr spürbar. Blitzsauber präsentiert sie sich. Quicklebendig zeigt sich die Einkaufsstraße mit einem unerwartet reichhaltigen Angebot. Sie könnte als Musterstadt für andere Outbackgemeinden dienen. Als besonders beeindruckend erweist sich das Back O‘ Bourke Exibition Center, welches die Historie der Stadt und der Region intermediär von allen Seiten beleuchtet.

Bourke auf dem Darling River
Bourke auf dem Darling River

Und warum nicht in Form eines Kombitickets gleich eine 60-minütige Raddampferfahrt auf dem Darling River mitbuchen? So ruhig und beschaulich gleitet die Outbacklandschaft dabei an dir vorbei, dass du Outback-Stimmung pur erlebst. Verwundert fragen wir den Kapitän nach den Gründen der oben geschilderten Trinkwassernot in BROKEN HILL. Seine Antwort fällt knapp und eindeutig aus: „Menmade / von Menschenhand gemacht! Die können alle nicht mit Wasser umgehen. Außerdem haben sie sich durch die Stauseen und Dämme menschlichem Handeln ausgeliefert. Hier regelt alles die Natur.“

Und kennt man Australien wirklich, wenn man BOURKE kennt, wie der bekannteste australische Dichter Henry Lawson (1867-1922) behauptet? Wir lassen die Antwort offen, haben bereits vieles in Australien erlebt und werden sicherlich noch vielem Nicht-Bourke-Typischem begegnen.

Weiter geht es der grünen Natur entgegen. Rund 250km südöstlich von BOURKE rollen wir in DUBBO ein. Hier sprudelt schon mal wieder Nicht-Outback-Leben, was unter anderem an grünen Rasenflächen sichtbar wird. Den Augen und ihrer Suche nach Farbe tut dieser Anblick gut. Sicherlich quillt DUBBO nicht über vor Sehenswürdigkeiten. Aber wenn man schon einmal dort ist, sollte ein Besuch im Old Dubbo Goal  (historisches Gefängnis) nicht ausgelassen werden. Nicht unbedingt Erfreuliches erfährt und erblickt man hier. Zellen, Dunkelkammern für Isolierhaft und ehemalige Hinrichtungsstätten sind nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, aber ein wichtiger historischer Abschnitt in der Stadtgeschichte.

Auffällig sind die Nashornskulpturen im Stadtbild. Sie sollen den Besucher in den Taronga West Plains Zoo locken, in einen Safaripark, welcher per Auto befahrbar ist.

The Great Dividing Range
The Great Dividing Range

Nun sind es nur noch rund 300km bis zur Great Dividing Range, dem rund 3.500km langen Nord-Süd-Gebirgszug, der Australiens Ostküste vom Outback trennt. 300km rollen wir durch Farmland, welches wegen der gewesenen Sommersonnenglut eine ausschließlich braun verdorrte Wiesenlandschaft aufweist. Ein wenig Vieh sucht noch nach den letzten grünen Halmen. Doch in diesem Punkt tut sich nicht viel in der Landschaft.

Ganz anders dann in dem Gebirgszug. Weite Täler, z.B. das Hunter Valley mit seinen Weinbergen wechseln sich ab mit steilen Schluchten, durch die sich die enge Gebirgsstraße windet. Rund 200km folgen wir ihr in Nord-Süd-Richtung. Orte gibt es so gut wie keine, erst wieder je mehr wir uns SYDNEY nähern.

The Great Dividing Range
The Great Dividing Range

Doch wir bleiben rund 100km nördlich der Metropole und biegen ab auf den Pacific HWy, um kurz darauf in dem Touristenort THE ENTRANCE den Pazifik wieder zu erreichen.

Der Ort bedeutet für uns einerseits den zeitweiligen Abschied vom Outback. Andererseits symbolisiert er das Tor zur Ostküste, der wir folgen wollen bis hinauf ins ferne CAIRNS / Queensland.

REISEBERICHTE / DIAVORTRÄGE über AUSTRALIEN

Nullarbor Plain
Nullarbor Plain

Nach Tasmanien (AUS 1) hat nunmehr auch unser zweiter Reisebericht / Diavortrag das Licht der Welt erblickt.

AUS 2: Vom Urwald ins Outback – Australiens Süden

Mehr Informationen hierüber gibt es hier.

K&K 42 – Leben im Untergrund

Wie angekündigt starten wir überirdisch die „Rücktour“ wieder gen Osten. Am Nachmittag des zweiten Fahrtages rollen wir erneut in CEDUNA ein. Nach einer Übernachtung bei der idyllisch gelegenen boat ramp folgen wir nun dem Ostkurs ins knapp 500km entfernte PORT AUGUSTA. So werden wir gut eingestimmt auf rotes Outbackflair, vom Bergbau durchwühlte Erde, besonders in IRON KNOB und intensiver werdende herbstliche Hitze (bis 40°C).

Port Augusta
Port Augusta

PORT AUGUSTA, die 14.000 Einwohnerstadt, ist geteilt durch den Spencer Gulf, was dem Besucher die Gelegenheit gibt, die Uferpromenaden entlang zu schlendern. Ein Bad zu nehmen, sei nicht so sehr angeraten, denn die stark industriell geprägte Stadt war lange Zeit Umschlaghafen auch für Chemiegüter. Der ehemalige Hafen ist heute nur noch Brache, Güterumschlag findet nicht mehr statt. Dafür hat man dann eine supermoderne Innenstadt entstehen lassen.

Unter den Sehenswürdigkeiten heben wir besonders das Wadlata Outback Center hervor (www.wadlata.sa.gov.au) . Per Zeittunnel reisen wir in die Vergangenheit, von der Entstehung des australischen Kontinents bis in die Gegenwart. Unterwegs treffen wir auf die prähistorische Pflanzen- und Tierwelt, lernen die „Aboriginal Dreaming Stories“ kennen und erfahren viel über die problembeladene, europäische Besiedlung im 19. Jahrhundert. Dieser sehr lohnenswerte Zeittunnel führt bereits ins Unterirdische, nach „Down Under“.

Coober Pedy-Umgebung
Coober Pedy-Umgebung

Nach mehreren Stunden tauchen wir wieder auf für einen Höhenflug. Hier in PORT AUGUSTA hat der weltbekannte Royal Flying Doctor Service (RFDS) eine Flugbasis, der wir einen Besuch abstatten. Ihr Werbespruch: „The furthest corner, the finest care“ beinhaltet das ganze Programm. Diese Gesellschaft, zu 80% durch Spenden finanziert, stellt die ärztliche Versorgung auch in der entlegensten Ecke im wüstenhaften, fast zivilisationslosen Zentralaustralien sicher. Ein beeindruckender Film mit anschließender Führung durch die Airbase veranschaulicht eindringlich die schwere Aufgabe dieser Organisation.

Landunter
Landunter

Die Entlegenheit des Outbacks wollen auch wir jetzt hautnah spüren. Nicht per Flugzeug, sondern mit dem Wohnmobil. PORT AUGUSTA bildet hierfür das entscheidende Wegekreuz in Nord-Süd- wie in Ost-West-Richtung. Wir nehmen für knapp 600km den Stuart Highway gen Norden. Ausgeschildert sind bereits das berühmte ALICE SPRINGS (rund 1.500km) sowie DARWIN, hoch oben im Nothern Territory. Dieser Highway, auch Explorer Highway genannt, stellt die einzige, geteerte Nord-Süd-Verbindung durch Zentralaustralien dar. Wie bereits bei der Durchquerung der Nullarbor Plain stellen auch hier verschiedene Roadhouses die Tankversorgung sicher.

Auf diesem Tourabschnitt  folgen wir der einsamen Teerstraße bis COOBER PEDY. Links und rechts am Wegesrand begleiten uns die nunmehr gewohnten Road Trains und niedrige Büsche und Grasbüschel auf roter Erde. Die Straßenrandkrähen wollen wir nicht vergessen zu erwähnen. Der Sichthorizont liegt stets in weiter Ferne. An manchem Lookout schimmern Wasserflächen in der Wüstensonne, offiziell als Seen bezeichnet. Urplötzlich wird die Idylle getrübt durch starke Regenfälle. Auf dem Straßendamm bleibt das ungefährlich. Doch setze keinen Fuß darüber hinaus. Was eben noch trockener, steinharter, von der Hitze aufgerissener Erdboden war, hat sich zur Schlammwüste entwickelt. Riesige Pfützen, von Fliegen- und Mückenschwärmen umtanzt, prägen jetzt das Aussehen der Landschaft. Man sinkt unweigerlich in diesen Boden ein. Abkühlung darf man durch solche Regenfälle allerdings nicht wirklich erwarten. Die Luft wird kurzfristig schwül mit stark erhöhter Luftfeuchtigkeit. Dann ist der vorherige Zustand wieder erreicht.

Coober Pedy
Coober Pedy

Nach rund 8 Stunden Fahrzeit taucht in der Ferne eine rostrote Hügelkette auf. Kein Wander- oder Naturschutzgebiet, sondern die Hinterlassenschaften des Bergbaus in Form von Abraumhalden. COOBER PEDY nennt sich auch Opal Capital of the World. Seitdem hier vor gut 100 Jahren zum ersten Mal von dem Abenteurer William Hutchison dieser Halbedelstein gefunden wurde, boomt die Gegend. 3.500 Einwohner zählt die Stadt heute. Großraummaschinen sind fast häufiger anzutreffen als private PKW. Der Bergbau mit seinen Folgen wird bildet das touristische Herzstück der Region.

Coober Pedy-Underground
Coober Pedy-Underground

Die unwirtlichen, fast mondhaften Lebensumstände, besonders die sommerliche Hitze und die benannte winterliche Wüstenkälte, haben die Menschen zu einem „Leben im Untergrund“ veranlasst. Mehr als 50% der Häuser sind Höhlenwohnungen, einfach in die Berge und Hügel, ehemalige Stollen allesamt, hinein gefräst. Das schützt mit konstanten Temperaturen zwischen 20°C und 25°C vor den klimatischen Unerträglichkeiten. Natürlich wird demnach im Visitor Center eine Höhlenwohnungstour angeboten. Doch es sind nicht nur Wohnungen allein, die in Berge geschnitten wurden. Vier Underground Churches geben sich ebenfalls die Ehre. Alle können rund um die Uhr besichtigt werden. Die Felswände vermitteln das Gefühl einer Urkirche zu Beginn der christlichen Zeitrechnung. Wer dann vom Untergrundleben noch nicht genug hat, kann in mehreren Untergrundhotels übernachten oder den verschiedenen Untergrundrestaurants und – cafés einen Besuch abstatten, vielleicht nach einem Besuch des ausgezeichneten Museums The Old Timers Mine (www.oldtimersmine.com).

Solange trockenes Wetter vorherrscht, kann der Ort hürdenfrei besichtigt werden. Doch wehe, der Himmel öffnet seine Schleusen. Da eigentlich nur die Hauptstraße, die Hutchison Street, und einige wenige Nebenstraßen mit Teerdecken versehen sind, bleibt man auf den meisten anderen dann im Schlamm stecken. Wir haben Glück und können verschiedene Aussichtspunkte auf Sandpisten ansteuern. Die An- und Aussichten gleichen sich: durchwühlte Landschaften, kein Baum, kein Strauch als Blickmagnet. Der Retortencharakter dieser künstlichen Häuseransammlung wird von oben am besten deutlich.

Kein Glück haben wir mit den geplanten Outback-Exkursionen. Wegen der Wetterunbilden in Form von  heftigen Regenfälle sind alle Sandstraßen im Hinterland für rund zwei Wochen unpassierbar. So können wir nicht den Postboten / Mailrunner auf seiner wöchentlichen Rundtour begleiten, nicht die Felsformation The Breakaways ansteuern und uns nicht vom längsten Zaun der Welt, The Dog Fence beeindrucken lassen. Aber, was heute nicht geht, kann morgen klappen. Im australischen Winter wollen wir im Norden weilen und planen dann auch eine Südtour nach ALICE SPRINGS und zum Ayers Rock. Da sind wir dann ja wieder im Zentrum des Kontinents angelangt. Eventuell fallen in diesem Rahmen die weiteren rund 700km Südrichtung nach COOBER PEDY noch einmal ab.

Flinder Ranges National Park
Flinder Ranges National Park

Für unser nächstes Ziel von COOBER PEDY aus, die Flinder Ranges weiter östlich gelegen, würden rund 350km auf sandigen Querverbindungen eigentlich genügen. Doch wie gesagt, der Wüstenmatsch…… Er würde unserem Wohnmobil sicherlich auch nicht gut tun. Somit starten wir teergesichert lieber retour nach PORT AUGUSTA und gehen anschließend nordöstlich hinein in diese Gebirgskette.

Die beiden kleinen Orte zu Beginn der Bergkette QUORN (40km hinter PA) und HAWKER (100km hinter PA) bieten sich als Filmkulisse an mit Straßen und Häusern im Stil des 19. Jahrhunderts. Echtes Pionierflair. In HAWKER teilt sich die Strecke. Man kann den westlicheren Weg wählen auf der breiten B 83 Richtung LEIGH CREEK. Diese Straße ist relativ stark befahren, da sie als hauptsächlicher Versorgungsstrang für die nördlicheren Outback Gemeinden gilt. Also triffst du deine Freunde, die Road Trains wieder. Gemütlicher fährt es sich auf dem östlicheren Strang Richtung WILPENA POUND und BLINHAM. 120km Scenic Drive mit vielen Lookouts sind die Belohnung für eine kurvenreiche, geteerte Straße.   Kurz hinter HAWKER verschluckt dich die Natur. Imposant erheben sich die Bergspitzen der Flinders Ranges vor deinem Blick. Links und rechts am Wegesrand suchen Schafe und Ziegen nach dem spärlichen Futter. Selten wird ein abgeerntetes Getreidefeld sichtbar.

Flinder Ranges Papageienbaum
Flinder Ranges Papageienbaum

Rund 40km hinter HAWKER beginnt der Flinders Ranges National Park. Das zieht natürlich keine spektakuläre Veränderung der Natur nach sich. Wie sollte es auch in dieser bergigen Weite des Outbacks.  Aber eine andere Veränderung wird spürbar. Du fühlst dich bald wie in einem Tierfilm.

Als Hauptdarsteller treten Emus und Kängurus auf. Frei rennen bzw. springen sie querfeldein durch die rostig-roten, von Grasbüscheln und Buschwerk grün gesprenkelten Hügelketten. Reich an Anzahl bleiben sie nicht nur auf Distanz zum Menschen, sondern oft auch schwer zu erkennen. Ihr braunes Federkleid bzw. Fell hebt sich nur unwesentlich ab von den Farbtönen ihrer Umgebung. Aufmerksam auf die menschlichen Besucher werden sie besonders dann, wenn das Motorgeräusch anders klingt als langsames Vorbeirollen, z.B. beim Stopp im Leerlauf. Auf Alarm schalten die Tiere, wenn der Motor abgestellt wird. Dann brauchst du gar nicht mehr erst auszusteigen. Die Tiere haben bereits die Flucht ergriffen.

Flinder Ranges-Känguru
Flinder Ranges-Känguru

Nach gut 60km Nationalparkstraße besagt ein Schild, dass du in BLINHAM angekommen bist. Mit viel Glück entdeckst du ein bis zwei Häuser, die Teerstraße endet hier, und es beginnt wiederum gravelled road. Also gönnen wir uns das Tierfilmerlebnis ein zweites Mal auf dem Südkurs zurück bis HAWKER. Von Langweile keine Spur. Die Silhouetten der Berge bei veränderter Sonneneinstrahlung bieten ein völlig anderes Bild. Und die Emus und Kängurus scheinen auch nicht mehr diejenigen zu sein, denen wir auf der Hinfahrt begegnet sind. Also modifizierte Reprise des Naturerlebnisses.

Flinder Ranges NP-Emus
Flinder Ranges NP-Emus

Nach diesem streckenmäßigen Haken justieren wir den Kompass erneut auf Osten  . Wenige Kilometer hinter HAWKER weist ein Schild Richtung PETERBOROUGH.  Ursprünglich hieß der Ort tatsächlich Petersburg, so benannt nach dem Großgrundbesitzer Peter Doecke, der Anfang des 18. Jahrhunderts in dieser Gegend Land für Siedlungsbau verkaufte. Die Umbenennung in den heutigen, englischen Namen erfolgte 1917 (zusammen mit weiteren 68 ebenfalls deutsch geprägten Ortsnamen) als Ausdruck „anti-deutscher Gefühle“ während des Ersten Weltkrieges.

PETERBOROUGH spielte die entscheidende Rolle als Eisenbahnknotenpunkt Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Dampflokstrecken SYDNEY – PERTH (Ost-West) sowie DARWIN – ADELAIDE (Nord-Süd) trafen sich hier. Die Stadt boomte für rund 100 Jahre. Große Eisenbahnwerke entstanden. Die Umstellung auf Diesellokomotiven setzten der Wirtschaftsblüte ein jähes Ende. Und heute? Geschickt wird die ehemalige Blütezeit touristisch vermarktet. Das Stadtbild ist geprägt von historischen Loks und Eisenbahnwagen. Das Visitor Center ist natürlich in einem altehrwürdigen Eisenbahnwagon untergebracht.

An den Ortsrändern begrüßen dich ebensolche Denkmäler. Der Heritage Trail führt den Besucher neben anderen Sehenswürdigkeiten wie z.B. die Town Hall mit Federation Quilt oder das Motorradmuseum, immer entlang der lokalen Eisenbahngeschichte. Besonders verwiesen wird darauf, dass hier am Drehkreuz drei verschiedene Spurbreiten aufeinander trafen. Dieses Zusammentreffen brachte nicht nur Probleme, sondern auch jede Menge Arbeitsplätze mit sich.

Höhe- und Endpunkt dieses Rundganges bildet Steamtown mit seinem Heritage Rail Center (www.steamtown.com.au). Allein diese riesige, ehemalige Bahnanlage lohnt den Weg in das einsam im Outback liegende Städtchen. Das Sahnehäubchen des Museumbesuches wird abends, nach Einbruch der Dunkelheit erlebbar. Eine Sound & Light Show erweckt anschaulich mit viel Dampf, Pfeifgeräuschen und entzückenden Lichteffekten die „gute alte Zeit“ wieder zum Leben. Der Besucher sitzt in einem als Zuschauertribüne umgestalteten Eisenbahnwagen direkt gegenüber des Drehtellers und seinerzeitigen Lokschuppens mit immerhin 23 Toren, in denen jeweils ein Waggon oder eine Lokomotive angestrahlt sind. Parallel zur Augen- und Geräuschkulisse wird auf eine riesige Leinwand ein sehr informativer Film über die Eisenbahngeschichte Australiens und insbesondere des Ortes projiziert. Nach gut einer Stunde tauchst du wieder auf in die aktuelle Wirklichkeit mit dem Gefühl, selbst dabei gewesen zu sein.

Peterborough
Peterborough

Und die heutige Realität bemerkst du nachts, egal an welcher Stelle in diesem Ort, wenn die endlos langen Güterzüge auch heute noch rumpelnd und quietschend  sich mitten durch die Stadt quälen. PETERBOROUGH, sicherlich ein Besichtigungsjuwel am Wegesrand.

Im kommenden Verlauf unserer Rundreise werden wir uns zunächst  weiterhin gen Osten ausrichten mit dem Ziel nördlich von SYDNEY erneut die Pazifikküste zu erreichen.