K&K 64 – Ein Stück Kiel im Outback

Nunmehr schnüren wir die 2.000 Kilometer auf dem Stuart Highway herunter bzw. wieder hinauf.  Schild DSCN6147Die Straße bietet rechts und links landschaftlich das gewohnte Bild von Bergketten, grüner Halbwüste mit roter Sandfärbung. Kreuzworträtsel und Hörbücher lenken ab. Nebenbei bleibt genügend Zeit, das Erlebte und die Begegnungen in COOBER PEDY noch einmal Revue passieren zu lassen.
Ein außergewöhnlich heimatliches Zusammentreffen bleibt dabei besonders im Gedächtnis haften.
Beim Rundgang durch die Einkaufsstraße entdecken wir vor einem Café ein gelbes Schild mit der Aufschrift: „Rosie, die Kieler Sprotte (aber echt)“.  Erstaunlich, dass uns dieses Schild noch nicht bei unserem ersten COOBER PEDY-Besuch im März aufgefallen ist. Warum? Ganz einfach! Damals gab es das Café an dieser Stelle noch nicht.

Wir also hinein ins Café, um Rosie zu treffen und um zu schauen, was an der Ankündigung dran ist. „Rosie?“ lässt uns die männliche Bedienung an der Kaffeemaschine wissen, „Just a moment, please“. Nach einem kurzen Ruf erscheint sie dann leibhaftig, Rosi aus Kiel.

Rosie, die Kieler Sprotte
Rosie, die Kieler Sprotte

In der gegenseitigen Überraschung steht keiner dem anderen nach. Gemeinsam nehmen wir an einem Tisch Platz. Rosie fährt ihre Spezialität, leckere, heiße Waffeln mit Eis oder Himbeeren und Sahne auf. Die Kaffeemaschine wird auch aktiviert. Auf unser Bitten hin erzählt sie IHRE Geschichte, wie sie ausgerechnet in COOBER PEDY ansässig wurde.
Geboren tatsächlich in Kiel, durchlief sie nach der Schule eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin. Sie arbeitete auch mehrere Jahre in diesem Beruf. Im Urlaub jedoch zog es sie immer wieder in die Wüste, nach Arizona. Zwölf ununterbrochene Jahre lang unternahm sie ihre ausgedehnten Urlaubstrips in den Wüsten dieses US-Bundesstaates. Mit jedem Jahr und jedem Trip wuchs ihre Wüstenbegeisterung immer stärker an.
1984 schließlich wechselte sie den Kontinent und damit auch die Wüstenregion. In einem Rotel (=rollendes Hotel) kam sie zum ersten Mal mit dem australischen Outback in Berührung auf einer mehrwöchigen Rundfahrt von  SYDNEY über COOBER PEDY, TENNANT CREEK, TOWNSVILLE zurück zum Startpunkt SYDNEY. Dabei erlebte sie den Jahreswechsel ausgerechnet in der Opal Stadt. Dieses australische Outback-Wüstenerlebnis hatte sie derart beeindruckt, dass sie fast identische Reisen in den folgenden Jahren 1985 und 1986 wiederholte.

Rosie & Jimmy
Rosie & Jimmy

Wie sagte es Rosie so treffend „Wer verliebt ist, dem ist mit sachlichen Argumenten nicht beizukommen.“ Sie negierte demnach auch sämtliche Warnungen, Einwände, Bedenken, als sie kundtat, dass sie nach Australien, ins Outback nach COOBER PEDY übersiedeln will. Denn sie hatte sich schlicht in diese Opal Bergbaustadt verliebt. Also faltete sie 1987 in ihrer deutschen Heimat alle Zelte zusammen. Obwohl ihre damals 67-jährige Mutter die Entscheidung ihrer Tochter weder verstehen noch billigen konnte, half sie dann tatkräftig beim Umzug mit. „Aus echter Mutterliebe“, meinte die Kieler Sprotte. Sie begleitete Rosie und den Umzug denn auch nicht nur in Gedanken, sondern leibhaftig bis in die selbstgewählte Heimat ihrer Tochter.
Nun stand Rosie also hier, im Outback, im Nirgendwo, in einer damals (1987) 2.000 Seelengemeinde. Geld fliegt bekanntlich nicht von allein ins Portemonnaie. Sie musste sich einen Job suchen. Der Gewinn aus dem beliebten „Fossicking“, d.h. die „Nachlese“ in den bereits ausgebeuteten Opalminen, reichte nicht für den Lebensunterhalt. Schließlich konnte sie im örtlichen Supermarkt einen Bürojob ergattern. dort war sie verantwortlich für sämtliche Arten von Buchführung. Es folgten weitere Jobs z.B. in einem Wettbüro.

Rosies Bohrer
Rosies Bohrer

Doch für solche Jobs ist sie eigentlich nicht nach COOBER PEDY übergesiedelt. Die Opal Suche reizte sie. Rosie ist ein tatkräftiger Charakter. Kurzerhand tat sie sich mit einem Freund zusammen, und  beide gemeinsam kauften sich einen stattlichen Erdbohrer. 40m konnte sie nunmehr in die Tiefe bohren, um die Edelsteine zu finden. Hat es ihr Glück gebracht, das berühmte Nugget-Glück wie bei den Goldsuchern? Sie wiegt nachdenklich den Kopf. Der ganz große Fund ist nicht gelungen, meint sie. Aber wir konnten gut davon leben. Den Bohrer gibt es immer noch. Stolz zeigt sie uns Fotos von dem fahrbaren Ungetüm. Hin und wieder wird er auch heute noch zum Bohreinsatz gefahren.
„Ziemlich genau mein halbes Leben habe ich nunmehr hier in COOBER PEDY verbracht, rund 28 Jahre“, sprudelt es aus ihr heraus. Heimweh? Gott bewahre! Sie kann sich keinen schöneren Lebensumkreis vorstellen. Ihre Wunschregion, die Wüste, die netten Leute, die Internationalität der Stadt mit Einwohnern aus  37 verschiedenen Nationen, die Freunde, welche sie hier gefunden hat. Sie ist gefühlsmäßig hier seit langem absolut angekommen, fühlt sich pudelwohl im Outback.
Etwas ruhiger möchte sie es in Zukunft angehen lassen. Nicht mehr so häufig sondern nur noch gelegentlich im schweren Minengeschäft arbeiten. Die Eröffnung eines Cafés in Kombination mit einem Opal Schmuckgeschäft ist daraus nur die logische Folge. „Waffles & Gems“ hat sie es getauft. Doch es hält sie nicht nur an  Kaffeemaschine oder Waffeleisen. Sie betritt wieder neue Pfade. Kann sie auch, denn das Café- und Ladengeschäft teilt sie sich  mit ihrem Geschäftspartner Jimmy, einem gebürtigen Schotten. Sie selbst hat kürzlich das Underground Holiday Apartment  „Potch & Colour“ eröffnet.
Wir durften mit unserem Wohnmobil auf dem privaten Café-Parkplatz übernachten. Anderen Reisenden empfehlen wir ihr Underground Apartment (www.dwell@potchandcolour.com.au oder wafflesandgems@gmail.com ).

Coober Pedy-Rosies Heimat
Coober Pedy-Rosies Heimat

Und während wir, wie geschildert, noch unseren Erinnerungen an diese denkwürdige Begegnung nachhängen, passieren wir, quasi auf dem Rückweg gen Norden, ein weiteres Mal die Städte ALICE SPRINGS und TENNANT CREEK. Mit jeden 100km hat sich die Landschaft um einige Grade weiter in ununterbrochenes Grün verfärbt, steigen die Temperaturen um jeweils zwei bis drei Grad. 1.000 km nördlicher, in DARWIN sollen winterliche Temperaturen von 33°C Tages- und rund 22°C Nachttemperaturen herrschen, sagt der Wetterbericht. Wir werden sehen.

K&K 63 – Mit dem Postman im Outback

600km – so groß ist der Zustellbezirk des Postboten im Outback.

Jeden Montag und Donnerstag liefert er die Post aus – jeweils 600km auf Dirt road. Unterwegs läuft er zwei Siedlungen und drei bis vier Cattle Stations an. Wir dürfen ihn auf einer seiner Touren im Allradfahrzeug begleiten.

Mail Run Dirt Road
Mail Run Dirt Road

Wer unternimmt zwei Mal wöchentlich diese (Tor)Tour? Peter Howe, ein quicklebendiger 60jähriger und Outback-Urgestein. Seit 1966 wohnt er in dieser kargen Landschaft, war zunächst im Betrieb des legendären Zuges The Old Ghan beschäftigt. Später versuchte er sich im Goldgräberglück. In COOBER PEDY schürfte er nach Opalen, ohne wirklich rentable Funde. Gefunden hat er dann allerdings nach mehreren erfolgreichen Jahren als kunsthandwerklicher Töpfer mit eigenem Geschäft seinen Traumberuf: Postman im Outback. Als offiziell bestallter Australia Post Contractor fährt er seit nunmehr 14 Jahren alles aus, was Postkunden im einsamen Outback bestellt haben. Als zweite Schiene hat er sich als Outback Guide zertifizieren lassen, so dass er das Postgeschäft mit Outbacktouren kombinieren kann.Karawanenreste DSCN6215

Post wird aber nur ausgefahren, wenn die Wetter- und Straßenverhältnisse es zulassen. Bereits im März hatten wir diese Tour ja angedacht (vgl. K&K 42-Leben im Untergrund) und mit Peter Howe Kontakt aufgenommen. Doch damals fiel sie regelrecht ins Wasser, denn die Outbackstraßen waren wegen langanhaltender Regengüsse für zwei Wochen gesperrt. So hatten wir uns lose verabredet für die Zeit, wenn wir rund drei Monate später  Ayers Rock besuchen. Und dieses Mal standen wir auf der richtigen Wetterseite. Also fahren wir auf dem Stuart Highway vom Ayers Rock noch einmal gut 400km südlich, verlassen dabei auch wieder das Northern Territory und gehen vom Norden her hinein nach South Australia mit seiner Gemüse- und Obstquarantäne und erreichen nach einem kompletten Fahrtag ein zweites Mal die Stadt der Opalminen.

Montagmorgen, es heißt relativ früh aufstehen, denn gegen 8.30Uhr sollen wir am Underground Bookstore auf das Postauto warten. Eigentlich ist es ja ein Allradbus mit Gepäckanhänger. Bevor Peter uns aufliest, hat er bereits am lokalen Flughafen, 10km entfernt vom ersten Flugzeug die Postsäcke abgeholt und sortiert.

Zustellbezirk
Zustellbezirk

Gut gelaunt erklärt er allen, was vor uns liegt: Ein langer Tag. Heute verläuft die Tour im entgegengesetzten Uhrzeigersinn. Das bedeutet, wir steuern zunächst die Siedlung WILLIAM CREEK, später dann das Dorf OODNADATTA. Die Orte liegen beide rund 200km von COOBER PEDY und voneinander entfernt.  Zwischendurch gibt es Stopps auf den Cattle Farmen.

9.00Uhr, der Motor läuft mit höllischem Lärm. Der Rundkurs kann beginnen. Gleich hinter der Stadtgrenze wir die Straße zum Dirt Road, d.h. Schotterstraße, Sandweg oder auch Sumpfkuhle. Da es in den vorhergehenden Tagen doch geregnet hat, trifft die letzte Bezeichnung für den ersten Teil der Strecke am treffendsten zu. Das Allradfahrzeug mahlt sich durch ausgefahrene Schlammspuren, langsam und bedächtig. Nur nicht stecken oder stehen bleiben. Das kostet allerdings viel Zeit, die Peter auf den trockenen Wegabschnitten wieder aufholt. Statt der Mahlgeräusche werden wir nur kräftig durchgeschüttelt, denn wer kann schon jede versteckte Bodenquerrinne vorzeitig erkennen. Und Abbremsen kostet ja wieder Zeit. Die Tour läuft nach Fahrplan ab, der irgendwie eingehalten werden muss.

Outback Postbote
Outback Postbote

So rumpeln wir die ersten Kilometer dem ersten Stopp entgegen. Es ist die Cattle Farm Anna Creek Station. Sie gilt als die größte in ganz Australien, nicht vom Viehbestand her, sondern von der Ausdehnung. Peter erläutert, dass die Farm ebenso groß wie Belgien ist, größer als Israel. Die 60.000 Rinder und geschätzten 90.000 Schafe verlieren sich in diesem Gelände. Und eine Fläche wie Belgien wird hier von insgesamt 10 Personen bewohnt. Die Grenze des Farmgeländes ist gut erkennbar durch den Dingo Fence.  Zum ersten Mal sind wir diesem 5.400km langen Schutzzaun gegen die Dingos in Queensland begegnet (vgl. K&K 46-von Sechs bis Sechs). Hier verläuft er also auch. Unerlässlich für die Viehzüchter soll er sein. Allein auf der Anna Creek Station sollen vor seiner Errichtung jährlich rund 2.6000 Schafe gerissen worden sein. So setzt der Farmer eine extra Zaunpatrouille ein, die die Dichtigkeit des Zaunes regelmäßig überprüft. Rund 14 Tage wird für einen Inspektionsrundgang benötigt. Peters Informationsfluss sprudelt wie ein Wasserfall. Ein neues Problem zeigt sich seit einiger Zeit. Der Zaun wird von Wombats untergraben, was die Dingos dann bald als Schlupflöcher nutzen. Also muss man ihn rund zwei Meter in die Erde versenken, ein Riesenunterfangen. Wenn auch selten,  wird der Zaun von wilden Kamelen niedergetrampelt. Besonders in der Brunftzeit, wenn auf der einen Seite das verlockende Weibchen, auf der anderen der begehrende Kamelbulle steht.

Dingo Fence
Dingo Fence

So fliegt die Fahrzeit schnell dahin. Die wüstenähnliche Landschaft lässt schnell das Nullarbor Feeling wieder aufleben, ein wenig grün, viele kahle Stellen, so gut wie keine Bäume oder Sträucher. Unsere Schotterstraße verläuft größtenteils auf dem Seegrund der ehemaligen Inland Lakes. Vor 1,5 Millionen Jahren hätten wir hier noch nicht entlangfahren können. Da hätten wir bei damaliger Wassertiefe von 4m–5m schwimmen müssen. Heute breitet sich dort ein Art Salzsee aus.

Schließlich nach gut 100km biegen wir ein auf die Einfahrt zur Farm. Ein Glück können wir uns jetzt einmal die Beine vertreten. Dem Hintern tut die Stehposition auch recht gut. Die Farm selbst besteht aus zwei Wohnhäusern, mehreren Schuppen, einer Reihe von Sonnendächern und vielen, aufgebockten Wassertanks. Graue Steinwüste, soweit das Auge reicht. Einige Jungrinder knappern in der Ferne an halbtrockenen Grasbüscheln. Von einsamer Wüstenruhe ist hier nur wenig zu spüren. Die schweren Traktoren und vor allen Dingen die Generatoren tauchen das Farmgelände in einen Dauerlärmpegel. Nach kurzem Aufenthalt – der Fahrplan muss wieder eingeholt werden – rumpeln wir weiter gen WILLIAM CREEK.

Mail Run überschwemmt
Mail Run überschwemmt

11.30 Uhr – Die Siedlung am rund 700km langen Oodnadatta Track ist erreicht. Bei dem Namen dieser Straße bekommen Outback-Allrad-Enthusiasten feuchte Augen. Sie gilt nämlich als die Königsroute unter den 4WD-Fahrern. Sicherlich auch wegen ihrer landschaftlichen Schönheit, besonders aber wegen der Herausforderungen, die auf dieser Strecke an Mensch und Material gestellt werden. Man hole sich den symbolischen Outback-Ritterschlag an den jeweiligen Endpunkten im nördlichen MARLA (am Stuart Highway) bzw. dem südlichen MARREE:

Wir holen uns nach 180km Dirt Road einen Kaffee im dortigen Hotel-Restaurant. Sechs ständige Einwohner zählt die Siedlung, die außerdem noch einen Campingplatz vorweist. WILLIAM CREEK gilt als wichtige Übernachtungs- und Zwischenstation mit Tankstelle auf der Outbackroute. Und auch im ansässigen Reifenreparaturzentrum soll es immer sehr geschäftig zugehen. Von dörflichen Fluglandeplatz / Airstrip aus kann man Rundflüge über den archetypischen Lake Eyre und den Painted Rocks buchen. Gleich gegenüber vom Buchungscontainer hat im sandigen Dorfpark die zweite Brennstufe einer ehemaligen Satellitenrakete ihre letzte Heimat gefunden. Schon heißt es nicht mehr Park, sondern Freiluftmuseum.

William Creek
William Creek

So ein 10-Minuten-Rundgang macht hungrig. Eine Stunde Mittagspause ist uns vergönnt. Die gut sortierte Speisekarte weist typische Outbackburger aus, zu genießen im stilechten Restaurant aus der Pioneerepoche. Aber eigentlich wollen wir nicht schon wieder sitzen. Die nächsten 200km stehen ja bald an. Man kann ja auch im Stehen essen.

Pünktlich nach 60 Minuten mahnt Peter zum Aufbruch – der Fahrplan! Das letzte Hundegebell ist in der Ferne verklungen. Die Rüttel- und Schüttelgeräusche haben das Zepter wieder übernommen. Die nächsten beiden Stopps sind wiederum Cattle Stations mit mehr oder minder sofortiger Weiterfahrt. Unterwegs machen wir Halt an einem Historic Marker, einem Gedenkstein für einen der hier durchgezogenen europäischen Forscher, David Lindsay.  Insgesamt 6.886km ist er 10 lange Monate durch dieses Wüstengebiet gezogen auf der Suche nach den besten geographischen Verhältnissen für eine Überlandleitung. Er und seine 14 Mitstreiter bedienten sich dafür einer Kamelkarawane mit 60 Tieren. Als Kamelführer boten sich stets Afghanen an, die die Tiere aus ihrem Heimatland hierher transportiert hatten. Doch irgendjemand muss irgendwann einmal nicht richtig aufgepasst haben. Jedenfalls sind wohl ein Dutzend Tiere entflohen. Seither gibt es „wilde“ Kamele in dem Landstrich mit wachsender Populationsquote. Neben dem Steinmonument rottet noch das originale Deichselgeschirr mit Radachse eines der Transportwagen stille vor sich hin, seit 1891.

Salzsee
Salzsee

Wir vergessen die Kilometerzahl nicht. Mittlerweile haben wir insgesamt 300 davon zurückgelegt, also die Hälfte. Die Uhrzeiger sind mittlerweile auf 16.30 Uhr vorgerückt, als Peter ein weiteres Mal hält. Jetzt spielen Postauslieferung und Fahrplan offensichtlich keine Rolle mehr, denn Peter hat im Wüstensand die Nationalblume vom Northern Territory entdeckt. Da er auch als bekannter und begabter Outback-Fotograf gilt, legen wir einen entsprechend langen Fotostop ein. Peter ist gut vorbereitet mit Spezialkamera und einer Decke, um sich auf den Bauch legen zu können. Denn die Sturt Desert Pea kriecht auf Wurzelsträngen am Wüstenboden entlang. blutrot blüht sie jetzt im Winter. Schwarze Augen zieren ihre Blütenblätter. Sie ähnelt eher einer Fledermaus denn einer Blume. Jetzt sind wir es, die Peter zur Weiterfahrt mahnen müssen, denn am Himmel deutet sich ein zartes Rot der untergehenden Sonne an. Und wir haben ja erst rund die Hälfte der Strecke geschafft.

Sturt Desert Pea
Sturt Desert Pea

Ein zusätzlicher kurzer Zwischenhalt ergibt sich an den Relikten der alten Ghan Eisenbahnstrecke, direkt an der ehemaligen Algebuckina Brücke, die den River Neales überspannt. Alles ist fast noch so erhalten wie zu seligen Pionierzeiten.

Nunmehr ruft Peter zur baldigen Weiterfahrt, denn vor uns soll ein relativ komplizierter Streckenabschnitt liegen mit vielen Bachdurchquerungen und eventuell überschwemmten Straßenabschnitten. Peter soll recht behalten. Manche Überflutungen haben den Umfang von Teichen. Von oben kann man ja nicht sehen, wie tief die Wasser sind. Da heißt es, sich Meter um Meter vortasten, bis es am anderen Ende wieder bergauf ins Trockene geht. Mittlerweile, gegen 18 Uhr ist es völlig dunkel geworden. Das erleichtert den  Fahrerjob auch nicht unbedingt.

Roadhouse
Roadhouse

18.30Uhr – Wir rollen auf das rosafarbene Roadhouse in OODNADATTA zu. Angestrahlt sieht es sicherlich viel mystischer aus als bei Tageslicht. In ihm lädt Peter den Hauptteil seiner Fracht ab, denn das Dorf bewohnen immerhin 600 Einwohner. Es beherbergt allerdings eine Schule mit 50 Schülern und 5 Lehrkräften, so wie eine permanente Polizeistation mit einem Polizisten. Erst kürzlich wurde hier das  neuerbaute Dorfgefängnis eröffnet. Die ärztliche Versorgung stellen die Flying Doctors sicher, die jeden Donnerstag in der Ambulanzstation eine Sprechstunde anbieten.

19.00 Uhr – Das Roadhouse  mit General Store schließt die Pforten. Wir müssen uns auf den Heimweg zurück nach COOBER PEDY machen. Noch 200km weist der Wegweiser aus. Tiefe, schwarze Nacht hüllt uns ein. Unterwegs wird Peter nicht müde, uns mit Stories aller Art zu unterhalten. Die Autoscheinwerfer mit den zusätzlichen Fernstrahlern leuchten die Straße einigermaßen aus. Nur noch zwei Lieferstationen sind anzulaufen. Die Cattle Station erreichen wir gegen 21Uhr, den Wüstenbriefkasten etwas später. Dieser Briefkasten ist lediglich eine überdimensionierte Blechkiste am Wegesrand. Wer sie nicht kennt, glaubt an Müllfrevel.

Mail Run überschwemmt
Mail Run überschwemmt

Auf einer Straßenkuppe schließlich erkennen wir am Horizont flimmernde Lichter. Das sei COOBER PEDY, erläutert Peter. Wir können über die vom Vollmond beschienene Moon Plain blicken. Nur noch 55km bis zum Abfahrtspunkt, fügt er hinzu. Um 22.30Uhr rollen wir wieder in der Opalstadt ein. Von Müdigkeit ist bei Peter nichts zu spüren. Wie lange er den Job noch machen wollen, fragen wir ihn. Wenn Alles gut geht, möchte er gern die 25 Jahre Postman im Outback erreichen.

Übrigens: Wer OODNADATTA bei Tageslicht, WILLIAM CREEK hingegen in der Nacht erleben möchte, nehme die Donnerstagstour. Dass fährt Peter nämlich genau anders herum, im Uhrzeigersinn. Egal in welcher Richtung, eine Tagestour mit dem Outbackpostboten ist ein ganz besonderes Erlebnis. Wer diese köstliche Spezialität auch erleben möchte, alle wichtigen Informationen sind zu finden unter  www.mailruntour.com.au

Wegbegleiter
Wegbegleiter

Die Post ist ausgeliefert, wir planen unsere weitere Route. Als nächstes Ziel fassen wir DARWIN ins Auge, knapp 2.200km nördlich von COOBER PEDY. Das bedeutet auch, die nächsten drei Tage werden wir wohl ausschließlich On The Run verbringen.

K&K 62 – Im Herzen des Kontinents

Hat man die „Meteoritenstraße“ erst einmal erreicht, sind es nur Wegweiser DSCN5669noch 70km bis zur Abzweigung ins geographische und spirituelle Herz Australiens. Gemeint ist damit der weltbekannte Ayers Rock / Uluru, die Ikone einer jeden Australientour. Nicht weit davon entfernt – nur 100km Luftlinie – liegt dann auch der mindestens ebenso berühmte Kings Canyon.

Ein kurzer Blick zurück gilt noch einmal der Straße zu den Meteoritenkratern, offiziell als Ernest Giles Road bezeichnet. Wer auf dieser Schotterstraße mit (s)einem robusten Allradfahrzeug weitere 100km gen Westen Richtung Kings Canyon rumpelt, spart so ungefähr 200km Umweg auf geteerter Straße. Ziemlich ähnlich verhält es sich, wenn man bereits ab ALICE SPRINGS den überwiegend ungeteerten Red Center Way erst nach Westen, dann nach Süden zum Canyon einschlägt. Die Kilometerersparnis beläuft sich in diesem Fall auf ca. 250km. An den überholenden oder entgegen kommenden Fahrzeugen lässt sich leicht ablesen, wie die Entscheidungen gefallen sind.

Wir nehmen mit dem Wohnmobil natürlich die geteerte, sehr angenehm zu befahrende Route. Ohne Zeitdruck können wir die Landschaft buchstäblich aufsaugen. An der Wegegabelung am Erldunda Roadhouse biegen wir ab vom Stuart Wy auf den Lassater HWy. Das rot-grüne Landschaftspanorama wird durchbrochen von den begleitenden Hügelketten. Gut 100km später an der Gabelung zum Luritja HWy heißt es wieder, sich zu entscheiden: erst zum Ayers Rock und dann zum Kings Canyon oder umgekehrt. Egal in welcher Reihenfolge die Ziele angelaufen werden, man kommt unweigerlich an diese Straßengabelung zurück. Viel wichtiger erscheint uns, dass man genügend Zeit für beide Attraktionen mitbringt.

Noch nicht Ayers Rock sondern Mt. Corner
Noch nicht Ayers Rock sondern Mt. Corner

Wir schlagen zunächst die Richtung zum Kings Canyon ein. Weitere 170km sind zu fahren, dann kurz vor dem Kings Canyon Resort mit Hotel und Campingplatz zeigt ein Wegweiser auf den Parkplatz, von dem aus die verschiedenen Wanderwege in und um den Canyon starten. Der frühe Vogel frisst den Wurm, der Parkplatz ist bei unserer Ankunft noch so gut wie leer. Die winterlich sonnigen Temperaturen empfinden wir als sehr angenehm, ca. 20°C. Also ideal, um auf Erkundungswanderung zu gehen. Wir schlagen den Pfad in den Canyon hinein ein. Die Alternative wäre der sogenannte Rim Walk, welcher auf der oberen Felskante rund 200m über dem Canyonbach entlang führe (4-5Std. Wanderzeit einplanen).

Kings Canyon
Kings Canyon

Alle möglichen Hinweisschilder geben Wanderverhaltensregeln. Bei mehr als 36°C ab  Uhr morgens wird der Höhenweg geschlossen. Da wir in einem Nationalpark sind, dem Watarrka National Park, fehlt es natürlich nicht an Aufforderungen, sorgsam auf Fauna und Flora Rücksicht zu nehmen. Besonders hervorgehoben wird die Spiritualität des Ortes. Manche bestimmte Felsen, einzelne Bäume aber auch ganze Landstriche gelten als Heilige Stätten der Luritja Aborigines.

Wir marschieren los, hinein in den schattigen Schlund des Canyons. Meist wandern wir direkt im Bachbett des King Creek. Bis auf wenige Wasserlöcher bleiben wir  trockenen Fußes, das Bachbett ist so gut wie ausgetrocknet. Den eigentlichen Wasserverlauf erkennt man schnell an dem grünen Band von Sträuchern, Farnen und Bäumen, das sich durch den Canyon schlängelt. Diesem brauchen wir nur zu folgen auf dem steinigen Pfad. Ein besonders dicht bewachsener Canyonabschnitt wird auch „Garten Eden“ genannt. An einer Stelle erblicken wir einen weiß-kahlen, mit Sackleinen umwickelten Baum. Die Hinweistafel klärt uns auf, dass es sich um einen Heiligen Baum handelt. Die Umwicklung soll ihn vor der Zerstörung durch Besucher schützen.  Offensichtlich möchte wohl jeder ein Stück Borke als Andenken abbrechen. Schließlich stehen wir nach gut 2km am Canyon-Endpunkt.

Kings Canyon
Kings Canyon

Die Aussichtplattform und deren Zugang ist aus Sicherheitsgründen gesperrt. Eigene Inaugenscheinnahme (trotz Verbots!) zeigt, dass tonnenschwere Felsbrocken auf sie gefallen sind und ein Bild der Verwüstung angerichtet haben. Regen und Felsbrocken haben hier ganze Arbeit geleistet. Also schnell wieder zurück hinter den sicheren Absperrzaun! Zurück geht es durch das ebengleiche grüne Paradies, das von steilen rostroten Sandsteinfelsen gesäumt ist. Eine wirklich fantastische Wanderung! Wieder am Parkplatz angelangt, hatten sich die Temperaturen bereits auf gut 30°C gesteigert, der Rim Walk durfte vorsorglich nicht mehr unternommen werden.

Wie soll man sie beginnen, eine Darstellung von Australiens Ikone, den Ayers Rock/ Uluru im Herzen des Roten Zentrums. Tausendfach beschrieben, ebenso oft besungen, gibt es da eigentlich noch etwas nicht Bekanntes und damit vielleicht die Aufmerksamkeit der Leserschaft Weckendes? Der Zufall regiert, unser Besuch der School Of The Air in MOUNT ISA (vgl. K&K60-Schichtwechsel) hilft beim Einstieg in das Thema. Denn dort haben sich die Outbackschülerinnen und –schüler ihre eigenen Gedanken über den Roten Felsen gemacht.

Ayers Rock
Ayers Rock

Mikayla Hannay aus der 4. Klasse schreibt hierüber: „Wenn ich an Uluru denke, so denke ich an einen magischen und spirituellen Ort. Ich sehe einen prachtvollen, roten Felsen, wie er da glühend in der Nachmittagssonne steht. Ich schmecke Staub, der durch die Luft wirbelt. Ich höre schwache Laute von Aboriginal  Gesängen und Zeremonien. Ich merke, wie mich ein Gefühl von Ruhe überkommt, wenn ich dort bin. Und ich fühle, wie einzigartig dieses Land ist.

Doch in meiner Fantasie denke ich auch an das chaotische und dicht bevölkerte Sydney. Ich sehe umherhetzende Leute, Verkehrsstaus und ratternde Züge. Ich rieche den Gestank von Benzin und den der italienischen Restaurants. Ich kann den Lärm röhrender Autos hören und das Hupen der Taxis.  Hier fühle ich mich gehetzt, nervös, wie in einem lauten Käfig“.

Da stehen wir nun unmittelbar vor dem Koloss, gedanklich ausgerüstet mit den Worten dieser 11-jährigen Schülerin. Sprachlos! Dass er gigantisch sein soll, hatten wir uns vorher angelesen. Dass er Australiens Hauptattraktion sein soll, steht in jedem Reiseführer. Und einmal mehr bekommen wir den Unterschied zu spüren zwischen theoretischem Wissen und praktischem Erleben.

Um unsere Sprachlosigkeit in den Griff zu bekommen, retten wir uns erst einmal mit dem, was wir bisher über Ayers Rock / Uluru erfahren haben. Denn bei dem Doppelnamen beginnt der Sandsteinkoloss ein Gesicht zu bekommen. Auf dem Namen Ayers getauft, hat ihn 1873 der Engländer William Gosse, der ihn als erster Europäer bestieg. Ayers hieß der damalige Gouverneur der Provinz Südaustralien. Uluru nennen ihn seit jeher die Aborigines vom Stamm Anangu, die seit Jahrtausenden diesen zentralen Wüstenstreifen ihre Heimat nennen. Für sie ist der 348m hohe Monolith nicht einfach nur ein Felsen. Es ist ihr Heiliger Berg. Deshalb wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man ihn nicht erklettern soll.

Wie groß müssen demnach 1873 Abneigung und Zorn gegenüber diesem ersten Bergbezwinger gewesen sein. Schließlich reklamierte er die heilige Stätte dann obendrein noch als Eigentum der englischen Krone. Erst 1985 gingen die Eigentumsrechte des zwischenzeitlich zum Nationalpark erklärten Felsens an die ursprünglichen Aboriginal Eigentümer zurück. Seither wird der Nationalpark, mit offiziellem Namen Uluru-Kata Tjuta-National Park, gemeinsam von den Anangu und der australischen Nationalparkverwaltung betrieben.

Bleiben wir beim roten Felsen. Zwei Drittel seiner Ausmaße sollen unter der Erde liegen. Vom Meeresspeigel aus betrachtet erreicht seine Spitze stolze 835m. Um die Wirkung des Felsmassivs einatmen zu können, bietet sich die die knapp 10km lange Rundwanderung an. Autofahrer können es schneller machen auf der 15km langen, geteerten Rundstraße. Zusätzlich biegen immer kleine Wege vom Hauptkurs ab zu besonderen Aboriginal Stätten. Wege, Beschilderungen, Schattendächer und Sitzgelegenheiten sind trotz der rund 250.000 internationalen Jahresbesucher aus aller Herren Länder in tadellosem Zustand, so dass es eine wahre Freude ist, dort umher zu wandern. Irgendwie muss es sich herumgesprochen haben, dass diese Stätte, die touristisch schon fast als „Pilgerreise“ angepriesen wird, etwas Besonderes ausstrahlt. Doch nichts scheint so heilig zu sein, dass es nicht auch flexibel gehandhabt werden könnte. Der Felsen soll ja offiziell nicht erklettert werden, um die Heilige Ruhe von Aboriginal Religion nicht zu stören. Doch an einer Stelle direkt beim Mala Walk wird die Besteigung extra ausgeschildert, ist ein Erklimmungspfad markiert und mit Halteseilen abgesichert. Die Religiöse Ruhe tritt erst bei 36°C morgens um 9 Uhr wieder in Kraft. Dann wird der Kletterpfand nämlich gesperrt. Und ob die ständig kreisenden Hubschrauber der Ruhe guttun, mag dahingestellt bleiben.

Sunset
Sunset

Damit wären wir beim Tourangebot für den Besucher. Er kann wählen unter mehr als 65 Offerten, von der geführten Wanderung, zahlreichen Bustouren natürlich, vom Fahrrad-, Motorrad- und auch Quadverleih, Kamelausritten und mehreren Flugangeboten. Für jeden Geschmack und Geldbeutel ist da bestimmt etwas dabei. Oder man organisiert den Nationalparkbesuch eben auf eigene Faust.

Die Besucher finden Hotels, Motels, Backpackerunterkünfte und einen Campground (No Overnight Parking oder Freedom Camping erlaubt) in der Retortensiedlung Yulara. Innerhalb des Ortes gibt es viel Auswahl, außerhalb nur mit langen, langen Anfahrtswegen. Die ganze Siedlung wirkt recht gefällig mit städtischem Flair. Supermarkt, Post, Marktplatz und Polizei fehlen ebenso wenig wie Souvenir-Shops, genügend Restaurants und Cafés. Preislich sind wir über das relativ niedrige Niveau doch überrascht.

Der angrenzende National Park liegt rund 20km davon entfernt. Ohne eigenes Fahrzeug kann der kurztaktige Shuttle Service gebucht werden. Für den National Park selbst muss man ein Dreitagesticket zu 25AUD /ca. 16€ p.P. lösen. Diese Zeit benötigt man aber auch, um sich die Attraktionen dort zu erobern.

Neben der ariden Wüstennatur mit dem Uluru lädt das Aboriginal Cultural Center   zum Besuch. Außer einer eindrucksvollen Aboriginal Gemäldeausstellung  nebst Einführung in die entsprechende Malkunst, werden besonders auch die politischen Aspekte des Zusammenlebens beleuchtet. Ein lehrreicher Film zeigt noch einmal die Rückgabezeremonie des Landstriches an die Urbevölkerung.

Uluru
Uluru

Ayers Rock / Urluru wird automatisch in einem Zusammenhang mit märchenhaftem Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gestellt. Hierfür benötigt man einen wolkenfreien Himmel. Der ist nicht im Eintrittspreis inbegriffen. Hier zeigt sich aber auch die Richtigkeit eines Mehrtagepasses. Am ersten Abend unseres Besuches bleibt es bedeckt und winterlich kalt (8°C). Kein Farbenspiel des Felsens ist zu erkennen. Der Felsen verharrt in grau bis schwarz. Also fällt das Schauspiel für heute aus. Gemeinsam mit den anderen rund 500 Besuchern auf dem “Sunset Parking“ ziehen wir enttäuscht von dannen. Die Wettervorhersage lässt für den Folgetag ebenfalls nichts Gutes erahnen. Alle Kilometer für umsonst?

Morgens um 5 Uhr riskieren wir einen Blick gen Nachthimmel und entdecken ein leuchtendes Sternenzelt. Nun muss es schnell gehen, denn der Sonnenaufgang steht mittelfristig bevor. Also noch im Dunkeln losgerollt die 25km zum „Sunrise Parkplatz“, der naturgemäß am anderen Ende des Felsens liegt als der Parkplatz für den Sonnenuntergang. Ein Glück gibt es kein Parkplatzgedränge, denn die Abstellplätze für Busse und private PKWs sind getrennt worden. Alle marschieren dann auf gut ausgebauten Pfaden hinauf oder hinunter zu den verschiedenen Aussichtsplattformen. Von dort aus hat jeder freie Sicht und optimale Fotografier-Möglichkeiten, so großräumig ist das Gelände angelegt. Eine in die Tausende gehende Pilgerschar wälzt sich im frischen Morgengrauen an den gewählten Standort. Ein erstes Rot wird am östlichen Horizont sichtbar, ein erstes Ah hörbar. Vom Schwarz changiert die Felsfarbe in ein allmählich zartes Rosa. Die ersten Sonnenstrahlen blitzen über die grün-rote Ebene. Das Rot des Felsens wird intensiver. Schließlich endet das Schauspiel nach bereits 15 Minuten mit strahlendem Sonnenschein, der Ayers Rock in ein beinahe orangenes Rot taucht. Die Karawane zieht wieder ab. Doch es ist wirklich so, wie oftmals beschrieben: Unbeschreiblich malerisch und aufregend.

Kata Tjuta
Kata Tjuta

In Sichtweite, gut 40 westliche Straßenkilometer entfernt, erhebt sich der zweite berühmte Anlaufpunkt des National Parks, Kata Tjuta / The Olgas. Auch hier wieder der Doppelname mit der Bezeichnung durch die Aborigines sowie die Namensgebung durch den europäischen Erstbesteiger, Ernest Giles. 1872 hatte er sich bis zu dem Gebirge durchgekämpft, ohne Straßenanbindung auf Kamelen durch die Wüste. Eigentlich wollte er auch noch bis zum Ayers Rock (hieß damals noch nicht so!), doch Dauerregen verwandelte die Wüste in ein undurchdringliches Sumpfgebiet. Wer weiß, wie Ayers Rock heute hieße, wäre Giles vor Gosse dort aufgetaucht. Vielleicht hätte dann auch ein europäisches Herrscherhaus namentlich Pate gestanden wie bei The Olgas. Olga (1822-1892) war die damalige Königin von Württemberg, eher bekannt allerdings als Zarengattin im Hause Romanov.

Der Plural bei The Olgas drückt es bereits aus, es gibt mehrere Felsdome zu besichtigen und zu erwandern, aber nicht zu besteigen. Denn auch dieses Felsgebilde gilt den Aborigines als heilig.

Nicht ganz so strahlend rot wie beim Ayers Rock erleben wir auch hier ein ähnlich lebendiges Wechselspiel der Farben, vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Auch hier sind Beobachtungspodeste erbaut worden, meist auf den roten Sanddünen. Von den Plattformen aus hat man beide Naturwunder gut im Blick. Wer den Sonnaufgang erleben möchte, muss sich morgens ein wenig mehr beeilen, denn die beste Aussichtsplattform liegt dann immerhin rund 40km vom Campingplatz entfernt. Der Frühaufsteherstrom fällt hier nicht so stark aus wie beim Ayers Rock. Der Rückstrom nach Sonnenaufgang in die Retortenstadt auch nicht. Denn es bietet sich an, gleich die beiden Wanderungen in Angriff zu nehmen, welche in die Bergwelt von Kata Tjuta hineinführen.

Walpa Gorge
Walpa Gorge

Zunächst kraxeln wir in den Walpa Gorge. Der gut ausgebaute Weg führt über Felsplateaus hinweg mitten hinein in das grün dichte Bachtal bis zu einer Aussichtsplattform unmittelbar vor dem Felsdurchbruch. Dieser ist jedoch durch mehrere Felsen blockiert. Auf dem gleichen Weg, jetzt mit Fernsicht über die weite, rot grüne Dünenlandschaft,  geht es zurück zum Parkplatz. Die gesamte Wanderung dauert ca. 1,5 Stunden.

Drei Kilometer vom Gorge entfernt heißt es wiederum, die Wanderschuhe schnüren. Dieses Mal gibt es je nach Kondition mehrere Wandermöglichkeiten im Valley of the Winds. Nach kräftigen Steigungen erreichen wir nach rund 50Minuten Aussichtpunkt Nr. 1 mit phantastischem Blick in die Gebirgswelt der Olgas. Dann geht es rund 2km steil den Abhang wieder hinunter ins eigentliche „Tal der Winde“ zur zweiten Rast. Der gesamte Rundweg durch die sich links und rechts auftürmenden Felsendome (bis 350m Höhe) endet schließlich nach insgesamt 8km mit dauerndem Auf und Ab. Glücklicherweise herrscht im Moment Winter (Juni). Die Tagestemperaturen sind mit 25°C sehr erträglich, da es nur wenige Schattenmöglichkeiten gibt. Auch dieser Wanderweg wird, wie am Ayers Rock, ab 36°C morgens um 9Uhr gesperrt.

Verlieren wir noch ein Wort über die hier gesichtete „Wintermode“, bei dem Hinweis auf Wanderwegsperrung wegen übergroßer Hitze sicherlich gerade das passende Thema. Von dicken Anoraks über noch dickere Wollpullover, ergänzt durch Schal, Wollhandschuhe und warmer Pudelmütze ist modisch alles vertreten. Im gleichen Atemzug, z.B. auf den Aussichtsplattformen für Sonnenauf- und –untergänge, kleiden sich aber auch viele nur in Shorts, Flip Flops und T-Shirts. Erstaunlich, wie unterschiedlich das Phänomen „Winter“ gesehen und gefühlt wird.

Valley of Winds
Valley of Winds

Wir verlassen Australiens Ikone voller tiefsitzender Erinnerungen. Vielleicht haben wir ein wenig mehr Verständnis dafür gewonnen, was das majestätisch wüstenhafte Landesinnere ausmacht.

Noch wollen wir das Rote Zentrum nicht verlassen. Im Gegenteil, wir dringen noch ein wenig tiefer ein, erneut ins nunmehr südlich gelegene COOBER PEDY. Warum? Davon später.

K&K 61 – Meteoriten & UFOs

Ein großes Schild kündigt es an: The Northern Territory mit vielen Hinweisen, was alles nicht eingeführt werden darf, aber ohne unmittelbare Kontrolle. Wegweiser DSCN5489So können wir unser Obst und Gemüse  behalten und in Ruhe aufessen.

Von hier aus sind es noch rund 400km Barkly Highway bis zur nächsten nennenswerten Ortschaft. Ununterbrochene Grasprärie, von einigen Bäumen und Sträuchern durchsetzt, begleitet uns. Der Straße ist tadellos ausgebaut, wir kommen zügig voran. Doch bis nach TENNANT CREEK, bereits an der großen Nord-Süd-Verbindung, dem Stuart Highway gelegen, werden es wir an diesem Tag nicht mehr schaffen.

Dazu bricht dann doch zu früh die Nacht herein. Gegen 18 Uhr wird es dunkel. Wie bereits erwähnt, birgt das Fahren in der Dämmerung und in der Nacht in sich die Gefahr eines Wildunfalls. Also suchen wir möglichst rechtzeitig eine Übernachtungsmöglichkeit. Diese gibt es entweder an den Road Houses, also den Rasthöfen mit Tankstelle, Motel, Restaurant und Campingplatz. Viel einladender  sind aber oft die Parkplätze am Wegesrand. Sie gestatten ausdrücklich 24-Stunden-Parken incl. Übernachtung. Oft sind sie dann mit Einbruch der Dämmerung belegter als so mancher Campingplatz. Es gibt zwar keinen Strom und auch kein Duschhäuschen – hat man doch alles dabei – dafür aber Tisch und Bank und  Feuerstellen bzw. Grillgelegenheiten für eigenes, mitgebrachtes Feuerholz. Klingt das nicht romantisch? Parkplatz, lodernde Lagerfeuer, der Duft nach Steak, Bratwurst und Stockbrot, dazu jede Menge netter Leute und bei etwas Glück ein bilderbuchhafter Outback Sonnenuntergang?

Stuart HWy
Stuart HWy

So steht dann  TENNANT CREEK eben erst am Folgetag auf dem Programmzettel. Gleich am Ortsschild erblicken wir den Hinweis auf eine „Gemeinde ohne Alkohol“. Selbst bei den 3.500 Einwohnern, davon über 50% Aborigines, ist im ganzen Ort kein bottle shop zu finden. Supermärkte hingegen verkaufen keine Alkoholgetränke.

Ob man für die Besichtigung des Ortes einen Tag veranschlagen soll, mag dahingestellt bleiben. Neben dem Aboriginal Cultural Center Nuinkka Nuyunyu sowie dem Battery Hill Mining Center mit angebotener Minenführung bietet die Stadt nicht mehr viel. Beide Attraktionen gibt es aber zuhauf in der Region.

Somit reizt uns die Weiterfahrt ins südliche 530km entfernte ALICE SPRINGS erheblich mehr.

Denn bereits 100km hinter TENNANT CREEK heißt es einen lohnenden Zwischenstopp einzulegen an den Devil’s Marbles. Große, eiförmige Felsblöcke zieren die Landschaft. Die „Eier“ liegen dort wie aufgeschichtet oder hingerollt. Für die Warumungu Aborigines ist der Ort heilig, denn für sie symbolisieren die Felskugeln die „Eier der Regenbogenschlange“ (vgl. K&K 56-Tjapukai und Pamagirri – Cairns einmal anders).

Weitere 30km südlich wird es mystisch, denn das Road House von WYCLIFFE beherbergt ein UFO-Center. Schriftlichen wie mündlichen Informationen zufolge sollen bemannte Raumschiffe von Aliens diesen Landstrich regelmäßig überfliegen. Eine Ausstellung aus Fotos und Zeitungsartikeln versucht dieses behauptete Phänomen zu belegen. Handfest zeigen sich hingegen die lustigen Aliensfiguren und Raumschiffattrappen.

Der weitere Weg nach Süden zieht sich durch die bergige Landschaft des Outback. Mal nennt sie sich Wüste wie die Karlantijpa Desert, mal Range wie Crawford Range oder Anmatjira Range. Hübsch anzusehen sind sie alle mit den Hügeln und Bergen. Langweilig wird die lange Fahrt deshalb nie.

Naked Giant
Naked Giant

Schon gar nicht, wenn man unterwegs auch noch an den sogenannten Historical Markers eine kurze Rast einlegt. Hierdurch erfahren wir viel über die lokale und regionale Geschichte, z.B. beim John McDuall Stuart Memorial, der Ryans Well Historic Reserve oder dem Warburton Memorial. Ergänzend blickt dann noch in der Aboriginal Siedlung AILERON die 12m hohe Statue Naked Charly auf die Reisenden herab. Er thront nicht allein auf seinem Felsen. Seine Frau zähmt am Fuß des Berges zusammen mit ihrem Kind eine Schlange, natürlich ebenfalls als Statue.

Kurz vor ALICE SPRINGS haben wir noch einmal die Gelegenheit zur Parkplatzübernachtung, direkt auf dem Wendekreis des Steinbocks / Tropic of Capricorn. Hier holt uns der australische Winter ein. Oben, bei MOUNT ISA herrschten noch Temperaturen von bis zu 30°C tagsüber, nachts um die 20°C. Im nördlicheren DARWIN spricht der Wetterbericht von 35°C Tages- bei 25°C Nachttemperaturen. Mitten im Kontinent ohne mäßigenden Meereseinfluss liegen wir nur noch bei 15°C am Tage, trotz ununterbrochenen Sonnenscheins, und 2°C nachts. Je südlicher wir fahren, umso kälter soll es werden.  Alice Springs im Morgengrauen DSCN5594

Noch bei Sonnenaufgang erreichen wir die Stadtgrenze von ALICE SPRINGS, dieser Halbwüstenmetropole. Erstaunlich grün kommt sie uns auf den ersten Blick vor. Das alltägliche Leben scheint noch nicht erwacht zu sein, also fahren wir hinauf auf den ANZAC Hill für einen morgendlichen Stadtüberblick. Dieser macht sich fantastisch: Die Häuser sind in dem vielen Grün nicht leicht auszumachen. Der Stadtkern gefällt durch seine moderne, aufgelockerte Architektur. Direkt in der Fußgängerzone konkurrieren mehrere Aboriginal Art Galleries miteinander. Vom Verkäufer sollte man sich nicht abschrecken lassen, die Kunstwerke mit ihren bestechenden Mustern in Ruhe zu betrachten. Über TV-Schirme werden Filme über die Aboriginal Künstler und deren Arbeitsweise gezeigt. ALICE SPRINGS sagt von sich selbst, dass hier die „modernen Aborigines“ zuhause sind, die sich den „modernen Lebensanforderungen“ gestellt haben. Mag sein, wir erleben sie auch nicht anders als in anderen Städten und Dörfern.

Besichtigungsanlässe finden wir in der Stadt mehr als genug. Um sie alle zu besuchen, bräuchten wir sicherlich mehr als eine Woche. Also beschränken wir uns auf solche, die sich von vorherigen vielleicht ein wenig abheben.

Der Alice Springs Desert Park mag zu dieser Kategorie zählen. Wir erleben ihn als gelungene Mixtur aus Botanischem Garten, Zoo und Aboriginal Cultural Center. Von jedem ein wenig mit viel Auslauf für Tier und Mensch.

The Old Ghan  Freiluftklasse
The Old Ghan Freiluftklasse

Viele Städte punkten mit einer Hall of Fame. ALICE SPRINGS wartet gleich mit zwei solcher Ruhmeshallen auf. Die eine befindet sich im Museum of Transport. Beleuchtet wird die Wichtigkeit der Erschließung des Outbacks durch mechanische Transportmittel, allen voran durch den Bau der Eisenbahn. The Old Ghan gilt als Schlüsselerfindung. Ihr wird  ein breiter Raum eingeräumt mit Außen- und Innenbesichtigung des historischen Zuges. Erst sein Einsatz hat das Outback wirklich erschlossen, ohne die Ergebnisse der Erforschungsreisen zu Fuß, auf Pferderücken oder mit Kamelen schmälern zu wollen. Die zweite Hälfte dieses Museums widmet sich dem Auto, als PKW, Bus aber mit besonderem Akzent auf LKW. Denn sie sind für den heutigen Outback-Transport ein unerlässliches  Verkehrsmittel. Das gilt in besonderem Maße natürlich für die Road Trains. Wie diese besondere Geschichte begann, kann den allerersten Road Train hier besichtigen, einen Viehtransporter. Und wen beherbergt nun die Ruhmeshalle? Alles was sich als Trucker im On und Off Road Schwerverkehr einen Namen gemacht hat. Dabei spielt es aus unserer Sicht auch keine Rolle, ob wir Namen kennen oder nicht. Die Leistungen dieser Kapitäne der Landstraßen sind einfach grandios. Es gibt zwar auch den Begriff der Truckerette. Doch dieser Beruf bleibt hier immer noch eine Männerdomäne.

Da ist es nur logisch, dass im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit das weibliche Gegenstück auch mit einer Hall of Fame aufwartet, The National Pioneer Women Museum. Bei dem Begriff „Pioneer“ kommt uns natürlich sofort die Erstbesiedlung durch europäische Einwanderer in den Sinn. Diesen heldenhaften Frauen wird in der Ruhmeshalle auch ein Denkmal gesetzt. Doch die Ausstellung und Dokumentation geht weit darüber hinaus. Allen Frauen, die bahnbrechend als erste auf einem Gebiet für Australien gewirkt haben oder noch wirken, wird hier ein Denkmal gesetzt. Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen Aborigines oder europäischen Herkunftswurzeln. Um auch nur einen Hauch aller in der Ruhmeshalle aufgezeichneten Pionierleistungen erfassen zu können, soll man genügend Zeit mitbringen, denn es muss viel gelesen werden. Nach dem eindrucksvollen Rundgang bleibt für uns allerdings eine Frage unbeantwortet. Warum hat man diese wertvolle Dokumentation ausgerechnet in ein Gebäude des musealen Gefängnisses „The Old Goal“ in unnetter Nachbarschaft zu historischen Gefängniszellen integriert?

Flynn Gedächtniskirche
Flynn Gedächtniskirche

Ein weiteres Mal treffen wir in der Stadt auf den „Albert Schweizer“ des Outback, Reverend Flynn. Hier hat er als Superintendent viele Jahre gewirkt und die entscheidenden Maßnahmen und Schritte für den Aufbau der Royal Flying Doctor Services unternommen. Aus Dank hat man ihm in der Innenstadt eine Flynn Gedächtniskirche gewidmet. Sein Grab befindet sich 6km westlich der Stadt, stilecht  auf einem Outback Hügel vor einer Outback typischen Felswand in Outback charakteristischer Vegetation mit einem riesigen Felsbrocken auf einem Sockel. Der schlichte Ort gleicht einer Pilgerstätte.

Gehen wir noch gemeinsam ins Central Australian Museum. Man findet es im sogenannten Alaruen Cultural Precint in direkter Nachbarschaft mit einem Aboriginal Cultural Center und dem Strehlow’s Research Institute.

MacDonnell Ranges East
MacDonnell Ranges East

Was macht das Museum so interessant? Außer einer Ausstellung über Tiere im Outback behütet es zum einen ein Meteoritenstück, welches vor rund 4.000 Jahren auf die Erde fiel (s.u.). Zum anderen steht dort in nachgebauter Skelettform der größte Vogel, der jemals auf Erden gelebt haben soll, vor gut 4 Millionen Jahren. Zum dritten widmet sich das Museum und die Ausstellung zu dem angegliederte Forschungsinstitut dem missionarischen Schaffen des deutschen Pastors Carl Strehlow.

MacDonnell Ranges West
MacDonnell Ranges West

Somit können wir eine direkte Verbindung in die westlichen MacDonnell Ranges zu dem Dorf HERMANNSBURG knüpfen.

Hermannsburg
Hermannsburg

Denn hier hat Carl Strehlow von 1894-1922 als evangelischer Pastor gewirkt und missioniert. Dazu muss man wissen, dass es sich bei dem Ort um das Aboriginal Dorf Ntaria handelt.

Hermannsburg
Hermannsburg

Strehlow errichtete hier ein umfangreiches Missionsdorf mit Kirche, Schule, Krankenstation, Schmiede, Gerberei, Bäckerei mehreren Wirtschaftsgebäuden und Wohnhäusern. Neben der kirchlichen Arbeit widmete er sich besonders der schulischen Ausbildung der Kinder. Ohne von ihrer Muttersprache, dem Arrarnta zu lassen, lernten die Kinder und auch Erwachsenen Englisch. Viele ließen sich taufen. Strehlows Erbe wirkt auch heute noch in Form einer aktiven evangelischen Gemeinde.

Die MacDonnell Ranges gelten als wahre Naturperlen. Wie die Querbalken eines Kreuzes erstrecken sich westlich und östlich der Stadt. Hohe, schroffe Gebirgsketten sind ihr Markenzeichen. Jeweils eine gut geteerte Stichstraße führt in sie hinein. Im Westen rund 160km bis nach GLEN HELEN. Abstecher führen zum Simpsons Gap, dem Serpentine Gorge und dem Ormiston Gorge, zu den Orchre Pits sowie zum Ellery Creek Big Hole. Allesamt bestauenswerte Naturerscheinungen. Die größte Attraktion ist dabei der Standley Chasm mit seinen 80m hohen Felswänden.  

Standley Chasm
Standley Chasm

Auf der gegenüber liegenden Seite, im Osten, verläuft die Straße rund 70km bis zu einem Resort. Auch auf diesem Abstecher wirken die Felswände wie Postkartenpanoramen, manchmal durchbrochen von einer großen Felslücke, aber immer parallel zur Straße. Für jeden Arm nehmen wir uns einen Tag Zeit, um die fantastischen Aussichten in Ruhe genießen zu können. Beim Oststrang lohnen sich besonders Kurzwanderungen an Emilys Gap, Jessie Gap und dem Corroboree Rock.

Die Solar Capital ALICE SPRINGS und Umgebung bilden fast eine kleine Reise für sich. Doch allmählich zieht es uns weiter südlich zu einer anderen markanten Outback Sehenswürdigkeit.

Meteoriten Kraterrand
Meteoriten Kraterrand

Gut 4.000 Jahre sind seither vergangen, als ein Meteorit 130km südlich von ALICE SPRINGS, nahe der winzigen Gemeinde HENBURY mit einer Geschwindigkeit von 40.000km/h auf die Erde prallte. Es heißt, glücklicherweise zerlegte er sich vor dem Aufprall in viele Einzelteile, sonst hätte ein Erdbeben den Globus eventuell aus seiner Umlaufbahn geworfen. So lief der Zusammenstoß einigermaßen glimpflich ab. Er brachte außer 12 Kratern mit Durchmessern zwischen 7m und 180m bei teilweise 15m Tiefe lediglich noch einige Felsen zum Einsturz. Einige Tonnen an Nickel-Eisen-Meteoritenbrocken konnten für die heutige Forschung noch geborgen werden. Die großen Krater entstanden durch Fragmente so groß wie ein 200L Benzinfass. Heute können einige dieser Krater umwandert werden. Hierfür biegen wir kurz hinter HENBURY vom Stuart Highway westlich auf eine Schotterstraße ab, die nach 15km am entsprechenden Parkplatz (mit Übernachtungsmöglichkeit) endet. Der interessanteste Rundweg führt auf dem Rand um den größten Krater herum. Verschiedene Informationstafeln erläutern Absturz und Auswirkungen des Meteoriteneinschlags. Was wäre, wenn der Himmelkörper nicht in dieser gottverlassenen Gegend niedergegangen wäre? Das kann sich  nun jeder selbst ausmalen.

Red Center
Red Center

Wir wollen jedenfalls ohne Meteoritenbegleitung ins Herz des Roten Zentrums vorstoßen, zum Ayers Rock und dem Kings Canyon. Australiens Hauptattraktionen liegen nur noch 500km von den Kratern entfernt. Hier im Outback firmiert diese Entfernung unter Kurzstrecke. 

Unser Buch über NEUSEELAND ist fertig

Ein Buch von unterwegs für unterwegs.

Kea als ständiger Begleiter
Kea als ständiger Begleiter

Während wir noch Australien umrunden, ist unser Neuseeland Buch entstanden. Alles tip top mit ausgefeilten Texten, tollen Fotos und einem sicherlich sehr ansprechenden Cover – pünktlich zur Frankfurter Buchmesse im Oktober 2016.

Die Auslieferung wird bald möglich sein, entweder über den Verlag direkt (www.traveldiary.de) oder –

wir nehmen natürlich auch gern Vorbestellungen entgegen und schicken das Buch dann direkt an die Besteller – nach unserer Rückkehr im Oktober 2016.

Wer es gar nicht erwarten kann, es wird auch eine e-book Version zum downloaden geben.

Mt Cook Oststeite morgens
Mt Cook Oststeite morgens

Wie der Verlag unser nunmehr viertes Buch charakterisiert, steht unter diesem link: http://traveldiary.de/?p=23269

Auf unserer Internetseite „reisen“ haben wir ebenfalls einiges zu unserem neuen Werk gesagt. Einfach mal unter „bücher“ nachschauen.

Apropos: Ein Bericht über unsere Australienrundreise wird später ebenfalls als Buch erscheinen. Als Präsentationstermin wird die Leipziger Buchmesser im März 2017 angestrebt.

Wie heißt es doch so treffend: Reisen bildet – Lesen auch – selbst Schreiben erst recht.

Bis dann einmal

K&K 60 – Schichtwechsel

Schichtwechsel
Schichtwechsel

Nach den Ozeanimpressionen am Gulf of Carpentaria folgen wir über 450km dem Nord-Süd-Highway, in seinem Kernstück offiziell Burke Developmental Road genannt. Der Entdecker Burke ist die eine Sache. Die Auswirkungen einer Developmental Road / HWy 83 treffen uns kurz nach NORMANTON, intensiv und outbackauthentisch. Die Überlandstraße zeigt über weite Strecken in der Tat noch Entwicklungsbedarf. Sie gilt als Teerstraße / sealed road. Dieses Versprechen wird bis auf einen mittellangen (12km) Bauabschnitt auch eingehalten.

Burke&Wills HWy
Burke&Wills HWy

Meistens hat auf dem geteerten zentralen Streifen aber nur ein Vehikel Platz. Unser Wohnmobil passt in der Breite (2,35m) gerade noch so auf den Asphalt. Alles was breiter ist, vor allem die LKW, Busse und ganz besonders die Road Trains, fahren mit mindestens den linken oder rechten Reifen auf rotem Schotter. Bei Gegenverkehr heißt es nur noch runter vom Teer auf den ungeteerten Seitenstreifen, Staubwolke abwarten, hoffen darauf, dass keine weiteren Steine die ohnehin schon mit einem Riss durchzogene Windschutzscheibe treffen wird und dann wieder zurück auf das Absatz bewährte Teerband. Glücklicherweise ist dieser Highway nicht allzu stark befahren, halten sich die gezählten 37 Ausweichmanöver noch einigermaßen in Grenzen. Die Forderungen auf Straßenschildern wie „We Need Better Roads in Queensland“ werden dadurch schnell nachvollziehbar.

Road Tain
Road Tain

Entschädigt für diese Unbill werden wir durch den Anblick der Natur. Erstaunlich, wie abwechslungsreich grün das Outback sein kann. Nicht das oftmals beschriebene  charakteristische Rostrot dominiert. Und dazwischen hin und wieder ein Fluss oder Bach, mal mit mal ohne Wasser, an welchen der Bewuchs dann geradezu explodiert. Australiens Outback kommt auch nicht nur als ausschließlich ebenes Flachland daher, wie manche Darstellungen es suggerieren. Durchzogen ist es in dieser Region relativ dicht von Bergketten mit bis zu 500m Gipfelhöhe. Das eröffnet dem Betrachter von den Straßenpässen aus weite, wunderschöne Ausblicke auf nahezu endlose Ebenen, bis zur nächsten Bergkette. Namen gefällig? Hier eine kleine Auswahl: Mount Gordon, Mount Stanley, White Hills und am Horizont die Waggaboonya Range.

Termintenhügel
Termintenhügel

Eine andere Erscheinung lenkt den Blick nach links und rechts von den Straße ab. Die Landschaft ist gespickt mit Termitenhügeln. Diese Blätter- und Pflanzen fressenden Insekten bauen steinharte Türme in die Landschaft. Manchmal sehen diese Gebilde auch aus wie spitze Hüte. Die größten unter den Hügeln messen bis zu vier Metern Höhe mit knapp einem Meter Umfang. Der kleinste Bau hat die Größe eines Teelöffels. Verlassene Termitenhöhlen, zu erkennen an der aschgrauen Farbe, werden abgeerntet. Der feuchte und pulverisierte Baustoff besitzt dann Eigenschaften von Zement und wird gern als Fußbodenuntergrund verwendet.

Termitenhügel
Termitenhügel

Ganz allmählich wird es dann auch Zeit für einen Schicht- bzw. Fahrerwechsel. Das Burke&Wills Roadhouse, ziemlich auf der Hälfte der Strecke gelegen, bietet sich hierfür an. Damit wären wir auch bereits bei dem oben erwähnten Robert Burke. Zusammen mit seinem Kompagnon William Wills und weiteren sechs Abenteurern unternahm er 1860/61 die erste Süd-Nord-Durchquerung des Kontinents, von MELBOURNE bis zum GULF OF CARPENTARIA. Die Expedition endete im Chaos. Nur ein Teilnehmer überlebte die Forschungsreise.

Im Museum Unearthed des Outback Städtchens CLONCURRY gibt es hierzu eine extra Ausstellungssektion. Unterwegs auf dem Burke Highway, der ziemlich genau entlang seiner damaligen Expeditionsroute führt, erinnern Gedenksteine und Informationstafeln an den gescheiterten Durchquerungsversuch.

CLONCURRY – nur wenige Städte in Australien können für sich in Anspruch nehmen, derart identitätsstiftend für den Kontinent zu sein. Dieser Outback Ort kann es, denn er ist die Geburtsstätte  der weltberühmten Royal Flying Doctor Services (RFDS) und obendrein der Zielflughafen für den ersten QANTASFLUG. In früheren Kapiteln haben wir bereits auf beide Phänomene aufmerksam gemacht.

RFDS
RFDS

Mit einem hervorragenden, mehrstöckigen Museum ehrt die Stadt den RFDS-Gründer John Flynn, dessen Porträt auf der australischen 20-Dollar-Note zu finden ist. Schichtwechsel kannte er nicht, er stand rund um die Uhr für seine Patienten zur Verfügung. John Flynn war es, der 1928 die Notwendigkeit zuverlässiger, ärztlicher Versorgung für unzugängliche Outbackregionen erkannte und mit viel Mühe beziehungsweise Erfindungsreichtum sicherstellte. Da Straßenverbindungen nicht bestanden, holte er die Gründer der QANTAS Fluggesellschaft mit ins Boot. Mit Hilfe des Funkingenieurs Alfred Traeger wurde Stück für Stück ein Kommunikationsnetz mit den Außenstationen und weit abgelegenen Farmen entwickelt und ausgebaut. Das sogenannte Pedal Radio, also ein Funkgerät, welches wie ein Fahrrad angetrieben und über Dynamo mit Strom versorgt wird, stellte eine sichere Verbindung her. Und heute? Rund 40 RFDS-Flugbasen BEWÄLTIGEN in ganz Australien die ärztliche Versorgung in den mehr oder minder unzugänglichen Landstrichen. Dabei beschränkt der Service sich nicht mehr nur auf Notfalleinsätze. Einsame Siedlungen und Dörfer erhalten auch regelmäßige Sprechstunden von einem Flying Doctor. Vieles allerdings erfolgt auch durch Ferndiagnose, erfahren wir durch die excellenten  filmischen und schriftlichen Dokumentationen. Die Museumsleiterin bringt es treffend auf den Punkt, wenn sie argumentiert: „John Flynn, als seine Ideen noch als wild und revolutionär angesehen wurden, entwickelte ein System, welches Flugwesen, Kommunikationstechnik und Medizin miteinander kombinierte als Schutzmantel für die Bewohner des Outback.“

Die Stadt CLONCURRY und ihre Region erlebten, wie viele andere australische Gebiete auch, ihren Gold Rush. Ab 1867, nachdem der Stadtgründer Ernest Henry, eigentlich nur auf der Suche nach Weideland, erste kostbare Funde gemacht hatte, wuchs die Siedlung rasant auf 8.000 Einwohner an (heute: 1.500). Nicht Gold brachte Reichtum, sondern Kupfer und andere Edelmetalle.

Diese Funde benötigten große Transportkapazitäten. Eine Eisenbahnverbindung folgte erst später. Pferde wären natürlich eine Möglichkeit gewesen. Doch sie benötigten in dieser kargen Outbacklandschaft zu viel Betreuung bei begrenztem Transportumfang. Dadurch entwickelte sich CLONCURRY zu einem zweiten Zentrum. Findige Afghanen brachten irgendwie 2.000 Kamele in die Region und boten damit ihre Dienste an. Es muss ein blühendes Geschäft gewesen sein, denn die Afghangemeinde soll auf rund 1.000 Angehörige angewachsen sein. Zeugnis dieser Epoche legt der zu besichtigende Afghanfriedhof ab.

Mit CLONCURRY beenden wir erst einmal den Südkurs und richten uns gen Westen aus quer durch das Outback bis zur Grenze ins Northern Territory. Schnell wird sichtbar, dass diese Ost-West-Verbindung, Barkly Highway / A2 mit Namen, wohl eine größere verkehrstechnische Bedeutung hat. Zum einen ist die Straße sehr breit und in hervorragendem Zustand. Zum anderen treffen wir auf ihm wieder zahlreiche Road Trains. Die meisten davon sind entweder zweistöckige, geruchsintensive Viehtransporter oder offene Schwerlasttransporter mit drei bis vier Anhängern. Trotzdem verlaufen die 120km bis nach Mount Isa sehr entspannt mit vielen malerischen Ausblicken auf die rot-grüne Bergwelt.

Hard Times Mine
Hard Times Mine

Als Bergwerkszentrum für Kupfer, Zink, Blei und Silber hat sich die 25.000-Einwohnerstadt einen Namen gemacht. Jeden Morgen um 7.50 Uhr und Abend um 19.50 Uhr durchrollt ein leichtes Donnergrollen die Stadt. Es signalisiert die Sprengungen in den Minen und gleichzeitig den Schichtwechsel. Das optische Stadtbild prägt der 130m hohe Schornstein der Mine, umgeben von den gigantischen Abraumhalden.

Outback at Isa lautet die Bezeichnung für das Visitor Informationszentrum, das gleichzeitig zwei Museen beherbergt, das Riversleigh Fossil Center sowie das Mining Museum  mit dem Outback Park. Beide Einrichtungen sind sicherlich einen Besuch wert, besonders auch in Ergänzung zum Besichtigungshighlight, der Hard Times Mining Tour.

Nach Einkleidung als authentischer Minenarbeiter und ausführlicher Sicherheitsbelehrung geht es knapp drei Stunden kreuz und quer durch die Stollen. Nichts wird ausgelassen, handfeste Eigenerfahrung ergänzen die lehrreichen Erläuterungen durch Minenarbeiter. Wer hat schon einmal einen Stollenbohrer bedient und dessen Arbeitsgewicht ausgekostet? Hier besteht die Gelegenheit dazu, um einmal die reale Arbeitsbelastung zu erfahren. Nicht minder beeindrucken uns die Vorführungen der schweren Untergrundmaschinen. Nach einer mehrminütigen Sitzprobe in der Sicherheitskammer erahnen wir das Gefühl einer wirklichen Notlage tief unten im Stollen. Besonders unter die Haut fährt der Schrecken, wenn auch noch der Strom ausfällt. Es ist wieder einmal hautnah der Unterschied spürbar zwischen eventuell angelesenen Informationen oder Fernsehbildern und praktizierter Selbsterfahrung. Aufgelockert versöhnlich wird es später im unterirdischen Frühstücksraum. Handfester Minenarbeiterlunch – Sandwiches mit Corned Beef und Cornish Pasties – werden serviert mit Kaffee oder Tee aus dem Henkelbecher. So gestärkt stapfen wir dann weiter durch die spärlich beleuchteten Gänge. Obwohl nur als zuschauende Gäste erwacht in uns doch bald der Wunsch nach erlösendem Schichtwechsel und Tageslicht. Man muss es gesehen und erlebt haben, was es bedeutet, „da unten“ zu arbeiten.

Underground Hospital
Underground Hospital

Wir bleiben noch ein wenig im Untergrund, an anderer Stelle in der Stadt. Bergleute haben auch hierfür die Schächte und Stollen in einen Berg getrieben. Die Höhlen und Gänge waren als Schutzmaßnahme im Zweiten Weltkrieg vorgesehen. Nachdem die Japaner 1942 DARWIN bombardiert hatten, fürchtete man ebenfalls Luftangriffe auf MOUNT ISA wegen der kriegswichtigen Bergwerksindustrie. Also wurde ein Höhlenkrankenhaus / Underground Hospital in einen Berg gegraben. Einzelne Höhlennischen dienten als medizinische Abteilungen; die doppelstöckigen Krankenbetten standen in den Gängen. So gut es eben ging, wurde das Hospital mit Geräten und Medikamenten ausgestattet. Mehrere Ein- und Ausgänge sollten der Gefahr einer Verschüttung vorbeugen. Selbst an einen Notausgang in der Bergkuppe, der nur über Leitern zu erreichen war, hatten die Erbauer gedacht. Das Höhlenkrankenhaus musste als solches in seiner Funktion glücklicherweise nie genutzt werden. In den ersten Nachkriegsjahren diente es als Schlafunterkunft für Minenarbeiter der Nachschicht, denn hier war es einigermaßen kühl und ruhig.

Heute können wir es als Museum besichtigen zusammen mit dem Tent House, einer Wohnunterkunft aus Zeltstoff. Hiervon gab es zur Zeit der Mineneröffnung eine ganze Zeltstadt, denn es wurde schnell und viel Wohnraum benötigt während des Bergbaubooms. Erstaunlich wie geräumig diese Häuser sind!

Nach so viel Untergrund steigen wir in die Luft, sinnbildlich. So wie der RFDS die medizinische Versorgung für die Outbackbewohner sicherstellt, wird auch auf pädagogischem Gebiet gearbeitet.

School of the Air-Klassenzimmer
School of the Air-Klassenzimmer

School of the Air lautet das Stichwort. Man kann auch sagen Fernunterricht dank moderner Kommunikationsmittel für die Kinder von Outbackeltern. In MOUNT ISA arbeitet solch eine Schule. Wir statten ihr einen Besuch ab und nehmen an einer Unterrichtsstunde teil. Über dem Eingangstor prangt das Schild „Australian’s Biggest Classroom“. Mit einer Ausdehnung von je 500km nach Norden und Süden, 300km nach Osten und 200km nach Westen wird der Spruch wohl stimmen. Geographisch präzisiert bedeutet das: im  Norden bis an den Gulf of Carpentaria, im Süden bis Birdsville, gen Osten geht es bis Richmond und im Westen gilt die State Border zum Northern Territory als Begrenzung. Somit umfasst die Klassenraumgröße rund 80.000km².

24 Lehrkräfte betreuen 170 Kinder bei einer maximalen Klassenstärke von sieben Schülerinnen und Schülern. Es gibt natürlich Klassenräume, in denen aber nur die Lehrkraft sitzt und per Computer, Funk oder Telefon die Schüler unterrichtet. 60 Minuten „on air per day“ lautet das Stichwort, montags bis donnerstags. Der persönliche Lehrer-Schüler-Kontakt wird durch Hausbesuche sichergestellt. Das bedeutet immerhin auch, dass die Lehrkraft mal eben 500km zu einer Outbackfarm fährt. Bei Montagsbesuchen heißt das, bereits am Sonntagnachmittag losfahren. Klassentreffen gibt es rund zwei Mal pro Jahr mit einwöchigen Camps. Die Zeugnis-Abschlussergebnisse sollen denen der anderen öffentlichen und privaten Schulen entsprechen. Darauf wird nicht ohne Stolz hingewiesen.

Ein Bild an der Wand für Klassenfotos weckt unsere besondere Aufmerksamkeit. Ein ca. 12 Jahre alter Junge sitzt mitten in der Outbackwüste an einem Tisch, vor sich Bücher und Hefte ausgebreitet. Fernunterricht betreut auch die Kinder von Eltern, die als Wanderarbeitskräfte von Farm zu Farm ziehen, keinen festen Wohnsitz haben und deshalb meistens im Wohnwagen leben. Um am Unterricht teilnehme zu können, muss der Junge seine Schulutensilien immer weit genug vom Wohnwagen und dem ratternden und lärmenden Generator aufbauen. Da es im tiefsten Outback bekanntlich kein oder kaum Internet gibt, stellt er die Verbindung zur Schule durch das Pedal Radio her. Also neben Nachdenken, Antworten oder Schreiben immer kräftig in die Pedale treten.

Wer hier als Lehrkraft arbeitet, sollte sicherlich auch nicht den regelmäßigen Schichtwechsel mit garantiertem Feierabend verstärkt im Auge haben. Beruf bewahrheitet sich hier als Berufung.

Bei so viel rostroter Umgebungsfarbe in MOUNT ISA sehnen wir uns allmählich wieder nach Grün. Die Stadt tut durch innerstädtische Parks diesbezüglich viel für seine Einwohner. Ein Blick vom City Lookout zeigt immer wieder grüne Tupfer.

Lake Moondarra
Lake Moondarra

Die wirkliche Naherholung finden die Bewohner der erst 90 Jahre alten Stadt aber einige Kilometer außerhalb am nördlich gelegenen Lake Moondarra. Dieser Stausee, wunderschön eingebettet in die Hügellandschaft, stellt durch Aufstauung des Leichardt River auch gleichzeitig die Wasserversorgung von MOUNT ISA sicher.

Der Bergwerksstadt nunmehr den Rücken gekehrt, werden wir nach weiteren 200km Westroute den Bundesstaat Queensland verlassen. Das Northern Territory ruft mit seinem Roten Zentrum – also routenmäßiger und landschaftlicher Schichtwechsel.

K&K 59 – Stromland

Zum letzten Mal überqueren wir die Great Dividing Range in westlicher Richtung, ohne später an die Ostküste zurückkehren zu wollen.

Great Dividing Range
Great Dividing Range

Dichtes, grünes Wald- und Buschland begleitet uns in dieser Gebirgskette, die sich in 230 Millionen Jahren so aufgefaltet hat, wie wir sie jetzt erleben. Doch der Prozess der Faltung ist noch nicht zum Stillstand gekommen. Nachfolgende Generationen, vielleicht in 5.000 Jahren, werden teilweise wenn auch minimal anderes sehen als wir heute.

Unsere Route auf dem Savannah Way führt über weite Strecken durch ehemals vulkanaktives Gebiet. Es kündigt sich knapp 100km hinter ATHERTON bereits an durch die heißen Quellen von INNOT HOT SPRINGS. Der Mini-Ort mit 5 Häusern, einem Campingplatz und Hotel lädt ein zum heißen Bad im Dorfbach. Es ist ein wirklich heißer Strom mit 70°C Wassertemperatur dicht an der Quelle. Später können wir in kleinen Sandkuhlen im flachen Strombett ein angenehmes (Fuß-)Bad nehmen. So eine Ruhepause belebt für die kommenden 200km bis zum nächsten Zwischenziel, den Undara Volcanic National Park.

Undara Volcanic NP
Undara Volcanic NP

Wer diese unsere Route nimmt oder ihn eventuell ganz auslässt, versäumt Wesentliches, sowohl an Naturhistorie wie auch an Gastfreundschaft. Mitten im Buschwald ist der Undara Recreation Complex entstanden mit Hotelunterkunft in ausgedienten Eisenbahnwaggons, Buschcampinghütten, einem Campingplatz und Natur-Swimmingpool. Die gesamte Anlage ist sehr gefällig gestaltet, die Preise moderat im Hinblick auf das Angebot. Wer abends kein TV mag, kann beim Campfire Talk (jeweils 20 Uhr) viel Wissenswertes über Natur, Wildlife und lokale Geschichte erfahren. Wir erleben diese Ranger geleitete Veranstaltung mit dem Thema „Schlangen“ im Nationalpark. In ganz Australien, so erfahren wir, gibt es ca. 250 verschiedene Arten, davon 20 mehr oder minder giftige. Im Undara NP selbst davon rund 100 Spezies. Ein etwas allgemeiner Quiz zu Australien, Trivia genannt, bildet das Abendprogramm des nächsten Tages. Und so werden die Gäste während er Saison (Mai bis November) an sieben Tagen in der Woche lehrreich und aufgelockert unterhalten. Zusätzliches Eintrittsgeld für diese Abendveranstaltungen sind ein Fremdwort. Obendrein können wir uns, ebenfalls kostenfrei, den ganzen Tag über mit Kaffee, Tee, Milch und glasklarem Quellwasser versorgen.

Undara Lava Tube
Undara Lava Tube

Wegen seines Wertes als Weltnaturerbe darf der Nationalpark selbst nicht ohne Ranger betreten werden. Die sogenannten Savannah Guides, eine speziell ausgebildete Rangertruppe, bieten über den Undara Recreation Komplex deshalb verschiedene geführte Touren an. Wir entscheiden uns für zwei Touren, die Wildlife at Sunset Tour und die Archway Explorer Tour.

Die Sunset Tour startet mit einem Kleinbus gegen 17 Uhr, also zu der Tageszeit, in dem die Wildtiere recht aktiv sind. Im Schritttempo fahren wir in die Wildnis hinein. Die Kängurus, Wallabies und Wallaroos, die wir sichten, bleiben wegen ihrer hohen Anzahl ungezählt. Überall hüpft es, sind die Ohrenantennen ausgefahren, schmiegen sich die Jungtiere an die Mütter oder hüpfen schnurstracks in den Beutel. Mit solchen Tierbeobachtungen und den begleitenden Erklärungen dringen wir recht tief in den National Park ein. An einem Felsenberg unterbrechen wir die Fahrt. Die Sonne färbt sich glutrot am Horizont. Es ist 17.45 Uhr. Wir erklimmen das Felsgebilde, um den Sonnenuntergang von dem erhöhten Standpunkt aus beobachten zu können. Welch ein Anblick!  In der mit Bäumen bewachsenen Ebene unter uns erkennen wir rund ein Dutzend erloschener Vulkankegel. Insgesamt befinden sich 72 von ihnen im Nationalpark. Rasch senkt sich die Sonne, erleuchtet noch einmal diese und jene Vulkanspitze, und schon verschwindet sie in einem Dunstmeer am Horizont. Sie senkt sich mindestens ebenso schnell wie Kängurus weghüpfen können. Im Dunkeln und mit Hilfe von Taschenlampen kehren wir zum Bus zurück, um zur nächsten Tourstation zu fahren. Draußen ist es rabenschwarz, als der Bus hält. Der Ranger spricht uns Mut zu, wir sollten ihm nur folgen. Künstliche Beleuchtung nur im äußersten Notfall einschalten. Warum? Wir steigen hinab in eine Vulkanhöhle zu den Zwergfledermäusen / Micro Bats. Die Stablampe des Ranger leuchtet urplötzlich in die Kolonie hinein. Den Lärm und das Geflatter der Tiere kann sich jeder vorstellen. Die Dunkelheit ist sowieso ihre Aktivzeit. So streift denn auch manche Fledermaus ganz dicht an unseren Köpfen vorbei. Nicht jeder bleibt dabei ruhig und gelassen. Nach gut zwei Stunden Gesamttour kehren wir zum Buschcamp zurück, pünktlich zur Abendveranstaltung.

Undara Volcanic NP
Undara Volcanic NP

Am nächsten Morgen heißt es früh aufstehen, denn die Explorer Tour startet bereit um acht Uhr. Sie setzt den thematischen Hauptakzent auf die ehemaligen Vulkantätigkeiten dieser Region. Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, in Bett eines Lavastromes zu wandern? Hier gibt es sie.

Wir versetzen uns 190.000 Jahre zurück. Zu der Zeit brodelten hier die Vulkane, nicht alle gleichzeitig, immer schön einer nach dem anderen. Dabei waren die Eruptionen nicht durch grandiose Explosionen, geprägt mit Aschewolken und Steinbrocken, die gen Himmel geschleudert wurden. Die flüssige Lava quoll vielmehr über den Vulkanrand hinaus und floss in die bestehenden Flusstäler. Das Flusswasser verdampfte natürlich sofort, so dass die Lava hervorragende Bedingungen für den Weiterfluss vorfand. Dadurch entstand der längste, je gemessene Lavastrom der Erdgeschichte. 160km ergoss sich die „Mobile Ofen“ ins Land.18 Monate dauerte im Durchschnitt solch eine Vulkan-Lava-Aktivität. 23km³ Lava wurden jeweils freigesetzt. Damit könnte man den gesamten Sydney Harbour problemlos füllen (vgl. dazu K&K 31 – Boating, Bays und Beaches-Sydney).

Und heute? Nunmehr können wir in diesen Lavastrombetten / Lava Tubes wandeln. Der trockene Regenwald hat sie erobert. Auf Board Walks dringen wir ein in das Gestrüpp, hinein bis in die tiefsten Lavahöhlen oder unter gigantische Felsbrücken. Auch diese Tour, angereichert mit den sachkundigen Rangererklärungen, hinterlässt einen unvergesslichen Eindruck.

Bleibt noch die Frage, warum die Gegend Undara heißt. Das Wort stammt von den Aborigines und bedeutet langer Weg. Damit sind nicht die langen Entfernungen zum nächsten Ort gemeint, sondern die Länge der seinerzeitigen Lavaströme.

Savannah Highway
Savannah Highway

Bleiben wir bei dem Begriff „langer Weg“. Je weiter westlich wir vordringen, jetzt bereits wieder jenseits der Great Dividing Range, umso einsamer liegen die Siedlungen und kleinen Orte. Im Gegensatz zur stark bevölkerten Ostküste im Sunshine State kommen uns 100km Ortsdistanzen bald schon wieder als „Kurzstrecke“ vor. Der Outbackort GEORGETOWN mit seinen 150 Einwohnern hofft auf Besucher für seine sehenswerte Mineralienausstellung. Visitor Information, Mineralmuseum und kommunale Bücherei sind synergetisch unter einem Dach untergebracht. Einen überregional guten Ruf hat sich der Dorfschlachter mit seinen allerorts gepriesenen Würstchen erworben. Schmecken wirklich lecker! Kurz darauf kommt aber auch gleich wieder das Ortsausgangsschild.

Mit jedem Kilometer westlich färbt sich die Erde roter, nimmt die Anzahl der Termitenhügel zu, die Bäume, Menschen und Kühe ab. Weitere 150km weiter bietet sich beim Roadhouse ein notwendiger Tankstopp an. Die Füße vertreten wir uns im frei zugänglichen Heritage Precint. Museumdorf als Begriff wäre übertrieben. Doch einige historische Gebäude wie die historische Polizeistation aus dem Jahr 1896, das ehemalige Gerichtsgebäude von 1887 oder die Town Hall von 1890 sind schon einen Hingucker wert. Im „True Blue Visitor Information Center“ kann man sich einen Film über die Bergbaugeschichte anschauen. Danach geht es zum Croydon General Store, nach eigenen Bekundungen das am längsten ununterbrochen existierende Geschäft Australiens (seit 1894).

Normanton-Lifesize Crocodile
Normanton-Lifesize Crocodile

Der nächste Sprung von 150km westwärts bringt uns bis NORMANTON. Die Kleinstadt mit seinen 1.400 Einwohnern gilt als das Zentrum der Region. Am Norman River gelegen hatte es seine Blütezeit als Ausfuhrhafen für die Produkte des kurzlebigen Gold Rush. Heute lebt es von dieser Vergangenheit, bietet einen Historical Town Walk an, gilt als Endstation der  historischen Eisenbahnlinie Croydon-Normanton (alle 14 Tage immer mittwochs) und rühmt sich der Geschichte mit dem Erlegen des größten jemals geschossenen Krokodils. 8,4m soll das Ungeheuer gemessen haben. Erlegt wurde es an den Ufern des Norman Rivers von einer Krokodilsjägerin. Eine lebensgroße Statue des Reptils schmückt die Hauptstraße. Das war es dann auch bereits, und wir können weiterfahren, dieses Mal Richtung Norden.

Australiens Nordküste
Australiens Nordküste

„Outback meets Ocean / Das Outback trifft das Meer“ lautet das Motto der nächsten Reisestation. Nach geteerten 70km erreichen wir den Hafenort KARUMBA an der Mündung des Norman Rivers. Er fließt in den Gulf of Carpentaria. Somit stehen wir ein erstes Mal an Australiens Nordküste. Uns gegenüber liegt das Inselreich von Timor, unsichtbar hinterm Horizont.

Regional und überregional bekannt ist der Seeort als Capital of Barramundi and Prawns. Der erste ist ein sehr köstlicher Speisefisch, dem Karpfen ähnlich nur viel größer. Ca. 10t werden hier pro Fangfahrt davon gefischt. Die Strände sind gesäumt mit Petrijüngern, die vom Ufer aus ihr Glück versuchen. Der Ort selbst hat zwar nur gut 500 Einwohner, die 6 Campingplätze und 8 Hotels lassen diese Zahl jetzt n der beginnenden nordischen Trockenzeit aber geradezu explodieren, Angeltourismus in seiner ausgeprägtesten Art. Die zweite Delikatesse sind die Königskrabben, die hier ebenfalls abgeerntet werden, 40t pro rund 8tägiger Fangfahrt.

Am Carpantaria Gulf
Am Carpantaria Gulf

Uns lockt etwas Anderes an die Küste. Sie ist nämlich berühmt für ihre malerischen Sonnenuntergänge, blickstörungsfrei vom extra eingerichteten Sunset Point. Die Genusssteigerung dieses Naturschauspiels gibt es dann vom Wasser her. Der Familienbetrieb „Crocs & Crab Tours“ (www.crocandcrab.com.au) bietet entsprechende Sunset Cruises an. Hervorragend, können wir dazu nur sagen. Es geht nicht einfach per Boot ein wenig ins Meer hinaus und wenige Minuten später wieder zurück. Das gesamte Erlebnis dauert rund 2 1/2 Stunden. Gegen 17 Uhr sammelt dich das Schiff am Strand auf, maximal 20 Passagiere insgesamt. Zunächst geht es ein wenig flussaufwärts in KRUMBAS Fischereihafen mit der kleinen Fangflotte. Mächtig stolz ist man darauf, dass ganz Australien und auch Überseeländer mit den Königskrabben von hier aus versorgt werden. Bald nimmt das Boot Kurs auf das offene Meer. Es wird auch Zeit, denn der Sonnenuntergang ist hier regelmäßig gegen 18 Uhr zu bestaunen. Nach gut 20 Minuten Fahrt werden die Passagiere ausgesetzt auf der kleinen Insel Sand Island.

Sandy Island Sunset
Sandy Island Sunset

Das gesamte Eiland besteht aus nichts anderem als einem abgeflachten Sandhügel, der aus dem Wasser ein wenig hervorragt. Nunmehr steht nichts mehr zwischen dir und dem Sonnenuntergang. Ein Robinson-Crusoe-Gefühl de luxe schleicht sich in die Stimmung. Ein Sonnenuntergang in sich ist schon traumhaft. Mit den Cruise-Zutaten glaubst du dich in einer verzauberten Welt. In Windeseile hat die Crew mehrere Klapptische aufgestellt. Deinen Hocker kannst du dir vom Schiff selbst mitnehmen. Aus mehreren Kühlkisten wird als Topping zum malerischen Sonnenuntergang Leckeres serviert: die uns nunmehr schon bekannten „Nibbles“, also fingerfood aus Käse, Wurst, Rohkost und Dressing. KARUMBAS Spezialität fehlt natürlich auch nicht. Eine große Kiste frischer, eisgekühlter Königskrabben steht zum Verzehr bereit, anschließend verlängert durch eine Obstplatte mit tropischen Früchten. Und während du die Herrlichkeiten genießt, taucht mehr oder minder rasch der glutrote Sonnenball ins Meer ein. Kaum dass du dein Glas mit den ebenfalls kostenfreien Getränken aus der Hand legen kannst, um dieses einmalige Schauspiel zu fotografieren. Einsame Insel ohne Palmen, köstliche Speisen und Getränke und ein phänomenaler Sonnenuntergang – eigentlich ein unbeschreibliches Erlebnis! Bereits in tiefer Dunkelheit, nur noch durch einen schmalen roten Streifen am Horizont unterbrochen, kehren wir gegen 19.30 Uhr zum Ausgangpunkt zurück.

Sandy Island Sunset
Sandy Island Sunset

Wir können nur sagen, das sind Höhepunkte einer Reise, die auch weiterhin zum Träumen anregen.

Weiter nördlich als bis zur Küste geht es straßenmäßig hier nicht mehr. Also schlagen wir den südlichen Retourkurs ein, über NORMATON hinaus bis in die Bergbauregion um MOUNT ISA.

K&K 58 – Kaffee oder Tee? – Atherton Tableland

Man muss sich nicht entscheiden, sondern kann beides erhalten hier im oder besser auf dem Atherton Tableland.

Atherton-Tableland
Atherton-Tableland

Rund 100km in Nord-Süd-Ausrichtung und 50km Ost-West-Breite erstreckt sich diese Berglandschaft. Auf den 300m bis 1.100m Höhe des Plateaus spüren wir keinerlei tropische Schwüle mehr wie im zu Füßen liegenden CAIRNS. Frischer Wind weht uns um die Nase mit angenehmen „winterlichen“ Temperaturen zwischen 20°C und 25°C. Das undurchdringliche Grün des tropischen Regenwaldes wird abgelöst durch lichten, sanft grünen Berghangbewuchs. Kein Wunder, dass Atherton Tableland als kühlende Oase der tropengeplagten Cairnser gern aufgesucht wird. Wir fühlen uns hier wie im Oberharz oder wie in der Eifel. Eine willkommene Abwechslung zu Queenslands Tropen.

Kaffeekirschen
Kaffeekirschen

Bleibt immer noch die Frage Kaffee oder Tee? Das Tableland gilt als Landwirtschaftsgebiet par excellence. Darunter eben auch Kaffee- und Teeplantagen. So besuchen wir kurz hinter dem nördlichen Tablelandort MAREEBA Jaques Coffee Plantation, mit 85.000 Kaffeebüschen das größte Anbaugebiet Australiens.

Kaffeegenuss
Kaffeegenuss

Ursprünglich betrieben die Kaffeefarmer im östlichen Afrika eine ebensolche Plantage. Politische Unruhen zwangen sie zur Umsiedlung und zum Neuanfang. Wir sind mitten in der Erntezeit der roten Kaffeekirschen. Besonders stolz präsentiert man auf einer Farm-Tour die erste und noch einzige automatisierte Kaffeepflückmaschine. Sie ähnelt einem großen Mähdrescher. Eine abschließende Verkostung incl. kleinerer Leckereien bleibt dabei nicht aus.

Teeplantage
Teeplantage

Ziehen wir weiter zum zweiten Anbaugebiet, zur Nerada Tea Plantation, rund 70km südlich bei dem Ort MALANDA gelegen. Die riesigen Teefelder sehen aus wie englische Hecken, exakt gleichförmig frisiert. Wie wir bei der kostenlosen Fabrikbesichtigung erfahren, gibt es zwischen November und Mai rund 10 Ernteschnitte. Jeweils 6-8cm werden dabei von der Oberkante der Büsche abgeerntet. Die gar nicht so großen Teeblätter müssen dann innerhalb von 24 Stunden bis zum getrockneten Endprodukt verarbeitet werden, sonst entwickeln sie giftige Öle. Von der Aussichtsplattform in der gigantischen Werkhalle lassen sich fast alle Schritte der Teeproduktion optisch nachverfolgen. Verbale Erläuterungen werden durch Informationstafeln ersetzt. Denn bei dem Höllenlärm könnte man sowieso kaum etwas verstehen. Als  größter Teeanbieter Australiens, erklärt uns der Marketingmanager später bei der Teeprobe mit Scones, hat die Plantage u.a. Lieferverträge mit allen wichtigen Supermarktketten des Kontinents.

Da wir schon einmal bei den Leckereien sind. Auf dem Hochplateau kann man hiervon jede Menge genießen. Eine regionale Landkarte zeigt die Standorte. So lädt in MALANDA selbst die Diary Fabric / Molkerei zur Besichtigung ein. Anschließend geht es in die Probierstube, die auch gleichzeitig als Tourist Information Center und einer ausgezeichneten Gemälde- und Fotogalerie fungiert. Eine Portion den Magen schließende Eiscrème holen wir uns dann in der Emerald Creek Ice-Creamery ab, die wieder etwas nördlicher, direkt am Kennedy Highway gelegen ist. Hier erfahren wir am Eingangsschild, dass Eisgenuss süchtig machen kann und das Betreten des Eissalons somit  auf eigene Gefahr geschieht. Es hält uns nicht ab.

Wer zählt schon die Kalorien in diesem regionalen Schlemmerparadies. Unterwegs riskieren wir einen Blick in den Peanut Place bzw. in die Humpy Nut World. Denn Atherton Tableland rühmt sich ebenfalls, größtes Erdnussanbaugebiet des Kontinents zu sein, von den zahlreichen Obstplantagen ganz zu schweigen.

Zu guter letzt der Schlemmer-Tournee gilt es noch einen guten Schluck zu goutieren. Dieses kann in den vielfältigen Weinanbaubetrieben geschehen oder eben in der Mt Uncle Distillery bei MAREEBA. Hier hat man sich besonders auf Liköre spezialisiert.

Herberton Historc Village
Herberton Historc Village

Erholung von diesem Zick-Zack-Genuss-Rundkurs bieten die zahlreichen großen und kleinen Naturattraktionen und historischen Sehenswürdigkeiten. Im Bergdorf  HERBERTON z.B. öffnet das Historic Village seine Pforten. Über 60 originale Häuser, Werkstätten und andere Gebäude aus der australischen Pionierzeit sind in ihm wieder aufgebaut worden – als Zeugnis lebendiger Geschichte des 19.und beginnenden 20. Jahrhunderts. Beim Rundgang durch das heutige Dorfzentrum fragen wir uns, wodurch sich Museum und aktuelles Business Center voneinander unterscheiden. Denn auch die sehr malerische Haupteinkaufsstraße strahlt das Flair der Pioneerära aus.

Memorial
Memorial

Ebenso wie der Dorfkern von YUNGABURRA, nur 20km entfernt. Neuere und ältere Historie vermischen sich in dem am Tinaroo Lake gelegenen Dorf miteinander. Etwas außerhalb, direkt am Seeufer wird in einem Park, in der Avenue Of Honour, der im Afghanistankrieg Gefallenen gedacht. Das mächtige und würdige Denkmal in Form von Flügeln steht symbolisch für alle australischen Soldatinnen und Soldaten, die ihr Leben „im Kampf gegen den Terrorismus“ ließen.

Atherton-Crystal Caves
Atherton-Crystal Caves

Bereits Prähistorisches besichtigen wir in den Crystal Caves in Tablelands Hauptstadt Atherton. Geschaffen hat diese Höhlen, die eigentlich überhaupt keine Höhlen sind sondern die Imagination davon, der Geologe und Juwelier René Boissevain. Über 600 verschiedene Kristalle, Edelsteine und Fossilien aus aller Welt hat er im Laufe seines Lebens zusammengetragen. Mit dem Museum hat er sich einen Lebenstraum erfüllt. Somit streifen wir durch geschickt ausgeleuchtete Höhlengänge und Grotten, in denen es unaufhörlich blinkt und glitzert. Im Höhlenzentrum funkelt schließlich ein 44 Millionen Jahre alter,  2m hoher, aufgeschnittener Amethyst aus Südamerika. Wer die sympathische Kleinstadt ATHERTON besucht, sollte dieses Höhlenerlebnis nicht auslassen.

Bat Hospital
Bat Hospital

Gleiches gilt für eine weitere Einrichtung nur 6km von der Innenstadt entfernt. Wir meinen das Bat Hospital, also das Krankenhaus für Fledermäuse. Rund 100 Patienten werden hier wieder gesund gepflegt. Dabei handelt es sich um Tiere, die entweder durch Insektengifte gelähmt wurden oder sich in Stacheldrahtzäunen schwer verletzt haben. Außerdem werden verwaiste Jungtiere aufgezogen. Diese Tierart gilt zwar aktuell noch nicht als bedroht. Doch besonders auch menschliche Einwirkungen treiben den Bestand an die Grenze dieses Zustandes. So schickt die australische Tierschutzorganisation Tolga Bat Hospital tagtäglich viele freiwillige Helfer in die entsprechenden Wälder und Felder, um verletzte Tiere einzusammeln und möglichst zu retten. Der außerordentliche Nutzen der Fledermäuse – Insektenvernichter und Pflanzenbestäuber – dient dabei als Impuls für diesen aufopferungsvollen Tierschutz.

Damit sind wir in der Natur gelandet, die uns hier auch reichlich mit Sehenswürdigkeiten beschenkt.

Cathedral Fig Tree
Cathedral Fig Tree

Über die Würgefeige haben wir schon einige Male berichtet (vgl. z.B. „K&K 54 – Grün nach oben“). Unweit von YUNGABURRA bestaunen wir zwei weitere prachtvolle Exemplare dieser von oben, aus Baumspitzen herunterwachsenden Baumparasiten. Die jeweiligen Namen Curtain Fig Tree und Cathedral Fig Tree vermitteln einen ersten Eindruck ihres Ausmaßes. Der erste Baumgigant ähnelt in Größe und Breite einem überdimensionierten Theatervorhang bei einer vermuteten Höhe von gut 50m. Warum vermutet? Die dichte Baumkrone hat so weit ausgeladen, dass die obersten Astspitzen nicht mehr erkennbar sind. Der sie einkreisende, dichte Regenwald erlaubt präzise Messungen so gut wie gar nicht. Wie eine Kathedrale wölbt sich der zweite Artgenosse über den Waldboden. Auch er erscheint nicht minder majestätisch. Beide Bäume sollen rund 500 Jahre alt sein. Eingebettet sind sie aus Naturschutzgründen in den kleinen aber feinen Fig Tree National Park.

Nicht umhin kommen wir in Atherton Tableland um Besichtigungen von Wasserfällen. Fast hinter jeder Kurve plätschert es munter die Felsen hinab, mal mit mal ohne eigenen National Park, manchmal auch mitten im Ort wie in MALANDA. Eine extra ausgewiesene Wasserfall-Rundtour (20km Länge)startet etwas östlich vom Dorf MILLAA  MILLAA.

Waterfalls Route
Waterfalls Route

Jeweils kurze Fußwege führen direkt von der Straße zu den jeweiligen Naturschauspielen. Allein für diesen Rundkurs ist es ratsam, einen ganzen Nachmittag einzuplanen. Selbst wenn die Misty Mountains  ihrem Namen mit dichtem, fast undurchdringlichem Nebel mehr als gerecht werden. Dem Anblick rauschender Wasserfälle leistet das wenig Abbruch. Ein letzter Park  in der ohnehin parkähnlichen Landschaft liegt am Wegesrand. Besser gesagt, er steht dort auf den Hügeln um das Dorf RAVENSHOE als Windmill Park. Dieser Windpark unterstreicht noch einmal Queenslands Anspruch „Green & Clean“.

Genüssliches und Gemütliches, Unspektakuläres aber nicht minder Verlockendes erleben wir in Atherton Tableland. Wir verlassen damit den Bereich von Australiens Ostküste und Queenslands Tropischem Regenwald. Westliches Outback hinter der Great Dividing Range heißt das kommende Reiseziel.