On Tour 18-GB SCO „Inseln am Rande des Meeres“

Isle of Skye-Cuillin Hills
Isle of Skye-Cuillin Hills

So lautet eine der möglichen Wortbedeutungen der Inselgruppe „Hebriden“. Der Volksmund nennt sie einfach „Western Isles“, da die aus rund 500 großen, kleinen und winzigen Eilanden bestehende Inselkette sich auf Schottlands Westseite in den Atlantik erstreckt. Die insgesamt knapp 50.000 Einwohner bevölkern nicht einmal ein Drittel der Inselgruppe, der Rest ist Schafen oder nur noch der puren Natur vorbehalten. Und so liegt es nahe, dass die Inneren Hebriden wiederum mehr als zwei Drittel der Einwohner beherbergen im Vergleich zu den Äußeren Hebriden.

Isle of Skye-Kilt Rock
Isle of Skye-Kilt Rock

Touristisch am bekanntesten ist die Insel Skye von den Inneren Hebriden. Nach einer kurzen Fährüberfahrt von Mallaig nach Armandale eröffnet sich dem Reisenden ein einziges „Naturschutzgebiet“, nicht vom Status aber von der Schönheit her. Man durchquere die südliche Halbinsel Sleat und verlasse die „breite“ Durchgangsstraße möglichst oft zu den kleinen Küstenorten wie Tarskavaig oder Ord. Besonders eindrucksvoll präsentiert sich die Landschaft dann ab Broadford gen Süden in die Fischersiedlung Elgol. Rund 50km auf einspuriger Berg- und Talbahnstraße (bis zu 25% Steigung bzw. Gefälle) gleiten wir entlang der Blaven Hills und den markant schroffen Cullin Hills. Was hier Hügel genannt wird, entpuppt sich als felsiges Mittelgebirge von knapp 1.000m Gipfelhöhe.

Elgols Charme entfaltet sich am stärksten in der Abendsonne, wenn sie hinter den Cullin Hills rosarot versinkt. Am Tage dann lohnt sich ein Bootsausflug hinein in den meeresoffenen Loch Coruisk. Die Seehundkolonien auf den flachgewaschenen Felsen sind das eine, eine Wanderung in der Einsamkeit immer der steilen Cullin-Wand entgegen das andere. Beides hat seinen ausgesprochenen Reiz. Die Länge der Wanderung (zwischen zwei und sechs Stunden)  kann man selbst entscheiden, muss man vorher lediglich dem Bootsführer die gewünschte Abholzeit angeben und auch pünktlich am Abholanlegeplatz wieder auftauchen, sonst droht Übernachtung im Freien mit morgendlicher Dusche an den nahegelegenen Stromschnellen und Frühstück aus frischem Gras und Quellwasser.

Kommen wir noch einmal zurück auf die einspurigen, zwei Meter breiten Straßen, ausgeschildert als „Single Track Road with Passing Places“. Das klappt eigentlich alles ganz hervorragend, wenn man einige Regeln einhält. Wir reden hier nicht über Geschwindigkeit oder Linksverkehr. Beides erübrigt sich bei der Enge von allein. Die beiden Problempunkte auf diesen Straßen sind zunächst die einheimischen Verkehrsteilnehmer. So bekommt man stets den guten Rat mit auf den Weg, die Frustrationsschwelle der mobilen Inselbewohner nicht zu stark zu strapazieren. Deshalb wurden reichlich Schilder aufgestellt, die den gemächlich dahinrollenden, touristischen Verkehrsteilnehmer auffordern, an den Ausweichplätzen die „einheimisch eiligeren Berufsverkehr“ überholen zu lassen, da sie in den besucherärmeren Jahreszeiten an höhere Geschwindigkeiten gewöhnt seien. Alles andere würde nur den Frust erhöhen mit gesteigerter Unfallgefahr.

Isle of Skye
Isle of Skye

Als eine viel größere Unfallquelle werden allerdings die unzähligen Schafe angegeben, die ja am Straßenrand leben. „Um es klar zu sagen“, so lautet der ratschlagmäßige Verkehrsfunk, „es handelt sich bei diesen Tieren nicht um knuddelige, freundliche Wollhüpfer mit einer magnetischen Anziehungskraft für Autokollisionen. Vielmehr soll man sie ansehen und behandeln als dümmlich-vergessliche, planlose aber auch hinterhältige Wesen, die offensichtlich von einem habgierigen, dem Bankrott nahestehenden Autohändler engagiert wurden, um möglichst viele Fahrzeuge in den Graben zu zwingen. Kurz, die Schafe sind eine Bedrohung ohne irgendeinen Sinn für Straßenverkehr, seit Generationen am Straßenrand geboren, aufgewachsen und dort gelebt, chronisch unempfindlich für Akustik-und Lichthupen“.

Vergessen wir über all dieses Regelwerk die Inselschönheit nicht. Im westlichen Zentrumsbereich prangt und prunkt „Dunvegan Castle and Gardens“, ein Vorzeigeschloss innen wie außen. Wir wollen hier nicht die jahrhundertalte, zwistige Historie der MacDonalds und MacLeods en dentail auftischen. Es sei nur so viel gesagt: Friedlich ging es selten zu zwischen diesen beiden Clans, was aber keinen davon abhielt, die jeweiligen Nachkömmlinge miteinander zu verheiraten, wenn Vorteile und Gewinnmaximierung in Aussicht standen. Die Ahnengalerie legt beredtes Zeugnis davon ab. Auch davon, wie man mit den Feinden des anderen Clans umging. Lebenslange Haft war an der Tagesordnung. Ins Gefängnis wurde man buchstäblich geworfen, d.h. der Delinquent wurde durch ein enges Loch rund fünf Meter tief in seinen Kerker gepresst immer als „one way ticket“. Sollte er diese Prozedur überlebt haben, ging man davon aus, dass Hunger und Kälte ihm ein Ende bereiteten. Für ganz Hartgesottene, die auch diese Lebensweise einige Zeit überstanden, wurde dann einfach die zum Meer ausgerichtete Tür geöffnet, so dass die aufsteigende Flut „den Rest erledigte“. Der heutige „MacLeod-Chief“, es ist bereits der 30. in der Geschlechternachfolge, kümmert sich dagegen lieber um seinen Garten und Reitturniere.

Der Weg führt Richtung Inselosten in die Hauptstadt von Skye nach Portree. Gemütlich, nett anzusehen ist dieser Ort mit seinen bunten Häuschen und dem Naturhafen, ein Städtchen von Touristen gefüllt. Dann kann man sich auch schon wieder auf den Rundkurs in die Nordhalbinsel, hinauf nach Duntulm mit Burgruine begeben. Die Landschaft mit dem gebirgigen, bizarren „Old Man of Storr“ und den unbeschreiblichen Küstenausblicken spielen die Hauptrollen in dieser Szenerie. Dazwischen verstreut kleine Orte wie hingetüpfelt in dieses Gemälde aus Klippen, Weiden und Berge. Knapp 70km Rundfahrt wie im Film, bis man den Hafenort Uig an der Westküste erreicht, den Ausgangspunkt für die Fähren zu den Äußeren Hebriden.

Insel Lewis
Insel Lewis

Was charakterisiert sie, diese Inseln weit draußen entfernt von Schottlands Westküste? Sie sind von Wasser umgeben wie von Wasser durchtränkt durch unzählige große und kleine Seen. Bei Windstille, Wärme und menschlicher Kreatur in der Nähe fühlen sich die Midges wie im Paradies. Die südlichen Inseln gleichen Hochmooren mit intensivem Torfabbau. Gefährlich ist es, die Straße zu verlassen. Dabei bleibt die Landschaft der vier Einzelinseln (Norduist, Benbecula,,Süduist und Eriskay) relativ eben und schlängelt sich durch die  bis zu 600m hohen, abgeflachten Hügel. Endlose, schneeweiße Strände bleiben trotz Hochsommer und Hochsaison so gut wie menschenleer. Die wenigen Einwohner können dieses Vakuum auch nicht ausgleichen. Schafe sieht man öfter. Und sie stellen neben ein wenig Fischfang und zarten touristischen Strukturen die einzige Einkommensquelle dar.

Wer diese Inselkette in Nordsüdrichtung (ca. 100km) auf der fast einzigen Straße befährt, findet immer mal wieder Häuseransammlungen. Manche tragen Ortsnamen wie Lochmaddy oder Lockboisdale, die meisten nicht. Also, wer die teilweise raue Einsamkeit liebt, wird sie nach knapp zwei Stunden Fährfahrt hier finden. Daran ändert auch der Inselflughafen nicht viel.

Insel Lewis Standing Stones
Insel Lewis Standing Stones

Einen auffälligen Unterschied zwischen Nord- und Süduist kann der Reisende schnell feststellen: In Süduist erheben sich eine Reihe von Marienstatuen. Und als ob es nicht genügte, dass das Meer die Landschaft teilt. Nein, es herrscht auch eine religiöse Spaltung: Norduist protestantisch, Süduist katholisch.

Belebter als auf den Uist-Eilanden geht es hingegen auf der „oberen“, nördlichen Inselgruppe zu, auf Harris und Lewis. Eigentlich handelt es sich lediglich um eine Insel. Insgesamt wirken Harris und Lewis belebter, auch durch vermehrten Tourismus.

Insel Harris
Insel Harris

Markenzeichen des südlicheren Harrisgebietes ist der Harris Tweed, ein aus Schafswolle handgewobenes, -gefärbtes, -gewebtes und wetterfestes Stoffprodukt, wobei der Begriff „Tweed“ nicht vom gleichnamigen Fluss abgeleitet wird, sondern das veränderte französische Wort „toile / Gewebe“ beinhaltet.

Gebirgig schroff und malerisch zeigt sich bei der Fährankunft im südlichen Leverburgh der Harrisinselteil. Kahle Felsgebilde, von einer einspurigen Ringstraße durchzogen, kann man sie relativ schnell erfahren. Für Wanderfüchse zeigt sich diese Region als Garten Eden.

Der Ortsname Leverburgh leitet sich her vom ehemaligen Lord Leverhulme, ein Seifenfabrikant, der der armen Inselbevölkerung durch seine „genialen Fischfang- und Verarbeitungskonzepte“ Arbeit und Wohlstand versprach. Nachdem alles nicht so recht gelang, er die erhoffte Wertschätzung auch nicht so richtig erfuhr, zog er sich dann Anfang des 20.Jh. mehr oder minder beleidigt wieder in seine Seifenfabrik „Sunlight“ zurück. Wir erkennen nun  vielleicht die frühere Waschmittel- und Seifenmarke „Sunlicht“.

Gemächlicher, abgeflachter und damit für den (Aus-)Blick freier lässt sich dann das nördliche Lewis genießen, bis hinauf ans Inselnordende mit der Leuchtturmspitze, dem „Butt of Lewis“.

Zeugen vergangener Epochen sind über die gesamte Inselverstreut reichlich zu finden, ob nun die St. Clemens Church aus dem 15.Jh. im Süden, der auf 5.000 Jahre alt geschätzte Steinkreis von Caillanish im westlichen Zentrum, das Lews Castle bei der lebendigen Inselhauptstadt Stornoway oder die schon fast modernen „Black Houses“ (19.Jh.) bei Carloway im nördlicheren Inselabschnitt.

Insel Harris-Zaungast
Insel Harris-Zaungast

Aber wie auch bereits für die südlichen Inseln angeführt: Wer pralle touristische Lebendigkeit mit einer Sehenswürdigkeit nach der anderen sucht, sollte besser woandershin reisen. Mutter Natur in ihrer ganzen Pracht und unbeschreiblichen Entfaltung schwingt hier das Zepter.

Und zum Schluss noch eine Inselstory, die sich wohl irgendwo zwischen Hebriden-Nord-Süd-Spitze abgespielt hat: Schafzüchter Graucho Marx fragte einst seinen Bruder Harpo nach der Form der Erde. Er wisse es nicht, gab ihm dieser als Antwort. Also baute ihm Graucho eine Eselsbrücke. „Welche Form haben meine Jackenknöpfe?“ „Viereckig“, strahlte Harpo. „Nein, nicht die normalen“, fuhr ihn sein Bruder an, „die von meiner Sonntagsjacke. Also noch einmal: Welche Form hat die Erde?“  Nach kurzem Überlegen  äußerte Harpo im Brutton der Überzeugung  „Sonntags rund, wochentags viereckig“. Ist doch logisch – oder?