K&K 44– Native Bush meets The Sea

Das Tor zur Ostküste ist aufgestoßen. THE ENTRANCE als Eingangsort besichtigt und über die Menschenmassen gestaunt. Es sind die Osterfeiertage bei angenehmen Temperaturen, die die Großstädter an die Küste ziehen. Wir staunen, was die kleinen Küstenorte wie BUGDEWOI, BELMONT oder NELSON BAY an Menschenmassen aufsaugen. Von Gemütlichkeit ist nichts mehr zu spüren. Man tritt sich gegenseitig buchstäblich auf die Füße, wird durch Einkaufsstraßen geschoben und hat nicht selten Schwierigkeiten, im Café oder Restaurant einen Platz zu ergattern. Ostern als Peak Season mit dem passenden Preisniveau ist geradezu ausgebucht.

Caves Beach
Caves Beach

Bei den gut 2.000km Küstenstreifen bis hinauf nach CAIRNS läuft man ggf. schnell Gefahr, monokulturell dem fishing, boating und surfing das Wort zu reden. Glücklicherweise besteht die Küste nicht nur aus endlosen Stränden. In rascher Folge bewahrheitet sich der Titel dieses Abschnitts. Ein Nationalpark reiht sich an den anderen. Wohl jede Halbinsel bietet mindestens einen anfahrenswerten Lookout. Reichlich viele Kilometer fahren wir durch dichten native bush, oft auch Eukalyptuswald. Hier geht es gelegentlich etwas ruhiger zu. Doch sämtliche Campingplätze in den Parks sind ebenfalls voll belegt. Da zahlt es sich wieder einmal aus, dass wir freedom camping bevorzugen und nicht auf diese Einrichtungen angewiesen sind. An den Stränden sehen wir zwar häufig Schilder mit no overnight camping oder Parkverbot zwischen 22Uhr und 05Uhr. Doch ein ruhiges Eckchen findet sich immer, vielfach an Sportplätzen.

Und wem es zu hektisch wird, der weiche ins Hinterland aus, in die Berg- und Hügellandschaft der Great Dividing Range. Hier gibt es immer kleine Sightseeing-Perlen zu entdecken.

Diese Meeres(Massen-)tourismusidylle wird gut 150km nördlich von THE ENTRANCE unterbrochen durch die Hafenstadt NEWCASTLE.  Die Ölindustrie prägt den Anblick der einen Stadthälfte. Die andere lohnt eher für einen Rundgang. Die Seepromenade an der Wharf bietet sich ebenso an wie das supermoderne, neue Stadt- und Szeneviertel Honeysuckle. An drei Stadtstränden kann man sich räkeln. Die Stadtparks schauen bunt und einladend aus.

Worimi NP
Worimi NP

Uns zieht es weiter gen Norden. Gleich hinter            NEWCASTLE ragt eine erste große Halbinsel ins Meer, Port Stephens. Als Hauptziel steuern wir den Worimi National Park an, denn er soll die größte Wanderdüne der Südhalbkugel beherbergen. 35km in der Länge und teilweise bis zu 3km in der Tiefe stehen unter Nationalparkschutz. Schon bei der Anfahrt sehen wir die goldenen Sandberge durch Bäume und Büsche schimmern. Obwohl so gut wie überhaupt nicht ausgeschildert, wundern wir uns dann später über den immensen Besucherandrang, meistens per Quad oder Allradfahrzeug. Des Rätsels Lösung findet sich schlicht darin, dass man große Dünen- und Strandabschnitte für „Abenteurer auf 4 Rädern“ zum Befahren freigibt. Kommerzielle Anbieter organisieren Quadfahren in Gruppen auf ausgewiesenen Rennstrecken. Der Rest bewegt sich frei im Gelände. Naturschutz mal anders! Um die unweigerlichen Beeinträchtigungen der Natur später wieder reparieren zu können, wird ein Eintrittsgeld von 10AUD (ca. 7€) pro Fahrzeug erhoben. Das klingt eher nach Ablass als nach wirklicher Schadensregulierung.

Barrington Tops
Barrington Tops

Aber so laut, geruchsintensiv und turbulent geht es nicht in jedem Nationalpark zu. Viel gelassener und ruhiger präsentiert sich später dann der Myall Lake National Park. Um die Intensität dieses Quasiurwaldes mit seinen großen Seen in sich aufnehmen zu können, bieten sich die Küstennebenstraßen, weg vom Pacific HWy an. Dabei fahren wir oft auf schmalen Landstreifen zwischen Meer und See, mal auf geteerter Straße, kürzere Abschnitte auch auf Sandwegen.

Koala DSCN6626Unterwegs treffen wir wieder einmal auf unsere „Schlafmützen“, die Koalas.  Im Touristenort HAWKS NEST lebt eine städtische Koalakolonie in den dortigen Parks und Conservation Areas. Den Trubel um sie herum verschlafen sie einfach.

Die Küstenroute Central Coast, der wir aktuell folgen, wird auch als classic route bezeichnet. Klingt gut, doch was verbirgt sich hinter der Bezeichnung? Wer könnte es besser erläutern als ein australischer Insider. Somit überlassen wir einmal kurz dem Reiseschriftsteller Anthony Ham das Wort, wenn er schreibt: „Diese Route ist so etwas wie ein Ritual für Reisende aller Altersstufen. Für die jungen Universitätsstudenten, die nach dem ewigen Sommer und dem aufregendsten Wellengang fürs Surfen suchen. Ihnen folgt das mittlere Alter, also alle diejenigen, die entweder kurz vor der Midlife Crisis oder bereits mitten drin stecken. Sie klammern sich an ihre Surferinnerungen aus früheren Jugendtagen. Und schließlich für die „grauen Nomaden“, die die Straße ihr Zuhause nennen. Sie alle kommen hierher wegen des Wildlife in den National Parks und Conservation Areas, wegen der Ursprünglichkeit der Natur und nicht zuletzt wegen der endlos scheinenden Strände.“

In dieser Definition findet sich bestimmt jeder wieder. Wir jedenfalls auch!   

Verlassen wir einmal die Küste, vermeiden den Trubel und nehmen einen Umweg ins „Hinterland“. Dieser Begriff wird übrigens auch im australischen Englisch benutzt, besonders gern im Zusammenhang mit größeren Städten, z.B. The Hinterland of NEWCASTLE.

Wir steuern hier die Barrington Tops mit dem entsprechenden National Park an. Rund 100km liegt die Bergregion von der Küste entfernt. Grüner, dichter Eukalyptuswald schmückt die bis zu 1.400m hohen Berghänge. Wieviel Wert dieser Landschaftstyp besitzt, zeigt sich nicht zuletzt am Status als UNESCO Weltnaturerbe. In die Tiefe der Täler führen ausschließlich Sandstraßen für Allradfahrzeuge. Parkplätze an den Parkrändern ermutigen zum Wandern. Der Zugang in den Park ist problemlos, wie auch in viele weitere Naturparks. Kein Kassenhäuschen regelt die Einfahrt. Doch ist ein Besuch und / oder die Benutzung eines Naturcampingplatzes innerhalb nicht für umsonst. Tickets, permits genannt, müssen vorher online gekauft und sichtbar an der Windschutzscheibe ausgelegt werden. Wer ohne permit angetroffen wird, darf sich auf eine hohe Gelstrafe gefasst machen. 200AUD (rund 140€) sind die Regel, also ein hohes Risiko im Vergleich zum moderaten Eintrittspreis von 8-10AUD (ca. 5€ – 8€).

Barrington Tops
Barrington Tops

Verstreut, in ländlicher Idylle liegen kleine Dörfer, welche das touristische Küstengewühl niemals geküsst hat und wohl auch nicht küssen wird. In einem dieser einsamen Gemeinden, DUNGOG, sticht uns ein Plakat ins Auge: RODEO. Schnell nach Ort und Termin erkundigt, haben wir Glück: Es findet in diesem Dorf am gleichen Tag, dem Ostersamstag statt. Gönnen wir uns also eine Rodeo-Pause. Als Veranstaltungsareal machen wir schnell den showground aus. Man könnte ihn auch als Ausstellungsfläche für Landwirtschaftsmessen bezeichnen. Ein benachbartes riesiges Tal wurde zur Arena umgestaltet. Als Parkplätze dienen die nebenan liegenden Wiesen der Farmer. Mit 15AUD p.P.(10€) sind wir dabei. Dieses Eintrittsgeld gilt auch gleichzeitig als fund raising für den örtlichen Lions Club. Keine extra Parkgebühr. Obendrein werden wir noch gefragt, ob wir hier auch übernachten wollen. Besser geht es nicht, und so stellen wir uns auf die für Wohnmobile reservierte Übernachtungswiese. Ohne Aufpreis!

Als wir am frühen Nachmittag dort eintreffen, ist das Spektakel bereits seit 11 Uhr voll im Gange. Die eigentliche Rodeoarena hat die Ausmaße eines Fußballfeldes. Die Rodeostimmung gleicht der eines Wildwestfilms. Beinharte Cowboys, charmante, in enge Jeans gezwängte Cowgirls, und Kinder allen Alters wuseln durch die Menge. Bei der Gefährlichkeit dieses Sportturniers könnte man an erhöhte Sicherheitsmaßnahmen denken. Doch es stört niemanden, wenn die Kinder über den Absperrzaun klettern und direkt bis zu den Arenagittern vordringen, bis dorthin, wo sie dann mit Pferd oder auch Stier Auge in Auge sich gegenüber stehen.

Das gesamte Rodeo dauert von 11Uhr bis 23 Uhr ohne größere Pausen. Ein Schnitt erfolgt gegen 18Uhr, nachdem die Jugendwettkämpfe und die Ausscheidungsvorrunden abgeschlossen sind.Dungog Rodeo DSCN0944

Das Ganze hat nichts mit einem Reitturnier europäischer Gangart zu tun. Hier gilt es, auf noch nicht zugerittenen Pferden möglichst lange im Sattel zu bleiben. Die Steigerung erfolgt dann ohne Sattel / Bareback. Als Krönung setzen sich die Cowboys schließlich auf den Rücken eines wilden Stieres. Diese lassen sich gar nicht erst satteln. Die Verweildauer der Reiter auf den Pferde- bzw. Stierrücken ist kurz. Wer 8Sek (!) durchhält, kommt eine Runde weiter. Die Reihen der Wettkämpfer lichten sich sehr schnell. So mancher verlässt humpelnd oder gestützt den Platz. In einem Fall ist der Einsatz eines Krankentransports mit Blaulicht von Nöten, da ein Stier auf seinem Reiter herumgetrampelt hat.

So kurz die Reitzeit auf einem Stierrücken ist, so lange dauert es bisweilen bis das erzürnte Tier die Arena wieder zu verlassen gedenkt. Denn einen Bullen kann man nicht einfach an den Zügeln packen und hinaus führen. Mit viel clownesker Akrobatik versuchen mehrere Cowboys das Tier durch ein Ausgangsgatter zu locken. Allerlei rote, flatternde Tücher sollen es locken. Doch etliche Male hilft den Mutigen, unter dem vergnügten Gejohle der Zuschauer, nur noch ein rettender Sprung auf das Absperrgitter, um nicht von Stierhörner aufgespießt zu werden. Wenn das alles keinen Erfolg zeitigt und der Kampfstier die Kampfarena immer noch nicht verlassen möchte, wird „Opa“ in die Arena gelassen. Hierbei handelt es sich offensichtlich um ein älteres Leittier, welches es immer wieder irgendwie schafft, den jungen, kampfeslustigen Artgenossen aus der Arena zu führen.

Nachdem wir uns und die anderen 2.000 Zuschauer sich zwischendurch an den zahlreichen Imbiss- und Getränkeständen auf ländlich-fleischige, derb-schmackhafte Art genüsslich stärken konnten, geht es im Abendprogramm dann erst richtig los. Eingeleitet wird die Abendvorstellung durch Dressurreitvorführungen des örtlichen Pferdeclubs, gefolgt vom Singen der australischen Nationalhymne. Doch danach geht es zur Sache, schon unter Flutlicht.

Die Sieger der Vorrunden haben neue Kräfte und neuen Mut für die Finalrunden gesammelt. Völlig andersartige Wettkampfarten vervollständigen das Programmmenü. Für Reiterinnen wird das sogenannte Barrel Race aufgerufen. Dabei müssen Mensch und Pferd möglichst schnell einen Parcour aus drei Fässern umrunden. Unter 20Sek pro Runde ist rekordverdächtig.

Dungog Team Rope
Dungog Team Rope

Handfester gestaltet sich dann für Reiterinnen wie Reiter das sogenannte Team Roping. Dabei muss ein Jungstier aus vollem Ritt per Lasso von zwei Teilnehmern zunächst an den Hörner, dann an den Hinterläufen gefangen und zu Fall gebracht werden. Bei der Kürze der Strecke und nur einem Versuch gelingt das nicht allzu häufig.

Als für das Publikum begeisternder Höhepunkt erweist sich das Steer Wrestling. Zwei Reiter stieben gleichzeit in die Arena. In deren Mitte läuft ein mittelgroßer Stier. Ein Reiter muss nun versuchen, den Stier bei den Hörnern zu packen und ihn auf den Rücken zu drehen. Wohlgemerkt, alles in vollem Galopp und nichts für zarte Seelen. Schnell schälen sich die örtlichen und regionalen Matadore heraus. Ein Siegeskranz und sicherlich auch die Herzen vieler Cowgirls sind ihnen gewiss.

Dungog Bull Ride
Dungog Bull Ride

Osterrodeo mitten auf dem Lande! Unvermutet erleben wir ein Stück typisches Australien.

Nach himmlischer Nachtruhe auf Farmers Wiese kehren wir am folgenden Tag allmählich zurück an die Küste.

The Green Cathedral
The Green Cathedral

Im Booti Booti National Park suchen wir in dem Dorf PACIFIC PALMS The Green Cathedral auf. In einem dichten Palmenwald, dessen Baumkronen den beschaulichen Ort wie ein Kathedralgewölbe überdachen, wirkt eine lutherische Freiluftkirche am Ufer des Lake Wallis. Außer für den regelmäßigen Sonntagsgottesdienst, dient diese Kirche auch als Stätte für besondere Anlässe wie Hochzeiten. Wer das Außerordentliche liebt, die Telefonnummer für Buchungen gibt es im Internet. Den Fitnessgrad seiner (Hochzeits-) Gäste kann man dann einige Kilometer nordwärts am Cape Hawke testen. Unendlich viele steile, ausgetretene Balkenstufen klettern hinauf auf das Kap. Für die Rundumsicht auf den Südpazifik und die nahe gelegene Stadt FORSTER heißt es dann noch einmal 16m auf den Aussichtsturm hinauf zu klettern. Die Mühe lohnt!

Cape Hawke mit Blick auf Forster
Cape Hawke mit Blick auf Forster

Von dort oben stecken wir schon einmal die kommenden Ziele ab. Eigentlich ganz einfach: immer weiter geht es nordwärts, zunächst nach PORT MACQUARIE bis hin zur State Border zwischen New South Wales und Queensland. Darüber berichten wir dann im folgenden Kapitel.

K&K 43– Zurück ins Grün

Nach dem Besuch von PETERBOROUGH ändert sich natürlich nicht gleich die Landschaft, auch wenn die Pazifikküste als Ziel angestrebt wird. Outback bleibt Outback. Aber es ändert sich mal wieder der Bundesstaat. 250km auf einsamer Route, dem Barrier Highway, und wir kehren zurück nach New South Wales, unserem früheren Ausgangspunkt. Das Betreten dieses Bundesstaates geht glücklicherweise ohne Quarantäne Kontrolle vor sich. Also, alles Obst und Gemüse kann mitgenommen werden.

Broken Hill
Broken Hill

Kurz hinter der State Border steuern wir eine World Cultural Heritage Stadt an, BROKEN HILL. Sie ist wegen ihrer Pionier- und besonders Bergbaugeschichte als zu erhaltenes Kulturdenkmal ausgewiesen. Doch bevor wir darüber berichten, zunächst einmal eine Kuriosität am Rande.

Der Übergang von South Australia (SA) nach New South Wales (NSW) bedeutet auch eine neue Zeitzone. Von Westen kommend müssen die Uhren um 30Minuten vorgestellt werden. Nicht so in BROKEN HILL. Asterix’ gallisches Rebellendorf nacheifernd, bleibt die Uhrzeit die gleiche wie in SA. Der Grund liegt einfach darin, dass sich BROKEN HILL von der Landesregierung NSW  in SYDNEY nicht ausreichend gewürdigt  und schlecht behandelt fühlt. So wurde vom Stadtrat kurzerhand beschlossen, sich stärker an SA anzulehnen, z.B. durch die Zeitzone. Darüber hinaus gibt es eine einseitige BROKEN HILL Erklärung, dass die Stadt nicht zu NSW gehört bzw. gehören will.

Broken Hill City Center
Broken Hill City Center

Dem Besucher kann dieser Dauerstreit egal sein. Ihn interessiert eher die UNESCO – Komponente, was den Ort so erhaltenswert macht. Als Zentrum des auch heute noch aktiven Silberbergbaus blicken Stadt und Region auf eine spannende Geschichte, die  nicht erst mit der europäischen Besiedlungsepoche begann ,sondern geologisch geschätzte 200 Millionen Jahre früher. Damals soll das riesige Great Artesian Basin explodiert sein, woraufhin der Barrier Hill entstand. Die Vulkantätigkeiten setzten dann die sogenannten Gold-und Silbererdschichten frei. Die heutige Menschheit darf von dieser erdgeschichtlichen Veränderung nunmehr profitieren. In dem Stadtnamen BROKEN HILL ist diese Umwälzung enthalten. 1907 wurde der heute 30.000-Seelen-Ort offiziell zur Silver City gekürt.

Broken Hill Miners Memorial
Broken Hill Miners Memorial

Eine gigantische Abraumhalde und die nicht viel kleinere Tagebaumine beherrschen das Stadtbild. Bei der Ortseinfahrt erblicken wir sofort den Schriftzug Underground am Haldenhang. Gut 130m können wir per Auto auf die Halde fahren. Neben dem fantastischen Rundblick auf Stadt und Umgebung lockt der Besuch des Line of Lode Miners Memorial. Vom äußeren Erscheinungsbild her kommt es einer langgestreckten Kathedrale gleich, ähnlich der Eismeerkathedrale in Tromsö. Doch es gibt kein wirklich Inneres. Die Enden bleiben offen. Links und rechts an den Innenwänden sind Grabplatten montiert, jede versehen mit einer weißen Rose. Auf der Grabplatte sind eingraviert der Name und die Lebensdaten des Minenarbeiters, das Datum seines tödlichen Arbeitsunfalls, wo bekannt, auch dessen Ursache. Insgesamt 900 Gedenktafeln seit 1883. Schlicht aber beeindruckend.

Um stets genügend Arbeitskräfte in diese Einsamkeit zu locken, geben Stadt und Unternehmen sich viel Mühe. Neben verschiedenen schönen Parks lockt ein ebenso anziehendes Schwimmbad. Die historische Innenstadt trägt ebenso beträchtlich zur Wohlfühlatmosphäre bei. Der städtische Terminkalender für kulturelle, sportliche und sonstige Veranstaltungen ist prall gefüllt. Zufällig besuchen wir BROKEN HILLL am Wochenende der St. Patrick Pferderennen.  Das national irische Grün prägt das Stadtbild, die Bewohner haben sich entsprechend herausgeputzt.

Wer tiefer in die Bergbaugeschichte einsteigen möchte, dem empfehlen wir eine Day Dream Mine Tour und das Silver City Mint & Art Center.

Nun sind die Minenschächte nicht ausschließlich in und um BROKEN HILL gruppiert. Es gibt weit entfernte Arbeits- und Wohnsiedlungen, in die man nach vielen Stunden Fahrtzeit nur per Allradfahrzeug gelangt. Hierin fährt kein Bus mehr, geschweige denn ein Schulbus. Um aber auch diese Kinder beschulen zu können, hat man in BROKEN HILL eine School on the Air eingerichtet. Die Kinder werden per e-mail, Bildschirm und Videokonferenz fernunterrichtet. Interessierte an dieser Pädagogik können gern einmal nach Voranmeldung an solch einem Unterricht teilnehmen (www.schoolair-p.schools.nsw.edu.au)

Keine noch so friedliche Idylle bleibt ewig ungetrübt. Auch hier müssen wir einen Wehmutstropfen einfügen. Die Stadt leidet heftig unter Trinkwassernot. Der die Region durchfließende Darling River hat nicht erst seit diesem Sommer einen sehr niedrigen Pegelstand. Die entsprechenden Wasserreservoire konnten und können sich nicht mehr richtig auffüllen. Der hohe Wasserverbrauch für den Bergbau trägt sein Schärflein dazu bei. In der Konsequenz unterliegt BROKEN HILL einer Wassernotstandsregelung der Stufe 3, der höchsten. Verbote für Rasensprengen, Autowaschen oder ausgedehntes Duschen sind unter diesem Aspekt kaum noch erwähnenswert.  Die gegenseitigen Beschuldigungen, wer wann zu viel verbraucht hat, schlagen in der australischen Presse hohe Wellen, nicht nur in der regionalen.

Pink Kakadu
Pink Kakadu

BROKEN HILL sieht sich in der stiefmütterlichen Behandlung durch die NSW-Regierung bestätigt. Die Zentrifugalkräfte in Richtung South Australia- Zugehörigkeit legen noch ein paar Umdrehungen zu.

Wir erhöhen die Umdrehungen ebenfalls, aber in puncto Idylle. Im stadtnahen Umfeld von BROKEN HILL   lohnen zwei Ausflüge. Der eine führt ins 12km entfernte SILVERTON. Dieses 200-Einwohner-Künstlerdorf mit seinen hügeligen Sandstraßen beherbergt nicht nur ein Minenmuseum und zahlreiche Gemäldegalerien, sondern auch zwei außergewöhnliche Sammler. Mad Max 2 nennt sich der eine. Er sammelt alles, was komisch ist, besonders ausgefallene Automarken. Der andere stapelt eine Nummer tiefer und hat sich auf Fahrräder spezialisiert. Beide Sammleroriginale sind aber bestimmt das letzte, was man in dieser einsamen, unwegsamen Gegend erwartet und gebrauchen kann.

Und gleich hinter dem Dorf beginnt der Mundi Mundi National Park. Er ist eigentlich nichts weiter als eine Kopie der Nullarbor Plain, nur noch etwas krüppeliger und trockner. Vom nahe gelegenen Outlook aus verliert sich der Blick schnell in der rot-grünen Unendlichkeit.

Broken Hill Sculptures Hill
Broken Hill Sculptures Hill

Der zweite Ausflug führt zur 15km außerhalb liegenden Living Desert Reserve. Auf den ersten Blick ein wüstenhaftes Naturschutzgebiet wie jedes andere auch. Auf den zweiten ein künstlerischer Edelstein. Auf dem Living Desert Sculpture Hill, ca. 2km vom Parkplatz entfernt, haben internationale Künstler massive Steinskulpturen kreiert und alle auf der relativ engen Hügelkuppe platziert. Der Kunstgenuss wird besonders intensiv abends beim glutroten Sonnenuntergang, wenn einzelne Kunstwerke  rosa bis rote Sonneneinstrahlung reflektieren. Die Mühen des Aufstiegs geraten bei solchem Kunstgenuss schnell in Vergessenheit. Aber für den Rückweg sollte man eine Taschenlampe mitnehmen.

Bis zur „Rückkehr ins Grün“, sprich zunächst bis zum Gebirgszug Great Dividing Range unweit der Pazifikküste sind noch viele hundert Kilometer durch das Outback zurückzulegen. Der Weg dorthin nennt sich Mining Trail. Wie auf einer Perlenschnur reihen sich die kleinen aktuellen und ehemaligen Bergbaustädtchen aneinander, wie z.B. WILCANNIA, COBAR oder NYNGAN. Die erste und dritte Siedlung leben von der Geschichte und sind gut für einen Tankstopp.

Cobar Goldmine
Cobar Goldmine

In der zweiten gibt es eine aktive Goldmine zu besichtigen. 600m tief kann man von einer Aussichtsplattform aus, The Peak Gold Mine Outlook, in die Tiefe schauen, ein anschauliches Beispiel mit Einblick.

Über COOPER PEDY haben wir im vorherigen Kapitel berichtet. Coober Pedy en miniature gibt es auf einem kleinen nördlichen Umweg vom Mining Trail aus. In WILCANNIA zweigt eine knapp 100km lange geteerte Straße nach WHITE CLIFFS ab. Auf mehrere Hügel verteilt erscheinen nach gut einer Stunde Fahrzeit mitten in der Wüste am Horizont einige Häuser, Wassersilos und Bohrtürme. Fast gespenstisch flimmern sie in der Hitze. Wie in Coober Pedy wird auch hier nach dem Opal Edelstein geschürft. Und schließlich, wie in Coober Pedy, haben sich die knapp 200 Einwohner oftmals wegen der Gluthitze in Höhlenwohnungen zurückgezogen.

White Cliffs Outback Abendstimmung
White Cliffs Outback Abendstimmung

Bei unserer Fahrt dorthin und von dort zurück hat sich unser Tierfilmensemble neben unzähligen Kängurus und Emus noch um Fuchs und Adler erweitert. Besonders in den frühen Abend- bzw. Morgenstunden freut sich der Fotograf über zahlreiche Motive. Aber Vorsicht: Geschwindigkeit drosseln! Die vielen überfahrenen Kängurus und Emus sprechen Bände und locken Heerscharen von Krähen an.

Back O‘ Bourke oder „If you know Bourke, you know Australia“. Der erste Ausspruch bedeutet nichts anderes als „in the mddle of nowhere / mitten im Nirgendwo“. Die Ortsbestimmung trifft zu. Hier triffst du kein Mietwohnmobil mehr, vielleicht mal einen Wohnwagenanhänger eines Einheimischen. Die Zugangsstraßen sind so gut wie leer gefegt.  Mindestens 160km von jeglicher Siedlung, geschweige denn Stadt entfernt, genießt die Kleinstadt BOURKE, nördlich von COBAR, erstaunlicherweise ein lebendiges Eigenleben. Keine Wüsteneinöde wird in ihr spürbar. Blitzsauber präsentiert sie sich. Quicklebendig zeigt sich die Einkaufsstraße mit einem unerwartet reichhaltigen Angebot. Sie könnte als Musterstadt für andere Outbackgemeinden dienen. Als besonders beeindruckend erweist sich das Back O‘ Bourke Exibition Center, welches die Historie der Stadt und der Region intermediär von allen Seiten beleuchtet.

Bourke auf dem Darling River
Bourke auf dem Darling River

Und warum nicht in Form eines Kombitickets gleich eine 60-minütige Raddampferfahrt auf dem Darling River mitbuchen? So ruhig und beschaulich gleitet die Outbacklandschaft dabei an dir vorbei, dass du Outback-Stimmung pur erlebst. Verwundert fragen wir den Kapitän nach den Gründen der oben geschilderten Trinkwassernot in BROKEN HILL. Seine Antwort fällt knapp und eindeutig aus: „Menmade / von Menschenhand gemacht! Die können alle nicht mit Wasser umgehen. Außerdem haben sie sich durch die Stauseen und Dämme menschlichem Handeln ausgeliefert. Hier regelt alles die Natur.“

Und kennt man Australien wirklich, wenn man BOURKE kennt, wie der bekannteste australische Dichter Henry Lawson (1867-1922) behauptet? Wir lassen die Antwort offen, haben bereits vieles in Australien erlebt und werden sicherlich noch vielem Nicht-Bourke-Typischem begegnen.

Weiter geht es der grünen Natur entgegen. Rund 250km südöstlich von BOURKE rollen wir in DUBBO ein. Hier sprudelt schon mal wieder Nicht-Outback-Leben, was unter anderem an grünen Rasenflächen sichtbar wird. Den Augen und ihrer Suche nach Farbe tut dieser Anblick gut. Sicherlich quillt DUBBO nicht über vor Sehenswürdigkeiten. Aber wenn man schon einmal dort ist, sollte ein Besuch im Old Dubbo Goal  (historisches Gefängnis) nicht ausgelassen werden. Nicht unbedingt Erfreuliches erfährt und erblickt man hier. Zellen, Dunkelkammern für Isolierhaft und ehemalige Hinrichtungsstätten sind nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig, aber ein wichtiger historischer Abschnitt in der Stadtgeschichte.

Auffällig sind die Nashornskulpturen im Stadtbild. Sie sollen den Besucher in den Taronga West Plains Zoo locken, in einen Safaripark, welcher per Auto befahrbar ist.

The Great Dividing Range
The Great Dividing Range

Nun sind es nur noch rund 300km bis zur Great Dividing Range, dem rund 3.500km langen Nord-Süd-Gebirgszug, der Australiens Ostküste vom Outback trennt. 300km rollen wir durch Farmland, welches wegen der gewesenen Sommersonnenglut eine ausschließlich braun verdorrte Wiesenlandschaft aufweist. Ein wenig Vieh sucht noch nach den letzten grünen Halmen. Doch in diesem Punkt tut sich nicht viel in der Landschaft.

Ganz anders dann in dem Gebirgszug. Weite Täler, z.B. das Hunter Valley mit seinen Weinbergen wechseln sich ab mit steilen Schluchten, durch die sich die enge Gebirgsstraße windet. Rund 200km folgen wir ihr in Nord-Süd-Richtung. Orte gibt es so gut wie keine, erst wieder je mehr wir uns SYDNEY nähern.

The Great Dividing Range
The Great Dividing Range

Doch wir bleiben rund 100km nördlich der Metropole und biegen ab auf den Pacific HWy, um kurz darauf in dem Touristenort THE ENTRANCE den Pazifik wieder zu erreichen.

Der Ort bedeutet für uns einerseits den zeitweiligen Abschied vom Outback. Andererseits symbolisiert er das Tor zur Ostküste, der wir folgen wollen bis hinauf ins ferne CAIRNS / Queensland.

REISEBERICHTE / DIAVORTRÄGE über AUSTRALIEN

Nullarbor Plain
Nullarbor Plain

Nach Tasmanien (AUS 1) hat nunmehr auch unser zweiter Reisebericht / Diavortrag das Licht der Welt erblickt.

AUS 2: Vom Urwald ins Outback – Australiens Süden

Mehr Informationen hierüber gibt es hier.

K&K 42 – Leben im Untergrund

Wie angekündigt starten wir überirdisch die „Rücktour“ wieder gen Osten. Am Nachmittag des zweiten Fahrtages rollen wir erneut in CEDUNA ein. Nach einer Übernachtung bei der idyllisch gelegenen boat ramp folgen wir nun dem Ostkurs ins knapp 500km entfernte PORT AUGUSTA. So werden wir gut eingestimmt auf rotes Outbackflair, vom Bergbau durchwühlte Erde, besonders in IRON KNOB und intensiver werdende herbstliche Hitze (bis 40°C).

Port Augusta
Port Augusta

PORT AUGUSTA, die 14.000 Einwohnerstadt, ist geteilt durch den Spencer Gulf, was dem Besucher die Gelegenheit gibt, die Uferpromenaden entlang zu schlendern. Ein Bad zu nehmen, sei nicht so sehr angeraten, denn die stark industriell geprägte Stadt war lange Zeit Umschlaghafen auch für Chemiegüter. Der ehemalige Hafen ist heute nur noch Brache, Güterumschlag findet nicht mehr statt. Dafür hat man dann eine supermoderne Innenstadt entstehen lassen.

Unter den Sehenswürdigkeiten heben wir besonders das Wadlata Outback Center hervor (www.wadlata.sa.gov.au) . Per Zeittunnel reisen wir in die Vergangenheit, von der Entstehung des australischen Kontinents bis in die Gegenwart. Unterwegs treffen wir auf die prähistorische Pflanzen- und Tierwelt, lernen die „Aboriginal Dreaming Stories“ kennen und erfahren viel über die problembeladene, europäische Besiedlung im 19. Jahrhundert. Dieser sehr lohnenswerte Zeittunnel führt bereits ins Unterirdische, nach „Down Under“.

Coober Pedy-Umgebung
Coober Pedy-Umgebung

Nach mehreren Stunden tauchen wir wieder auf für einen Höhenflug. Hier in PORT AUGUSTA hat der weltbekannte Royal Flying Doctor Service (RFDS) eine Flugbasis, der wir einen Besuch abstatten. Ihr Werbespruch: „The furthest corner, the finest care“ beinhaltet das ganze Programm. Diese Gesellschaft, zu 80% durch Spenden finanziert, stellt die ärztliche Versorgung auch in der entlegensten Ecke im wüstenhaften, fast zivilisationslosen Zentralaustralien sicher. Ein beeindruckender Film mit anschließender Führung durch die Airbase veranschaulicht eindringlich die schwere Aufgabe dieser Organisation.

Landunter
Landunter

Die Entlegenheit des Outbacks wollen auch wir jetzt hautnah spüren. Nicht per Flugzeug, sondern mit dem Wohnmobil. PORT AUGUSTA bildet hierfür das entscheidende Wegekreuz in Nord-Süd- wie in Ost-West-Richtung. Wir nehmen für knapp 600km den Stuart Highway gen Norden. Ausgeschildert sind bereits das berühmte ALICE SPRINGS (rund 1.500km) sowie DARWIN, hoch oben im Nothern Territory. Dieser Highway, auch Explorer Highway genannt, stellt die einzige, geteerte Nord-Süd-Verbindung durch Zentralaustralien dar. Wie bereits bei der Durchquerung der Nullarbor Plain stellen auch hier verschiedene Roadhouses die Tankversorgung sicher.

Auf diesem Tourabschnitt  folgen wir der einsamen Teerstraße bis COOBER PEDY. Links und rechts am Wegesrand begleiten uns die nunmehr gewohnten Road Trains und niedrige Büsche und Grasbüschel auf roter Erde. Die Straßenrandkrähen wollen wir nicht vergessen zu erwähnen. Der Sichthorizont liegt stets in weiter Ferne. An manchem Lookout schimmern Wasserflächen in der Wüstensonne, offiziell als Seen bezeichnet. Urplötzlich wird die Idylle getrübt durch starke Regenfälle. Auf dem Straßendamm bleibt das ungefährlich. Doch setze keinen Fuß darüber hinaus. Was eben noch trockener, steinharter, von der Hitze aufgerissener Erdboden war, hat sich zur Schlammwüste entwickelt. Riesige Pfützen, von Fliegen- und Mückenschwärmen umtanzt, prägen jetzt das Aussehen der Landschaft. Man sinkt unweigerlich in diesen Boden ein. Abkühlung darf man durch solche Regenfälle allerdings nicht wirklich erwarten. Die Luft wird kurzfristig schwül mit stark erhöhter Luftfeuchtigkeit. Dann ist der vorherige Zustand wieder erreicht.

Coober Pedy
Coober Pedy

Nach rund 8 Stunden Fahrzeit taucht in der Ferne eine rostrote Hügelkette auf. Kein Wander- oder Naturschutzgebiet, sondern die Hinterlassenschaften des Bergbaus in Form von Abraumhalden. COOBER PEDY nennt sich auch Opal Capital of the World. Seitdem hier vor gut 100 Jahren zum ersten Mal von dem Abenteurer William Hutchison dieser Halbedelstein gefunden wurde, boomt die Gegend. 3.500 Einwohner zählt die Stadt heute. Großraummaschinen sind fast häufiger anzutreffen als private PKW. Der Bergbau mit seinen Folgen wird bildet das touristische Herzstück der Region.

Coober Pedy-Underground
Coober Pedy-Underground

Die unwirtlichen, fast mondhaften Lebensumstände, besonders die sommerliche Hitze und die benannte winterliche Wüstenkälte, haben die Menschen zu einem „Leben im Untergrund“ veranlasst. Mehr als 50% der Häuser sind Höhlenwohnungen, einfach in die Berge und Hügel, ehemalige Stollen allesamt, hinein gefräst. Das schützt mit konstanten Temperaturen zwischen 20°C und 25°C vor den klimatischen Unerträglichkeiten. Natürlich wird demnach im Visitor Center eine Höhlenwohnungstour angeboten. Doch es sind nicht nur Wohnungen allein, die in Berge geschnitten wurden. Vier Underground Churches geben sich ebenfalls die Ehre. Alle können rund um die Uhr besichtigt werden. Die Felswände vermitteln das Gefühl einer Urkirche zu Beginn der christlichen Zeitrechnung. Wer dann vom Untergrundleben noch nicht genug hat, kann in mehreren Untergrundhotels übernachten oder den verschiedenen Untergrundrestaurants und – cafés einen Besuch abstatten, vielleicht nach einem Besuch des ausgezeichneten Museums The Old Timers Mine (www.oldtimersmine.com).

Solange trockenes Wetter vorherrscht, kann der Ort hürdenfrei besichtigt werden. Doch wehe, der Himmel öffnet seine Schleusen. Da eigentlich nur die Hauptstraße, die Hutchison Street, und einige wenige Nebenstraßen mit Teerdecken versehen sind, bleibt man auf den meisten anderen dann im Schlamm stecken. Wir haben Glück und können verschiedene Aussichtspunkte auf Sandpisten ansteuern. Die An- und Aussichten gleichen sich: durchwühlte Landschaften, kein Baum, kein Strauch als Blickmagnet. Der Retortencharakter dieser künstlichen Häuseransammlung wird von oben am besten deutlich.

Kein Glück haben wir mit den geplanten Outback-Exkursionen. Wegen der Wetterunbilden in Form von  heftigen Regenfälle sind alle Sandstraßen im Hinterland für rund zwei Wochen unpassierbar. So können wir nicht den Postboten / Mailrunner auf seiner wöchentlichen Rundtour begleiten, nicht die Felsformation The Breakaways ansteuern und uns nicht vom längsten Zaun der Welt, The Dog Fence beeindrucken lassen. Aber, was heute nicht geht, kann morgen klappen. Im australischen Winter wollen wir im Norden weilen und planen dann auch eine Südtour nach ALICE SPRINGS und zum Ayers Rock. Da sind wir dann ja wieder im Zentrum des Kontinents angelangt. Eventuell fallen in diesem Rahmen die weiteren rund 700km Südrichtung nach COOBER PEDY noch einmal ab.

Flinder Ranges National Park
Flinder Ranges National Park

Für unser nächstes Ziel von COOBER PEDY aus, die Flinder Ranges weiter östlich gelegen, würden rund 350km auf sandigen Querverbindungen eigentlich genügen. Doch wie gesagt, der Wüstenmatsch…… Er würde unserem Wohnmobil sicherlich auch nicht gut tun. Somit starten wir teergesichert lieber retour nach PORT AUGUSTA und gehen anschließend nordöstlich hinein in diese Gebirgskette.

Die beiden kleinen Orte zu Beginn der Bergkette QUORN (40km hinter PA) und HAWKER (100km hinter PA) bieten sich als Filmkulisse an mit Straßen und Häusern im Stil des 19. Jahrhunderts. Echtes Pionierflair. In HAWKER teilt sich die Strecke. Man kann den westlicheren Weg wählen auf der breiten B 83 Richtung LEIGH CREEK. Diese Straße ist relativ stark befahren, da sie als hauptsächlicher Versorgungsstrang für die nördlicheren Outback Gemeinden gilt. Also triffst du deine Freunde, die Road Trains wieder. Gemütlicher fährt es sich auf dem östlicheren Strang Richtung WILPENA POUND und BLINHAM. 120km Scenic Drive mit vielen Lookouts sind die Belohnung für eine kurvenreiche, geteerte Straße.   Kurz hinter HAWKER verschluckt dich die Natur. Imposant erheben sich die Bergspitzen der Flinders Ranges vor deinem Blick. Links und rechts am Wegesrand suchen Schafe und Ziegen nach dem spärlichen Futter. Selten wird ein abgeerntetes Getreidefeld sichtbar.

Flinder Ranges Papageienbaum
Flinder Ranges Papageienbaum

Rund 40km hinter HAWKER beginnt der Flinders Ranges National Park. Das zieht natürlich keine spektakuläre Veränderung der Natur nach sich. Wie sollte es auch in dieser bergigen Weite des Outbacks.  Aber eine andere Veränderung wird spürbar. Du fühlst dich bald wie in einem Tierfilm.

Als Hauptdarsteller treten Emus und Kängurus auf. Frei rennen bzw. springen sie querfeldein durch die rostig-roten, von Grasbüscheln und Buschwerk grün gesprenkelten Hügelketten. Reich an Anzahl bleiben sie nicht nur auf Distanz zum Menschen, sondern oft auch schwer zu erkennen. Ihr braunes Federkleid bzw. Fell hebt sich nur unwesentlich ab von den Farbtönen ihrer Umgebung. Aufmerksam auf die menschlichen Besucher werden sie besonders dann, wenn das Motorgeräusch anders klingt als langsames Vorbeirollen, z.B. beim Stopp im Leerlauf. Auf Alarm schalten die Tiere, wenn der Motor abgestellt wird. Dann brauchst du gar nicht mehr erst auszusteigen. Die Tiere haben bereits die Flucht ergriffen.

Flinder Ranges-Känguru
Flinder Ranges-Känguru

Nach gut 60km Nationalparkstraße besagt ein Schild, dass du in BLINHAM angekommen bist. Mit viel Glück entdeckst du ein bis zwei Häuser, die Teerstraße endet hier, und es beginnt wiederum gravelled road. Also gönnen wir uns das Tierfilmerlebnis ein zweites Mal auf dem Südkurs zurück bis HAWKER. Von Langweile keine Spur. Die Silhouetten der Berge bei veränderter Sonneneinstrahlung bieten ein völlig anderes Bild. Und die Emus und Kängurus scheinen auch nicht mehr diejenigen zu sein, denen wir auf der Hinfahrt begegnet sind. Also modifizierte Reprise des Naturerlebnisses.

Flinder Ranges NP-Emus
Flinder Ranges NP-Emus

Nach diesem streckenmäßigen Haken justieren wir den Kompass erneut auf Osten  . Wenige Kilometer hinter HAWKER weist ein Schild Richtung PETERBOROUGH.  Ursprünglich hieß der Ort tatsächlich Petersburg, so benannt nach dem Großgrundbesitzer Peter Doecke, der Anfang des 18. Jahrhunderts in dieser Gegend Land für Siedlungsbau verkaufte. Die Umbenennung in den heutigen, englischen Namen erfolgte 1917 (zusammen mit weiteren 68 ebenfalls deutsch geprägten Ortsnamen) als Ausdruck „anti-deutscher Gefühle“ während des Ersten Weltkrieges.

PETERBOROUGH spielte die entscheidende Rolle als Eisenbahnknotenpunkt Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Dampflokstrecken SYDNEY – PERTH (Ost-West) sowie DARWIN – ADELAIDE (Nord-Süd) trafen sich hier. Die Stadt boomte für rund 100 Jahre. Große Eisenbahnwerke entstanden. Die Umstellung auf Diesellokomotiven setzten der Wirtschaftsblüte ein jähes Ende. Und heute? Geschickt wird die ehemalige Blütezeit touristisch vermarktet. Das Stadtbild ist geprägt von historischen Loks und Eisenbahnwagen. Das Visitor Center ist natürlich in einem altehrwürdigen Eisenbahnwagon untergebracht.

An den Ortsrändern begrüßen dich ebensolche Denkmäler. Der Heritage Trail führt den Besucher neben anderen Sehenswürdigkeiten wie z.B. die Town Hall mit Federation Quilt oder das Motorradmuseum, immer entlang der lokalen Eisenbahngeschichte. Besonders verwiesen wird darauf, dass hier am Drehkreuz drei verschiedene Spurbreiten aufeinander trafen. Dieses Zusammentreffen brachte nicht nur Probleme, sondern auch jede Menge Arbeitsplätze mit sich.

Höhe- und Endpunkt dieses Rundganges bildet Steamtown mit seinem Heritage Rail Center (www.steamtown.com.au). Allein diese riesige, ehemalige Bahnanlage lohnt den Weg in das einsam im Outback liegende Städtchen. Das Sahnehäubchen des Museumbesuches wird abends, nach Einbruch der Dunkelheit erlebbar. Eine Sound & Light Show erweckt anschaulich mit viel Dampf, Pfeifgeräuschen und entzückenden Lichteffekten die „gute alte Zeit“ wieder zum Leben. Der Besucher sitzt in einem als Zuschauertribüne umgestalteten Eisenbahnwagen direkt gegenüber des Drehtellers und seinerzeitigen Lokschuppens mit immerhin 23 Toren, in denen jeweils ein Waggon oder eine Lokomotive angestrahlt sind. Parallel zur Augen- und Geräuschkulisse wird auf eine riesige Leinwand ein sehr informativer Film über die Eisenbahngeschichte Australiens und insbesondere des Ortes projiziert. Nach gut einer Stunde tauchst du wieder auf in die aktuelle Wirklichkeit mit dem Gefühl, selbst dabei gewesen zu sein.

Peterborough
Peterborough

Und die heutige Realität bemerkst du nachts, egal an welcher Stelle in diesem Ort, wenn die endlos langen Güterzüge auch heute noch rumpelnd und quietschend  sich mitten durch die Stadt quälen. PETERBOROUGH, sicherlich ein Besichtigungsjuwel am Wegesrand.

Im kommenden Verlauf unserer Rundreise werden wir uns zunächst  weiterhin gen Osten ausrichten mit dem Ziel nördlich von SYDNEY erneut die Pazifikküste zu erreichen.

K&K 41 – Auf der NULLARBOR-Piste

Nullarbor Plain

Nullarbor Plain
Nullarbor Plain

Das ganze Thema ließe sich eigentlich in zwei Sätzen beschreiben: Ein geteertes Straßenband zieht sich meistens geradeaus quer durch die Nullarbor Plain. Auf der gesamten Strecke sieht der Reisende nicht viel anderes als immergrüne Grasbüschel, Hartlaubstauden und teilweise knorrige, niedrige Eukalyptusbäume.

Mit dieser Kurzcharakterisierung bleibt man jedoch die Antwort auf die Frage schuldig, warum diese Wüstenroute zu den Top-Scenic-Routes Australiens gehört. Für uns liegt eine mögliche Antwort in dem Spruch „Der Weg ist das Ziel“. Wer die Nullarbor Plain durchkreuzt, stellt sich darauf ein, mehrere Tage lang  keine anderen Begleiter zu haben als die donnernden Road Trains, den ewigen Horizont und nachts ein tiefschwarzes, lautloses Himmelsgewölbe mit hell funkelndem Sternenzelt.

Road Train
Road Train

Besiedelt ist die weite, fast unendliche Ebene nur von wenigen Aboriginals bzw. von den versprenkelten Roadhouses entlang der Strecke. Als einzige wirkliche straßenmäßige Ost-West-Verbindung im südlichen Australien kann ihre Bedeutung gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Das hatte wohl auch bereits John Eyre irgendwie erkannt. Denn er durchquerte 1841 als erster Europäer diese unerbittliche Strecke. So trägt der heutige Highway denn auch seinen Namen. Nicht zuletzt auf der Grundlage seiner Erkundungen begann man im gleichen Jahr mit dem Bau einer Schotterpiste. Denn man wollte schneller an die Goldfelder im Westen gelangen. Dieses Streben führte dann auch etwas später (1877) zum Aufbau einer ersten Telegrafenverbindung.

Touristisch ist die Strecke mit knapp 3.000km ausgewiesen von ADELAIDE bis PERTH. Das eigentliche Nullarbor-Gefühl (aus dem Lateinischen: null=kein/arbor=Baum) stellt sich aber erst ab CEDUNA (Südaustralien) ein und endet 1.200km später in NORSEMAN (Westaustralien). Wir konzentrieren uns auf diesen Streckabschnitt. Immerhin durchfahren wir auf diesem Streckenabschnitt bereits zwei Zeitzonen. Andererseits haben wir die Region um ADELAIDE und die angrenzenden westlichen Halbinseln bereits erkundet. Und der Westen um PERTH wird den Abschluss unserer Australienfundfahrt bilden.

Warnschild
Warnschild

CEDUNA fungiert als Pit-Stopp-Town für Nullarborfahrer. 8 Tankstellen, jede Menge Hotels und 5 Campingplätze sprechen Bände, bei nur 2.300 Einwohnern.  Hier kann ein letztes Mal preiswert getankt, im Supermarkt eingekauft werden. Doch man täte der Stadt Unrecht, sie darauf zu reduzieren. Die Parkanlagen an den verschiedenen Stränden bieten Behaglichkeit. Im Aboriginal Arts & Culture Center kann man einen recht guten Einblick in die Welt der Ureinwohner gewinnen. Und kurz danach werden wir eingehüllt in die endlose, grüne Nullarbor-Wüste.

Was auf den ersten Blick als Widerspruch erscheint – Wüste – Grün -, ist schnell erklärt. Es handelt sich tatsächlich um ein Wüstengebiet, genauer um eine aride Wüste. Die Feuchtigkeit zum Leben gewinnen die darin angesiedelten Pflanzen mit ihren Blättern aus der Luft und speichern das Wasser. Das Meer tost in unmittelbarer Nähe, die Luftfeuchtigkeit beträgt daher nicht selten über 70%. Außerdem fällt auch gelegentlich leichter bis heftiger Regen.

Wer einheimisches Wildlife erleben möchte, müsste allerdings sich weiter nördlich, off road in noch größere Einsamkeit begeben. Kängurus, Emus, Wombats oder auch Dingos scheuen „zu viel Betrieb“.

Hinweis in Penong
Hinweis in Penong

Zu viel Besuch wollen anscheinend auch die Aboriginals der Yalata Community rund 230km hinter CEDUNA nicht bekommen. Mehrere Kilometer abseits der Straße, nur über einen holprigen Sandweg erreichbar, ducken sich einige Hütten ins Grün. Die größeren Gebäude am Highway sind dem Verfall preisgegeben. Es könnte mal ein Gemeindezentrum mit Supermarkt gewesen sein.

Zwischen diesen beiden Orten stoßen wir noch auf das Dorf PENONG und NUNDROO, ein erstes Roadhouse. Beides sind wichtige Tankstopps.

Die Benzinversorgung auf der gesamten Strecke ist gesichert, wenn auch zu erheblich höheren Preisen als in anderen Städten. Ein Roadhouse kann aber noch mehr als nur Treibstoff ausschenken. In der Regel sind noch ein Restaurant, ein Motel und ein Campingplatz angegliedert. Kleinere Ausstellungen zu Natur und meist lokaler Geschichte besonders aus der europäischen Besiedlungszeit nennen sich dann Museum.

Wenn man nicht ein Schild aufgestellt hätte, man würde es nicht bemerken. Rund 130km hinter dem Nundroo Roadhouse beginnt der Nullarbor National Park. Natürlich ändert sich deshalb die Landschaft nicht. Doch dieser Landschaftsstreifen bis zur State Border zwischen Südaustralien und Westaustralien (knapp 500km hinter CEDUNA) genießt dadurch besonderen Naturschutz, gemeinsam mit dem Great Australian Bight Marine National Park, der eine an Land, der andere als Küstengewässer.

Dieser Marine National Park ist einer der größten Touristenmagneten der Nullarbor Route. Nicht während unserer Reisezeit im März, sondern zwischen Juni und Dezember eines jeden Jahres. In diesen Monaten sollen hunderte von weiblichen Walen in die Bucht kommen, um dort ihre Jungen zu gebären. Wir erleben sonntägliche Ruhe ohne Touristenschwärme und genießen die Ausblicke auf das felsige Steilufer. Drei weitere Fotostopps mit fantastischen Küstenpanoramen können in den folgenden 90km angesteuert werden.

Bunda Cliffs
Bunda Cliffs

Wer an diesen Kliffs und den späteren Bunda Cliffs angekommen ist, sollte schnell noch zum Vegetarier mutieren. Denn in Border Village kann bei der Einreise nach Westaustralien der Quarantine Checkpoint nicht umfahren werden. In der Gegenrichtung von West- nach Südaustralien befindet sich sein Cousin in CEDUNA. Aus Angst vor Fruchtfliegen wird jegliches noch vorhandenes Obst und Gemüse konfisziert und vernichtet. Gleiches gilt für Pflanzen, teilweise Käse und Honig. Checkpoint bedeutet nicht nur Befragung, sondern intensive Fahrzeugkontrolle. Quasi tröstend schaut dabei eine riesige Känguru-Statue auf Kontrolleure und Kontrollierte hinab.

Somit erreichen wir Westaustralien, was eine erste Zeitumstellung erfordert. An eine oder zwei Stunden vor oder zurück sind wir ja gewöhnt. Mussten wir die Uhren beim Wechsel vom Bundestaat Victoria nach Südaustralien um 30 Minuten zurückstellen, so sind es jetzt nunmehr 1 ¾ Stunden. Und die nächste Umstellung ist bereits angekündigt für CAIGUNA, ca. 350km westlich der Grenze.

Nur 20km hinter der State Border rollen wir durch EUCLA, welches auf seine historische Telegrafenstation (nur noch Ruinen zu sehen) aufmerksam macht.

Beim darauffolgenden Mundrabilla Roadhouse (nach 70km) wird verwiesen auf einen heute kaum noch erkennbaren Krater unweit der Straße. Er soll von einem 10t schweren Meteoriten eingekerbt worden sein, der in grauer Urzeit hier einschlug. Weitere 100km westlich treffen wir auf das Madura Hotel mit Tankstelle. Es wird der für uns jetzt schon „übliche“ Service geboten. Kurz hinter Madura heißt es den einzigen Straßenpass auf der gesamten Strecke zu erklimmen. 120m klettern wir gemächlich die Straße empor, auf der extra eingerichteten Kriechspur für Schwerlasttransporte. Doch Road Trains benutzen dann doch lieber die eigentliche Fahrspur und überholen uns in zügigem Tempo.

Sie haben schon etwas Gigantisches diese Road Trains. Bei einer durchschnittlichen Länge von gut 20m, vielfach dem Aussehen eines dreistöckigen Hauses ähnelnd, tragen zwischen 10 und 17 Achsen diese rollenden Kolosse der Straße. Zwei Schiffscontainer übereinander gestapelt sind ebenso wenig eine Seltenheit wie ein LKW mit zwei großen Anhängern dahinter. Wenn die LKW-Fahrer einmal den Tempomat eingeschaltet haben, kann sie offensichtlich nichts mehr aufhalten.

Abendstimmung
Abendstimmung

Rund 1 ½ Tage sind wir nun auf der Nullarbor Route unterwegs. Die glutrot untergehende Sonne ermahnt uns, einen der nächsten, stets großräumigen Parkplätze für eine weitere Freedom Übernachtung aufzusuchen, irgendwo zwischen  einsamer Natur und dem Nirgendwo.

Am folgenden Morgen schlägt die Stunde der Wasser speichernden Pflanzen. Es regnet zwar nicht, als wir uns noch im Dunkeln (ca. 6Uhr) für eine weitere Etappe rüsten. Doch dichter Nebel, der London alle Ehre machen würde, umgibt uns. Dadurch sind die Temperaturen auf grauslig-feuchte 15°C gefallen. Wir hätten keine 20m Sichtweite, würde sich zwischen den Sträuchern und Bäumchen nicht ein zartes, von Nebelschwaden durchwabertes Rosa ankündigen. Es bedarf noch einiger Zeit, bis dann auch die Sonne am Horizont erkennbar wird. Fast gespenstisch wirkt das Bild. Ihre Strahlen durchdringen mit Tagesanbruch die fast kahlen Äste eines knorrigen, kleinen Baumes. Die dicke Nebelsuppe scheint jedoch ihr Licht noch aufhalten zu wollen. Eine Stunde später ist der ganze Spuk vorbei. Sonne und Wärme haben gesiegt. Ein zunehmend freundlicher Tag kündigt sich an.

Morgennebel
Morgennebel

Auf eine weitere Besonderheit der Nullarbor Plain Route wollen wir hinweisen. Rund alle 150km ist die Straße ausgebaut zur Flugzeuglandepiste. Große Schilder weisen darauf hin, dass diese Flugfelder im Notfall für den Royal Flying Doctor Service eingerichtet wurden. Per Auto wären die Strecken zum nächsten Krankenhaus auch zu weit.

Am Roadhouse Caiguna heißt es dann noch einmal die Zeiteinstellung zu aktualisieren, um weitere 45 Minuten zurück. Somit haben wir 2 ½ Stunden Rückstand seit ADELAIDE bzw. 3 Stunden im Vergleich zu SYDNEY. So gewinnen wir Zeit, um noch am gleichen Tag am Endpunkt unserer Nullarbor Route anzukommen.

Bevor wir es vergessen. Dem Bewegungsdrang bei so vielen Autokilometern kann auch nachgegangen werden. Statt einiger Trimm-Dich-Stationen an den Rastplätzen, trifft der Sportbegeisterte hingegen auf den längsten Golfkurs der Welt. Den ersten Aufschlag kann er in CEDUNA machen, den letzten dann 1.365km später, nach klassischen 18 Bahnen, im westaustralischen KALGOORLIE. Mit einem Golfcaddy oder sogar zu Fuß von Loch zu Loch zu gelangen würde dabei aber viel Zeit in Anspruch nehmen. Denn die einzelnen Spielmöglichkeiten liegen, je zu einer Bahn, verteilt auf die verschiedenen Roadhouses oder andere Rastmöglichkeiten. Enthusiasten dieses Weitraumgolfes scheint es genug zu geben, sonst würden sicherlich nicht jährlich im April Meisterschaften im Rahmen des Sun Golf Festivals ausgetragen werden.

Mögen Sie auch keine Kurven fahren? Ab CAIGUNA können sie die längste Geradeausstrecke Australiens genießen. Auf 146,6km macht die Straße aber auch nicht den Hauch einer Biegung. Es ist wohl der weltweit bekannteste Routenabschnitt durch die Nullarbor Plain. Also, Tempomat einrasten lassen, den Kaffeebecher griffbereit stellen, das Radio mit gefälliger Musik oder einem Hörbuch füttern und dann nur noch rollen, rollen, rollen. Vom Gefühl her erscheint diese Fahrweise endlos. Man braucht Ablenkung. Den Kopf immer nach rechts oder links zu wenden, zeitigt bei dem Einerlei der Natur keine dauerhaften Erfolg. Der Blick sucht sich am Horizont Haltepunkte. Meist ist dies eine 10-15km entfernte Hügelkuppe, manchmal ein einzelner aus dem Gebüsch herausragender Baum, der oft aussieht wie ein zu weit ausgetriebener Brokkoli. Am häufigsten jedoch bleibt das Auge hängen auf dem Straßenbelag, die in der Ferne aussieht wie eine scheinbar glatte Wasseroberfläche und beim Näherkommen verschwindet bzw. sich zurückzieht, im Sonnenschein aber niemals endet. Dicke LKW-Reifenspuren in der weichen Bankette zeugen von eventuell eingenickten Abweichlern. Der ganze Spaß, je nach Auffassung ggf. auch Spuk, endet dann kurz vor dem letzten Roadhouse der Route Balladonia.

Balladonia Skylab Trümmer
Balladonia Skylab Trümmer

Hier allerdings gibt es nicht nur den üblichen Service. In einem angrenzenden Gebäude gilt es, quasi als Ablenkung, dem kleinen Cultural Heritage Museum einen kostenlosen Besuch ab zustatten. Liebevoll zusammengetragen hat man hierfür Dokumente, Fotos und einiges an landwirtschaftlichem Gerät aus der Pionierzeit. Als Hauptattraktion allerdings kann ein großes Trümmerteil der ehemaligen US Skylab bestaunt werden. Diese Raumsonde ist 1979 über diesem Gebiet beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre abgestürzt.

Bleiben noch 180km bis zu unserem Etappenziel, die Gemeinde NORSEMAN. Unterwegs biegen wir noch einmal ab auf eine Sandpiste in einem Eukalyptuswald. Die Fraser Range Station legt ein weiteres Mal Zeugnis ab aus früheren Tagen. Der heutige Anblick ähnelt aber eher einem unaufgeräumten Müllplatz mit Campground.

So rollen wir dann nach 1.200km hinein in unseren Endpunkt der Nullarbor Route. Eine Fortsetzung verliefe entweder weiter nach Westen, Richtung PERTH oder in eine Nord-Süd-Route nach KALGOORLIE-BOULDER bzw. ESPERANCE. Diese Region behalten wir uns für das Ende unserer Australienrundtour vor, da das Wohnmobil von PERTH aus wieder gen Deutschland verschifft werden wird.

NORSEMAN kommt uns nach fast 3 Tagen Einsamkeit wie eine Zivilisationsoase vor. Im kleinen Shopping Center werden die Vorräte aufgefrischt. Getankt werden muss auch. In der Gemeindeverwaltung kann gebührenpflichtig der Internetanschluss benutzt werden. Das Visitors Center hält Informationsmaterial über Dorf und Umgebung bereit und lobt besonders den Lookout vom Haushügel mit 360° Rundumblick.

Abseits der Hauptstraße
Abseits der Hauptstraße

Nun stehen wir also im Westen Australiens. Unsere weitere Route soll uns aber die Ostküste entlang ins nördliche Queensland und später ins Northern Territory führen. Also nutzen wir den örtlichen Kreisverkehr und machen uns noch am nächsten Tag auf die Heimreise gen Osten. In zwei Tagen wollen wir wieder in CEDUNA einrollen. Einfach verrückt, nicht wahr?

K&K 40 – Drillinge mit Schwester

Sie konkurrieren heftig untereinander, die Drillings-Halbinseln Fleurieu, Yorke und Eyre. Wie bei Schneewittchen fragen sie täglich: „Wer hat die längste Küstenlinie im ganzen Land?“

Sonnenaufgang Fleurieu
Sonnenaufgang Fleurieu

Fleurieu sieht dabei am kürzesten aus, „nur“ rund 350km Küstenlinie mit weißen Sandstränden, Felsriffen und einigen Kaps mit Lookouts. Nur 45 Autominuten südlich von ADELAIDE findet die Halbinsel aber jede Menge Besucher. Vor allen Dingen sind es Boating, Fishing und Walking, was die Gäste anlockt. Daneben wirkt aber in ganz besonderem Maße auch der gute Ruf als Most Diverse Food Region als Magnet. Vielfältige Farmshops, Käsereien, wie auch Weingüter und Spezialitätenrestaurants scheinen ein Renner zu sein.

Gemächling rollen wir durch die hügelige Landschaft bis zum Städtchen VICTOR HARBOR am östlichen Nordrand der Halbinsel. Dieser ganze Küstenstreifen ist berühmt für seine Walbeobachtungsmöglichkeiten. Von Juni bis Dezember jeden Jahres ziehen hier Walherden vorbei. Somit hat die Stadt sich einen Namen mit dem Whale Center gemacht (www.sawhalecenter.com), für Beobachter und Forscher gleichermaßen.

Kangaroo-Hoch hinaus
Kangaroo-Hoch hinaus

Wir ziehen weiter zur Südspitze der Halbinsel nach CAPE JERVIS. Den Ort selbst gibt es so gut wie gar nicht, dafür aber den geschäftigen Fähranleger. Von hier legen die Katamarane nach Kangaroo Island ab. Nach 16km oder 45 Minuten legt sie in PENNESHAW wieder an. Fahrzeuge können mitgenommen werden. Es ist ratsam, vorher online zu buchen, denn die Ladekapazität ist relativ gering. Fahrzeuge über 4m Länge und 2,9m Höhe wie unser Wohnmobil werden zwar auch befördert, sie müssen jedoch über eine extra Hotline (tel. 131301) angemeldet und gebucht werden.

Wer die Insel besucht, sollte wissen, dass es nur wenige geteerte Straßen gibt. Fast alles, was außerhalb der Ringstraße angesteuert wird, führt über Staubpisten, oftmals nur mit Allrad zu bewältigen.

Kangaroo Island gilt nach Tasmanien und Melville Island als Australiens drittgrößte Insel. Verwunderlich erscheint es zunächst, dass sich hier englische und französische geographische Bezeichnungen abwechseln. Doch zu Beginn des 19. Jahrhunderts begegneten sich hier das englische Entdeckerschiff von Captain Flinders und die französische Korvette von Nicolas Baudin. Was scherte die beiden Kapitäne der damalige Krieg ihrer Heimatländer gegeneinander, freundschaftlich gingen sie miteinander um, tauschten Forschungs- und Kartierungsergebnisse aus und flüsterten sich Proviantressourcen zu. Und so gibt es eben neben der King George Beach, der Scott Cove oder dem Cape Younghusband auch das Cap du Couedic, den Point Ellen und den Plage de Baudin.

Bekanntlich hat die Geschichte nicht erst zur Zeit der europäischen Entdeckerreisen angefangen. Funde belegen, dass Aborigines Stämme die heutige Insel bereits vor 16.000 Jahren bewohnt haben sollen. Der Ausdruck „heutige Insel“ besagt, dass zu jener Zeit das Eiland noch mit dem australischen Kontinent verbunden war. Ein steigender Meeresspiegel hat erst vor 20.000 Jahren hieraus eine wirkliche Insel entstehen lassen. Geologisch gesehen: absolut tagesaktuell.

KI Streit in der Seehungfamilie
KI Streit in der Seehungfamilie

Mehr als die Hälfte der Insel ist mit ursprünglichem Buschland bewachsen, deshalb auch die Zusatzbezeichnung als Eines der hervorragendsten, naturbelassenen Reiseziele der Welt. Sofern eine Hügelkuppe einmal einen kleinen Aus- und Überblick zulässt, trifft das Auge in der Tat nur auf ein grünes, undurchdringliches Busch- und Baumkronendach. Die wenigen winzigen Inselorte gehen darin völlig unter. Lediglich die Hauptstadt KINGSCOTE; in der rund 50% der 4.600 Inselbewohner leben, bildet hier eine Ausnahme. Bei so viel unberührter Natur blüht selbstverständlich das Geschäft mit den Wanderern. Auf mehr als 500km ausgewiesener Wanderwege kann er zurückgreifen.Pelikane DSCN9728

Die Perle der Naturattraktionen ist der Flinders Chase National Park, der mit 75.000km² Fläche die gesamte Westküste bedeckt. Knapp 20km können wir in ihn hineinfahren zu den hauptsächlichen Anziehungspunkten. Die Remarkable Rocks, eine rund 65 Millionen Jahre von Wind, Wetter und rauer See geformte Felsgruppe, wird dabei als „domed inselbergs“ oder auch „island of rock“ bezeichnet, wie auch Uluru / Ayers Rocks im roten Zentrum. Direkt an der Meeresküste aufgetürmt, verbreiten sie schnell den Eindruck, als ob sie gleich hinunterrollen würden.

Zwei Kilometer weiter sind die ehemaligen Unterkünfte der früheren Leuchtturmwärter zu besichtigen. Das Attraktivste daran sind die Überreste des Flying Fox, d.h. der Seilbahn, mit deren Hilfe die Familien dort in der absoluten Einsamkeit alle drei Monate versorgt wurden.

Die Südwestspitze der Insel wird überwölbt vom gigantischen Admirals Arch. Unter diese bombastische Felsbrücke führt ein gut ausgebauter Boardwalk. Der malerische Fensterblick hinaus auf den tosenden Ozean, wie aus einer Höhle, lässt Worte eigentlich verstummen. Umso lauter ertönen dafür die Grunzlaute der auf den Felsen darunter beheimateten Seelöwenkolonie.

KI Remarkable Rocks
KI Remarkable Rocks

Damit wären wir bei der Tierwelt angelangt. Denn die Insel heißt ja nicht umsonst Kangaroo Island. Es waren nicht die Aborigines, die sie so tauften. Bei ihnen hieß das Eiland noch Karta / Land des Todes. Sicherlich hatte auch Captain Flinders noch  nicht das Tourismusgeschäft im Sinn, als er der Insel ihren heutigen Namen gab. Für ihn war ausschlaggebend, dass die vielen umherziehenden Kängurus   wichtige Nahrungs- und Proviantquelle darstellten.

Die Kängurus gibt es heute immer noch zuhauf frei herum hüpfend. Andere Wildtiere können auf der gesamten Insel ebenfalls gut beobachtet werden, Ibisse und Pelikane z.B. im Ort AMERICAN RIVER, Seelöwen und Pelzrobben, wie erwähnt, am besten beim Admirals Arch. In der Hauptstadt KINGSCOTE wohnt eine Kolonie der Blue Penguins. Der Name sagt es bereits: Ein Koala Walk lässt wieder sämtliche Blicke gen Baumkronen wandern. Im Hanson Bay Wildlife Sanctuary (www.hansobay.com.au) , eine der drei Wildtierschutzstationen auf der Insel, entdecken wir sogar Mutter mit Jungtier, beide friedlich schlafend in zwei dicht beieinander gewachsenen Astgabeln. Hin und wieder gibt sich ein Echidna / Ameisenigel die Ehre. Am liebsten tummelt er sich im lichten Wald in der Nähe von Reisighaufen. Beim Straßenüberqueren schwebt er wegen seiner immensen Fortbewegungsgeschwindigkeit in äußerster Lebensgefahr. Mit viel Glück entdecken wir am Straßenrand einen Goanna / Waran der in der Sonne döst.. Blitzartig schlängelt er sich ins hohe Gras, fast schneller als die Kamera klicken kann. Wer hat sie gezählt, die vielen Kakadus und Papageien, die die Insel bevölkern? Nicht Einzeltiere treffen wir häufig an, sondern eher ganze Schwärme. Wer allerdings glaubt, im nordöstlichen Dorf EMU BAY trifft er die stolzen Laufvögel an, sollte sich den Abstecher sparen. Sie bewegen sich überwiegend am geschützten  Buschwaldrand oder auf abgelegenen großen Wiesen und Feldern.

Koala mit Jungtier
Koala mit Jungtier

Kangaroo Island, der Realität gewordene Freiluftzoo Australiens, hat es wegen seiner urwüchsigen Natur und des Wildlife gar nicht nötig, wie die Drillingsschwestern um Küstenlinienlängen zu buhlen. Alle zugänglichen Beaches und Bays sprechen aus ihrer Schönheit und ihrem liebreizenden Charme heraus für sich selbst.

Um zum Festland zurückkehren zu können, müssen wir mit unserem Wohnmobil eine Fähre bereits um 5.30Uhr morgens buchen. Alles ist noch in tiefe Nacht gehüllt, als wir rückwärts rangierend eingewiesen werden. Der frühe Abfahrtszeitpunkt hat den Nachteil, dass wir die Anfahrt im Dunkeln machen müssen. Das birgt für Mensch und Tier ein hohes Risiko. Er besitzt aber demgegenüber auch den Vorteil, dass wir am gleichen Tag noch unser weiteres Ziel, die zweite Drillingsschwester, die Halbinsel Yorke erreichen.

Rund 250km geht es nun stramm nordwärts, stets an der Westküste von Fleurie entlang. Das ist sicherlich keine große Distanz. Doch die Route führt ein weiteres Mal mitten durch ADELAIDE, keine Umgehungsmöglichkeit. Über die Verkehrssituation in Südaustraliens Hauptstadt haben wir eingehend im vorigen Kapitel berichtet. Hier nur noch kurz zur Erinnerung: Kalkulierte Fahrtzeiten dürfen gern verdoppelt bzw. verdreifacht werden. 150km hinter ADELAIDE kriegen wir dann die Kurve und rollen wieder gen Süden.

KI Admirals Arch
KI Admirals Arch

Die mittlere der drei Halbinseln verweist auf rund 750km Küstenlinie und liegt damit im Mittelfeld. Kurz hinter der Nordschleife begrüßt uns ein Schild „Yorke Peninsula – Agriculturally rich – naturally beautifull“. Klingt gut! Kein Kilometer weiter wird der Friede aber arg gestört durch ein weiteres Schild „No copper mine in YP“. Weitere dieser Transparente folgen.

Yorke Peninsula lebt schon lange vom Kupferbergbau. Man spricht vom „Kupferdreieck“ der Städte KADINA, MOONTA, WALLAROO an der Westküste der Region. Offensichtlich sind nun auch an der Ostküste Kupfervorkommen relevant geworden.

Innes NP Emus
Innes NP Emus

Je westlicher wir vordringen, desto trockener wird die Landschaft. Es gibt nur noch verdorrte Felder und Wiesen. Der Baum- und Buschbewuchs dünnt merklich aus. Ein wenig Wind, und schon stehst du in einer Staubwolke, die von den Feldern herüber weht.

Viele kleine Segel- und Badeorte ziehen sich entlang der Ostküste. Egal ob ADROSSAN mit seinen roten Kliffs, PORT VINCENT oder auch STANSBURY; einer ist schöner als der andere mit langgezogenen Uferpromenaden und immer einer boat ramp für die Freizeitkapitäne.

Ohne die Schönheit der vielen kleinen Boating-und Badeorte an der Ostküste schmälern zu wollen, der Innes National Park erweist sich als Höhepunkt der Rundfahrt. An der Südwestspitze der Halbinsel gelegen, lädt er ein zum Besteigen der endlosen Dünenlandschaft, zum Besuch der grandiosen Strände und zu Abstechern zu den einladendenden Outlooks. Bei genauem Hinsehen erkennt man an einem Strandabschnitt an der Westküste noch das rostige Stahlgerippe eines 1904 gesunkenen Frachters.

Outback um Whyalla
Outback um Whyalla

Es geht die Halbinsel wieder nordwärts, hin zum bereits erwähnten Copper Triangle.

Unterwegs riskieren wir noch einen Blick in PORT VICTORIA ins Maritime Museum. Warum? Die Vergangenheit dieses ehemaligen Kupferverladehafens weist eine große Windjammergeschichte auf. Unter anderem haben hier mehrmals die deutschen Segelschulschiffe Passat und Pamir festgemacht. Die Museumsleiterin kann sich noch gut daran erinnern.

WALLAROO lebt ebenfalls von seinen besseren Zeiten als Verladehafen. Von hier aus ging das gewonnene Kupfer der Region in die ganze Welt. Heute wird zwar auch noch geschürft, aber rentabel scheint das Alles nicht mehr zu sein. Zumindest dem bereits halb verfallenden Minengelände nach zu urteilen. Der Aufbau eines Copper Heritage Centers spricht Bände.

War die Ostküste der Halbinsel schon verdorrt, für den westlichen Teil trifft dies im besonderen Maße zu. Und dennoch gilt dieser Landstreifen als „Korngürtel“ Südaustraliens. Die abgeernteten Felder jetzt im beginnenden australischen Herbst gelten als Beleg. Regen soll es übers Jahr gesehen genug geben. Viel davon wird in riesigen Regentonnen gespeichert für spätere Verwendung. Mit dem so gewonnen Wasser werden ganze Felderberieselungsanlagen betrieben. Doch die frühherbstliche Einheitsfarbe bleibt ocker-braun.

Wir kriegen ein weiteres Mal die Kurve und biegen ein auf die Eyre Halbinsel. Von den Drillingsschwestern geht sie in puncto Küstenlinienlänge mit 2.000km als Siegerin hervor. Was unterscheidet sie ansonsten von ihren beiden Vorgängerinnen? Die Landschaft bleibt ähnlich wie auf Yorke Peninslula. Vielleicht noch ein wenig ausgedorrter, sofern der bisherige Zustand noch steigerungsfähig ist. Schließlich nähern wir uns langsam aber stetig der Nullarbor Plain. Es geht also wieder abwärts, an der Ostküste der Halbinsel 400km nach Süden.

Die Tourismusbranche betont jedoch drei besondere Charakteristika: Oliven, Austern und nennt sich obendrein The Adventure Sports Capital of South Australia. So werden in verschiedenen Küstenorten ,wie WHYALLA oder PORT LINCOLN, Schwimmen mit Seelöwen, schnorcheln zu den Thunfischen und als Krönung der Kick „im Stahlkäfig Aug in Aug mit dem Weißen Hai“ zu tauchen angeboten. Was die Natur an Beruhigendem hergibt, wird damit schnell wieder neutralisiert.

WHYALLA, ebenso wie PORT AUGUSTA ,sind geprägt von Stahl-und Kupferindustrie. Das wirkt natürlich nicht gerade einladend für einen ausführlicheren Besuch. WHYALLA ist jedoch gekennzeichnet als Ort bzw. Region, wo das Outback auf das Meer trifft. So schimmert die Erde rings herum rot, durchsetzt vom Grün des knorrigen Buschwerks.

Es ist interessant zu beobachten, wie sich die Natur ca. alle 100km auf südlicher Route ein neues Kleid anzieht. Die ausgetrocknete, zum Teil bereits aufgeplatzte rote Erde wechselt Phase für Phase in sattes, fruchtbares Grün der Wiesen. Hier wird Feld- und Viehwirtschaft in allen Facetten betrieben. Am Himmel ist abzulesen, wo Landwirtschaft betrieben werden kann. Denn das Wolkenband, sofern vorhanden, stoppt abrupt in der Mitte der Nord-Süd-Route. So gelangen wir gut durchfeuchtet in die Südspitze der Halbinsel nach PORT LINCOLN. Denn neben seiner Anziehungskraft als lebendiger Bade- und Ferienort, nennt sich die Stadt auch Tuna Capital of the World.

Gleich nebenan, 35km westlich, durchfahren wir eine weitere Hauptstadt. COFFIN BAY, idyllisch an einer verzweigten Bucht voller Zuchtanlagen gelegen, fungiert als The Capital of Oysters. Anziehender allerdings erscheint uns der Coffin Bay National Park.

Von nun an geht es wieder aufwärts die Ostküste entlang. Die Küste der Halbinsel präsentiert sich noch einsamer. Alle 80km-100km ist ein kleiner Ort ausgeschildert-Ob nun ELISTON, PORT KENNEY oder STREAKY BAY, sie gelten allesamt als Insidertipps für Wassersportler.

Schließlich endet diese Rundfahrt über die Halbinseln in der Drei-Häuser-Siedlung THEVENARD, dicht bei CEDUNA gelegen. Literaturfreunde kommen hier auf ihre Kosten. Gullivers Reisen von Jonathan Swift spielt  hier. Der Lookout am Pinky Point gewährt Ausblick auf die beiden Inseln, auf denen der Riese Gulliver die Leute von Lilliput getroffen hat, nämlich auf die Inseln St. Peter und St. Francis.

„Drillinge mit Schwester“ haben wir diesen Tourabschnitt genannt. Für Reisende mit einem begrenzten Reisezeitbudget kommt dieser Landstrich sicherlich nur bedingt in Frage (Ausnahme Kangaroo Island). Für Langzeitreisende können wir ihn nur empfehlen. Trotz der relativen Abgeschiedenheit gibt es keine Versorgungs- und Übernachtungsprobleme. Fast jedes Dorf hat seinen Campingplatz oder sein Hotel/Motel. Die C-Plätze sind auch jetzt in der nach Saison noch gut belegt.

In der Abendsonne auf Eyre Halbinsel
In der Abendsonne auf Eyre Halbinsel

Für eingefleischte „Freedom Camper“ wie wir gibt es darüber hinaus immer ein nettes Plätzchen zum Übernachten. Einsame Strände sind über Schotterwege gut erreichbar. Am besten steht man an den boat launches mit den immensen Parkplätzen. Wer ein „self contained“-Wohnmobil fährt, kann die „Camping verboten“-Schilder gern außer Acht lassen. Er nimmt ja alles wieder mit bis zur nächsten Ver- und Entsorgungsstation, die ebenfalls zahlreich vorhanden und gut ausgeschildert sind.

Nach diesem sanften Reiseabschnitt wird es nachfolgend sicherlich etwas rauer. Wir wollen nämlich ab CEDUNA den Eyre Highway durch die Nullarbor Plain nehmen, also Australiens aride Wüste durchqueren.

K&K 39 – Wälder Felder Feuermelder

Wie bereits erwähnt, verlassen wir den Great Ocean Road für einen Abstecher ins Binnenland. Von PORT FAIRY aus geht es zur Küste und wir  fahren zunächst rund 100km strikt nach Norden. Ziel ist The Grampians National Park.

The Grampians
The Grampians

Wir sind noch nicht einmal 10km im Binnenland, da ändert sich das Landschaftsbild schlagartig. Uns umgeben nur noch verdorrte Felder und Wiesen. Der Baum- und Strauchbewuchs dünnt absolut aus. Es riecht nach Vorhof des Outbacks. Der Blick verliert sich in der Ferne, vielleicht an einem Einzelbaum, denn die Landschaft bleibt flach wie ein Tisch. Ab und an entdecken wir Schafherden, die mühsam im vertrockneten Gras Futter suchen.

The Grampians
The Grampians

Die Anzeigetafeln für Waldbrandgefahr stehen permanent auf „Hoch“ und mehr. Ständig weisen große Straßenschilder auf die entsprechenden Telefonnummern für den Notfall hin. Auch erinnern Straßenschilder daran, rechtzeitig einen Notfallplan für sich selbst auszuarbeiten, um im Alarmfall sofort richtig reagieren zu können. Glücklicherweise scheint auf unserer Route alles ruhig und gefahrlos zu sein.

Weiter geht es also gen Norden. Die ersten schroffen Gipfel dieses Gebirgslandes erblicken wir kurz hinter PENSHURST, einem halb verlassenen und verfallenen Städtchen. Von 10 Geschäften in der Main Road stehen 8 leer. Nur der Zeitungsladen mit Imbissanschluss hat seine Türen weiterhin offen, ebenso der kleine Supermarkt.

Von hier aus sind es immer noch 60km bis zum Südeingang des National Parks. In DUNKHELD, dem südlichen Gateway, stehen wir dann direkt vor den ersten beiden rund 1.200m hohen Gipfeln. Dicht bewaldet, wie undurchdringlicher Urwald ragen der Mount Sturgeon und der Mount Abrupt scharfkantig in die Höhe. Die Straße durch den Park (ohne Eintritt) führt nunmehr 80km durch unbewohntes Waldgebiet bis zum Hauptort der Grampians HALLS GAP. Hier herrscht, gemessen an der Einsamkeit in dem Waldwandergebiet emsiges Treiben. Der gesamte Ort ist auf Wandertourismus getrimmt. Das gut sortierte Visitors Center hat gute und nützliche Hinweise parat.

The Grampians
The Grampians

Was bei der Durchfahrt als feucht grüner Native Bush erscheint, entpuppt sich schnell als knochentrockenes, für Brände hoch anfälliges Gebiet. Unvermutet stehen wir während unserer Rundfahrt inmitten großer verkohlter Waldflächen. Vor zwei Jahren sind rund 60% der Grampians einem verheerenden Buschfeuer zum Opfer gefallen, erläutert man uns im Visitors Center. Ausgelöst wurde der Brand durch die Scherbe einer zerbrochenen Glasflasche am Wegesrand, stellten Experten später fest.  Selbstverständlich kann sich ein Wald davon nicht so schnell erholen. Doch man lässt ausschließlich sich selbst regenerieren und greift nicht ein. Die Furcht vor weiteren Feuern ist groß, zum einen wegen der lang anhaltenden Trockenheit, zum anderen wegen achtloser Parkbesucher.

Wie ausgetrocknet die Landschaft ist, zeigt ein zweites Beispiel. Am Wegesrand leitet uns ein Wegweiser zu den Silverband Falls. Der rund 2km lange Wanderweg führt uns in eine tiefe Schlucht. Doch was sind Wasserfälle ohne Wasser? Unterwegs bemerken wir bereits, dass das Flussbett ausgetrocknet ist. Am eigenlichen Fallfelsen angekommen, rieselt nur noch ein schmaler, feuchter Streifen hinunter. Wann wird er wohl versiegen?

Nach dieser Rundfahrt geht es zurück nach Süden wieder an die Küste. In PORTLAND haben wir sie wieder erreicht. Eine einstündige Fahrt mit der Historischen Tram mit Zwischenstopp und Besuch beim Maritime Museum zeigen die wunderbare Küstenlinie vom Botanischen Garten bis zum Leuchtturm. Beim zweiten Zwischenstopp grüßen mal wieder die schläfrigen Koalas. Fast mitten im geschäftigen Stadtzentrum dösen sie vor sich hin. Und schon lockt dann doch wieder die wirkliche Felsküste.

Cape Bridgewater
Cape Bridgewater

Das Cape Bridgwater liegt gut 20km westlich der Stadt. Zwei Punkte gelten als Besuchermagneten, die Blowholes und der Petrified Forest. Beide Naturerscheinungen sind vom gut ausgeschilderten Parkplatz aus auf einem 30minütigen Rundwanderweg zu bestaunen. Die raue See treibt die Meereswellen mit voller Wucht in die Küstenfelsspalten, von wo aus sie wie Fontänen empor spritzen. Je mehr Wind, desto gewaltiger das Schauspiel.

Der Petriefied Forest erhebt sich dann nur rund einen Kilometer entfernt. Die 65Millionen Jahre alten versteinerten Bäume sind in ihrer Grundstruktur aus Sandstein noch gut zu erkennen. Die verschiedenen Stadien der Erosion werden auf relativ kleiner Fläche deutlich sichtbar. Also, wenn man dort schon einmal entlang fährt, nicht versäumen!

Cape Bridgewater Petrified Forest
Cape Bridgewater Petrified Forest

In NELSON, einem verträumten Dorf für Hobbyangler endet der Great Ocean Road ganz offiziell. Doch Touristenströme haben das Dorf nie geküsst.

Wir bleiben auf der Küstenstraße, nunmehr mit der Ausrichtung auf ADELAIDE. Doch vorher hat der State SÜDAUSTRALIEN noch die Quarantine Control am Grenzübergang zum State VICTORIA eingerichtet. Große Schilder weisen darauf hin, dass es bei Strafe verboten ist, Obst, Gemüse, Pflanzen und Weinreben „einzuführen“. Nach den Erfahrungen mit Tasmanien haben wir uns rechtzeitig darauf eingestellt. Doch belustigend sieht es schon aus, wenn direkt vor den Warnschildern und den Abfalltonnen Obst essende Reisende einen Zwangsstopp einlegen, um möglichst noch alles Verbotene aufzuessen.

Schnell alles aufessen
Schnell alles aufessen

Somit rollen wir hinein in den nächsten australischen Bundesstaat. Warum Südaustralien Victorias verschämter Cousin geheißen wird, mögen die Beiden unter sich ausmachen. Vielleicht spielt das Buhlen um Gäste eine gewichtige Rolle.

Zu schämen braucht sich Südaustralien ob seiner ersten größeren Stadt MOUNT GAMBIER wahrlich nicht. Man rollt in sie hinein und fühlt sich dort eigentlich gleich wohl inmitten der historischen und farbenfrohen Gebäude, den breiten, von Bäumen gesäumten Straßen, und vor allen Dingen an den Ufern der meist in Parks liegenden Kraterseen. Besonders der Blue Lake reizt  mit seinem Rundwanderweg. Als zweite Attraktion bietet sich das Umpherston Sinkhole an. 50m tief ist der Erdboden vor rund 45 Millionen Jahren durch Ausspülungen eingebrochen. Stattdessen öffnet sich nunmehr ein 250m breiter Krater. Um 1890 war noch mehr als die Hälfte des Kraterbodens mit Wasser bedeckt. Auf historischen Fotos erkennt man, dass auch damals bereits das Tourismusgeschäft blühte. Man fuhr Ruderboot im Krater. Der ständig sinkende Grundwasserspiegel jedoch, hat den Kraterboden 100 Jahre später völlig austrocknen lassen. So gewann um 1990 die Idee die Oberhand, das hässliche Kraterloch in einen Botanischen Garten umzugestalten. Die Umsetzung ist prachtvoll gelungen. Sowohl vom Kraterrand aus auch von der Tiefe aus bieten sich phantastische Ausblicke – eine Wohltat für die Augen angesichts der ausgedörrten Landschaft rings um die Stadt.

Mount Gambier Sinkhole
Mount Gambier Sinkhole

Und gleich nebenan lockt PORT MACDONELL als Capital of Lobster die Feinschmecker „The Foodies“ in die Resgtaurants und an die Hummerbuden. Catch of the Day garantiert Frische und Geschmack, abgerundet durch eine der unzähligen australischen Weinsorten.

Je weiter westlich wir rollen, umso karger wird die Natur. Schüchtern, verschämt wachsen nur noch wenige Büsche und Bäume empor. Von Wald oder native bush kann keine Rede mehr sein. Der Küstenpark Coorong National Park hat den gesamten Küstenstreifen zwischen KINGSTON S.E. und MERINGIE unter verstärkten Naturschutz gestellt. 90km fast zivilisationsfreie Halbwüste erstrecken sich zwischen Lagunen und Meer. Ausgetrocknete, ehemalige Seebecken sprechen Bände. Dagegen entstehen verstärkt Salzseen. Und hinter dem Dünenwall rauscht in tief schwarzer Nacht unter einem sternenklaren Himmel unüberhörbar der Wellengang der Bass Straight.

ADELAIDE, die Hauptstadt (1.25Mill. Einwohner) des States SÜDAUSTRALIEN ——- bleibt eine Geschmacksfrage. Sicherlich kann sie trumpfen mit ihrem Strand und einer Anzahl historischer Gebäude im Ortsteil PORT ADELAIDE. Doch der freie Blick endet immer wieder am rostigen Industriehafen. Auch die Reihe der Museen, wie z.B. das South Australia Museum oder einige Galerien sind sehenswert. ADELAIDE als Stadt der Parks unterbricht das Häusermeer.

Adelaide
Adelaide

Wir erleben die Stadt aber viel stärker als „Jam City / Stau City“. Egal zu welcher Tageszeit man sich dort fortbewegt, man wird das Gefühl einer ständigen rush hour nicht los. Es geht ausschließlich schrittweise voran, ob nun in der City selbst, auf dem City Ring oder auch noch in den ersten Außenbezirken. Stopp-and-Go-Verkehr hat ja immerhin den Vorteil, dass man während der Fahrt prima Fotos schießen kann. Doch wenn die wahren Fotomotive fehlen, bleibt nur der Stau. Wie gesagt: ADELAIDE – eine reine Geschmackssache. Oder wie drückte es die überregionale Tageszeitung The Australien einmal in ihrem Reiseteil aus: „Man muss nicht den ganzen Kontinent durchqueren, nur um ADELAIDE zu sehen“.

Ein völlig anderes Bild bietet sich nur wenige Kilometer außerhalb der Stadt, in den Adelaide Hills. Nicht nur, dass es wohl das bevorzugte Wohn- und Villengebiet der Adelaider ist, viele markante Aussichtspunkte bieten einen fantastischen Blick auf die Stadt, die Ebene bis hin zum South Ocean. Norton Summit und Mount Lofty Summit stehen stellvertretend für alle anderen auch. Auf den Mt. Lofty führt ein rund 6km langer Wanderweg, der bei den Gully Falls beginnt und sich dann recht steil auf 700m schraubt. Die Gully Falls des River Torrens bestehen aus einer Kette von vier Wasserfällen, an denen der Wanderweg vorbeiführt.

So können wir doch einigermaßen „versöhnt“ weiter durch die weitläufigen Adelaide Hills touren. Denn eigentlich besteht diese Hügelregion aus vielen einzigartigen Weinbergen, durch die der Wine Trail führt.

Während der Fahrt vernehmen wir im Radio (103.1MHz) unerwartet heimatliche Laute. Bei näherem Zuhören entpuppen sie sich als eigene deutschsprachige Sendung. Wieso? Wir befinden uns in der „deutschen Region“.

Hahndorf
Hahndorf

Hierher hat es Mitte des 19. Jahrhunderts rund 60 ehemalige preußische Emigranten verschlagen, die vor religiöser Verfolgung geflohen waren. Zwei deutsche Dörfer pflegen auch heute noch dieses kulturelle Erbe: LOBETHAL, und noch viel intensiver HAHNDORF. Besonders Letzteres hat touristisch kräftig aufgesattelt mit Kaffeehaus, deutschem Sonntag (immer der letzte eines Monats), Ehrenfriedhof für die ersten Aussiedler, Sonnenschirmen auf Caféterrassen (gibt es in australischem Stil so nicht!) und dem unausweichlichen Hofbräuhaus (Brezeln inklusive).

Nun soll es aber wieder australisch werden mit drei Halb- und einer Vollinsel. Davon dann beim nächsten Mal.