On Tour 20-GB SCO „Die Orkney Inseln – Paradies der Kühe, aber nicht nur!“

Orkney Leben
Orkney Leben

Waren auf dem schottischen Festland die Wiesen und Berghänge durch die unzähligen Schafe vielfach weiß gefleckt, entdeckt man diese Flecken auf den Orkney Inseln eher in Schwarz. Und dieses Mal wird die Besprenkelung hervorgerufen durch fast ausnahmslos schwarze Kühe, gefühlt ebenso viele wie es vorher Schafe gab. Es bleibt unübersehbar, die Rinderzucht und folglich auch die Käseproduktion „The Orkney Cheese“ erweisen sich als die wohl am stärksten ausgeprägten Wirtschaftszweige der Orkadier.

Stromness Fußgängerzone in der Hochsaison
Stromness Fußgängerzone in der Hochsaison

In zwei Städten laufen alle Straßen und Fäden zusammen. Die kleine Hafenstadt Stromness stellt die Fährverbindung zum schottischen Festland sicher. In der von meist von grauen Natursteinhäusern gesäumten Fußgängerzone flanieren nur wenige Menschen. Legt allerdings ein Kreuzfahrtschiff im Hafen an, kann es auf den steilen Treppen oder engen Gässchen schnell einmal zum Touristenstau kommen.

Kirkwall-St. Magnus Cathedral
Kirkwall-St. Magnus Cathedral

Kirkwall heißt die Inselhauptstadt. Auch hier durchzieht eine ansprechende Fußgängerzone den Stadtkern. In ihm sind die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu erreichen, die St. Magnus Cathedral, der Earl’s und Bishops Palace oder ein wenig abseits das Orkney Museum.

Nun würde sicherlich kaum ein Tourist aus diesem Grund auf diese Inselgruppe (70 Inseln insgesamt) reisen. Doch der Insel-Tourismus blüht, wächst und gedeiht. Sicherlich liegt es auch daran, dass es auf der Welt relativ wenige Plätze gibt, an denen man vormittags in 6.000 Jahre alte Geschichte eintauchen kann, um dann am Nachmittag Einblicke in zukunftsträchtige erneuerbare Energietechnologien zu gewinnen – so dicht liegen diese unterschiedlichen Welten hier örtlich beieinander.

Orkney bezeichnet sich zum einen als Geburtsstätte der Meeres-Energieindustrie. Besonders Gezeitenkraftwerke wurden hier aus der Taufe gehoben und getestet. Aber auch die Windenergie macht von sich reden, wurde auf dem Costa Hill in den 1950ger Jahren doch das erste Windkraftwerk der Welt in Betrieb genommen. Heute präsentiert man stolz, dass der gesamte Inselenergiebedarf durch erneuerbare Energien gedeckt wird. Ein entsprechendes Dokumentationszentrum mit Ausstellung in der zweitgrößten Inselstadt Stromness gibt tiefergehende Auskünfte.

Skara Brae
Skara Brae

Und auf der anderen Seite der Historie kann der Besucher durch Ausgrabungen Eindrücke in das Leben vor 4.000 bis 2.000 AD oder die Epoche um Christi Geburt oder die „Wikinger Jahrhunderte“ gewinnen. Viele ausgegrabene und liebevoll wieder hergerichtete, ehemalige Siedlungen, Steingräber, Steinkreise oder Standing Stones sowie Wehrdörfer finden sich über alle Inseln verteilt. Beispielhaft seien genannt die weltberühmte neolithische Siedlung Skara Brae aus dem Jahr 4.000AD, die auch nicht viel jüngeren Steingräber wie z.B. „Maeshowe Chaimbered Cairn“ oder „Tomb of the Eagles“ bzw. der „Ring of Bodgar“.

Broch Gurness
Broch Gurness

Fast modern wirken dagegen die freigelegten Wehrdörfer, „Brochs“ genannt, aus der Ära um Christi Geburt, kannten sie doch bereits ein ausgeklügeltes Frisch- und Abwassersystem inklusive Jacuzzi-Pool.

In der jüngsten Geschichte, während des Zweiten aber besonders des Ersten Weltkrieges schrieb die Inselgruppe Geschichte. „Scapa Flow“ lautet der Schlüsselbegriff, ein von Inseln dicht umgebenes Binnenmeer mit schmalen Ausgängen in den Atlantik. In beiden Weltkriegen dienten diese Gewässer als Stützpunkt der britischen Kriegsmarine. Trotz hoher Sicherheitsstandards gelang es im WW II einem deutschen U-Boot in diesem Meer die britischen Zerstörer „HMS Royal Oak“ und „HMS Vanguard“ zu torpedieren.

Scapa Flow-Kaiser's Fleet
Scapa Flow-Kaiser’s Fleet

Viel gravierender zeigt sich das Geschehen im WW I. Die besiegte deutsche Kriegsflotte – „The Kaiser’s Fleet“ – wurde unter britischer Bewachung hierher gleitet und in „Scapa Flow“ quasi interniert. Aus Angst, dass auch sechs Monate nach Kriegsende, der zunächst ja eigentlich nur ein brüchiger Waffenstillstand war, alle deutschen Kriegsschiffe letztendlich in britische Hände fallen könnten, gab der damalige Flottenoberkommandierende den Befehl, „den Stöpsel zu ziehen“. Das bedeutete nicht anderes, als dass die Besatzungen eigenhändig ihre Schiffe auf Grund setzten. Und so versanken in wenigen Stunden 54 der insgesamt 72 Schiffe auf den Meeresgrund.

Italian Chapel
Italian Chapel

Sehr anrührend kommt demgegenüber die Geschichte der „Italian Chapel“ einher, eine Begebenheit noch einmal aus dem WW II. Italienische Kriegsgefangene waren zur Zwangsarbeit (Bau von Meeresbarrieren – The Churchill Barriers) auf die Inselgruppe deportiert worden, ins „Lager 60“. Unter ihnen befand sich auch der Künstler Domenico Chioccetti (1910-1999). Letztendlich erfolgreich beantragte er bei der Lagerleitung die Errichtung einer Kapelle für seine Mitgefangenen. Erst einmal genehmigt, verzauberte er zwei mit einander verbundenen Wellblechhütten in eine faszinierend gestaltete Kapelle. Der Bau einer Kapellenvorderfront in italienischem Stil komplettierte den Bau. Davor stehend, fühlt man sich tatsächlich in italienisches Flair versetzt. Um die Kapelle als „Denkmal für Menschlichkeit mitten im Krieg“ zu erhalten, wurden nunmehr extra Künstler und Restauratoren aus Italien eingeflogen.

 

Tomb of the Eagles P1150114

Doch vergessen wir bei aller Entzückung nicht Orkneys leibliche Spezialitäten. Neben dem Käse geht es nahtlos weiter mit Fischspezialitäten. Wer es besonders schmackhaft mag, dem empfehlen wir „Skerries Bistro“ auf der Insel South Ronaldsay nahe von „Eagle’s Tomb“. Auch die Kehle kommt nicht zu kurz durch die Whisky-Destillery „Highland Park“ oder die „Orkney Brewerie“ mit dem Bockbier „Skull Splitter / Schädelspalter“.

Typische Insellandschaft
Typische Insellandschaft

Die Orkney Inseln, grünlich schimmernde aber fast ausschließlich baumlose Hügel, in sie eingebettet zahlreiche Seen und Hochmoore, oft windige Eilande, wo am Himmel Wolken, Regen und Sonne in ständiger Rivalität liegen, sie hinterlassen bleibenden Eindruck und wecken den Wunsch nach Wiederkehr.