On Tour 24-GB LD „Szenenwechsel“

Schottisch-englische Grenze
Schottisch-englische Grenze

Südwärts bläst uns nunmehr der doch recht frische Nordwind, ins „britische Allgäu“, den „Lake District“. Das erste rötlich schimmernde Ahornlaubwerk lässt den nahenden Herbst erahnen. Das Weinlaub an vielen Häusern glüht bereits flammenrot.

Housesteads Roman Fort am Hadrians Wall
Housesteads Roman Fort am Hadrians Wall

Doch vor den eigentlichen Naturschönheiten dieser dicht gedrängten Seen- und Berglandschaft lädt die ehemalige römische Wehrmauer, der Hadrians Wall zu einem Besuch ein. In Ost-West-Richtung verlief er ziemlich genau dort, wo heute die imaginäre schottisch-englische Grenze das Land durchzieht. Die Römer hatten vor ziemlich genau 2.000 Jahren dieses Bollwerk als nördlichste Grenze des römischen Reiches gegen die „Horden aus dem Norden“ errichtet. Alle 3-4 Meilen hatte man ein Fort für ca. 800 Soldaten errichtet. Die davon heute noch  besterhaltenen Überreste können erwandert und besichtigt werden. Wir haben uns das „Housesteads Roman Fort“ ausgesucht, eine Ausgrabungsstätte erster Güte. Zwischen dem östlichen Tynemouth und dem westlichen Maryport zählten wir rund ein Dutzend solcher Besichtigungsorte.

Carlisle - Castle
Carlisle – Castle

Einen besonderen Akzent setzt hierbei das Castle in Carlisle. Die weitläufige Burganlage diente nicht nur den Römern als herausragender militärischer Stützpunkt sondern auch vielen späteren Generationen von Herrschern.

Ohne diese stattliche Anlage wäre die Stadt Carlisle allein aber auch einen Besuch wert. In seiner wunderschönen, historischen Innenstadt mit der Markthalle direkt an der belebten, malerischen Fußgängerzone bummelt man gern. In kurzer Distanz schließt sich das Kathedralenviertel an.

Carlisle - Kathedrale
Carlisle – Kathedrale
Carlisle - Kathedralenviertel
Carlisle – Kathedralenviertel

Es steht eben nicht  als einzelnes, aus groben Steinquadern errichtetes Bauwerk in einem kräftig grünen Park, sondern das gesamte Areal umfasst gleich mehrere Straßenzüge mit burgähnlichem Eingangstor, Bischofspalast sowie Priesterseminar. Und damit auch niemand vergisst, wo er gerade hindurchschlendert, sind die dortigen Gassen mit „Abbey Street“ oder „Paternoster Row“ beschildert.

Seiner Funktion als „Tor zum Lake District“ kommt Carlisle darüber hinaus offensichtlich gründlich nach. Das Tourismusbüro ist gut sortiert. Viele Nahverkehrsmittel in den Lake District National Park verbinden Stadt und Natur. An allen Ecken wird für umweltfreundlichen Tourismus geworben.

Lake District - Kirkstone Pass
Lake District – Kirkstone Pass

Und schon sind wir mittendrin in diesem Gebiet der Berge und Seen. Dieser National Park liegt in der Grafschaft Cumbria im Nordwesten Englands und erstreckt sich über rund 55km sowohl in Nord-Süd- wie auch in Ost-West-Richtung, sprich knapp 2.200km². Viele seiner über 900m hohen Gipfel ragen in den Cumbrian Mountains empor. Und wie dieser National Park jährlich rund 14 Millionen Touristen verkraftet, mag das Geheimnis der entsprechenden Branche und der Parkverwaltung bleiben. Doch man setzt in bemerkenswerter Weise auf „sanften“ Tourismus.

Besonders bei Wanderern genießt der National Park einen ausgezeichneten Ruf, durchziehen doch fast 3.000km Wanderpfade  das Gebiet. Augenscheinlich, der schier endlosen Wandererkette nach zu urteilen, scheint der „Roman Highway“, der sich u.a. am Lake Ullwater entlang schlängelt, einer der beliebtesten zu sein. Wie der Name es sagt, diente er den Römern als „Schnellweg“, meist oben auf den Bergrücken verlaufend. Nicht ganz so pistengehetzt wirken die heutigen Wanderer.

 

Lake District - Aira Force
Lake District – Aira Force

Eine jedermann gerecht werdende, allumfassende Beschreibung des Lake Districts wird schwer. Deshalb lassen wir des Schreibens Kompetentere zu Wort kommen. Daniel Defoe (Robinson Crusoe) z.B. beschrieb den westlichen Teil als „…die wildeste, kahlste und furchterregendste Gegend, die ich in England oder sogar in Wales durchquert habe; die Westseite, die an Cumberland grenzt, wird wahrhaftig von einer Kette beinahe unpassierbarer Berge begrenzt, die in der Sprache des Landes als Fells bezeichnet werden“.

Lieblicher drückt es der Nationaldichter William Wordsworth in seinem Gedicht „I wandered Lonely as a Cloud“ aus, wenn er von dem „weit leuchtenden Gelb der Narzissen am Ullswater“ spricht.

Unterschiedlicher können Eindrücke wohl kaum dargestellt werden. Aber genau dieser empfundene oder reale Kontrast macht den Reiz der Landschaft aus.

Wir versuchen es einmal weniger poetisch, wie wir diesen Teil Englands empfunden haben: Kurz gesagt, einfach atemberaubend und schön. Vielen anderen oft,  als Premiumlandschaft beschriebenen Region, z.B. den Schweizer Alpen, kann der Lake District Paroli bieten. Wir wollen guten Gewissens behaupten, dass nur wenige Orte nicht nur in England eine solche Kulisse bieten. Allein wenn man an die vielen Dörfer und Städtchen denkt, die sich idyllisch an die Seeufer schmiegen oder wie geduckt in die Täler einfügen. Eng aber gemütlich sind sie, oftmals gepflegten Kurorten gleich wie z.B. Windermere, Hawkshead oder Kendal, manchmal überlaufen, doch stets sehenswert. Also entweder nur tief durchatmen und genießen!

Oder sich auf die zahleichen historischen, kulturellen und touristischen Attraktionen stürzen. Und genau darüber werden wir das nächste Mal schreiben.