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K&K 45– Im Koala Country

Eigentlich ändert sich die Landschaft noch nicht, je weiter nördlich wir an der Ostküste entlang fahren. Native bush meets immer noch The Sea. Die verschiedenen Scenic Drives nennen sich Pacific HWy als schnellste aber auch eintönigste Straßenverbindung.

Water Fall Way
Waterfall Way

Spannender wird es dann auf dem Pacific Drive zwischen dem Highway und der Küste gelegen. Getoppt wird das Ganze durch die Ocean Road in unmittelbarer Küstennähe. Eilige nehmen meist die erste Variante, Reisende mit Zeit die beiden anderen. Denn sie kosten für die gleiche Strecke mindestens das Doppelte oder sogar Dreifache an Fahrzeit, nicht zuletzt wegen der vielen Stopps an den Lookouts. So gelangen wir langsam aber stetig ins von uns so benannte Koala Country.

Erste Anlaufstation hierfür ist der Touristenort PORT MACQUARIE. Quirlig und ziemlich überlaufen bietet der Ort einiges in dieser Hinsicht.

Zunächst finden wir unsere Schlafmützen wieder im Billabon – Koala und Wildlife Park, etwas außerhalb der Stadt. Was auf den ersten Blick nach Zoo klingt und tatsächlich auch einer ist mit Wallabies, Krokodilen, Schneeleoparden, Affen, Wombas, Reptilien aller Art und noch vielen weiteren Tierarten, erweist sich auf den zweiten als Koala Breeding Farm, sprich Aufzuchtstation für die bedrohte Tierart. Einen halben Tag sollte man für den eigentlich gar nicht so riesigen Tierpark gern einplanen.

Als einzigartig in der Welt präsentiert sich das Koala Hospital mitten im innerstädtischen Eukalyptuswald. Es weist alles auf, was eine voll funktionstüchtige Klinik benötigt: Ambulanz, Intensivstation, normale Krankenstation und Rehabilitationseinrichtungen. Die Notfallambulanz ist  rund um die Uhr einsatzbereit, um verletzte oder verwaiste Tiere einzusammeln. In den einzelnen Gehegen können wir die unterschiedlichen Genesungsstufen der Tiere gut nachverfolgen, bis hin zur Reha, die dann meistens schon wieder hoch oben in den Bäumen verschlafen wird.

Ein sehr eindrucksvolles Engagement von Tierschützern.

Wie sehr der Koala wertgeschätzt wird, zeigt sich in einer ganz anderen Facette. Die Stadt und ihre Umgebung sind geschmückt mit Koalaskulpturen. 101 Kunstwerke können auf dem Hello Koalas Sculpture Trail angesteuert werden.

Doch PORT MACQUARIE kann noch mit mehr aufwarten. Die verschiedenen Strände, Halbinseln und Inselchen bieten für jeden etwas, vielfach ausgestattet als Picnic Area mit Gratiszugang zu Gasgrills. Mehrere Kaps mit und ohne Leuchtturm ergänzen den Freizeitwert dieses Küstenstreifens.Koala DSCN7304

Botanischer geht es dann zu im Sea Acres Rainforest Center mit seinem Küstennationalpark. Auf einem hölzernen Board Walk durchwandern wir dichten, einem Urwald ähnlichen Regenwald in seinen verschiedenen Lebensformen. Die Ruhe und Einsamkeit in den frühen Morgenstunden stellt einen wohltuenden Gegenpol zur sonst summenden und brummenden Stadt dar.

NAMBUCCA HEADS, COFFS HARBOUR sowie WOOLGOOLGA heißen die nächsten Stationen unserer Küstentour. Allen gemeinsam sind die Meeresausblicke. Jede weist jedoch auch noch etwas Besonders auf. Die erste erfreut durch ein farbenfrohes, innerstätisches Mosaikkunstwerk. Die letzte beherbergt stolz den größten australischen Sikh-Tempel.

Sikh Tempel
Sikh Tempel

Und COFFS HARBOUR schäumt geradezu über an Attraktionen. Neben einigen wenigen Museen und Galerien richtet sich das Angebot jedoch eher an ein  Fun-orientiertes Publikum. Renner ist dabei der Vergnügungspark The Big Banana.

Gehobenes Vergnügen genießen wir in einem ehemaligen Bunker. „Join us for a good laugh“, lautet das Motto der Bunker CARTOON Gallery. Wer nicht laut loslacht in Australiens einziger Cartoon-Galerie, dem fehlt vielleicht ein wenig der Sinn für Humor. Wir jedenfalls amüsieren uns köstlich (www.bunkercartoongallery.com.au)!

Mit COFFS HARBOUR erreichen wir auch die Klimagrenze zur Subtropik. Als äußeres Zeichen für den Wandel machen wir vermehrt Palmen und besonders Bananenplantagen aus. Kein Wunder, dass nach Midcoast, Holiday Coast dieser Küstenstreifen volkstümlich als  Banana Coast tituliert ist.

Die fortwährende Küstenlandschaft mit Meer, Strand und Felsen lässt nach einiger Zeit Wechselstimmung aufkommen. Somit verlassen wir das Meer, um ins gebirgige Hinterland zu fahren. New England nennt sich die Region westlich von COFFS HARBOUR.  Die ersten englischen Siedler, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts hier anlandeten, haben sofort die Ähnlichkeit zum Heimatland festgestellt und sich auch mit dieser Namensgebung ein Stück neuer Heimat geschaffen. Landschaftlich befahren wir ein großes 900m bis 1.200m hohes Plateau. Im östliche Bereich noch voller Regenwald. Weiter westlich herrscht wieder einmal Regenmangel, was sich an der Braunfärbung der trockenen Wiesen und Weiden zeigt.

New England Plateau
New England Plateau

Touristisch ist die Strecke ausgeschildert als Waterfall Way. Hinter jeder Biegung beginnt ein neuer National Park. Und in jedem dieser Parks schäumt eine Wasserkaskade. In den westlichen Teilen sind die Flüsse allerdings oft ausgetrocknet. Also kein Wasserfall mehr. Wenn man sie alle anfahren oder erwandern möchte, findet man rund 20 Ziele.

Die kleinen Orte am Wegesrand wie BELLINGEN, DORRIGO oder auch ARMIDALE, bereits 200km von der Küste entfernt, geben sich trotz ihrer Abgeschiedenheit quicklebendig. Besonders ARMIDALE erweist sich als historische Fundgrube. Die Fassaden der Main Street erstrahlen oft im Glanz der restaurierten Siedlerzeit. Nicht umsonst wird die halbe Innenstadt vom National Trust betreut. In dieser Universitätsstadt auf 1.000m Höhe ist von subtropischem Klima keine Rede mehr. Bei angenehmen 25°C bis 30°C tagsüber verharren die Nachttemperaturen bei schon fast schockartigen 5°C – 8°C.

Gostwick Chapel
Gostwick Chapel

Tiefer dringen wir ein in die Gebirgslandschaft, die nunmehr bereits wieder zur Great Dividing Range gehört. Eine eigentlich unscheinbare Kapelle gewinnt unsere Aufmerksamkeit. Nahe dem Dorf URALLA, in tiefster Einsamkeit in einem Flusstal gelegen, ruht Gostwick Chapel. Sie gilt als typisch klobig für englische Kapellenarchitektur. Jetzt im Herbst wird sie umrankt von rotem Weinlaub. Wir erreichen sie kurz vor dem Beginn eines Sonntagsgottesdienstes. Mit dem Dutzend Gottesdienstbesucher, dem anglikanischen Pastor und der Organistin an ihrem winzigen Keyboard wirkt das Kirchlein fast schon überfüllt.

The Golden Guitar
The Golden Guitar

Im weiteren Verlauf der Abstechertour pocht bei den Freunden der Country Music das Herz heftiger. In TAMWORTH befindet sich nämlich das National Center dieses Musikstils. Mit Museum / Wachsfigurenkabinett der Erfolgreichsten, Hörbeispielen und natürlich einem CD-Shop mit gigantischer Auswahl findet jeder bestimmt das Richtige.

Unserer Sammlung der großen und kleinen Hauptstädte wollen wir eine weitere hinzufügen: The Koala Capital, mit richtigem Namen GUNNEDAH. Nach den Aufenthaltsorten der Tiere in den verschiedenen städtischen Parkanlagen befragt, erhalten wir im Visitors Center die Auskunft, dass die Hälfte der Koalakolonie wegen langanhaltender Dürre und Wassermangels gestorben sei. Machen wir uns auf die Suche nach der anderen Hälfte. Die Eukalyptusbäume, auf denen sie normalerweise leben, geben in der Tat einen vertrockneten, verdorrten Anblick ab. Die sonst frischen, saftigen Blätter hängen schlaff und halb verwelkt herunter. Somit ist den Tieren offensichtlich ihre Nahrungsgrundlage abhandengekommen. Zu sehen sind jedenfalls, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, keine Koalas in den besagten Bäumen. Der Redlichkeit halber muss hinzugefügt werden, dass außer GUNNEDEAH auch PORT MACQUARIE und PORT STEPHENS den Koala-Hauptstadt-Titel jeweils für sich beanspruchen. Wer am Ende das reputationsträchtige Rennen gewinnt, bleibt im Moment noch ungewiss. Vielleicht machen die Tiere ja selber „eine Abstimmung mit Füßen“.

Somit brechen wir rasch wieder auf zum westlichsten Punkt unserer Gebirgstour, nach NARRABRI. Die Stadt liegt bereits fast wieder im Outback, westlich des großen Gebirgszuges, rund 450km von der Küste entfernt. Das trockene Wüstenklima hat aber auch ihr Gutes. In dieser Region kann Baumwolle angebaut werden. Weiß schimmernde, riesige Felder begleiten uns zwischen BOGGABRI bis zur Stadtgrenze. Diesem Erwerbszweig ist in der Stadt ein eigenes Cotton (Research) Institute gewidmet.

Ein weiterer Nationalpark lädt zum Besuch ein, der Mount Kaputar NP. Seine Besonderheit kann von einem Parkplatz aus, rund 35km nordöstlich der Stadt gelegen, erwandert werden. Eine rund 40m hohe Granitfelsformation ragt senkrecht in den Himmel. Der wissenschaftliche Name lautet Sawn Rocks (gesägte Felsen), der Volksmund nennt sie Organpipes, was ihrem Aussehen eigentlich näher kommt.

Sawn Rocks
Sawn Rocks

Somit ist der äußerste westliche Punkt auf dieser Abstechertour erreicht. Nunmehr richten wir uns wieder strikt nach Osten aus und überqueren ein weiteres Mal die Great Dividing Range, nur eben 150km nördlicher. Bis zur Ostküste verbleiben von hier aus rund 500km fast menschenleerer, verdorrter Landschaft. Am auffälligsten zeigen sich unterwegs einige riesige Rinderfarmen. Ansonsten geht der Blick in die Ferne über die Hochebene hinweg bis zu irgendeiner Bergformation.

Nach rund 180km strahlt uns Wohlstand entgegen. Die Stadt INVERELL plustert sich als The Saphire City auf. Die Geschäfte mit den Edelsteinen scheinen gut zu laufen, zumindest wenn man die Außenfassaden der öffentlichen Gebäude als Maßstab nimmt. Teurer Granit dient als Baumaterial z.B. für das Information Center. Die künstlerisch hervorragend gestalteten Fassaden von Rathaus, Kunstgalerie und Bibliothek sprechen Bände. In der Haupteinkaufsstraße reihen sich die Juweliere aneinander.

Zurück zur Natur heißt es 100km weiter in der Nähe der Kleinstadt TENTERFIELD. Zwei National Parks bieten sich für einen Besuch an, der Bald Rock NP sowie der Boonoo Boonoo NP. Sie liegen nur 20km voneinander entfernt im Norden der Stadt. Jeder Park weist eine Besonderheit auf. Im Bald Rock NP deutet bereits der Name auf den kahlen Felsen hin, der unvermutet 250m hoch aus dem Urwald herausragt. Er wird auch Ayers Rock en miniature genannt wegen seiner identischen Entstehungsgeschichte und als von einen für Aboriginals geheiligten Ort. Aber man darf ihn im Gegensatz zum Ayers Rock erklettern.

Bald Rock
Bald Rock

Anschließend nehmen wir Kurs auf den Boonoo Boonoo NP. Nach 15km Sandpiste geht es auf steilen Pfaden und Board Walks weiter per pedes zur Schlucht der Natursensation, Australiens zweithöchstem Wasserfall. Unterwegs zweigen wir kurz ab zu den Rock Pools. Das sind natürliche Swimming Pools, die von der Witterung in Felsbecken gewaschen wurden. Von hoch oben blicken wir schließlich auf die in mehreren Stufen herabstürzende Gischt des Wasserfalls. Tief unten im Tal setzt er seinen Lauf als kleines Rinnsal fort.

Ein letzter Sprung von 200km und wir sind wieder an der Ostküste angekommen. Hat sich der ungefähr 1.200km lange und rund 5 Tage dauernde  Inlandabstecher nun gelohnt? Das hängt davon ab, was man erwartet. Die „großen Sensationen“ sind unterwegs nicht zu entdecken. Doch die kleinen, oft in keinem Reiseführer erwähnten Besichtigungsperlen haben ihren Wert. Australien ist eben mehr als nur Küste, Strand und Fun. Wer genügend Zeit mitbringen kann, sollte sich diese New England Rundfahrt in jedem Fall gönnen.

Die hügeligen Northern Rivers gilt als „Edelsteinregion für Macadamia Nüsse und Avocados“. Wir besuchen eine dieser Farmen in der Nähe von ALSTONVILLE. Als Besonderheit charakterisiert sich dieses Anwesen als Summerland House Farm – A House with No Steps. Hinter diesem Begriff der Barrierefreiheit verbirgt sich mehr als die bloße Äußerlichkeit. Es handelt sich dabei um einen Betrieb, in dem 95% aller Beschäftigten körperlich oder geistig behindert sind. Hier wird jeder nach seinen Fähigkeiten eingesetzt. Die Bilanz kann sich sehen lassen. Mehr als 1.500 Avocadobäume sowie rund 7.000 Macadamianussbäume heißt es zu versorgen. Der durchschnittliche Ernteertrag liegt  bei rund 100t Avocados und 100t Macadamias per anno. Die ausgedehnte Farmtour veranschaulicht schnell, welch wertvoll integrative aber auch wirtschaftlich produktive Arbeit hier geleistet wird.

Weiter geht es nunmehr die letzten Kilometer in New South Wales an der Ostküste entlang. Die Küstenorte gleichen sich in ihrem Anspruch Surf  Dive  ‘n Ski. Egal, ob sie nun BALLINA, OCEAN SHORES oder BYRON BAY heißen. Der letztgenannte Ort wartet immerhin mit einem auf einer Felskuppe gelegenen strahlend weißen Leuchtturm auf. Zur Nachmittagsstunde erleben wir das Areal jedoch hoffnungslos überlaufen, an einem ganz normalen Werktag, außerhalb jeglicher Schulferien.

Tweed Heads
Tweed Heads

Wie stark dieser nördliche Zipfel von NSW, und später dann im südlichen Queensland, touristisch boomt, zeigt sich besonders deutlich an der Doppelstadt COOLANGATTA / TWEED HEADS. In dem ehemals unbewohnten Landstrich zwischen den beiden Städten wurde eine supermoderne Bebauung hochgezogen. Im wahrsten Sinne des Wortes „hochgezogen“, denn ein Appartementhochhaus reiht sich an das andere. Der Küstenstreifen ist zugebaut. Völlig neue Stadtviertel mit Einkaufs- und Servicezentren sind entstanden. Auffälligerweise entdecken wir keine Leerstände oder Verkaufshinweise.

Als Ausstieg aus NSW und Einstieg in das tropische Queensland besuchen wir abschließend die Tropical Fruit World (www.tropicalfruitworld.com.au), in DURANBAH kurz unter der State Border gelegen. Rund 500 verschiedene tropische Fruchtsorten gilt es zu erkunden auf dem riesigen Areal.

Tropical Fruit Tasting
Tropical Fruit Tasting

Dabei handelt es sich nicht um einen spezialisierten Botanischen Garten, sondern um eine real produzierende Obstplantage. Sie zu Fuß zu erforschen, würde Tage dauern. Für Gäste hat man deshalb ein sehr ansprechendes Besucherprogramm arrangiert. Per Trecker, Miniatureisenbahn und Schiff erschließen wir uns die Schönheit dieser Farm. Natürlich können wir die fruchtigen Exoten während einer extra Vorführung auch ausgiebig testen und genießen. Frisch zubereiteter TropenFrucht-Salat hat schon etwas Besonderes!

Und wie steht es mit den Koalas im Koala Country? Was vielversprechend begann, beschränkte sich zu guter Letzt auf Verkehrsschilder mit dem Hinweis „Koala Crossing“.