K&K09 – Neuseelands Nordkap

Bevor wir den Sprung in die Nordspitze wagen, wollen wir eine Sache noch klarstellen, und zwar mit den Worten Captain Cooks, als er 1750 zum ersten Mal an dieser Küste vorbeisegelte.

Doubtless Bay
Doubtless Bay

„It’s doubtless a bay“, meinte er beim Anblick einer ihm unbekannten Uferregion. Zweifelsohne ist das eine Bucht kurz vor dem Beginn der Nordspitze, eingerahmt von der Kariki Halbinsel und dem Berghan Point. Und so wird sie auch heute noch „Doubtless Bay“ genannt.

Matauri Bay
Matauri Bay

Zunächst aber rollen wir noch etwas südlicher die fantastischen Küstenstraßen an der Matauri Bay, Turanga Bay und danach, eine Halbinsel weiter, an der Taupo Bay entlang. Ein Streckenabschnitt zeigt sich malerischer als der andere, geprägt von Waldgebieten bis an die Felsenabbruchkanten. Links das Grün der Wiesen und Weiden, rechts ein tiefblaues Meer. Zwischendurch immer wieder von Hügeln herab unbeschreibliche Ausblicke auf goldgelbe Strände, scharfkantige Felsenriffe und beeindruckende Steilufer. Gleich danach geht es  in Haarnadelkurven wieder hinab an die Beaches, die meistens mit geräumigem Parkplatz ausgestattet sind. Jetzt im Frühjahr zeigen sich die Strände noch ziemlich menschenleer. Die Kontrolle über das nächtliche Campingverbot greift ebenso noch nicht.

Als Eingangstor für den Trip in die nördliche Nadelspitze, Aupori genannt, fungiert der Ort KAITAIA . Vom Stadtbild her lohnt ein Besuch kaum. Neugierde erweckt jedoch ein Gebäude mit der Aufschrift „Dalmatian Club“. Ein Blick in den Infokasten an der Haustür, ein Gespräch im Infocenter brachte den Ursprung ans Licht. Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunders wanderte eine größere Zahl von Kroaten vor allem aus ökonomischen Gründen nach Übersee aus, unter anderem außer Nordamerika, Südamerika eben auch nach Australien und Neuseeland. Hier oben auf der Nordinsel fanden sie eine neue Heimat.

Ins Auge sticht ebenso die massige Granitfigur eines Footballers am Ende der Commerce Street, schräg gegenüber jenes Dalmatian Clubs. Eben, Football ist halt der Nationalsport der Kiwis.

Nun aber auf gut ausgebauter, schlangenförmiger Teerstraße hinauf zum Cape Reinga, gut 120km von Kaitaia nordwärts.

Cape Reinga
Cape Reinga

Ausgeschildert wird es hin und wieder als „Nordkap“. Dabei liegt die Spitze des östlicheren wirklichen „North Capes“ noch 4km nördlicher. Es kann jedoch nur zu Fuß erreicht werden, was weniger touristenträchtig einherkommt.

Cape Reinga selbst bietet eine einzigartige Erfahrung, optisch wie spirituell. Der strahlend weiße Leuchtturm auf der Kapspitze soll immerhin 43Seemeilen auf den Pazifik hinaus strahlen. An dem entsprechenden Wegweiser erfahren wir, dass London 18.000km entfernt liegt, der Südpol 6.000km und der Äquator nur 3.800km. Oder ist es vielleicht bereits das Tasmanische Meer, welches wir von unserem Beobachtungsplatz aus erblicken? Hier an diesem Kap treffen sich nämlich die beiden Ozeangiganten. Bei genauem Betrachten kann man sogar Zeuge des Zusammenpralls der Meeresströmungen werden.

90 Mile Beach
90 Mile Beach

So sehenswert und anziehend dieses Fleckchen Erde einherkommt,  es bleibt ein ruhiger, keineswegs überlaufener Ort, jetzt im neuseeländischen Frühling. Auf dem großen, gebührenfreien Parkplatz – ein herrlicher Übernachtungsplatz für Campingplätze meidende  Wohnmobilisten – blieben wir so gut wie allein. Erobern kann man sich das Naturschutzgebiet natürlich nur zu Fuß. Gut ausgebaute Wanderwege mit Wegweisern erleichtern die Zielfindung. Ein Gefühl unendlicher Weite kommt auf, sobald man das Torhaus durchschritten hat und der Blick sich am Meereshorizont verliert. Über hohe Eintrittspreise brauchen wir kein weiteres Wort zu verlieren. Das unübertreffliche Naturspektakel ist „just for free“.

Spirituell bedeutet das Kap, speziell der „Absprungplatz“ (The Leaping Place) für die Maoris eine heilige Stätte, von dem aus die Seelen der Verstorbenen sich auf die unendliche Reise in die „Heimstätte ihrer Vorfahren“ machen. Laut Maori Religion sollen sich in dem Berg des Kaps selbst zwei Quellen befinden. Die eine wird „Te Waiora a Tane“ genannt und bedeutet „die lebenden Wasser des Deltas des Flusses Tane“. Sie symbolisieren die spirituelle Reinigung der Verstorbenen. Dieses Wasser wird für Bestattungszeremonien verwendet. Die andere Quelle heißt „Te Wai Whero o Rata“. Der Glaube besagt, dass, wenn Verstorbene von diesem Quellwasser trinken, setzen sie den Weg in die Reich der Seelen fort. Wenn nicht, kehren sie zurück in die Welt der Lebenden.

90 Mile Beach
90 Mile Beach

Erheblich touristischer geht es zu auf dem weltberühmten „Ninety Mile Beach“. Diese Strand-Dünenwelt erstreckt sich zwar „nur“ auf 56 Meilen (88km). Doch der Begriff ist Programm. Geländewagen und Spezialbusse brausen und knattern auf ihm auf und ab. Tagestouren per Bus gibt es zu moderaten Preisen (50NZD). Der ökologische Preis wird damit bestimmt nicht abgegolten. Die rund 100m hohe Te Paki Sand Dunes am Te Paki Stream gilt es per Slide Boards hinabzugleiten. Jeder Schafzüchter der Gegend verleiht diese gegen ein geringes Entgeld. Teurer wird es für das Mieten von weniger umweltfreundlichen Quads. Alles steht unter der Übeschrift: „Want Adventure? Have Fun!“.Te Pake Sand Dunes DSCN1557

Richtig bieder geriert sich demgegenüber im „Gumdiggers Park“ zu. Ein untergegangener Kauriwald (Buried Forest) war Arbeits- und Lebensgrundlage der Gumdigger, sprich derjenigen, die das „Harz“ der Kauribäume auffingen. Die daraus entstandenen Schmuckstücke ähneln unserem Bernstein.

Dieser nördliche Ausläufer Neuseelands liegt in einer subtropischen Klimazone, ähnlich wie Florida. Beide Regionen sind mit Palmen bewachsen, in Florida fast ausschließlich, hier in Neuseeland eher verhalten in grünen Mischwäldern. Und die Temperaturen erst einmal! DSCN1547In Florida genossen wir im Spätwinter-Frühfrühling satte 30°C und mehr. Hier bleibt das Thermometer selbst in der prallen Sonne gern bei 20°C stehen. Nachts haben wir uns mit einstelligen Gradzahlen zu begnügen. Subtropik ist eben nicht gleich Subtropik.