K&K16 – Entführt

Wir lassen uns noch einmal entführen in die südliche Vulkanregion Neuseelands, in das Gebiet des Lake Taupo mit der gleichnamigen Stadt. Also geht es von der rauen Westküste zurück in mildere Inselzentrum.

Lake Taupo
Lake Taupo

Mit seinen 616km² ist er der größte See Neuseelands, manche sagen auch der schönste. Dem Touristenaufkommen nach zu urteilen könnte dieses Urteil stimmen. Auch dieser See verdankt seine Geburt einem verheerenden Ausbruch des „Taupo Vulkans“ vor rund 26.000 Jahren. Nach dem Kollaps der Magmakammer bildete sich eine ca. 140km² umfassende Caldera mit einer Absenkung von 500m. Sichtbarste Überbleibsel der Katastrophe sind die heutigen „Craters of the Moon“ sowie der rauchende, heftig nach Schwefel stinkende Thermalpark „ORAKEI KORAKO“, zu dem wir wegen seiner Einzigartigkeit noch einmal zurückkehren.

Ursuppe der Erde
Ursuppe der Erde

An dieser erdgeschichtlichen Schnittstelle kommt man sich vor wie in der Ära der Erdentstehung. Aus dichtem Urwald, geprägt von den bis zu 10m hohen Schwarzbaumfarnen, dampft und qualmt es ununterbrochen. Mehrere kleine Geysire sprudeln brodelnd und zischend ihr kochend heißes Wasser an die Oberfläche. Buntfarbene Felsterrassen überdecken einzelne Waldlichtungen. Die blubbernden Moddertümpel orchestrieren diese lebendige Höllenwelt. Erkunden kann der Besucher diese Geotherme auf einem 90-minütigen Rundweg, meist auf hölzernen Bohlenwegen. Dieser Besuch bietet hoch interessanten Anschauungsunterricht über die Entstehung unserer Welt.

Natürlich bleibt auch hier ein Maori Bezug nicht aus: Das kristallklare Wasser der in den Park integrierten RUATAPU Höhle soll in früheren Zeiten den Maori Frauen als Spiegel gedient haben. Warum nicht! Warmes Wasser gibt es ja gleich nebenan.

Maori Steinkunst
Maori Steinkunst

Heute noch realistisch zu betrachten sind die weltbekannten „Maori Felsskulpturen“. Sie sind per Schiff auf dem Lake Taupo, Acacia Bay zu erreichen. Ein majestätisches Häuptlingsporträt in einer Halbhöhle überragt die vielen Nebenbildnisse wie Echsen und menschliche Masken. Man kann unter mehreren Angeboten für eine entsprechende Schifffahrt (je nach Gusto ein bis drei Stunden Länge) aussuchen. Alle Boote legen in dem kleinen Hafen der reizenden Stadt Taupo ab. Und in nicht allzu weiter Ferne glitzert der die Region überragende mit Schnee bedeckte Gipfel des MOUNT RUAPEHU (2287m) in der Nachmittagssonne.

Ach ja, wir sind ein weiteres Mal in einer „Hauptstadt“, nämlich der der Veranstaltungen: Taupo – The Events Capital of New Zealand.

Wie gesagt, Taupo, Stadt wie See, wirken touristisch wie Magneten. Hierzu tragen auch die „HUKA FALLS“ ganz in Stadtnähe bei. Sie imponieren nicht so sehr wegen ihrer Höhe (nur 25m), denn aufgrund ihres Wasserdurchflusses durch die ca. 10m breite Felsschlucht: rund 140.000 l / sek.

Mehr ver- als entführen lassen wir uns gern an den süßesten Flecken Taupos: den „Huka Honey Hive“, frei übersetzt: „Honigland“ an den Huka Falls. Vor dem Genuss kommt die Arbeit: Wir schauen den verschiedenen Bienenstöcken bei ihren Aktivitäten zu. Die spätere Auswahl `San Kostproben der unterschiedlichen Honigsorten und Eiscremes kann sich sehen lassen.

Wir durchqueren weiter das Zentrum der Nordinsel Richtung Südosten Richtung HAWKE`S BAY. Auf dem Thermal HWy überqueren wir u.a. die Kaweka Range, wobei der Highway (SH 5) sich auf rund 700m Höhe um die verschiedenen Gipfel schlängelt. Im Winter gilt diese Gegend Neuseeland als Skiregion. Viele Parkplätze sind gekennzeichnet als Befestigungs- oder Abmontierstellen von Schneeketten. Aber der Reisende findet so gut wie keine touristische Infrastruktur. Das Hinweisschild „Nächste Tankstelle in 130km“ spricht Bände. Geprägt wird das Bild dieses Hochplateaus von starker Holzwirtschaft, hier frisch geschlagene, kahle Baumhänge, dort große Flächen der Wiederaufforstung, Autoverkehr bestimmt von Holztransportlastwagen.

Napier Art Déco
Napier Art Déco

Nach einer gefühlten Ewigkeit geht es dann wieder hinab in die fruchtbare Ebene des Pazifik, zur Stadt Napier an der Hawke`s Bay. Wein-, Obst- und Gemüseanbau sind die Charakteristika der Landwirtschaft. Ein extra „Wine Trail“ führt von Weingut zu Weingut, Kostproben inbegriffen.

Mit den „Hauptstädten“ nimmt es auf Neuseelands Nordinsel schier kein Ende. Eine weitere sendet ihre Botschaften aus: NAPIER – THE ART DECO CAPITAL.

Nach der Erdbebenkatastrophe von 1931, während derer fast die gesamte Stadt zerstört wurde, ergriff man für den Wiederaufbau die Gelegenheit bei diesem künstlerischen Schopf. Fortan dominieren in der Architektur der Innenstadt „eine gestalterische Verbindung von Eleganz der Form, Kostbarkeit der Materialien, Stärke der Farben und Sinnlichkeit der Thematik“. Kurz gesagt: Schön bunt kommen die Straßenzüge daher.

Vertrauter und handfester präsentieren sich hingegen die zwei Kilometer lange Uferpromenade „Marine Parade“ mit den „versunkenen Gärten“, der Aussichtsberg „Bluff Hill“ mit Park und Überblick über die Bay und die Gruppen von –oft deutschen- jugendlichen Backpackers, die auf dem „freedom camping parking“ am Meeresufer in ihren Autos und Kleinbussen übernachten.

Der Hinweis „National Aquarium New Zealand“ entführt uns in die Unterwasserwelt von Süß-, Salz- und SonstWieWasserLebenwesen. Frisch eröffnet bietet es eine große Bandbreite an Aquarien und Außenbecken mit Pinguinen, Alligatoren, einer Riesenkrake und vielerlei Schildkrötenarten. Auf das Herzstück des Aquariums ist man besonders stolz: Auf einem Laufband gleiten wir gemächlich durch den „Ocean Tunnel“. Links, rechts und über uns schwimmen Rochen, Haie und auch mal Snapper; alle beobachtbar durch die rieseigen, rahmenlosen Acrylfenster. Was allerdings das Kiwi-Pärchen in einer nachgestellten nächtlichen Waldszene dort zu suchen haben, bleibt wohl ein Geheimnis der Organisatoren.

Nun endlich berichten wir von einer wirklichen Entführung.

Cape Kidnappers
Cape Kidnappers

20km südöstlich der Stadt ragt das Cape Kidnappers in den Pazifik hinein. Den Namen erhielt diese Felsformation aufgrund einer wirklichen Entführung. Als nämlich 1769 Captain Cook dieses Cap umsegelte, griffen Maori Stämme seine Schiffe an und kidnappten einen seiner Schiffsjungen. Die Maoris wurden schließlich besiegt; dem Matrosen war es während der Kämpfe gelungen zu fliehen. Das Kap allerdings trägt den Namen deshalb bis heute.

Basstölpelkolonie auf dem Cape Kidnappers
Basstölpelkolonie auf dem Cape Kidnappers

Wer die Hawke’s Bay bereist, an dessen Südende dieses Kap liegt, sollte sich unbedingt dorthin begeben. Nicht wegen der Historie, sondern wegen der vier Basstölpel-Kolonien. Für Wanderer bedeutet der Besuch der Vogelfelsen je nach Laune zwischen 5km und 15km Walk Way;  ein „Adventure Unternehmen“ bietet eine Fahrt mit Geländewagen an (120NZD pP). DSCN3372Am urigsten verläuft die „Treckerfahrt“ – vier Stunden Vogelexkursion für wenig Geld – www.gannets.com. Die Fahrt kann nur bei beginnender Ebbe angeboten werden. Eine Stunde lang tuckert der Traktor mit Anhänger durch das Watt, immer entlang der gut 130m hohen Steilküste. Wo sich das Meer noch nicht genügend zurückgezogen hat, bekommt man auch schon mal nasse Füße. Manches Treibgut oder Felsbrocken liegen auch nicht immer spurfreundlich im Sand. Die Fahrt endet an dem Vogelschutzgebiet. Dann heißt es gut 30 Minuten klettern, um auf den Felsen des Kaps zu gelangen. Dort oben, auf dem blanken Felsboden nisten dann Hunderte dieser Vögel und lassen sich vom Menschen überhaupt nicht stören. Es ist Brutzeit. Sie hockt auf dem Ei. Manchmal sind es auch zwei. Er schafft Algen und andere Meerespflanzen als Nistmaterial sowie Futter heran.

Küsschen-Küsschen
Küsschen-Küsschen

Mit einem zärtlichen Schnäbeln bedankt sich die Gattin, welche lebenslang bei ihrem Partner bleibt. Geschlafen wird dann allerdings wieder getrennt. Wer nicht gerade brütet oder den Nachwuchs bewacht, schläft aus Sicherheitsgründen auf dem Meer. Den Höllenlärm in der Kolonie können wir hier nur benennen. Uns klingt er noch in den Ohren.

Nach 90 Minuten Vogelbeobachtung ruft die Rückfahrt, zum einen wegen der Tide, zum anderen wegen der einsetzenden Dunkelheit. Auf dem Rückweg gibt es noch einen kurzen Stopp an der vierten der Baßtölpelkolonien. Hier sitzen die Vögel hoch oben auf Felsen, entweder am und im Cliff oder auf vorgelagerten Einzelfelsbrocken. Bei Einbruch der Dunkelheit mit durch die fast lückenlose Wolkendecke erreichen wir schließlich wieder das „rettende Ufer“. Wie gesagt: Einfach toll, darf man nicht auslassen.

So sehen Sieger aus!

So sehen Sieger aus
So sehen Sieger aus

Steven, Leiter des einzigen und offiziellen NATIONALEN RUGBY MUSEUMS in Palmerston Nord strahlt vor Glück und Stolz, als er uns, noch gezeichnet von den Weltmeisterschaftsspielen in London 2015 und dem Jetlag, Geschichte und Erfolgsstory des  am meisten verbreiteten neuseeländischen Volkssports erklärt. Angeschwommen vom Mutterland England her kam die Sportart mit Goldrush in den 1870ger Jahren, besonders in der Provinz Otago auf der Südinsel. Da während dieser Periode jährlich rund 40.000 neue Einwanderer Neuseeland betraten, breitete sich das Rugbyfieber immer stärker aus. Der Stellenwert dieser Sportart zeigte sich unter anderem darin, dass, sobald eine neue Siedlung entstand, wurde zuerst die Kirche, dann die Schule und drittens ein Rugbyfeld erbaut. Viele Maori Stämme machten sich dieses kampfbetonte Spiel ebenfalls schnell zu eigen. Steven betonte daher auch den verbindenden Charakter einer identischen Sportart. Diese Wichtigkeit von Rugby scheint bis heute ungebrochen, legt man die unzähligen Presseartikel hierüber zugrunde. Suum Cuique – Panem et Circenses!

Die Weltmeister touren nach dem großen Erfolg nunmehr durch verschiedene Städte Neuseelands. In jeder wird eine Siegesparade zelebriert mit dem Abschluss in der Hauptstadt Wellington und Staatsempfang. Angesprochen auf den parallelen Besuch von Prinz Charles und seiner Frau Camilla, also immerhin von einem der höchsten Vertreter der britischen Krone und eventuellen Konkurrenzschwierigkeiten, meinte er kurz und trocken: In der Bevölkerung wird der königliche Staatsbesuch nur als „Prince Who?“ betitelt.

„It’s a castle“, rief James Cook aus, als er 1769 entlang der Ostküste südlich von Napier segelte.

Castlepoint
Castlepoint

Er glaubte eines der zahlreichen, küstennahen Wehrdörfer, auch „PA“ genannt im Morgennebel entdeckt zu haben. Natürlich schaltete er nach der Erfahrungen am Cape Kidnappers gleich wieder auf höchsten Alarmmodus. Doch was zunächst wie eine Festung erschien, entpuppte sich bei klarer Sicht als ein Naturspektakel: Hohe Felsformationen ragten wie Burgmauern aus dem Meer und umschlossen lediglich eine kleinere Binnenbucht mit einem Burgtor ähnlichen Zugang. Der von Cook gegebene Name für dieses schroffe Sturm umtoste Felsenriff „CASTLEPOINT“ hat auch heute noch Gültigkeit.

Zu guter Letzt fühlen wir uns nach Europa entführt. Fast zumindest. Denn rund 150km vor der Südspitze der Nordinsel, nahe der kleinen  Stadt Carterton ,prangt ein Wegweiser mit der elektrisierenden Aufschrift : STONEHENGE / AOTEAROA.

Stonehenge-Aotearoa
Stonehenge-Aotearoa

Verwundert reibt man sich die Augen. Wurden hier auch so steinalte Funde freigelegt wie in England? Mitnichten! Wer sich in die Welt von „Neuseelands Steinkreis“ entführen lassen möchte, hier der entsprechende link: www.stonehenge-aotearoa.co.nz

Ein Besuch gibt Aufschluss: Obwohl der historischen Stätte in Salisbury ähnlich in Ausmaß und Erscheinung, handelt es sich bei dem neuseeländischen Stonehenge nicht um eine bloße Nachahmung. Erbaut wurde es von „The Phoenix Astronomy Society“. Es soll identische Funktionen wie das englische Stonehenge haben, aber auf neuseeländische Gegebenheiten angepasst: Mythen, Religion, Wetterkunde per Sternbilder. Natürlich treffen sich auch hier die „weltumspannenden Jünger dieser Wissenschaften“ regelmäßig und diskutieren insbesondere über „Das Alte Ägypten“, „Babylonien“ oder die „Astronomie des Hindustals“, oder lassen sich entführen in die „Polynesische Navigationskunst“ sowie „Keltische und Maorische Mystische Sternenkunde / starlore“.