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K&K 69 – Schneeweisse Perlen aus dem tiefblauen Meer

Noch 230km sind es von Derby, unserer vorigen Station am nördlichen King Sound, dann empfängt uns das tiefe Blau des Indischen Ozeans an Australiens Westküste.

Indischer Ozean bei Broome
Indischer Ozean bei Broome

Wie ein  einsamer Juwel in einer sonst endlosen Einsamkeit öffnet sich die Stadt Broome (15.000 Einwohner) dem Ankommenden. In der hochsaisonalen Trockenzeit, also während des gerade herrschenden Winters, können noch einmal gut 20.000 Touristen hinzu gerechnet werden, argumentiert das städtische Tourismusmanagement. Von jeder Landeshauptstadt mindestens 2.000km entfernt, egal ob Perth, Darwin oder gar Brisbane, führt Broome ein munteres, quirliges Eigenleben. Auf den ersten Blick wirkt der Ort supermodern, der zweite legt einige historische Nischen frei wie z.B. im Museumsviertel mit dem entsprechenden Regionalmuseum.

Hier kommen wir ein erstes Mal mit dem die Stadt prägenden und beherrschenden Thema in Berührung: Broome, die Welthauptstadt der Perlen. Daneben gehen andere Themen, wie WW II oder regionale Entdecker so gut wie unter. Kein Wunder, wenn Broome rund 60% des gesamten Perlenmarktes der Welt abdeckt.

In der Innenstadt reiht sich ein Juwelier an den anderen. City und die moderne Chinatown bilden so gut wie eine Einheit. Denn die Chinesen waren (und sind) hinsichtlich des Schmuckhandels führend. Asiaten und Japaner belieferten ergänzend den Markt mit Perlentauchern. Dazu müssen die gekidnappten Aborigines addiert werden, für die Perlentauchen quasi Zwangsarbeit wurde (vgl. dazu auch vorheriges Kapitel). Wie stark die Japaner und Chinesen präsent waren, zeigt sich allein an den entsprechenden, für jede Ethnie eigens angelegten Friedhöfen.

Dinofuß
Dinofuß

Neben dem bereits erwähnten Museum lässt sich zusätzlich viel über die historische und moderne Perlenindustrie  an zwei Orten erfahren. In der Innenstadt an der Dampier Terrace gelegen besuchen wir die „Pearls Luggers Tour“. Die sehr informative Veranstaltung rückt die Perlentauchboote und das frühere (Ende 19. Jahrhundert) Leben der Perlentaucher im angeschlossenen Museum in den Mittelpunkt. Es muss hart gewesen sein, dieses Dasein. Die engen Boote, auf den bis zu 10 Mann Besatzung oftmals mehrere Wochen ununterbrochen gemeinsam ausharren mussten, vom Kapitän über den Perlenmeister und die Taucher bis zu den Hilfskräften. Oftmals dauerte die tägliche Arbeit im Wasser bis zu 10 Stunden. Bei den Nussschalen auf hoher See waren Unglücke vorprogrammiert. Die Liste der Havarien ist lang.

Der heutigen Perlenzucht widmet sich dann eine Tour zu einer aktiven Perlenfarm. Rund 15km von Broome entfernt arbeitet die Willie Creek Pearl Farm, die einen abwechslungsreichen Besuch anbietet. Einzelne Themenstationen geben Auskunft über das Einpflanzen einer Perlenkultur in die Auster, den Reifeprozess und nach zwei bis fünf Jahren den Erntevorgang. Es bleibt nicht bei trockener Demonstration. Anschließend geht es per Boot in die eigentlichen Zuchtgewässer, den Willie Creek. Er nennt sich zwar „Bach“, ist aber eigentlich eine Bucht im salzigen Indischen Ozean. Nach vier Stunden können die Endprodukte bestaunt und gekauft werden.

Streeter's Jetty
Streeter’s Jetty

Kehren wir zurück in Broomes City. Außer den beiden wundervollen Stränden, der Cable Beach und der Town Beach prägt ein breiter, dichter Mangrovenwald das Stadtbild in Citynähe. Die alte, hölzerne „Streeter’s Jetty“ ist, wenn auch stark verkürzt, noch betretbar. Neben Bootsanlegestelle diente sie im Übergang 19./20. Jahrhundert als Handelsort für die auf dem Meeresgrund gesammelten Muscheln mit Perlen. Man würde Broomes Stellenwert sicherlich überhöhen, wenn man nur dort das Geschäft mit den Perlen ansiedelte. An Australiens gesamter Nordwestspitze, insbesondere der Dampier Halbinsel, wird Perlenzucht betrieben.

In direkter Nachbarschaft zur Perlenfarm mit ihren Kostbarkeiten betreibt der Bundesstaat Westaustralien ein regionales Gefängnis. Übertriebene Angst vor Ausbruchsversuchen und Überfällen haben aber weder der Staat noch die Perlenfarm. Einerseits ist die Marschlandschaft durch den hohen Tidenunterschied öfter unter Wasser. Das wiederum lockt Krokodile an und reduziert somit die Zahl der Wachmannschaften und eventuellen Überfälle. Praktisch gedacht, kann man da nur sagen.

Als Kuriosum empfinden wir gleichfalls, dass von den weitverstreuten Stadtvierteln Broomes keines mehr als 15 Minuten vom betriebsamen Flughafen entfernt liegt, inclusive City Center. Denn das eigentliche geographische Zentrum der Stadt bildet der Airport mit allen Vorzügen und Nachteilen, die eine solche stadtzentrierte Lage mit sich bringen. Besichtigungen und Shopping mit Sicht auf ausgefahrene Triebwerke.

Himmelsleiter zum Mond
Himmelsleiter zum Mond

Entfernen wir uns von der städtischen Geschäftigkeit. Broome bietet mehr, sowohl an Natur- wie auch an Tierbeobachtungserlebnissen. Von der erwähnten Town Beach aus gibt es bei Vollmond, Vollebbe und voll sternenklarem Himmel ein Naturschauspiel der besonderen Art zu beobachten, die „Staircase to the Moon / Mondhimmelsleiter“. Jährlich acht Mal für jeweils drei Mondaufgänge kann dieses Schauspiel erlebt werden. Wir sind glückliche Gewinner der Datumslotterie. Alle drei Komponenten treffen während unseres Broome Aufenthaltes zusammen. Von der stark bevölkerten Town Beach aus können wir das Schauspiel an zwei Tagen beobachten. Der tief orangen schimmernde Vollmond hebt sich allmählich über den Horizont. Dadurch wir das vor ihm liegende Watt mit seinen Wasserpfützen immer stärker beleuchtet. Und in der Tat, nachdem der Mond vollständig über den Horizont geklettert ist, aber noch dicht auf Horizontlinie verharrt, bildet sich für den Betrachter die beschienene Fläche wie eine schmale, erleuchtete Leiter ab. Das ganze Naturschauspiel dauert rund 15 Minuten. Danach steht der Mond zu hoch und das zusammenhängende Leitergefühl geht verloren. Die Schar der Beobachter zerstreut sich. Das Klicken der Verschlüsse der Fotoapparate verstummt allmählich. Der Wirt des Strandcafés schaut zufrieden drein. Seine Extra „Staircase“-Speisekarte hat offensichtlich reichlich Zuspruch gefunden. Und so geht es dann drei Tage lang.

Napier Range
Napier Range

Wer steinerne Felsnatur erleben möchte, findet diese am Südende der Cable Beach, am Gantheaume Point mit altem Leuchtfeuer. Schroff und bizarr ragen die Felsen ins Meer hinaus. Manche kleinere Höhle hat sich im Sandstein gebildet. Drei Rock Pools, bei starkem Wellengang mit einer Wirklung wie Blowholes, schmücken die unmittelbare Felskante.

Hier draußen erfolgt dann auch der Übergang zur Broomschen Tierwelt. Fußabtritte von Dinosauerien besichtigen wir an einer Felsspitze. An dieser Stelle sind sie noch imitiert.  Die Originale werden bei Ebbe weit draußen auf einem Felsplateau freigelegt. Mit Hovercraftschiffen kann man dorthin gelangen. Ein Einzelabdruck wird im o.g. Broome Museum ausgestellt.Crocs DSCN7989

Krokodile als Gefangenenwärter wurden bereits erwähnt. Alles, was man über Krokodile wissen muss, erfährt man im Malcolm Douglas Crocodile Park (13km außerhalb). Rund 3.000 Crocs leben auf dieser Farm, die riesigen Salties, die kleineren Freshies sowie amerikanische Alligatoren. Höhepunkt des Parkbesuches ist natürlich die Fütterung der Reptilien, besonders der immensen Salzwasserkrokodile (salties). Untereinander kennen diese Reptilien kein Pardon. Was eben noch friedlich nebeneinander zu schlummern schien, entpuppt sich unversehens in einem heftigen Kampf. Revierkämpfe und selbst Kannibalismus stehen auf deren täglichem (Über-)Lebensprogramm.

Gefahr im Verzug
Gefahr im Verzug

Mit Broome endet größtenteils auch die Krokodilregion. Doch eine andere wunderbare, nicht weniger gigantische Tierart nimmt ihren Platz ein: Wale. In und ab Broome haben wir die Möglichkeit für Whale Watching per Boot. Eine dreistündige Bootstour (mit und ohne sunset) garantiert Walsichtungen, sonst wird der Fahrpreis rückerstattet. Uns sind die Wale lieber. Wir werden nicht enttäuscht. Riesige Buckelwale tauchen vor unseren Augen auf und ab, schlagen mit den Flossen. Manchmal steigen die Meeresgiganten senkrecht in die Höhe. Das typische eintauchen der Walflosse fehlt dabei auch nicht. Schlicht und ergreifend, ein tolles Erlebnis!

Whale Watching
Whale Watching

Wir kehren noch einmal ein wenig zurück in die Kimberleywildnis. Mit „Kimberley Wild“ (www.kimberleywild.com.au ) wollen wir in einem Tagesausflug zwei der Hauptattraktionen der Kimberleyrgion besuchen: den Tunnel Creek National Park und den Windjana Gorge National Park. Es wird ein ausgesprochen langer Tag werden. Um 6.30Uhr starten wir, gegen 22.30Uhr treffen wir wieder in Broome ein. Zwischendurch liegen rund 900km gefahrene Kilometer, davon gut 400km auf dirt road, also sandigen Waschbrettpisten. Nicht umsonst wird die Strecke auch „The Kimberley Massage“ genannt. Doch die beiden Nationalparks, die angelaufen werden, sind die Mühe und das Geld wert.

Im „Tunnel Creek“ holen wir uns heftig nasse Füße. Das ist auch nicht vermeidbar, wenn wir durch die 750m lange Tunnelröhre wandern. Ausgestattet mit guten Taschenlampen stolpern wir im Dunklen über Felsengebilde und durch den teilweise tiefen Wasserlauf. Dadurch unterqueren wir die Napier Range, eine felsig steile, rund 400m hohe Gebirgskette. Am anderen Ende des Tunnels lockt dann ein seeartiger, krokodilfreier Rock Pool zum Schwimmen. Der Rückweg führt anschließend wieder nur durch den Tunnel. – Verschnaufpause!

Tunnel Creek
Tunnel Creek

50km weiter erfolgt eine zweite Wanderung, dieses Mal in einen Gorge hinein,  den Windjana Gorge. Auch er durchschneidet die erwähnte Range. Die gesamte Gorge Rundwanderung verläuft jedoch auf 7,5km. Der schönste Teil liegt glücklicherweise auf den ersten zwei Kilometern, wenn wir uns durch die engen Felsspalten zwängen. Dieser Eingang erscheint wie das Tor zum Paradies. Einmal eingetreten umfängt uns zunächst eine himmlische Ruhe. Bis uns die Heerschar an weißen Kakadus entdeckt hat und mit ohrenbetörendem Lärm auffliegt. Dieses Geschrei stört die im Fluss treibenden Süßwasserkrokodile (freshies) überhaupt nicht. Rund 20 Tiere können wir erblicken. Mehr als 100 Exemplare sollen im gesamten Gorge Gewässer leben, erklärt uns der Ranger.

Freshy
Freshy

Allmählich wird es Zeit für die 350km Rückfahrt. Die Abendsonne lässt das Kimberley Outback noch einmal glutrot entflammen. So findet ein erlebnisreicher Tag schließlich sein Ende.

Windjana Gorge
Windjana Gorge

Der Indische Ozean ist erreicht, die Ost-West-Durchquerung des Kontinents mit der Stadt Broome abgeschlossen. Somit heißt es nun unweigerlich, den Südkurs einschlagen.

K&K 68 – Im Westen manch Neues

Zunächst wollen wir berichten über ein Phänomen, welches an der State Border nicht neu ist: Die Obst-, Gemüse- und Honigkontrolle. Diese Quarantänemaßnahme kennen wir bereits vom südlichen Grenzübertritt nach Westaustralien her. Alles wie gehabt mit Checkpoint, Befragung und Fahrzeugkontrolle nichts Neues. Wer mehr darüber erfahren möchte, lese noch einmal unseren Blog über die Nullarbor Plain (K&K 41 – Auf der Nullarbor-Piste). Hier ist der Vorgang detaillierter beschrieben.

Ord River
Ord River

Aber doch – etwas ist wohltuend neu. Nicht an der Grenze selbst aber im letzten Ort vor der State Border, in Timber Creek, Northern Territory. Der dortige Tour-Anbieter, mit dem wir die Sunset Cruise auf dem Victoria River erleben durften, handelt gegen eventuelles, sinnloses Wegwerfen von Lebensmitteln. In seinem Geschäft „Croc Shop“ hat er eine Kiste aufgestellt und mit dem Hinweis versehen: „Liebe Reisende nach Westaustralien! Wenn Sie noch Obst, Gemüse oder Honig haben, legen sie es doch einfach in unsere Box. An der Grenze wird es Ihnen abgenommen und vernichtet. Wir spenden es im Gegensatz dazu unserem örtlichen Altenheim und der Grundschule“. Eine segensreiche Idee, finden wir.  

Segensreich ist sicherlich auch die Idee der westaustralischen National Park Behörde, für die hauptsächlichen Highways eine Broschüre herauszugeben, in der exakt vermerkt ist, wo sich am Wegesrand 24-Stunden-Park/Übernachtungsplätze befinden. Meist sind diese Parkplätze in der Nähe vom Highway im Hinterland angelegt. Ausgestattet oft mit Toilette, hin und wieder einer Entsorgungsstation, aber immer mit  Platz für mindestens 30 Wohnmobile / Gespanne. Dieses Heftchen ist kostenlos in den Visitor Informtion Centers erhältlich, oder man bemüht die Webseite www.mainroads.wa.gov.au . Es lebe das Freedom Camping in netter Gesellschaft von Gleichgesinnten.    

Mit Grenzübertritt müssen wir noch einmal die Zeit umstellen. Westaustralische Zeitzone bedeutet, die Zeiger um 90 Minuten zurückzustellen. Das verlängert diesen einen Tag erheblich. Doch die Rache stellt sich am Nachmittag ein. Nunmehr bricht die Nacht bereits gegen 17 Uhr über uns herein. Das hat aber auch den Vorteil, dass es morgens jetzt bereits gegen 5.30 Uhr wieder hell wird. Also, Naturbesichtigungen bei Tageslicht verschieben sich erheblich, früh anfangen und früh aufhören. Nichts für Langschläfer!

Ord River
Ord River

Und so geht es dann auch schon wieder los mit den Sehenswürdigkeiten. 80km hinter der Grenze erwartet uns die Kleinstadt Kununurra. Sie wirbt mit dem Hinweis,das östliches Portal zur Kimberley Region zu sein. Die Stadt selbst mit ihren 3.500 Einwohnern wirkt sehr einladend und modern. Sie ist erst in den 1970ger Jahren entstanden mit dem Bau der großen Staudämme und Kraftwerke im Ord River. Kluge Stadtplanung hat viel Raum gelassen für Parkanlagen, Uferpromenaden und ein kleines, aber feines Stadtzentrum. Um die Jahrtausendwende galten die o.g. Baumaßnahmen als wirtschaftliche Impulsgeber. Nunmehr fertiggestellt ist es jetzt zu einem großen Teil die Landwirtschaft. Denn das Wasserprojekt ist entstanden als Bewässerungsprojekt. Wie es scheint mit Erfolg, denn auf gut 3.000km²  grünt und blüht es auf Wiesen, in Obstplantagen und urwaldmäßig am breiten Flussuferrand.

Mit dem Staudamm bildete sich mit dem Lake Argyle auch die große Touristenattraktion Kunumarras heraus. Viele Hotels und sechs Campingplätze bevölkern den Ort.   

Neben Stadtrundgang und Uferpromenaden richten wir unser Augenmerk auf eine kombinierte River Cruise auf dem Ord River (www.triplejtours.com.au). Die Kombination besteht aus Schiffstour, Staudammbesichtigung und Busrundfahrt.

Am Vormittag in der wohltuenden Morgensonne fährt uns eine Mischung aus gemütlichem Dampfer und Speedboat 55km stromaufwärts bis zum gigantischen Staudamm des Lake Argyle. Es gibt wieder einmal eine reichhaltige Vogel- und Tierwelt zu beobachten, neben unzähligen Kormoranen, einigen Frischwasserkrokodilen einen besonders seltenen Vogel, den erdfarbenen Jesus Bird mit rotem Schnabel.  Wissenschaftlich besitzt er noch einen neutraleren Namen. Er wird aber deshalb als Jesus Vogel bezeichnet, weil er über das Wasser gehen kann, hauptsächlich auf den Blättern der Seerosen Die Szenerie de Uferlandschaft wechselt von sanften Wiesen bis hin zu canyonartigen Felsschluchten. Unterbrochen wird die Bootsfahrt durch einen Stopp an einem urwüchsigen Buschcamp zum Lunch. Die letzte Bootsetappe führt uns dann bis direkt an die 100m hohe Staudammmauer.

Nach einer Besichtigung dieses Bauwerks, wobei wir herrliche Ausblicke auf den Lake Argyle und die umliegende Gebirgslandschaft genießen, geht es weiter per Bus. Ein historisches Homestead, sprich eine geräumige Wohn- und Stallungsanlage einer Ranch aus dem 19. Jahrhundert, gibt Einblick in die seinerzeitigen Lebensumstände der Region. Schließlich fährt uns der Bus im weiten Bogen um verschiedene Gewässer herum zurück nach Kununurra. Wer den Ort also nicht nur als Tankstopp oder Übernachtungsmöglichkeit besucht, kann auf dieser Exkursion viel sehen und erfahren.

Bevor wir weiter den Westkurs einschlagen, gönnen wir uns noch einen kleinen nördlichen Abstecher ins 100km entfernte Wyndham. Die Gemeinde gilt als nördlichster Ort von Westaustralien. Das lockt allein noch keine Besucher an. Als lohenswerter Besuch erweist sich jedoch der Anstieg auf den Five River Lookout, besonders bei Sonnenuntergang, wenn der abendliche Himmelskörper glutrot die Ord River Mündung und das Schwemmvorland durchflutet.

Purnululu National Park
Purnululu National Park

Somit erreichen wir das Einfallstor in die Kimberley Region, jenes berühmte Gebiet in Australiens Nordwestecke. Stark besucht von inländischen wie ausländischen Touristen, gibt es zwei hauptsächliche Möglichkeiten, sie zu erforschen. Entweder man nimmt ab Kununurra die 600km lange Gibb River Road bis Derby, quer durch die Postkartenlandschaft. Diese Strecke ist als unsealed road allerdings nur mit robustem Allradantrieb möglich. Konventionelle PKWs und Wohnmobile kämen nie heil an. Für sie bietet sich der südliche Bogen auf 800km geteerter Straße, dem Savannah Highway an. Und um in die Tiefe der Kimberleys eindringen zu können, gibt es einen bunten Strauß an Touranbietern, mal per Allradbus, mal per Helikopter oder Flugzeug.

Nicht unterschätzen darf man die Entfernungen zwischen den einzelnen Orten, denn die Kimberley Region allein ist größer als Deutschland. So rollen wir denn auch die ersten 250 ortsfreien Kilometer von Kununurra bis nach Halls Creek. Im Nordwesten breitet sich die Savanne der Kimberleys aus, meist flach, manchmal unterbrochen von felsigen Gebirgszügen. Auf der anderen Straßenseite, also in südwestlicher Richtung begleitet uns über lange Zeit der Purnululu National Park.

Bungle Bungle Cathedral Gorge
Bungle Bungle Cathedral Gorge

Dieser National Park beherbergt ein erstes Highlight auf unserem Tourabschnitt Westaustralien. 60km landeinwärts erheben sich die weltbekannten Bungle Bungle Ranges. Ein Allradbus holpert auf dieser Tagestour die Dirt Road entlang. Dabei sind Flussbetten zu durchqueren, was in der Trockenzeit möglich ist.  Während der Regenzeit (Oktober bis April) bleibt der Park wegen Unpassierbarkeit ohnehin geschlossen. Zwei Stunden werden Rücken und besonders ausgiebig die Fußsohlen auf dem Waschbrettweg massiert. Busfahren macht Freude, Aussteigen aus dem Gefährt manchmal noch mehr. So stehen wir zunächst am parkeigenen Visitor Center, wo es jede Menge über Geologie und Farbzusammensetzung der Bungle Bungle gibt. Die Felsen werden „Bienenstöcke“ genannt. So sehen sie auch aus! Die

 rot /rosa Farbgebung erzeugt eine Bakterienart mit Hilfe einer entsprechenden Portion Feuchtigkeit. Der Erosionsprozess des weichen Sandsteins geht rasch voran. Wie lange das Tourismusgeschäft mit den Bungle Bungles noch florieren kann, bleibt ungewiss, vielleicht 300Millionen Jahre, vielleicht etwas länger oder kürzer. Danach aber sollen Wind und Regen (Frost gibt es hier nicht!) sie eingeebnet haben.

Wir nehmen uns zunächst das Südende vor, denn man kann auf gut ausgebauten Wegen zwischen den Bienenstöcken wandern. Vom Parkplatz Picanny aus folgen wir zunächst der Ausschilderung „The Domes“. Nach rund einem Kilometer endet dieser Strang in einer Halbhöhle. Eine Abzweigung auf dem Rückweg führt uns anschließend in den Cathedral Gorge. Auch hier ist nach rund zwei Kilometern in einem Gewölbe mit See die Wanderung zu Ende. Bei beiden Wanderungen weiß das Auge vor Naturschönheit oft nicht, wohin es zuerst blicken soll. Diese felsigen Bienenkörbe sind einfach faszinierend. Zurück zum Treffpunkt geht es dann über den Picanny Creek Lookout, von dem aus das ganze südliche Ausmaß dieser Felsendome deutlich wird. Für Tageswanderungen bietet sich der Picanny Gorge Trek an, kombiniert mit dem Wipe Snake Gorge.

Bungle Bungle Echidna Chasm
Bungle Bungle Echidna Chasm

Wir machen es uns nach einem leckeren Lunch etwas bequemer und umrunden die 55km lange Felskette per Bus bis zum Nordende. Hier wartet eine weitere begeisternde Wanderung auf uns. In einem steinigen Flussbett geht es hinein in den Echidna Chasm. Die 100m emporragenden Felswände verengen sich derart, dass keine zwei Leute nebeneinander gehen können. Zudem heißt es auch noch stets um die Palmen im Flussbett herum zu gehen. So manchen kleinen, trockenen Wasserfall gilt es zu erklimmen, bis wir wiederum in einer engen Höhle stehen. Einen kleinen Fetzen blauen Himmels erhaschen wir beim Blick in die Höhe. Auf dem Rückweg zum Parkplatz wollen wir auch den Osmand Lookout nicht auslassen. Dann aber heißt es sich  sputen. Der Bus muss pünktlich um 15 Uhr die Rückfahrt antreten. Bis 17 Uhr muss er wieder am Ausgangspunkt, der Mabel Downs Station sein. Fahrten bei Dunkelheit auf diesen Wegen sind einfach zu gefährlich. Wer hat uns

diesen wunderschönen, erlebnisreichen Tag beschert? „Bungle Bungel Expeditions“ heißt der Touranbieter (www.bunglebungleexpeditions.com.au). Wir können ihn mit ruhigem Gewissen weiterempfehlen.   

Halls Creek Chinesische Mauer
Halls Creek Chinesische Mauer

Durchlöcherte Einsamkeit könnten wir dieses Kapitel auch nennen. Die Weite der Landschaft wird nur unterbrochen durch einige wenige Cattle Stations tief im Innern des Outbacks und kleinen Orten wie 260km später Halls Creek. Damit wären wir auch fast schon in China angekommen, denn die „chinesische Mauer“ zieht sich nur sechs Kilometer vom Ort entfernt durch die Landschaft. Dieses Felsenriff hügelauf hügelab hat aber auch verblüffende Ähnlichkeit mit dem Original. Was könnte den Durchreisenden außer Tanken, evtl. Kühlschrank auffüllen noch interessieren? Das überdimensionierte Schwimmbad? Die zwar groß angepriesenen, im Ortsbild aber kaum auszumachenden und recht verwitterten Totempfähle?

Halls Creek Russian Jack
Halls Creek Russian Jack

Da regt dann Story und Statue von Russian Jack die Fantasie doch viel mehr an. Eigentlich hieß er ja Ivan Fredericks und wollte seinen Lebensunterhalt als Goldsucher verdienen. So zog er 1886 zu Fuß von Derby in Richtung Halls Creek. Die beiden Orte liegen immerhin rund 550km entfernt auseinander. Obendrein schob Russian Jack noch eine schwer beladene Schubkarre mit seiner Schürfausrüstung vor sich her. Unterwegs stieß er auf einen völlig erschöpften Mitstreiter, ohne Transportgefährt. Uneigennützig lud er dessen Gepäck auch noch auf seine Karre. Als bis Halls Creek nur noch rund 100km zurückzulegen waren, fanden sie am Wegesrand einen weiteren, schwer erkrankten Kollegen. So wurde die Schubkarre flugs zum Krankenwagen umfunktioniert, Russian Jack lud so viel Gepäck wie möglich auf seine Schultern, sprach dem geschwächten Erstgefundenen Mut zu, und so erreichten sie mit Müh und Not ihr Ziel. Der Kranke erhielt dort ärztliche Hilfe, der Geschwächte ausreichend Nahrungsmittel. Russian Jack aber wurde belohnt mit dem ewigen Andenken an seine Heldentat.

Geikie Gorge NP
Geikie Gorge NP

Mit Halls Creek ist die Südspitze der Kimberleys erreicht. Weiter südlich beginnt die Great Sandy Desert / Die Große Sandwüste sich auszubreiten. Allerdings bemerken wir mit Blick vom Savannah Hwy / Great Northern HWy aus noch nicht viel. Das grasreiche und mit Baumbestand durchwachsene Landschaftsbild ändert sich nicht unbedingt. Zumindest nicht bis zum nächsten Ort Fitzroy Crossing am mächtigen Fitzroy River. Dem Einerlei des Highways können wir in Nähe des Ortes einmal wieder kurz entfliehen. Wir biegen ab nach Norden in eine schmale Straße und erreichen nach 20km den Geiki Gorge National Park. Zwar wird eine Bootsfahrt durch den weit geöffneten Gorge angeboten. Aber eigentlich erscheint uns die Riffwanderung mit Blick von der Felskante auf den Fluss als viel attraktiver. Zusätzlich entdecken wir dadurch  winzige Pfade hinein in eine bizarr-spitze Sandsteinfelsenwelt. Wie gesagt, eine angenehme Unterbrechung des Highway-Geschehens.

Im Kapitel „Top End2 (vgl. K&K 65) haben wir schon einmal kurz das Kapitel der Sprachenvielfalt Australiens mit seinen 200 verschiedenen Sprachgruppen und 500 Dialekten gestreift. Ein Paradebeispiel für diesen bunten Sprachteppich ist der Bezirk Derby Shire, in dem Fitzroy Crossing liegt. In einem Gebiet, wenig größer als ein etwas ausgedehnter Landkreis, gibt es immerhin fünf verschiedene Aboriginal Sprachgruppen. Die Angehörigen einer jeden Sprachgruppe ( nicht Dialekt) können sich mit den Vertretern einer anderen, benachbarten Sprachgruppe so gut wie nicht verständigen. Englisch als Bindeglied könnte als Verständigungsmittel herhalten, wird von den durchschnittlichen Aborigines aber nicht ausreichend gesprochen. Außerdem bestehen zwischen den einzelnen Stämmen (=Sprachgruppen) oftmals uralte Fehden, die die gegenseitige Kommunikation nicht unbedingt fördern. Diese Sprachbarrieren passen ins Bild z.B. der Auflagen, wer wen heiraten darf (vgl. K&K 65 Top End). Als ob es nicht bereits genügend Probleme mit der Integration und diversen Qualifikationsmaßnahmen gäbe!

Wir bleiben auf Kommunikationskurs und nehmen die letzten 250km bis in die nördlichste Stadt Westaustraliens, bis Derby. Damit erreichen wir wieder eine Hafenstadt am King Sound, eine Bay in der nördlichen Timor Sea. Zwei Hauptattraktionen sind den Weg dorthin wert. Zum einen erleben wir einen hinreißenden Sonnenuntergang auf der rund einen Kilometer langen Derby Wharf. In früheren Jahren soll die Hafenanlage von hohem wirtschaftlichem Wert u.a. für Perlenexport gewesen sein. Heute erfreut der Rundbogen die Angler, die von der Brücke aus ihr Petri Heil versuchen. Mit Australiens höchster Tide von 11m unterschied leert sich zwei Mal am Tag das Hafenbecken fast vollständig.

Derby Sunset
Derby Sunset

Derbys zweiter Anziehungspunkt sind die Boabs, auch Flaschenbäume genannt. Je älter sie werden, umso mehr nehmen sie die Form einer bauchigen Flasche an. Ihr Alter kann eigentlich nur geschätzt werden, da sie keine Jahresringe bilden. Manche Dickbäucher sollen mehr als 1.000 Jahre auf dem Buckel haben. Als Überlebenskünstler überstehen sie Waldbrände und langanhaltende Dürreperioden. Die meisten verlieren ihr Leben durch Blitzeinschlag. In ihrer Rinde klaffen nach einem solchen Ereignis dann große Risse und Löcher und legen die Wasserspeicher frei. Noch bevor sie kollabieren, werden sie dann oft Opfer von Pilzbefall, Insekten und Mikroben.

Wir konnten diesen Wunderbaum sicherlich schon oft am Wegesrand sehen. Hier im Derby Shire ist er aber besonders häufig beheimatet. So schmückt sich Derby in der Innenstadt mit einer Boab Avenue. Stolz und stoisch stehen sie da auf dem Mittelstreifen in einer parkähnlichen Anlage.

Etwas außerhalb der Stadt besichtigen wir zum Abschluss eine Boab-Einzigartigkeit, den Boab Prison Tree. Innen hohl, diente er  gegen Ende des 19. Jahrhunderts tatsächlich als Gefängnis. In jenen Tagen der 1880ger / 1890ger Jahren wurden auffallend viele Aborigines gekidnappt, erzählt die kommunale Kriminalgeschichte. Als Kidnapper, auch „blackbirders“ genannt, schälten sich schnell geldgierige Siedler heraus. Als Kopfjäger lieferten sie der seinerzeit florierenden Perlenindustrie auf diese Weise Arbeiter und Taucher. Die Aboriginal Opfer  trieben die Kriminellen zu Fuß von Broome nach Derby. Hier wurden sie auf Schiffe verladen zum Abtransport zur Zwangsarbeitet  auf abgelegene Inseln oder in unzugängliche Küstenstreifen. Die letzte Nacht vor dem Schiffstransport wurden die Gefangenen eben in diesem uralten Flaschenbaum eingesperrt. Rund 11m Umfang hat der Boab, bis zu zehn Gefangene wurden gleichzeitig hineingezwängt.

Boab Prison Tree
Boab Prison Tree

Mit dieser Gruselstory leiten wir fließend über zum nächsten Ziel. „Perlen“ heißt das Stichwort. Wir touren die 220km bis Broome, womit wir dann endgültig an Australiens Westküste angelangt sind.       

Das Vierte Kleeblatt in der Australien-Vortragsserie

Mit dem Reisebericht / Diavortrag Nr. 4 über unsere Australien Rundfahrt ist die Serie nunmehr fast vollständig. Er trägt den Titel:

AUS 4  – Kein Krokodil Kann Klettern

Mehr Informationen darüber gibt es hier.

Unter der Rubrik „Vorträge“ finden wir bereits

AUS 1: TASMANIEN – Der Grüne Smaragd Australiens  sowie

AUS 2: Vom Urwald ins Outback – Australiens Süden

AUS 3: In den Tropischen Norden – Australiens Ostküste

K&K 67 – In die Westkurve

Viele Alternativen für unsere Route bleiben uns nicht, um unsere Tour fortzusetzen.

größter Termite Mound DSCN6905Denn so ganz allmählich erreichen wir die letzte Etappe der Australienrundfahrt, Western Australia. Doch noch ist es nicht soweit. Zunächst geht es auf dem Stuart Highway wieder gen Süden Richtung Katherine. Für diesen Rückweg hatten wir uns noch einige Besichtigungspunkte aufgespart, um die  300km nicht lediglich durchfahren zu müssen.

Auf halber Strecke biegen wir ab in den Litchfield National Park. Allradfahrzeuge können von Darwin aus auch die nördlichere, viel kürzere Sandwegstrecke nehmen. Wir jedenfalls wollen die vor kurzem erneuerte Windschutzscheibe nicht aufs Spiel setzen, bleiben demnach auf dem geteerten Highway.

Termite Mounds
Termite Mounds

Der National Park ist vielleicht nur ein Viertel so groß wie sein gegenüber auf der Ostseite liegende Konkurrent, der Kakadu National Park. Gefühlt erleben wir ihn jedoch doppelt so stark frequentiert. Was zieht die Besucher scharenweise in diese Naturperle? Das angenehme Sommer-Winter -Wetter der Trockensaison allein kann es nicht sein. Es sind wohl eher die Wasserfälle mit ihren Rockpools, die als Köder dienen. Dabei müssen wir uns nicht auf das Betrachten dieser Kaskaden beschränken. Rockpools erweisen sich oft auch als ideale Schwimmbecken. Die kristallklaren Gewässer sollen trotz der Warnschilder mehr oder minder frei von Krokodilen sein. Die Wassertemperaturen erweisen sich als frisch bis angenehm.

Nitmiluk NP Edith Falls
Nitmiluk NP Edith Falls

Florence Falls mit Buley Rockhole, Tolmer Falls und als schönste die Wangi Falls locken ein Heer von Wanderfreunden und Wasserratten. Der Besucherandrang ist teilweise so groß, dass Parkplatzgedränge entsteht. Belebend lustig zu beobachten, wie rasch sich so ein Besucherstrom teilt. Die einen schnüren die Wanderstiefel, rücken die Rucksäcke samt jeder Menge Trinkflaschen zurecht und verschwinden kurz darauf im dichten, bergigen Buschwald. Die anderen packen bunte Schwimmnudeln aus, entladen die oftmals schweren Picknickkisten und suchen auf den Liegewiesen schattige Plätzchen mit und ohne Tisch-Bank-Kombination, aber immer möglichst mit BBQ-Ofen.

Wir erfreuen uns an den schattigen Wanderwegen, mal rund um die Wasserfälle, mal zu aussichtsreich errichteten Aussichtstürmen und Plattformen.

Katherine Gorge Sonne
Katherine Gorge Sonne

Lichtfield National Park kann aber noch mit einer einzigartigen Besonderheit aufwarten, mit dem größten und höchsten Termitenhügel Australiens. Diese Gebilde finden wir immer dann, wo wir rote Sandsteinregionen durchqueren. Zu Tausenden stehen sie in der Natur, ähneln in Ansammlungen einem Friedhof voller Grabsteine. In diesem National Park soll es nunmehr der höchste Termitenbau sein. Eingezäunt hat man ihn, um ihn vor Zerstörung oder auch nur häufiger Berührung durch Menschenhand zu schützen. Denn es handelt sich um ein aktives Termitengebäude / Termite Mound. Wie viele Millionen und Abermillionen Termiten ihn bewohnen, bleibt unbekannt. Informationen hingegen finden wir über die Bau- und Lebensweise der Tiere. Sofern diese Hügel nicht kreisrund und zylinderförmig errichtet werden, haben sie mit den Schmalseiten eine Ost-West-Ausrichtung. Das soll vor Überhitzung schützen. So bleibt eine Seite stets im Schatten. Der Termitenbau besteht aus hartem, verfestigtem Sandstein. Die Innenröhren sind über und über mit zerkauten Gräsern gefüllt. Zum kleinen Teil dient das Grünzeug als Nahrung, zum großen als Klimaanlage. Dabei sichern die Grasschnipsel im Termitenbau mehr als 95% ventilierende Luftfeuchtigkeit . Neben den Gräsern dienen auch tote Termiten als Futter. Wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt, werden die Artgenossen nicht gleich verzehrt, sondern im sogenannten Dachboden des Termitenturms zwischengelagert.

Liebespaar
Liebespaar

Nach dieser National- Park- Rundfahrt geht es 100km weiter südlich bis zu den Edith Falls am Nordende des Nitmiluk /Katherine National Park. Auch in diesem Rock Pool das gleiche aktive Badetreiben mit zweistufigem Wasserfallausblick und fünf Kilometer Rundwanderung. Aus dem relativ dichten mit Palmen durchsetzten Wald dringt heftiger Lärm. Eine große Kolonie von Flying Foxes hat die meisten Palmen in Beschlag genommen und baumelt kreischend an den Ästen.

Im Ort Katherine fahren wir rund 30km östlich zum Südeingang des Nitmiluk National Parks. Wir wollen die Katherine Gorges des gleichnamigen Flusses anschauen. Frei zugänglich sind diese insgesamt 13 Felsschluchten nicht. Als Möglichkeit bieten sich dafür aber die Nitmiluk Tours an (www.nitmiluktours.com.au). Vier der Gorges können per Schiff befahren werden. Ein vielfältiges Tourenprogramm hat für jeden etwas dabei, von der Dawn Cruise  bei Sonnenaufgang über die vierstündige Bootsfahrt durch drei Gorges bis zur Abend Cruise. Als eingefleischte Frühaufsteher fällt die Entscheidung nicht schwer.

Katherine Gorge
Katherine Gorge

Warum nicht einmal einen Sonnenaufgang. Dabei wird morgens um 7 Uhr nicht einfach der Bootsmotor angeworfen und los geht es. Wer sich eine halbe Stunde vor Abfahrt am Bootssteg einfindet, darf ein schnelles „Gorge Frühstück“ genießen, d.h. Kaffee oder Tee im Pappbecher, dazu Frühstückskuchen und tropische Früchte, einfach romantisch, idyllisch in der Morgenkühle. Doch dann wird zum Bording geblasen. Per Namen geht man vor. Aus Sicherheitsgründen wird noch nachgezählt, wer wirklich an Bord sitzt. Diese Maßnahmen geschehen als Vorsichtsmaßnahme, da es sich um eine kombinierte Boots- Wandertour handelt. Offensichtich hat wohl schon so mancher unfreiwillig in der Wildnis übernachten müssen.

Als der Elektromotor das Schiff leise über das ruhige Wasser des Katherine Rivers schiebt, fängt es allmählich an zu dämmern. Das tiefe Innere der Schlucht verharrt noch fast im Dunkeln. So früh am Tage gibt es noch mehr zu hören als zu sehen. Die Natur erwacht mit immer stärker anschwellenden Vogelrufen. Die ersten Mutigen flattern über unseren Köpfen. Das sei das Signal, dass die ersten Lichtstrahlen bald die Bergspitzen beleuchten werden. So dauert es auch keine fünf Minuten mehr, bis diese Vorhersage eintrifft. Wie von leuchtenden Kappen bedeckt, stehen die Felsen im Morgenlicht. Allmählich vergrößern sich die Lichtflecken, werden ganze Felsflächen beschienen. Ein wolkenloser Himmel überwölbt das Lichterspiel.

Katherine Gorge
Katherine Gorge

Zwischenzeitlich haben wir den ersten Gorge durchquert und an seinem Ende angelegt. Nun heißt es zunächst erst einmal zu Fuß weitergehen. Der River führt so niedriges Wasser, so dass von Schlucht zu Schlucht nur ein schmales Rinnsal plätschert. Aber in der Regenzeit sollen die Wasserstände hoch genug sein, um mit einem Flachboot ohne Unterbrechung flussaufwärts fahren zu können. Wir steigen über gut ausgeschildertes Felsgelände. Unterwegs entdecken wir einige Aboriginal Felszeichnungen. Rund 5.000 Jahre sollen sie alt sein. Nach 30 Minuten Gebirgswanderung an der plätschernden Staustufe entlang besteigen wir ein zweites Boot, welches uns durch den zweiten noch engeren Gorge fährt.

Victoria River
Victoria River

Mittlerweile steht die Sonne hoch am Himmel, leuchtet mit voller Kraft in die tiefen Schluchten hinein. Somit kann auch die schwimmende Welt entdeckt werden, z.B. Süßwasserkrokodile.  Irgendwann tritt das Boot die Rückfahrt an, unterbrochen von der Felswanderung. Nach gut zwei Stunden landen wir wieder am Anlegesteg. Fazit: Diese morgendliche Erfrischungstour können wir weiterempfehlen.

Victoria River Croc
Victoria River Croc

In Katherine geht es aber endlich in die Westkurve. Der Victoria Highway bringt uns nach 220 Kilometern in die Tankstopp-Siedlung Timber Creek. Unterwegs durchqueren wir den Judbarra Gregory National Park.

Beware of Crocs
Beware of Crocs

Doch wenn das Namensschild nicht aufgestellt worden wäre, wir hätten es wohl kaum bemerkt. Die Landschaft ändert sich durch einen National Park Status nicht gleich. Unterwegs verlaufen Victoria Highway und Victoria River immer mal wieder parallel. Dieser Fluss heißt für uns auch das Tagesziel in Timber Creek. Sonnenaufgang in den Katherine Gorges. Warum dann nicht Sonnenuntergang auf dem mit 600km längsten Fluss von Northern Territory. Auch hier lockt uns wieder ein entsprechende Einladung zu den „Victoria River Cruises“ (www.victoriarivercruises.som.au). Diese Sunset Cruise dauert allerdings geschlagene vier Stunden. Per Bus geht es zunächst in die Wildnis zum Anlegesteg. Ziel der Bootsfahrt für den Sonnenuntergang sind die 35km entfernten Yambarrin Ranges. Hier heißt es dann nicht allzu oft trödeln. Doch es bleibt immer genügend Zeit für Wildlife Beobachtungen, besonders von den mächtigen Salzwasserkrokodilen und der Vielzahl an Adlern und Habichten. Von den am Uferrand grasenden Wallabies wollen wir gar nicht reden. Das Bild ist für uns bereits zur Gewöhnung geworden. Kreuz und quer über den breiten Fluss schippert uns Nelville, Bootsführer und Besitzer der Cruise Company. Seit 35 Jahren kennt er  seine Tiere, wo und wann sie am besten zu beobachten sind. Sein geschultes Auge entdeckt auch jedes noch so versteckte Krokodil.

Victoria River Vogelwelt
Victoria River Vogelwelt

An einer Flussbiegung, die Yambarrin Ranges nunmehr direkt vor uns, machen wir fest an seinem geankerten Fluss-Ponton. Die Sonne wird sich nicht mehr lange über dem Bergrücken zeigen. Auch hier bleibt die Fahrt nicht ohne kulinarischen Genuss. Kalte Getränke und köstliche nibbles (Fingerfood) verschönern die Zwischenzeit. Und dann geht es ganz schnell. Keine fünf Minuten dauert es, bis die Sonne hinter der Bergwand verschwindet. Das Schönste kommt jedoch auch der Rückfahrt, wie Neville bereits angekündigt hat. Die glutroten Sonnenspiegelungen auf dem Wasser sind einfach traumhaft. Mit der Beobachtung dieser Farbenspiele verbringen wir noch einige Zeit auf dem spiegelglatten Fluss. In völliger Dunkelheit geht es dann zurück an die Wildnisanlegestelle, wo Nelvilles Bus (ein alter Schulbus aus den 1970ger Jahren) auf uns wartet. Auch für diese Tour verteilen wir gern ohne Einschränkungen fünf Sterne.

Victoria River Sonnenuntergang
Victoria River Sonnenuntergang

Somit befinden wir uns endgültig auf Westkurs. 180km sind es noch bis zur State Border zwischen Northern Territory und Western Australia. Das machen wir dann zu einem anderen Kapitel.

K&K 66 – Top End getoppt

Wer sagt denn, dass das Top End nicht noch getoppt werden kann.

Anfahrt Bathurst
Anfahrt Bathurst

Die Rede wird sein von einem Besuch von Kontinentalaustraliens nördlichster Inselgruppe, den Tiwi Islands. Sie bestehen aus zwei Hauptinseln, Bathurst und Melville. Um sie herum liegen noch weitere neun kleine Inselchen, unbekannt und unbewohnt. Dicht bewohnt sind die Hauptinseln ebenfalls nicht. Melville, Australiens zweitgrößtes Eiland nach Tasmanien, zählt lediglich 800 Einwohner, der Nachbar Bathurst rund 2.500 in der Gemeinde Nguiu. Melville darf von Touristen nicht betreten werden, Bathurst mit Einschränkungen schon. Denn diese Inselgruppe gehört ausschließlich den Tiwi Aborigines.

Ausschiffen
Ausschiffen

Als Tour mit einheimischen Fremdenführern wird es allerdings gestattet, wobei wir wieder bei der Frage nach einem adäquaten Touranbieter sind. Für uns fügt sich damit das dritte Kleeblatt vom Tourunternehmen „adventurefree“ ein. Nach „fraserfree“ und „reeffree“ können wir nunmehr eine entsprechende Tour über „outbackfree“ buchen. Mal sehen, ob sich die  bisher gemachten positiven Erfahrungen auch bei dieser Tiwi Aboriginal Cultural Experience Exkursion bestätigen.

Es wird ein langer Tag. Die Fähre legt um acht Uhr morgens in Darwin ab, Treffen gegen sieben Uhr. 60 Meilen legt anschließend ein kleiner Katamaran in 2 ½ Stunden zurück. Bei rollender, offener See geht es nicht jedem gut. Doch gegen 10Uhr taucht die Inselgruppe als Streifen am Horizont auf. Der Katamaran fährt ein in den engen Apsley Strait, der die beiden Hauptinseln voneinander trennt. Versteckt im Buschwald werden einzelne Hausdächer sichtbar, mehr aber auch nicht. Die Suche nach einem Anlegesteg erübrigt sich. Es gibt keinen. Also strandet der Katamaran elegant an der Küste und fährt eine Art Bugleiter aus. Schaukelnd klettern wir auf den rostroten Sand hinab und werden von Jari, unserem Aboriginal Fremdenführer für diesen Tag empfangen. Das Abenteuer kann beginnen.

Totempfähle
Totempfähle

Wer auf die Tiwi Inseln fährt, tut das nicht wegen großer Naturerlebnisse. Die werden nämlich nicht geboten. Die Inseln bleiben flach, fast ausschließlich von Buschwald und Gestrüpp bewachsen. Nichts weiter Auffälliges. Das Ziel dieser Tour liegt denn auch auf einem anderen Akzent, der Begegnung mit einer fast unbeeinflussten Aboriginal Kultur. Im dem früheren Kapitel „Kontraste“ haben wir bereits über eine Tiwi Kunstausstellung berichtet, welche wir in der Stadt Mackay besucht haben. Hier auf der Insel besuchen wir  u.a. nunmehr die Künstler dieser Werke.

Als erste Besichtigungsstation schließt uns Jari das Tiwi Inselmuseum auf. Deutlich positiv wird in ihm die Missionsgeschichte aus dem 19. und 20. Jahrhundert herausgestellt. Eine große Ausstellung ist den Tiwi Totempfählen gewidmet. Und  dritter Themenschwerpunkt: Von den Ereignissen des WW II sind auch diese abgelegenen Inseln nicht verschont geblieben. Denn die Japaner, von Norden kommend, überflogen zunächst die Tiwi Inseln, bevor sie Darwin bombardierten. So konnte der damalige dort tätige Priester schon einmal eine Vorwarnung aufs Festland funken. Auf Bathurst ist auch der erste abgeschossene japanische Pilot notgelandet, womit die Tiwis direkt in den Konflikt hineingezogen wurden.

Rauchzeremonie
Rauchzeremonie

Die Totempfähle haben nicht nur musealen Charakter. Sie finden praktische Anwendung auf dem kommunalen Friedhof, der uneingezäunt direkt neben der offenen Tanzdiele liegt. So schmücken teilweise christliche Grabsteine, umgeben von Tiwi kulturellen Totempfählen die Gräber. Jari erläutert die vorgeschriebenen Trauerzeremonien, die bis zu zwei Jahre dauern können. Bemerkenswert finden wir, dass der Name des oder der Verstorbenen während der gesamten Trauerphase nicht verwendet werden darf. Es geht sogar so weit, dass Namensvetter in dieser Zeit ihren Namen ändern müssen, um die Erinnerung an den Verstorbenen nicht zu schmälern.

Künstlerin
Künstlerin

Über die Hochzeitsauflagen, wer wen heiraten darf oder nicht, haben wir auch bereits im Rahmen unseres Kakadu National Parks berichtet (vgl. Kap. „Top End“). Die Heiratsbräuche und Auswahlregularien bezüglich Braut und Bräutigam sind bei den Tiwi nicht einfacher, eher noch komplizierter. Eine freie Wahl ist so gut wie ausgeschlossen. Viele Ehen sind vorherbestimmt.  Außerdem darf ein Mann beliebig viele Frauen heiraten. Er muss nur darauf achten, dass sie nicht der eigenen engeren Familie entstammen. Doch wenn man die Ausführungen von Jari etwas hinterfragt, so scheint hier fast jeder mit jedem verwandt oder verschwägert zu sein. Auffallend viele Kinder bevölkern den Ort.

So wundert es nicht, dass die kleine Gemeinde zwei Schulen unterhält, eine Grundschule und eine weiterführende Schule. Der Aspekt modernen Lebens zeigt sich sicherlich in den handys und teilweise TV-Satellitenschüsseln. Stärker jedoch darin, dass Englisch als Fremdsprache ein Unterrichtsfach ist. Bei aller Kulturbewahrung und Abgeschiedenheitsgrenzlage möchte man den Anschluss an das 21. Jahrhundert nicht völlig verlieren.

Tiwi Tanz
Tiwi Tanz

Weiter geht es mit dem Aboriginal Cultural Experience. Wir besichtigen das Atelier der Künstler, deren Werke wir im o.g. Mackay bewundert haben. Hier können  wir es nunmehr hautnah im direkten Kontakt mit den Künstlern. Das Atelier besteht aus einem scheunenähnlichen Gebäude, in dem sich jeder Künstler seine Ecke eingerichtet hat, egal ob Holzschnitzerei, Ölmalerei, Aquarellkunst oder Linoleumschnitt. Das Deckengewölbe besteht aus Werken mit typischen Tiwi Mustern. Als äußerlich verbindendes Zeichen haben alle Künstler ihren Teebecher an ein gemeinsames Schlüsselbrett gehängt.

Künstleratelier
Künstleratelier

Brotlos darf die Kunst natürlich auch nicht bleiben. Also kann sie im angrenzenden  Shop „Tiwi Design“ auch erworben werden. Auf Wunsch werden die Kunstwerke avor den Augen des Besuchers – ohne Kaufzwang – hergestellt, wobei besonders Tücher, manchmal auch T-Shirts nach traditioneller Art mit Naturfarben und Mustern bedruckt werden. Kreative Eigenversuche – Siebdruck – sind dabei nicht ausgeschlossen. In unmittelbarer Nachbarschaft beobachten wir eine Tiwi Frau beim Schnitzen eines Totempfahls. Auf dem Boden sitzend, hebt sie mit kleinen Stemmeisen Figurenteile aus einem Baum. Rund 30 Stunden benötigt sie für die Roharbeiten, berichtet sie. Anschließend werden die typischen Tiwi Muster aufgemalt. Der ca. 2m lange und relativ dünne Totempfahl soll das Grab ihrer kürzlich verstorbenen Tante zieren, fügt sie hinzu. Bei größeren Pfählen werden diese oftmals direkt am Grab hergestellt, sozusagen als Teil der Trauerzeremonie.   

Schließlich begeben wir uns noch in die Dorfmitte zur Rauchzeremonie. Grünes Blattwerk wird unter heftiger Rauchbildung verschwelt, um böse Geister und Gedanken zu vertreiben. Gleichzeitig zeigt diese Zeremonie an, dass der Fremde willkommen ist in der Gemeinschaft. Es bleibt nicht bei der bloßen Zeremonie. Das Gastmahl besteht aus Billy Tea und Damper, also dem in einer Pfanne oder einem Topf über offenem Feuer gebackenen Brot. Typische Tiwi Tänze und Gesänge, dargeboten von Männern und Frauen, begleiten das Mahl.

Schließlich wird zum Aufbruch gemahnt, denn viele Stunden sind seit unserer Ankunft vergangen. Es geht nicht direkt zurück zum Strand mit der Fähre, sondern wir unternehmen noch einen Umweg zur alten Missionskirche. Über 100 Jahre diente sie als Kirche. Heute wird sie als Gotteshaus nur noch für besondere Anlässe benutzt. Der Kirchenraum ist wiederum mit charakteristischen Tiwi Mustern ausgelegt. Im Altarraum prangt nicht ein überdimensionales christliches Kreuz. Stattdessen hält auf einem Gemälde ein Aborigine das Aboriginal Jesuskind in die Höhe. Eingerahmt wird dieses Bild von weiteren Gemälden mit Aboriginal Motiven. Das christliche Kreuz steht bescheiden in einer Ecke des Altarraumes. Die katholische Mission war tätig bis Ende der 1980ger Jahre. Eine 85-jährige Nonne lebt noch in der Kommune. Nach 60 Jahren dort verbrachter Lebenszeit möchte sie die Inseln nicht mehr verlassen.

Old Mission
Old Mission

Der Nachmittag ist bereits gut fortgeschritten, als wir den Katamaran wieder so erklettern wie verlassen, nämlich über den Bugsteg. Noch ganz unter dem Eindruck des Gesehenen und Erlebten schaukeln wir bei auch nicht viel ruhigerer See zurück nach Darwin. Pünktlich zum malerischen Sonnenuntergang stehen wir wieder an der Festlandküste.

Auch nach diesem Tag ziehen wir das Fazit: Diese Tour und deren Organisatoren können wir guten Gewissens weiterempfehlen:

fraserfree + reeffree + outbackfree = adventurefree – Eine wirklich gelungene Kombination.  

K&K 65 – Top End

Die gut 2.000km bis nach Darwin sind gut und heil überstanden.

Winter! links-innen rechts-außen Temperaturen
Winter! links-innen rechts-außen Temperaturen

Drei Fahrtage genügten gerade. Dabei kommen uns die 24-Stundenparkplätze mit Übernachtungsmöglichkeit sehr entgegen. Im Verlauf der Fahrt kommen wir uns vor, als ob wir Richtung Norden in eine völlig neue Welt eintauchen. Australiens rot-grünes Zentrum um Uluru oder Coober Pedy herum wirkt kahl, im Winter manchmal kalt, besonders nachts. Je nördlicher wir kommen, umso stärker setzt sich wieder die tropische Klima- und Vegetationszone durch. Am Top End schließlich, also am nördlichen Ende des Kontinents in Darwin, schwitzen wir uns durch die winterlichen Temperaturen 30°C bis35°C im Schatten und 40°C bis 50°C in der Sonne. Glücklicherweise hält sich die Luftfeuchtigkeit jetzt in der Trockenzeit in Grenzen und es kühlt  nachts auf rund 20°C ab. Wir fühlen wir uns wie im Hochsommer.

Darwin Fußgängerzone
Darwin Fußgängerzone

Top End, ein schöner Begriff. Für viele vielleicht das spitzenmäßige Ende einer wunderschönen Australienreise. Geographisch ist damit die Nordküste inklusive der nördlichen Nationalparks gemeint. Das gesamte Top End beginnt ungefähr bei Katherine, rund 300km südlich von Darwin.

Und schließlich gelangen auch wir endlich in Northern Territory`s Hauptstadt. Vom äußeren Erscheinungsbild her zeigt sich  die Stadt architektonisch supermodern. Selbst bezeichnet sie sich als „Tropisches Paradies mit tropisch relaxtem Lifestyle“. Um von diesem Flair ein wenig einatmen zu können, raten wir zu einer Einführungsrundfahrt immer die Strände und Bays entlang. Entweder man profitiert vom Hopp-On-Hopp-Off Bussystem oder  man unternimmt die Beachtour eigenständig. Der städtische Autoverkehr hält sich sehr in Grenzen. Die Schönheit der Ausblicke hingegen nicht. Um nur einige Stationen unserer Nord-Süd-Bay-und-Beach-Tour zu nennen, Brinklin, Nightcliff, East Point Reserve Coconut Grove, Fannie Bay, The Gardens, Larrakeyah bis schließlich hinunter nach Darwin City mit der Esplanade. Ein anschließender Schlenker in den angrenzenden Charles Darwin National Park bietet von der Aussichtsterrasse aus dann noch einmal einen Postkartenblick auf Darwins Skyline und Harbour, auf dem man dann abends aus mehreren Sunset Cruises (bei fish ´n chips) dem Sonnenuntergang entgegenfährt.

Mit der Erwähnung des National Parks ist auch bereits die Erklärung für den Stadtnamen als ehrende Würdigung für den Naturforscher erfolgt.

Darwin Endlosküste
Darwin Endlosküste

Tropical Flair verströmen ebenfalls die zahlreichen Märkte, allen voran der Mindil Beach Sunset Markt (immer donnerstags und sonntags). Oder wie wäre es mit dem Freiluftkino „Deckchair Cinema“, in dem man seinen Film bei kühlen Getränken vom Liegestuhl aus genießt? Tropisch abenteuerlich präsentieren sich die beiden Krokodilparks der Stadt, die Crocosaurus Cove im Stadtzentrum und der Crocodylus Park etwas außerhalb der Stadt.

Darwin bezeichnet sich gern als „Frontstadt“. Gemeint ist damit die unmittelbare Nachbarschaft zu südostasiatischen Ländern. Bunt multikulti geht es zu bei 75 Nationalitäten, die hier friedlich miteinander leben, inklusive der Aborigines. Der Chinese Tempel mit Museum ist nur ein Beispiel hierfür.

Der Begriff „Frontstadt“ zeigte für Darwin aber noch eine völlig unterschiedliche Facette. Während des WW II wurde die Stadt 18 Monate lang (1942-1943) von den Japanern 64 Mal bombardiert. Und dabei dem Erdboden gleich gemacht. Gleich vier Anlaufpunkte nehmen sich dieses Themas an: Das Darwin Military Museum am East Point, der Cenotaph an der Innenstadt Esplanade, der bereits erwähnte Charles Darwin National Park als ehemaliges Gelände für Munitionsbunker und das Aviation Museum . Hinzu kommen die vielen Hinweise am Stuart Highway zwischen Katherine und Darwin.

Eine weitere Heimsuchung erfuhr Darwin ein weiteres Mal durch den Zyklon Tracy (1974), der die Stadt ein weiteres Mal fast vollständig dem Erdboden gleichmachte. Aber so locker und fröhlich, wie wir die Top End Stadt empfinden, gleicht sie eher einem Stehaufmännchen, denn einer durch Krieg und Naturkatastrophen gebeutelten Metropole.

Kakadu NP
Kakadu NP

Top End besitzt für uns nunmehr auch noch eine spezielle Bedeutung, als „Top End einer scheinbar unendlichen Geschichte, die zur endlichen wurde“. Bereits ziemlich zu Beginn unserer Australienrundtour ließ ein aufgewirbelter Stein einen Riss in der Windschutzscheibe unseres Wohnmobils entstehen, zunächst winzig, doch dann immer weiter sich quer über die Scheibe ziehend. Im südlichen Melbourne schließlich mussten wir eine Werkstatt aufsuchen, um das Problem hoffentlich in den Griff zu bekommen. Ein Spezialist für derartige Reparaturen (O’Brien) unterhält ein landesweites Netz an Werkstätten. Das Ersetzen der Scheibe dauert normaler Weise zwei Stunden, ließ man uns wissen. Also kein Problem? Doch, denn kein australischer Großhändler hatte eine Scheibe für ein europäisches Wohnmobil auf Lager. Was tun? Genaue Maße nehmen, alle notwendigen Details notieren und dann in Deutschland bestellen. Zeitdauer? Mindestens vier Monate Lieferzeit. Was blieb uns anderes übrig? Die Scheibe wurde bestellt, ein Werkstattort verabredet. Nach unserer groben Reiseplanung müssten wir nach rund vier Monaten Cairns an der tropischen Nordostküste erreichen. Also alle notwendigen Schritte wurden eingeleitet. Wir konnten die Fahrt fortsetzen mit der Beruhigung, dass eigentlich nicht viel mehr passieren könne, außer dass der Riss sich über die gesamte Scheibe fortsetze. Mit einem Augenzwinkern fügte der freundliche Melbourne Monteur hinzu, dass nur in den seltensten Fällen eine Windschutzscheibe herausbricht. Auf dem Weg nach Adelaide (Hauptstadt von South Australia) erreichte uns dann der Anruf, wir möchten doch bitte noch einmal die dortige O’Brien Niederlassung aufsuchen. Es sei ein Messfehler passiert. Mit den vorliegenden Maßen gäbe es auch in Europa keine Scheibe. Auf zur zweiten Messung! Wir haben bereits März! Danach herrschte lange Zeit Funkstille. Auf unsere spätere Nachfrage hin hieß es, die Sache sei nunmehr in den Händen der Filiale in Cairns, die wir angegeben hatten. Dort wusste man von dem Vorgang, konnte aber noch keinen Liefertermin nennen. Und der Scheibenriss? Jeder Kilometer ungeteerter, holpriger Straße ließ ihn höher steigen. Ende Mai in Cairns erhielten wir die beruhigende Nachricht, das Schiff sei unterwegs, habe jedoch Verspätung. Die Scheibe sei bestellt, doch wann wird sie wirklich in Sydney abgeladen ? Es könne auch Juli werden. Doch so lange können wir nicht in Cairns warten. Also ging die Akte weiter nach Darwin. Wir hielten Kontakt mit der dortigen Werkstatt. Irgendwann gegen Ende Juni teilte man uns telefonisch mit, dass das entsprechende Schiff „am kommenden Montag“ in Sydney einliefe. Dann würde es nicht mehr lange dauern, bis die Scheibe ins 3.500km entfernte Darwin geliefert würde. Und siehe da, es hat geklappt. An dem sonnigen Mittwochmorgen,6.Juli um acht Uhr geben wir unser Auto in der Werkstatt ab, begeben uns zum Frühstück in ein Fastfoodrestaurant schräg gegenüber und können unser Wohnmobil mit ausgetauschter Windschutzscheibe gegen 10 Uhr wieder abholen. Kosten? Kennen wir nicht genau, da wir vorsichtshalber eine australische Vollkasko Versicherung gewählt hatten. Doch nun weiter mit dem eigentlichen Reiseverlauf.

Adelaide River Croc
Adelaide River Croc

Australiens Top End umfasst, neben Darwin-Stadt aber auch den landschaftlich reizvollsten Teil dieser Nordtour, den Kakadu National Park. Er ist das Land von Aboriginal Stämmen, z.B. den Bininj / Mungguy. Von ihrer Sprache, dem Gagudju (gesprochen: Gagadu → Kakadu) leitet sich der Parkname ab, nicht von der Papageienart. Übrigens sollen im gesamten Australien 200 verschiedene Sprachen gesprochen werden, zuzüglich von 500 Dialekten. Das hängt ursächlich mit den so unterschiedlichen Aboriginal Stämmen zusammen. Heute ist Englisch die offizielle, verbindende Sprache. Doch ehe dieser Zustand bis hierher gediehen war, gab es zahlreiche Hürden zu überwinden. Wir versetzen uns einfach einmal in die Rolle der europäischen Erforscher dieses Kontinents. Oft waren sie froh, einen Sprachmittler zwischen ihrer europäischen Sprache und einer Aboriginal Sprache gefunden zu haben. Doch die Freude dauerte nicht lange, denn oftmals wurde „gleich hinter dem nächsten Baum“ die aktuelle Aboriginal Sprache nicht mehr verstanden. Denn die Stämme untereinander, vielfach nicht mehr als 50km auseinanderlebend, konnten sich sprachlich nicht verständigen. Kaum jemand im Stamm beherrschte die Sprache oder den Dialekt des Nachbarn. Das ist umso erstaunlicher, da die hiesigen Ureinwohner keine Nomaden mehr waren, sondern die Region dauerhaft bewohnten. Die günstigen Lebensumstände mit genügend Süßwasser, überquellende Fisch- und Jagdgründe und die stets zur Verfügung stehenden Früchte der Natur machten ein Nomadendasein nicht mehr notwendig.

20.000km umfasst die savannenähnliche Parklandschaft, ist also ebenso groß wie Israel. Über die Savannenvegetation ragen große Felsformationen aus Sandstein hervor. Momentan bewegen sich die abgeflachten Berggipfel und Höhenzüge zwischen 300m und 500m. doch die Postkartenaussichten von den Lookouts werden nicht ewig andauern. Die Erosion baut alle 1.000 Jahre circa einen Meter vom Sandstein ab. Somit verbleiben nur noch zwischen 350.000 bis 500.000 Jahre, bevor die Bergformationen eingeebnet sind.

Adelaide River Croc
Adelaide River Croc

Um in den eigentlichen National Park zu gelangen, heißt es erst einmal rund 200km ab dem Stuart HWy nach Osten zu fahren, immer den Arnhem HWy entlang. Dort erreichen wir den Hauptort des National Parks, Jabiru. Diese Retortenstadt wurde eigentlich errichtet als zentrales Versorgungszentrum für die  Uranium Mine, die größte der Welt, in wenigen Kilometern Entfernung. Der Wandel hin zum Tourismusort ist von der Infrastruktur her unverkennbar. Zahlreiche elegante Hotels und Lodges sowie zwei Campingplätze sollen sicherlich in erster Linie nicht den Minenarbeitern Unterkunft bieten. Das kleine Innenstadtzentrum bietet alles, was für die Versorgung notwendig ist. Ganz in Stadtnähe, auf dem Kakadu HWy kann der Besucher im wichtigsten ParkInformationsZentrum, dem Bowali Center, seinen Besuch planen lassen.

Und unterwegs bis dahin? Langeweile kommt nicht auf. Neben vielen kleinen kreuzen wir drei größere, nennenswerte Flüsse, den Adelaide River, den Mary River und den South Alligator River. Die ersten beiden fließen noch nicht im Kakadu Nationalpark, sondern in den vorgelagerten Wetlands bzw. dem Mary River National Park. In dieser riesigen Region muss man stets auf Krokodile achten, egal ob auf und an  den Flüssen, in den Wetlands mit ihren Billabongs (große Überschwemmungsteiche) oder auch an der Küste. Top End bedeutet gleichfalls Crocodile Habitat. Besonders in den Flüssen lebt die höchste Krokodilskonzentration der Welt. Allein im 200km langen Adelaide River sollen 1.600 Exemplare umherschwimmen. In den von Gezeiten abhängigen Flüssen sind es die Salzwasserkrokodile, in den Billabongs meist die Kollegen vom Süßwasser. Doch so ganz eindeutig ist auch hier die Trennung des Wohnraums nicht mehr. Da die Regenzeiten große Teile des Top End zu einem einzigen gigantischen See umgestalten mit Wasserspiegeln in den Baumkronen, findet durch den unbegrenzten Zugang Vermischun“g statt. So kommt es vor, das „Salty“ und „Freshy“ friedlich nebeneinander herschwimmen.

Wetlands Abendstimmung
Wetlands Abendstimmung

Bei so viel Abenteuergelegenheit können wir wiederum aus einem großen Angebotsstrauß an CrocSafaris auswählen. „The Jumping Crocodile“ vom Familienbetrieb mit den „Hunter Safaris“ (www.adelaiderivercruises.com.au) macht das Rennen. Klein aber fein, die Bootsoberkante kurz über dem Wasser verspricht gute Sicht und unmittelbare Nähe zu den Krokodilen. Natürlich sind wir geschützt durch eine solide Stahlkonstruktion. Kein Krokodil kann klettern. Gut so, denn wer weiß, ob so ein vier bis sechs Meter langes Tier nicht in die kleinen Boote hineinklettern würde. Aber springen können sie, senkrecht im Wasser stehen, wenn es um Beute geht.

Die erste Krokodil-Sichtung lässt nicht länger als zwei Minuten nach Ablegen auf sich warten. Und so geht es Schlag auf Schlag, eine geschlagene Stunde lang. Der Star unter den Ungeheuern ist „Brutus“, ein rund sechs Meter langes Salty. Eifrig schnappt und springt er nach den dargebotenen Fleischhappen. Wenn er die Beute verfehlt, geben seine Kiefer ein lautes Geräusch wie zwei aneinander schlagende Holzlatten wider. Er springt mit fast seiner ganzen Körperlänge aus dem Wasser. Und das trotz seiner Behinderung. Denn Brutus hat vor zwei Jahren beim Kampf mit einem großen Hai zwar die Beute gerissen, beim Kampf aber seinen rechten Vorderlauf eingebüßt, abgebissen vom Kampfgegner. Dokumentiert ist diese Schauergeschichte durch zahlreiche Presseveröffentlichungen mit Fotos. CrocSafari unmittelbar, mit diesem Unternehmen kann man sie hervorragend erleben.Wetlands DSCN6661

Ganz im Gegensatz zu den nach Gefahr riechenden Krokodilfahrten, präsentiert sich eine weitere Schiffsexkursionsmöglichkeit, sogenannte Wetland Tours. Krokodile tauchen dabei sicherlich auch auf, die kleineren Süßwasserartgenossen. Vorrangig geht es jedoch in den Feucht- und Sumpfwiesen rund um die Billabongs um die dort heimische Vogelwelt. Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang gibt es vielfältige Angebote. Wir entscheiden uns für eine Sunset Tour von „Wetland Cruises“ auf dem Corroboree Billabong. 90 Minuten umschwirren uns Seeadler, Kingfisher, Reiher sowie ein Black-necked-Stork (Indischer Großstorch) auf ihren letzten Futterflügen, bevor die Nacht mit einem blutroten Sonnenuntergang über die Sumpflandschaft hereinbricht. Vorher haben wir Gelegenheit zu einer Kostprobe, vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Unser Ranger streift vom Schilfblatt einer Wasserpalme grüne Ameisen ab. Statt langer Erläuterungen, um welches Tier es sich handelt, beißt er deren grünes Hinterteil ab. Nach dem vorkostenden Selbstversuch bietet er die Wildlife Nahrung zur Nachahmung an. Schmeckt gar nicht schlecht, irgendwie zwischen Pfefferminz und Krebsfleisch. So friedlich, wie diese Bootstour gestartet ist, so friedlich endet sie auch nach dem Sonnenuntergang.

Mit diesen beiden Exkursionen sind wir noch lange nicht am Kakadu National Park angelangt, sondern erst rund 60km in die Savannenwelt eingedrungen. Unter diesem Begriff versteht man bekanntlich eine tropische oder subtropische Vegetationsform, die aus einer geschlossenen Gras-/Krautschicht und einem lockeren, offenen Baumbewuchs besteht. Also keine Wüste wie im Outback, aber auch keine Steppe oder Prärie wie oft im Hinterland der Great Dividing Range.

So ganz allmählich nähern wir uns der offiziellen Grenze des Kakadu National Parks. Ein Begrüßungsschild am Straßenrand, mehr nicht. Der Rest bleibt gleich, immer noch Savanne. Kurz darauf ein weiteres Schild mit dem Hinweis, dass man einen Park Pass kaufen soll (40AUD/18€ pP). Wo? An Tankstellen, in Restaurants etc. Kontrolle? Niemand zu sehen! Ohne Parkpass? Kann teuer werden bei bis zu 500AUD Bußgeld. Risikofaktor? Sehr ausgeprägt!! Denn es werden mobile Kontrollen durchgeführt. So geschehen am Mamakula Billabong. Ein freundlicher Ranger ließ sich doch tatsächlich den im Infocenter erstandenen Park Pass zeigen, notierte Namen und Nummernschild. Dann geht er den dortigen Wanderweg ab. Wie er erläuterte, hat er heute den Nordstrang des Parks zu kontrollieren, sein Kollege den Südstrang am Kakadu HWy.

Ungestört können wir nun den Rundgang um das Feuchtgebiet mit Vogelbeobachtungsstation fortsetzen. Tagsüber ist natürlich weniger Fotobeute zu entdecken als morgens oder abends. Dafür erregt ein quasi Babygeschrei in unserem Rücken unsere Aufmerksamkeit. Wir entdecken eine große, schwarze Krähe. Die gibt es hier zu tausenden. Doch ein Kampf zwischen Krähe und Schlange kommt wohl nicht so häufig vor. Der Vogel versucht mehrmals das gestreifte Reptil beim Schwanz zu packen. Doch diese reagiert blitzschnell. Und so stehen sich die beiden Feinde mehrmals Auge in Auge gegenüber. Der eine krächzt, die andere zischt. Dieses Schauspiel dauert fast eine halbe Stunde. Dann wird es der Krähe zu dumm oder zu gefährlich. Jedenfalls fliegt sie unter lautem Schimpfgekrächze davon. Die Schlange verschwindet flugs im Wasser. Wildlife pur!

Like to Dance
Like to Dance

Kakadu National Park, wieder im Eigentum der Aborigines und rückverpachtet an die australische Regierung, wird von den Besitzern gern als „Park zum Fühlen – weniger zum Anschauen“ charakterisiert. Wenn man bedenkt, dass große Teile der Landschaft für die Aborigines als heilig gelten, so mag das stimmen, wenn auch für den Außenstehenden nur bedingt nachvollziehbar. Zu dieser Charakterisierung tragen einerseits sicherlich die beiden Aboriginal Cultural Center bei, das im Bowali Visitor Center und das ausgezeichnete Warradjan Aboriginal Cultural Center in Cooinda am Kakadu Hwy. Der Besuch dieser Kulturzentren gibt einen guten Einblick in frühere und heutige Denk- und Lebensweisen der Ureinwohner.

Während unserer Tour besonders hier im Nothern Territory fällt uns des öfteren auf, dass manche Aborigines sich lautstark quer über die Straße unterhalten. Wir haben uns gefragt, ob man dieses nicht auch dezenter auf einer gemeinsamen Straßenseite erledigen kann. Im Warradjan Aboriginal Cultural Center finden wir eine Erklärung für dieses Verhalten. Eine Reihe verschiedener Stämme dürfen nicht in direkten Kontakt miteinander treten. Die Tradition und ehemalige (auch noch heutige?) Fehden verbieten jegliches persönliches Zusammentreffen. Diese Verhaltensmuster gehen noch weiter. Im Cultural Center sind zwei große Holzscheiben aufgehängt, auf denen Stammesnamen verzeichnet sind. Durch Drehen dieser Scheiben kann ersehen werden, ob der junge Mann aus Stamm „A“ ein Mädchen aus Stamm „B“ heiraten darf oder nicht. Tja, wo die Liebe sich „hindrehen“ darf!

Zusätzlich wird der „Fühlgedanke“ durch die Stätten mit der sogenannten „Rock Art“ vertieft. Diese Höhlenzeichnungen sollen mehr als 5.000 Jahre alt sein. Doch auch heutzutage setzen Aboriginal Künstler diese Form von Lebens und Religionsgestaltung fort, nicht mehr auf Felswänden, sondern eher auf Leinwand, Papier und vor allem auf Birkenrinde. Der Prozess des Malens als Teil der „Creation Dreamtime / Schöpfungsgeschichte“ gilt dabei als wichtiger als das Werk selbst. So entstehen dadurch auch heute noch sogenannte heilige „Djangs / Dreaming Places“, nämlich immer dann, wenn der Künstler beim Malen in Kontakt mit seinen „Creation Ancestors / Schöpfungsvorfahren“ tritt. Als hauptsächliche Stätten für diese Felsmalereien besuchen wir Ubirr am Nordende des Parks und den Felsen von Nourlangie, einige Kilometer abseits des Kakadu Highways gelegen.

Der National Park kann aber auch mit ganz alltäglichen Lebensfreuden aufwarten wie Wandern, Off Road Fahren und besonders Schwimmen. In  zahlreichen Rock Pools, z.B. im südlichen Gunlorn tummeln sich viele „Wasserratten“. Ob sich dort auch die Süßwasserkrokodile tummeln, mag dahin gestellt bleiben. Den Badenden nach zu urteilen- Nein!, gemäß den allerorten aufgestellten Warnschildern „Beware of Corcodiles“ – Ja!

Kakadu NP
Kakadu NP

Nur per Allradfahrzeuge gelangt man zu den beiden berühmtesten Wasserfällen, den Twin Falls und den Jim Jim Falls. Ein Besucheransturm scharrt sich um die letztgenannten, denn das Gebiet um die Twin Falls darf nach heftigen Regenfällen wegen Steinschlaggefahr aktuell nicht betreten werden.

Zum Schluss unseres Nationalparkbesuchs erleben wir noch einen heißen Moment, im eigentlichen Wortsinn. Es ist die Trockenzeit und somit auch die Zeit der Buschfeuer. Die kontrollierten, zur Regeneration der Natur extra unter Aufsicht entzündeten, meinen wir hiermit nicht. Aber ein wildes Buschfeuer ereilt uns noch in der Nähe des Parkausgangs. Die Flammen züngeln bis an die Straße. Dicker Rauch quillt gen Himmel. Wir können noch eben vorbeischlüpfen. Kurz danach wird die Straße gesperrt. Das hätte für uns einen weiteren Umweg von rund 400km bedeutet.

Kakadu National Park – einer der größten Anziehungspunkte in der Welt des Tourismus. Zum Glück erleben wir ihn nicht überfüllt trotz der winterlichen Hauptreisezeit hier oben im Norden. Wir empfinden ihn als ein „must do“ auf unserer Australientour und raten, sich genügend Zeit für seinen Besuch zu nehmen. Warum nicht die sieben Tage der Gültigkeit des Park Passes ausschöpfen?

 

 

 

 

K&K 64 – Ein Stück Kiel im Outback

Nunmehr schnüren wir die 2.000 Kilometer auf dem Stuart Highway herunter bzw. wieder hinauf.  Schild DSCN6147Die Straße bietet rechts und links landschaftlich das gewohnte Bild von Bergketten, grüner Halbwüste mit roter Sandfärbung. Kreuzworträtsel und Hörbücher lenken ab. Nebenbei bleibt genügend Zeit, das Erlebte und die Begegnungen in COOBER PEDY noch einmal Revue passieren zu lassen.
Ein außergewöhnlich heimatliches Zusammentreffen bleibt dabei besonders im Gedächtnis haften.
Beim Rundgang durch die Einkaufsstraße entdecken wir vor einem Café ein gelbes Schild mit der Aufschrift: „Rosie, die Kieler Sprotte (aber echt)“.  Erstaunlich, dass uns dieses Schild noch nicht bei unserem ersten COOBER PEDY-Besuch im März aufgefallen ist. Warum? Ganz einfach! Damals gab es das Café an dieser Stelle noch nicht.

Wir also hinein ins Café, um Rosie zu treffen und um zu schauen, was an der Ankündigung dran ist. „Rosie?“ lässt uns die männliche Bedienung an der Kaffeemaschine wissen, „Just a moment, please“. Nach einem kurzen Ruf erscheint sie dann leibhaftig, Rosi aus Kiel.

Rosie, die Kieler Sprotte
Rosie, die Kieler Sprotte

In der gegenseitigen Überraschung steht keiner dem anderen nach. Gemeinsam nehmen wir an einem Tisch Platz. Rosie fährt ihre Spezialität, leckere, heiße Waffeln mit Eis oder Himbeeren und Sahne auf. Die Kaffeemaschine wird auch aktiviert. Auf unser Bitten hin erzählt sie IHRE Geschichte, wie sie ausgerechnet in COOBER PEDY ansässig wurde.
Geboren tatsächlich in Kiel, durchlief sie nach der Schule eine Ausbildung zur technischen Zeichnerin. Sie arbeitete auch mehrere Jahre in diesem Beruf. Im Urlaub jedoch zog es sie immer wieder in die Wüste, nach Arizona. Zwölf ununterbrochene Jahre lang unternahm sie ihre ausgedehnten Urlaubstrips in den Wüsten dieses US-Bundesstaates. Mit jedem Jahr und jedem Trip wuchs ihre Wüstenbegeisterung immer stärker an.
1984 schließlich wechselte sie den Kontinent und damit auch die Wüstenregion. In einem Rotel (=rollendes Hotel) kam sie zum ersten Mal mit dem australischen Outback in Berührung auf einer mehrwöchigen Rundfahrt von  SYDNEY über COOBER PEDY, TENNANT CREEK, TOWNSVILLE zurück zum Startpunkt SYDNEY. Dabei erlebte sie den Jahreswechsel ausgerechnet in der Opal Stadt. Dieses australische Outback-Wüstenerlebnis hatte sie derart beeindruckt, dass sie fast identische Reisen in den folgenden Jahren 1985 und 1986 wiederholte.

Rosie & Jimmy
Rosie & Jimmy

Wie sagte es Rosie so treffend „Wer verliebt ist, dem ist mit sachlichen Argumenten nicht beizukommen.“ Sie negierte demnach auch sämtliche Warnungen, Einwände, Bedenken, als sie kundtat, dass sie nach Australien, ins Outback nach COOBER PEDY übersiedeln will. Denn sie hatte sich schlicht in diese Opal Bergbaustadt verliebt. Also faltete sie 1987 in ihrer deutschen Heimat alle Zelte zusammen. Obwohl ihre damals 67-jährige Mutter die Entscheidung ihrer Tochter weder verstehen noch billigen konnte, half sie dann tatkräftig beim Umzug mit. „Aus echter Mutterliebe“, meinte die Kieler Sprotte. Sie begleitete Rosie und den Umzug denn auch nicht nur in Gedanken, sondern leibhaftig bis in die selbstgewählte Heimat ihrer Tochter.
Nun stand Rosie also hier, im Outback, im Nirgendwo, in einer damals (1987) 2.000 Seelengemeinde. Geld fliegt bekanntlich nicht von allein ins Portemonnaie. Sie musste sich einen Job suchen. Der Gewinn aus dem beliebten „Fossicking“, d.h. die „Nachlese“ in den bereits ausgebeuteten Opalminen, reichte nicht für den Lebensunterhalt. Schließlich konnte sie im örtlichen Supermarkt einen Bürojob ergattern. dort war sie verantwortlich für sämtliche Arten von Buchführung. Es folgten weitere Jobs z.B. in einem Wettbüro.

Rosies Bohrer
Rosies Bohrer

Doch für solche Jobs ist sie eigentlich nicht nach COOBER PEDY übergesiedelt. Die Opal Suche reizte sie. Rosie ist ein tatkräftiger Charakter. Kurzerhand tat sie sich mit einem Freund zusammen, und  beide gemeinsam kauften sich einen stattlichen Erdbohrer. 40m konnte sie nunmehr in die Tiefe bohren, um die Edelsteine zu finden. Hat es ihr Glück gebracht, das berühmte Nugget-Glück wie bei den Goldsuchern? Sie wiegt nachdenklich den Kopf. Der ganz große Fund ist nicht gelungen, meint sie. Aber wir konnten gut davon leben. Den Bohrer gibt es immer noch. Stolz zeigt sie uns Fotos von dem fahrbaren Ungetüm. Hin und wieder wird er auch heute noch zum Bohreinsatz gefahren.
„Ziemlich genau mein halbes Leben habe ich nunmehr hier in COOBER PEDY verbracht, rund 28 Jahre“, sprudelt es aus ihr heraus. Heimweh? Gott bewahre! Sie kann sich keinen schöneren Lebensumkreis vorstellen. Ihre Wunschregion, die Wüste, die netten Leute, die Internationalität der Stadt mit Einwohnern aus  37 verschiedenen Nationen, die Freunde, welche sie hier gefunden hat. Sie ist gefühlsmäßig hier seit langem absolut angekommen, fühlt sich pudelwohl im Outback.
Etwas ruhiger möchte sie es in Zukunft angehen lassen. Nicht mehr so häufig sondern nur noch gelegentlich im schweren Minengeschäft arbeiten. Die Eröffnung eines Cafés in Kombination mit einem Opal Schmuckgeschäft ist daraus nur die logische Folge. „Waffles & Gems“ hat sie es getauft. Doch es hält sie nicht nur an  Kaffeemaschine oder Waffeleisen. Sie betritt wieder neue Pfade. Kann sie auch, denn das Café- und Ladengeschäft teilt sie sich  mit ihrem Geschäftspartner Jimmy, einem gebürtigen Schotten. Sie selbst hat kürzlich das Underground Holiday Apartment  „Potch & Colour“ eröffnet.
Wir durften mit unserem Wohnmobil auf dem privaten Café-Parkplatz übernachten. Anderen Reisenden empfehlen wir ihr Underground Apartment (www.dwell@potchandcolour.com.au oder wafflesandgems@gmail.com ).

Coober Pedy-Rosies Heimat
Coober Pedy-Rosies Heimat

Und während wir, wie geschildert, noch unseren Erinnerungen an diese denkwürdige Begegnung nachhängen, passieren wir, quasi auf dem Rückweg gen Norden, ein weiteres Mal die Städte ALICE SPRINGS und TENNANT CREEK. Mit jeden 100km hat sich die Landschaft um einige Grade weiter in ununterbrochenes Grün verfärbt, steigen die Temperaturen um jeweils zwei bis drei Grad. 1.000 km nördlicher, in DARWIN sollen winterliche Temperaturen von 33°C Tages- und rund 22°C Nachttemperaturen herrschen, sagt der Wetterbericht. Wir werden sehen.

K&K 63 – Mit dem Postman im Outback

600km – so groß ist der Zustellbezirk des Postboten im Outback.

Jeden Montag und Donnerstag liefert er die Post aus – jeweils 600km auf Dirt road. Unterwegs läuft er zwei Siedlungen und drei bis vier Cattle Stations an. Wir dürfen ihn auf einer seiner Touren im Allradfahrzeug begleiten.

Mail Run Dirt Road
Mail Run Dirt Road

Wer unternimmt zwei Mal wöchentlich diese (Tor)Tour? Peter Howe, ein quicklebendiger 60jähriger und Outback-Urgestein. Seit 1966 wohnt er in dieser kargen Landschaft, war zunächst im Betrieb des legendären Zuges The Old Ghan beschäftigt. Später versuchte er sich im Goldgräberglück. In COOBER PEDY schürfte er nach Opalen, ohne wirklich rentable Funde. Gefunden hat er dann allerdings nach mehreren erfolgreichen Jahren als kunsthandwerklicher Töpfer mit eigenem Geschäft seinen Traumberuf: Postman im Outback. Als offiziell bestallter Australia Post Contractor fährt er seit nunmehr 14 Jahren alles aus, was Postkunden im einsamen Outback bestellt haben. Als zweite Schiene hat er sich als Outback Guide zertifizieren lassen, so dass er das Postgeschäft mit Outbacktouren kombinieren kann.Karawanenreste DSCN6215

Post wird aber nur ausgefahren, wenn die Wetter- und Straßenverhältnisse es zulassen. Bereits im März hatten wir diese Tour ja angedacht (vgl. K&K 42-Leben im Untergrund) und mit Peter Howe Kontakt aufgenommen. Doch damals fiel sie regelrecht ins Wasser, denn die Outbackstraßen waren wegen langanhaltender Regengüsse für zwei Wochen gesperrt. So hatten wir uns lose verabredet für die Zeit, wenn wir rund drei Monate später  Ayers Rock besuchen. Und dieses Mal standen wir auf der richtigen Wetterseite. Also fahren wir auf dem Stuart Highway vom Ayers Rock noch einmal gut 400km südlich, verlassen dabei auch wieder das Northern Territory und gehen vom Norden her hinein nach South Australia mit seiner Gemüse- und Obstquarantäne und erreichen nach einem kompletten Fahrtag ein zweites Mal die Stadt der Opalminen.

Montagmorgen, es heißt relativ früh aufstehen, denn gegen 8.30Uhr sollen wir am Underground Bookstore auf das Postauto warten. Eigentlich ist es ja ein Allradbus mit Gepäckanhänger. Bevor Peter uns aufliest, hat er bereits am lokalen Flughafen, 10km entfernt vom ersten Flugzeug die Postsäcke abgeholt und sortiert.

Zustellbezirk
Zustellbezirk

Gut gelaunt erklärt er allen, was vor uns liegt: Ein langer Tag. Heute verläuft die Tour im entgegengesetzten Uhrzeigersinn. Das bedeutet, wir steuern zunächst die Siedlung WILLIAM CREEK, später dann das Dorf OODNADATTA. Die Orte liegen beide rund 200km von COOBER PEDY und voneinander entfernt.  Zwischendurch gibt es Stopps auf den Cattle Farmen.

9.00Uhr, der Motor läuft mit höllischem Lärm. Der Rundkurs kann beginnen. Gleich hinter der Stadtgrenze wir die Straße zum Dirt Road, d.h. Schotterstraße, Sandweg oder auch Sumpfkuhle. Da es in den vorhergehenden Tagen doch geregnet hat, trifft die letzte Bezeichnung für den ersten Teil der Strecke am treffendsten zu. Das Allradfahrzeug mahlt sich durch ausgefahrene Schlammspuren, langsam und bedächtig. Nur nicht stecken oder stehen bleiben. Das kostet allerdings viel Zeit, die Peter auf den trockenen Wegabschnitten wieder aufholt. Statt der Mahlgeräusche werden wir nur kräftig durchgeschüttelt, denn wer kann schon jede versteckte Bodenquerrinne vorzeitig erkennen. Und Abbremsen kostet ja wieder Zeit. Die Tour läuft nach Fahrplan ab, der irgendwie eingehalten werden muss.

Outback Postbote
Outback Postbote

So rumpeln wir die ersten Kilometer dem ersten Stopp entgegen. Es ist die Cattle Farm Anna Creek Station. Sie gilt als die größte in ganz Australien, nicht vom Viehbestand her, sondern von der Ausdehnung. Peter erläutert, dass die Farm ebenso groß wie Belgien ist, größer als Israel. Die 60.000 Rinder und geschätzten 90.000 Schafe verlieren sich in diesem Gelände. Und eine Fläche wie Belgien wird hier von insgesamt 10 Personen bewohnt. Die Grenze des Farmgeländes ist gut erkennbar durch den Dingo Fence.  Zum ersten Mal sind wir diesem 5.400km langen Schutzzaun gegen die Dingos in Queensland begegnet (vgl. K&K 46-von Sechs bis Sechs). Hier verläuft er also auch. Unerlässlich für die Viehzüchter soll er sein. Allein auf der Anna Creek Station sollen vor seiner Errichtung jährlich rund 2.6000 Schafe gerissen worden sein. So setzt der Farmer eine extra Zaunpatrouille ein, die die Dichtigkeit des Zaunes regelmäßig überprüft. Rund 14 Tage wird für einen Inspektionsrundgang benötigt. Peters Informationsfluss sprudelt wie ein Wasserfall. Ein neues Problem zeigt sich seit einiger Zeit. Der Zaun wird von Wombats untergraben, was die Dingos dann bald als Schlupflöcher nutzen. Also muss man ihn rund zwei Meter in die Erde versenken, ein Riesenunterfangen. Wenn auch selten,  wird der Zaun von wilden Kamelen niedergetrampelt. Besonders in der Brunftzeit, wenn auf der einen Seite das verlockende Weibchen, auf der anderen der begehrende Kamelbulle steht.

Dingo Fence
Dingo Fence

So fliegt die Fahrzeit schnell dahin. Die wüstenähnliche Landschaft lässt schnell das Nullarbor Feeling wieder aufleben, ein wenig grün, viele kahle Stellen, so gut wie keine Bäume oder Sträucher. Unsere Schotterstraße verläuft größtenteils auf dem Seegrund der ehemaligen Inland Lakes. Vor 1,5 Millionen Jahren hätten wir hier noch nicht entlangfahren können. Da hätten wir bei damaliger Wassertiefe von 4m–5m schwimmen müssen. Heute breitet sich dort ein Art Salzsee aus.

Schließlich nach gut 100km biegen wir ein auf die Einfahrt zur Farm. Ein Glück können wir uns jetzt einmal die Beine vertreten. Dem Hintern tut die Stehposition auch recht gut. Die Farm selbst besteht aus zwei Wohnhäusern, mehreren Schuppen, einer Reihe von Sonnendächern und vielen, aufgebockten Wassertanks. Graue Steinwüste, soweit das Auge reicht. Einige Jungrinder knappern in der Ferne an halbtrockenen Grasbüscheln. Von einsamer Wüstenruhe ist hier nur wenig zu spüren. Die schweren Traktoren und vor allen Dingen die Generatoren tauchen das Farmgelände in einen Dauerlärmpegel. Nach kurzem Aufenthalt – der Fahrplan muss wieder eingeholt werden – rumpeln wir weiter gen WILLIAM CREEK.

Mail Run überschwemmt
Mail Run überschwemmt

11.30 Uhr – Die Siedlung am rund 700km langen Oodnadatta Track ist erreicht. Bei dem Namen dieser Straße bekommen Outback-Allrad-Enthusiasten feuchte Augen. Sie gilt nämlich als die Königsroute unter den 4WD-Fahrern. Sicherlich auch wegen ihrer landschaftlichen Schönheit, besonders aber wegen der Herausforderungen, die auf dieser Strecke an Mensch und Material gestellt werden. Man hole sich den symbolischen Outback-Ritterschlag an den jeweiligen Endpunkten im nördlichen MARLA (am Stuart Highway) bzw. dem südlichen MARREE:

Wir holen uns nach 180km Dirt Road einen Kaffee im dortigen Hotel-Restaurant. Sechs ständige Einwohner zählt die Siedlung, die außerdem noch einen Campingplatz vorweist. WILLIAM CREEK gilt als wichtige Übernachtungs- und Zwischenstation mit Tankstelle auf der Outbackroute. Und auch im ansässigen Reifenreparaturzentrum soll es immer sehr geschäftig zugehen. Von dörflichen Fluglandeplatz / Airstrip aus kann man Rundflüge über den archetypischen Lake Eyre und den Painted Rocks buchen. Gleich gegenüber vom Buchungscontainer hat im sandigen Dorfpark die zweite Brennstufe einer ehemaligen Satellitenrakete ihre letzte Heimat gefunden. Schon heißt es nicht mehr Park, sondern Freiluftmuseum.

William Creek
William Creek

So ein 10-Minuten-Rundgang macht hungrig. Eine Stunde Mittagspause ist uns vergönnt. Die gut sortierte Speisekarte weist typische Outbackburger aus, zu genießen im stilechten Restaurant aus der Pioneerepoche. Aber eigentlich wollen wir nicht schon wieder sitzen. Die nächsten 200km stehen ja bald an. Man kann ja auch im Stehen essen.

Pünktlich nach 60 Minuten mahnt Peter zum Aufbruch – der Fahrplan! Das letzte Hundegebell ist in der Ferne verklungen. Die Rüttel- und Schüttelgeräusche haben das Zepter wieder übernommen. Die nächsten beiden Stopps sind wiederum Cattle Stations mit mehr oder minder sofortiger Weiterfahrt. Unterwegs machen wir Halt an einem Historic Marker, einem Gedenkstein für einen der hier durchgezogenen europäischen Forscher, David Lindsay.  Insgesamt 6.886km ist er 10 lange Monate durch dieses Wüstengebiet gezogen auf der Suche nach den besten geographischen Verhältnissen für eine Überlandleitung. Er und seine 14 Mitstreiter bedienten sich dafür einer Kamelkarawane mit 60 Tieren. Als Kamelführer boten sich stets Afghanen an, die die Tiere aus ihrem Heimatland hierher transportiert hatten. Doch irgendjemand muss irgendwann einmal nicht richtig aufgepasst haben. Jedenfalls sind wohl ein Dutzend Tiere entflohen. Seither gibt es „wilde“ Kamele in dem Landstrich mit wachsender Populationsquote. Neben dem Steinmonument rottet noch das originale Deichselgeschirr mit Radachse eines der Transportwagen stille vor sich hin, seit 1891.

Salzsee
Salzsee

Wir vergessen die Kilometerzahl nicht. Mittlerweile haben wir insgesamt 300 davon zurückgelegt, also die Hälfte. Die Uhrzeiger sind mittlerweile auf 16.30 Uhr vorgerückt, als Peter ein weiteres Mal hält. Jetzt spielen Postauslieferung und Fahrplan offensichtlich keine Rolle mehr, denn Peter hat im Wüstensand die Nationalblume vom Northern Territory entdeckt. Da er auch als bekannter und begabter Outback-Fotograf gilt, legen wir einen entsprechend langen Fotostop ein. Peter ist gut vorbereitet mit Spezialkamera und einer Decke, um sich auf den Bauch legen zu können. Denn die Sturt Desert Pea kriecht auf Wurzelsträngen am Wüstenboden entlang. blutrot blüht sie jetzt im Winter. Schwarze Augen zieren ihre Blütenblätter. Sie ähnelt eher einer Fledermaus denn einer Blume. Jetzt sind wir es, die Peter zur Weiterfahrt mahnen müssen, denn am Himmel deutet sich ein zartes Rot der untergehenden Sonne an. Und wir haben ja erst rund die Hälfte der Strecke geschafft.

Sturt Desert Pea
Sturt Desert Pea

Ein zusätzlicher kurzer Zwischenhalt ergibt sich an den Relikten der alten Ghan Eisenbahnstrecke, direkt an der ehemaligen Algebuckina Brücke, die den River Neales überspannt. Alles ist fast noch so erhalten wie zu seligen Pionierzeiten.

Nunmehr ruft Peter zur baldigen Weiterfahrt, denn vor uns soll ein relativ komplizierter Streckenabschnitt liegen mit vielen Bachdurchquerungen und eventuell überschwemmten Straßenabschnitten. Peter soll recht behalten. Manche Überflutungen haben den Umfang von Teichen. Von oben kann man ja nicht sehen, wie tief die Wasser sind. Da heißt es, sich Meter um Meter vortasten, bis es am anderen Ende wieder bergauf ins Trockene geht. Mittlerweile, gegen 18 Uhr ist es völlig dunkel geworden. Das erleichtert den  Fahrerjob auch nicht unbedingt.

Roadhouse
Roadhouse

18.30Uhr – Wir rollen auf das rosafarbene Roadhouse in OODNADATTA zu. Angestrahlt sieht es sicherlich viel mystischer aus als bei Tageslicht. In ihm lädt Peter den Hauptteil seiner Fracht ab, denn das Dorf bewohnen immerhin 600 Einwohner. Es beherbergt allerdings eine Schule mit 50 Schülern und 5 Lehrkräften, so wie eine permanente Polizeistation mit einem Polizisten. Erst kürzlich wurde hier das  neuerbaute Dorfgefängnis eröffnet. Die ärztliche Versorgung stellen die Flying Doctors sicher, die jeden Donnerstag in der Ambulanzstation eine Sprechstunde anbieten.

19.00 Uhr – Das Roadhouse  mit General Store schließt die Pforten. Wir müssen uns auf den Heimweg zurück nach COOBER PEDY machen. Noch 200km weist der Wegweiser aus. Tiefe, schwarze Nacht hüllt uns ein. Unterwegs wird Peter nicht müde, uns mit Stories aller Art zu unterhalten. Die Autoscheinwerfer mit den zusätzlichen Fernstrahlern leuchten die Straße einigermaßen aus. Nur noch zwei Lieferstationen sind anzulaufen. Die Cattle Station erreichen wir gegen 21Uhr, den Wüstenbriefkasten etwas später. Dieser Briefkasten ist lediglich eine überdimensionierte Blechkiste am Wegesrand. Wer sie nicht kennt, glaubt an Müllfrevel.

Mail Run überschwemmt
Mail Run überschwemmt

Auf einer Straßenkuppe schließlich erkennen wir am Horizont flimmernde Lichter. Das sei COOBER PEDY, erläutert Peter. Wir können über die vom Vollmond beschienene Moon Plain blicken. Nur noch 55km bis zum Abfahrtspunkt, fügt er hinzu. Um 22.30Uhr rollen wir wieder in der Opalstadt ein. Von Müdigkeit ist bei Peter nichts zu spüren. Wie lange er den Job noch machen wollen, fragen wir ihn. Wenn Alles gut geht, möchte er gern die 25 Jahre Postman im Outback erreichen.

Übrigens: Wer OODNADATTA bei Tageslicht, WILLIAM CREEK hingegen in der Nacht erleben möchte, nehme die Donnerstagstour. Dass fährt Peter nämlich genau anders herum, im Uhrzeigersinn. Egal in welcher Richtung, eine Tagestour mit dem Outbackpostboten ist ein ganz besonderes Erlebnis. Wer diese köstliche Spezialität auch erleben möchte, alle wichtigen Informationen sind zu finden unter  www.mailruntour.com.au

Wegbegleiter
Wegbegleiter

Die Post ist ausgeliefert, wir planen unsere weitere Route. Als nächstes Ziel fassen wir DARWIN ins Auge, knapp 2.200km nördlich von COOBER PEDY. Das bedeutet auch, die nächsten drei Tage werden wir wohl ausschließlich On The Run verbringen.

K&K 62 – Im Herzen des Kontinents

Hat man die „Meteoritenstraße“ erst einmal erreicht, sind es nur Wegweiser DSCN5669noch 70km bis zur Abzweigung ins geographische und spirituelle Herz Australiens. Gemeint ist damit der weltbekannte Ayers Rock / Uluru, die Ikone einer jeden Australientour. Nicht weit davon entfernt – nur 100km Luftlinie – liegt dann auch der mindestens ebenso berühmte Kings Canyon.

Ein kurzer Blick zurück gilt noch einmal der Straße zu den Meteoritenkratern, offiziell als Ernest Giles Road bezeichnet. Wer auf dieser Schotterstraße mit (s)einem robusten Allradfahrzeug weitere 100km gen Westen Richtung Kings Canyon rumpelt, spart so ungefähr 200km Umweg auf geteerter Straße. Ziemlich ähnlich verhält es sich, wenn man bereits ab ALICE SPRINGS den überwiegend ungeteerten Red Center Way erst nach Westen, dann nach Süden zum Canyon einschlägt. Die Kilometerersparnis beläuft sich in diesem Fall auf ca. 250km. An den überholenden oder entgegen kommenden Fahrzeugen lässt sich leicht ablesen, wie die Entscheidungen gefallen sind.

Wir nehmen mit dem Wohnmobil natürlich die geteerte, sehr angenehm zu befahrende Route. Ohne Zeitdruck können wir die Landschaft buchstäblich aufsaugen. An der Wegegabelung am Erldunda Roadhouse biegen wir ab vom Stuart Wy auf den Lassater HWy. Das rot-grüne Landschaftspanorama wird durchbrochen von den begleitenden Hügelketten. Gut 100km später an der Gabelung zum Luritja HWy heißt es wieder, sich zu entscheiden: erst zum Ayers Rock und dann zum Kings Canyon oder umgekehrt. Egal in welcher Reihenfolge die Ziele angelaufen werden, man kommt unweigerlich an diese Straßengabelung zurück. Viel wichtiger erscheint uns, dass man genügend Zeit für beide Attraktionen mitbringt.

Noch nicht Ayers Rock sondern Mt. Corner
Noch nicht Ayers Rock sondern Mt. Corner

Wir schlagen zunächst die Richtung zum Kings Canyon ein. Weitere 170km sind zu fahren, dann kurz vor dem Kings Canyon Resort mit Hotel und Campingplatz zeigt ein Wegweiser auf den Parkplatz, von dem aus die verschiedenen Wanderwege in und um den Canyon starten. Der frühe Vogel frisst den Wurm, der Parkplatz ist bei unserer Ankunft noch so gut wie leer. Die winterlich sonnigen Temperaturen empfinden wir als sehr angenehm, ca. 20°C. Also ideal, um auf Erkundungswanderung zu gehen. Wir schlagen den Pfad in den Canyon hinein ein. Die Alternative wäre der sogenannte Rim Walk, welcher auf der oberen Felskante rund 200m über dem Canyonbach entlang führe (4-5Std. Wanderzeit einplanen).

Kings Canyon
Kings Canyon

Alle möglichen Hinweisschilder geben Wanderverhaltensregeln. Bei mehr als 36°C ab  Uhr morgens wird der Höhenweg geschlossen. Da wir in einem Nationalpark sind, dem Watarrka National Park, fehlt es natürlich nicht an Aufforderungen, sorgsam auf Fauna und Flora Rücksicht zu nehmen. Besonders hervorgehoben wird die Spiritualität des Ortes. Manche bestimmte Felsen, einzelne Bäume aber auch ganze Landstriche gelten als Heilige Stätten der Luritja Aborigines.

Wir marschieren los, hinein in den schattigen Schlund des Canyons. Meist wandern wir direkt im Bachbett des King Creek. Bis auf wenige Wasserlöcher bleiben wir  trockenen Fußes, das Bachbett ist so gut wie ausgetrocknet. Den eigentlichen Wasserverlauf erkennt man schnell an dem grünen Band von Sträuchern, Farnen und Bäumen, das sich durch den Canyon schlängelt. Diesem brauchen wir nur zu folgen auf dem steinigen Pfad. Ein besonders dicht bewachsener Canyonabschnitt wird auch „Garten Eden“ genannt. An einer Stelle erblicken wir einen weiß-kahlen, mit Sackleinen umwickelten Baum. Die Hinweistafel klärt uns auf, dass es sich um einen Heiligen Baum handelt. Die Umwicklung soll ihn vor der Zerstörung durch Besucher schützen.  Offensichtlich möchte wohl jeder ein Stück Borke als Andenken abbrechen. Schließlich stehen wir nach gut 2km am Canyon-Endpunkt.

Kings Canyon
Kings Canyon

Die Aussichtplattform und deren Zugang ist aus Sicherheitsgründen gesperrt. Eigene Inaugenscheinnahme (trotz Verbots!) zeigt, dass tonnenschwere Felsbrocken auf sie gefallen sind und ein Bild der Verwüstung angerichtet haben. Regen und Felsbrocken haben hier ganze Arbeit geleistet. Also schnell wieder zurück hinter den sicheren Absperrzaun! Zurück geht es durch das ebengleiche grüne Paradies, das von steilen rostroten Sandsteinfelsen gesäumt ist. Eine wirklich fantastische Wanderung! Wieder am Parkplatz angelangt, hatten sich die Temperaturen bereits auf gut 30°C gesteigert, der Rim Walk durfte vorsorglich nicht mehr unternommen werden.

Wie soll man sie beginnen, eine Darstellung von Australiens Ikone, den Ayers Rock/ Uluru im Herzen des Roten Zentrums. Tausendfach beschrieben, ebenso oft besungen, gibt es da eigentlich noch etwas nicht Bekanntes und damit vielleicht die Aufmerksamkeit der Leserschaft Weckendes? Der Zufall regiert, unser Besuch der School Of The Air in MOUNT ISA (vgl. K&K60-Schichtwechsel) hilft beim Einstieg in das Thema. Denn dort haben sich die Outbackschülerinnen und –schüler ihre eigenen Gedanken über den Roten Felsen gemacht.

Ayers Rock
Ayers Rock

Mikayla Hannay aus der 4. Klasse schreibt hierüber: „Wenn ich an Uluru denke, so denke ich an einen magischen und spirituellen Ort. Ich sehe einen prachtvollen, roten Felsen, wie er da glühend in der Nachmittagssonne steht. Ich schmecke Staub, der durch die Luft wirbelt. Ich höre schwache Laute von Aboriginal  Gesängen und Zeremonien. Ich merke, wie mich ein Gefühl von Ruhe überkommt, wenn ich dort bin. Und ich fühle, wie einzigartig dieses Land ist.

Doch in meiner Fantasie denke ich auch an das chaotische und dicht bevölkerte Sydney. Ich sehe umherhetzende Leute, Verkehrsstaus und ratternde Züge. Ich rieche den Gestank von Benzin und den der italienischen Restaurants. Ich kann den Lärm röhrender Autos hören und das Hupen der Taxis.  Hier fühle ich mich gehetzt, nervös, wie in einem lauten Käfig“.

Da stehen wir nun unmittelbar vor dem Koloss, gedanklich ausgerüstet mit den Worten dieser 11-jährigen Schülerin. Sprachlos! Dass er gigantisch sein soll, hatten wir uns vorher angelesen. Dass er Australiens Hauptattraktion sein soll, steht in jedem Reiseführer. Und einmal mehr bekommen wir den Unterschied zu spüren zwischen theoretischem Wissen und praktischem Erleben.

Um unsere Sprachlosigkeit in den Griff zu bekommen, retten wir uns erst einmal mit dem, was wir bisher über Ayers Rock / Uluru erfahren haben. Denn bei dem Doppelnamen beginnt der Sandsteinkoloss ein Gesicht zu bekommen. Auf dem Namen Ayers getauft, hat ihn 1873 der Engländer William Gosse, der ihn als erster Europäer bestieg. Ayers hieß der damalige Gouverneur der Provinz Südaustralien. Uluru nennen ihn seit jeher die Aborigines vom Stamm Anangu, die seit Jahrtausenden diesen zentralen Wüstenstreifen ihre Heimat nennen. Für sie ist der 348m hohe Monolith nicht einfach nur ein Felsen. Es ist ihr Heiliger Berg. Deshalb wird immer wieder darauf hingewiesen, dass man ihn nicht erklettern soll.

Wie groß müssen demnach 1873 Abneigung und Zorn gegenüber diesem ersten Bergbezwinger gewesen sein. Schließlich reklamierte er die heilige Stätte dann obendrein noch als Eigentum der englischen Krone. Erst 1985 gingen die Eigentumsrechte des zwischenzeitlich zum Nationalpark erklärten Felsens an die ursprünglichen Aboriginal Eigentümer zurück. Seither wird der Nationalpark, mit offiziellem Namen Uluru-Kata Tjuta-National Park, gemeinsam von den Anangu und der australischen Nationalparkverwaltung betrieben.

Bleiben wir beim roten Felsen. Zwei Drittel seiner Ausmaße sollen unter der Erde liegen. Vom Meeresspeigel aus betrachtet erreicht seine Spitze stolze 835m. Um die Wirkung des Felsmassivs einatmen zu können, bietet sich die die knapp 10km lange Rundwanderung an. Autofahrer können es schneller machen auf der 15km langen, geteerten Rundstraße. Zusätzlich biegen immer kleine Wege vom Hauptkurs ab zu besonderen Aboriginal Stätten. Wege, Beschilderungen, Schattendächer und Sitzgelegenheiten sind trotz der rund 250.000 internationalen Jahresbesucher aus aller Herren Länder in tadellosem Zustand, so dass es eine wahre Freude ist, dort umher zu wandern. Irgendwie muss es sich herumgesprochen haben, dass diese Stätte, die touristisch schon fast als „Pilgerreise“ angepriesen wird, etwas Besonderes ausstrahlt. Doch nichts scheint so heilig zu sein, dass es nicht auch flexibel gehandhabt werden könnte. Der Felsen soll ja offiziell nicht erklettert werden, um die Heilige Ruhe von Aboriginal Religion nicht zu stören. Doch an einer Stelle direkt beim Mala Walk wird die Besteigung extra ausgeschildert, ist ein Erklimmungspfad markiert und mit Halteseilen abgesichert. Die Religiöse Ruhe tritt erst bei 36°C morgens um 9 Uhr wieder in Kraft. Dann wird der Kletterpfand nämlich gesperrt. Und ob die ständig kreisenden Hubschrauber der Ruhe guttun, mag dahingestellt bleiben.

Sunset
Sunset

Damit wären wir beim Tourangebot für den Besucher. Er kann wählen unter mehr als 65 Offerten, von der geführten Wanderung, zahlreichen Bustouren natürlich, vom Fahrrad-, Motorrad- und auch Quadverleih, Kamelausritten und mehreren Flugangeboten. Für jeden Geschmack und Geldbeutel ist da bestimmt etwas dabei. Oder man organisiert den Nationalparkbesuch eben auf eigene Faust.

Die Besucher finden Hotels, Motels, Backpackerunterkünfte und einen Campground (No Overnight Parking oder Freedom Camping erlaubt) in der Retortensiedlung Yulara. Innerhalb des Ortes gibt es viel Auswahl, außerhalb nur mit langen, langen Anfahrtswegen. Die ganze Siedlung wirkt recht gefällig mit städtischem Flair. Supermarkt, Post, Marktplatz und Polizei fehlen ebenso wenig wie Souvenir-Shops, genügend Restaurants und Cafés. Preislich sind wir über das relativ niedrige Niveau doch überrascht.

Der angrenzende National Park liegt rund 20km davon entfernt. Ohne eigenes Fahrzeug kann der kurztaktige Shuttle Service gebucht werden. Für den National Park selbst muss man ein Dreitagesticket zu 25AUD /ca. 16€ p.P. lösen. Diese Zeit benötigt man aber auch, um sich die Attraktionen dort zu erobern.

Neben der ariden Wüstennatur mit dem Uluru lädt das Aboriginal Cultural Center   zum Besuch. Außer einer eindrucksvollen Aboriginal Gemäldeausstellung  nebst Einführung in die entsprechende Malkunst, werden besonders auch die politischen Aspekte des Zusammenlebens beleuchtet. Ein lehrreicher Film zeigt noch einmal die Rückgabezeremonie des Landstriches an die Urbevölkerung.

Uluru
Uluru

Ayers Rock / Urluru wird automatisch in einem Zusammenhang mit märchenhaftem Sonnenaufgang und Sonnenuntergang gestellt. Hierfür benötigt man einen wolkenfreien Himmel. Der ist nicht im Eintrittspreis inbegriffen. Hier zeigt sich aber auch die Richtigkeit eines Mehrtagepasses. Am ersten Abend unseres Besuches bleibt es bedeckt und winterlich kalt (8°C). Kein Farbenspiel des Felsens ist zu erkennen. Der Felsen verharrt in grau bis schwarz. Also fällt das Schauspiel für heute aus. Gemeinsam mit den anderen rund 500 Besuchern auf dem “Sunset Parking“ ziehen wir enttäuscht von dannen. Die Wettervorhersage lässt für den Folgetag ebenfalls nichts Gutes erahnen. Alle Kilometer für umsonst?

Morgens um 5 Uhr riskieren wir einen Blick gen Nachthimmel und entdecken ein leuchtendes Sternenzelt. Nun muss es schnell gehen, denn der Sonnenaufgang steht mittelfristig bevor. Also noch im Dunkeln losgerollt die 25km zum „Sunrise Parkplatz“, der naturgemäß am anderen Ende des Felsens liegt als der Parkplatz für den Sonnenuntergang. Ein Glück gibt es kein Parkplatzgedränge, denn die Abstellplätze für Busse und private PKWs sind getrennt worden. Alle marschieren dann auf gut ausgebauten Pfaden hinauf oder hinunter zu den verschiedenen Aussichtsplattformen. Von dort aus hat jeder freie Sicht und optimale Fotografier-Möglichkeiten, so großräumig ist das Gelände angelegt. Eine in die Tausende gehende Pilgerschar wälzt sich im frischen Morgengrauen an den gewählten Standort. Ein erstes Rot wird am östlichen Horizont sichtbar, ein erstes Ah hörbar. Vom Schwarz changiert die Felsfarbe in ein allmählich zartes Rosa. Die ersten Sonnenstrahlen blitzen über die grün-rote Ebene. Das Rot des Felsens wird intensiver. Schließlich endet das Schauspiel nach bereits 15 Minuten mit strahlendem Sonnenschein, der Ayers Rock in ein beinahe orangenes Rot taucht. Die Karawane zieht wieder ab. Doch es ist wirklich so, wie oftmals beschrieben: Unbeschreiblich malerisch und aufregend.

Kata Tjuta
Kata Tjuta

In Sichtweite, gut 40 westliche Straßenkilometer entfernt, erhebt sich der zweite berühmte Anlaufpunkt des National Parks, Kata Tjuta / The Olgas. Auch hier wieder der Doppelname mit der Bezeichnung durch die Aborigines sowie die Namensgebung durch den europäischen Erstbesteiger, Ernest Giles. 1872 hatte er sich bis zu dem Gebirge durchgekämpft, ohne Straßenanbindung auf Kamelen durch die Wüste. Eigentlich wollte er auch noch bis zum Ayers Rock (hieß damals noch nicht so!), doch Dauerregen verwandelte die Wüste in ein undurchdringliches Sumpfgebiet. Wer weiß, wie Ayers Rock heute hieße, wäre Giles vor Gosse dort aufgetaucht. Vielleicht hätte dann auch ein europäisches Herrscherhaus namentlich Pate gestanden wie bei The Olgas. Olga (1822-1892) war die damalige Königin von Württemberg, eher bekannt allerdings als Zarengattin im Hause Romanov.

Der Plural bei The Olgas drückt es bereits aus, es gibt mehrere Felsdome zu besichtigen und zu erwandern, aber nicht zu besteigen. Denn auch dieses Felsgebilde gilt den Aborigines als heilig.

Nicht ganz so strahlend rot wie beim Ayers Rock erleben wir auch hier ein ähnlich lebendiges Wechselspiel der Farben, vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Auch hier sind Beobachtungspodeste erbaut worden, meist auf den roten Sanddünen. Von den Plattformen aus hat man beide Naturwunder gut im Blick. Wer den Sonnaufgang erleben möchte, muss sich morgens ein wenig mehr beeilen, denn die beste Aussichtsplattform liegt dann immerhin rund 40km vom Campingplatz entfernt. Der Frühaufsteherstrom fällt hier nicht so stark aus wie beim Ayers Rock. Der Rückstrom nach Sonnenaufgang in die Retortenstadt auch nicht. Denn es bietet sich an, gleich die beiden Wanderungen in Angriff zu nehmen, welche in die Bergwelt von Kata Tjuta hineinführen.

Walpa Gorge
Walpa Gorge

Zunächst kraxeln wir in den Walpa Gorge. Der gut ausgebaute Weg führt über Felsplateaus hinweg mitten hinein in das grün dichte Bachtal bis zu einer Aussichtsplattform unmittelbar vor dem Felsdurchbruch. Dieser ist jedoch durch mehrere Felsen blockiert. Auf dem gleichen Weg, jetzt mit Fernsicht über die weite, rot grüne Dünenlandschaft,  geht es zurück zum Parkplatz. Die gesamte Wanderung dauert ca. 1,5 Stunden.

Drei Kilometer vom Gorge entfernt heißt es wiederum, die Wanderschuhe schnüren. Dieses Mal gibt es je nach Kondition mehrere Wandermöglichkeiten im Valley of the Winds. Nach kräftigen Steigungen erreichen wir nach rund 50Minuten Aussichtpunkt Nr. 1 mit phantastischem Blick in die Gebirgswelt der Olgas. Dann geht es rund 2km steil den Abhang wieder hinunter ins eigentliche „Tal der Winde“ zur zweiten Rast. Der gesamte Rundweg durch die sich links und rechts auftürmenden Felsendome (bis 350m Höhe) endet schließlich nach insgesamt 8km mit dauerndem Auf und Ab. Glücklicherweise herrscht im Moment Winter (Juni). Die Tagestemperaturen sind mit 25°C sehr erträglich, da es nur wenige Schattenmöglichkeiten gibt. Auch dieser Wanderweg wird, wie am Ayers Rock, ab 36°C morgens um 9Uhr gesperrt.

Verlieren wir noch ein Wort über die hier gesichtete „Wintermode“, bei dem Hinweis auf Wanderwegsperrung wegen übergroßer Hitze sicherlich gerade das passende Thema. Von dicken Anoraks über noch dickere Wollpullover, ergänzt durch Schal, Wollhandschuhe und warmer Pudelmütze ist modisch alles vertreten. Im gleichen Atemzug, z.B. auf den Aussichtsplattformen für Sonnenauf- und –untergänge, kleiden sich aber auch viele nur in Shorts, Flip Flops und T-Shirts. Erstaunlich, wie unterschiedlich das Phänomen „Winter“ gesehen und gefühlt wird.

Valley of Winds
Valley of Winds

Wir verlassen Australiens Ikone voller tiefsitzender Erinnerungen. Vielleicht haben wir ein wenig mehr Verständnis dafür gewonnen, was das majestätisch wüstenhafte Landesinnere ausmacht.

Noch wollen wir das Rote Zentrum nicht verlassen. Im Gegenteil, wir dringen noch ein wenig tiefer ein, erneut ins nunmehr südlich gelegene COOBER PEDY. Warum? Davon später.

K&K 61 – Meteoriten & UFOs

Ein großes Schild kündigt es an: The Northern Territory mit vielen Hinweisen, was alles nicht eingeführt werden darf, aber ohne unmittelbare Kontrolle. Wegweiser DSCN5489So können wir unser Obst und Gemüse  behalten und in Ruhe aufessen.

Von hier aus sind es noch rund 400km Barkly Highway bis zur nächsten nennenswerten Ortschaft. Ununterbrochene Grasprärie, von einigen Bäumen und Sträuchern durchsetzt, begleitet uns. Der Straße ist tadellos ausgebaut, wir kommen zügig voran. Doch bis nach TENNANT CREEK, bereits an der großen Nord-Süd-Verbindung, dem Stuart Highway gelegen, werden es wir an diesem Tag nicht mehr schaffen.

Dazu bricht dann doch zu früh die Nacht herein. Gegen 18 Uhr wird es dunkel. Wie bereits erwähnt, birgt das Fahren in der Dämmerung und in der Nacht in sich die Gefahr eines Wildunfalls. Also suchen wir möglichst rechtzeitig eine Übernachtungsmöglichkeit. Diese gibt es entweder an den Road Houses, also den Rasthöfen mit Tankstelle, Motel, Restaurant und Campingplatz. Viel einladender  sind aber oft die Parkplätze am Wegesrand. Sie gestatten ausdrücklich 24-Stunden-Parken incl. Übernachtung. Oft sind sie dann mit Einbruch der Dämmerung belegter als so mancher Campingplatz. Es gibt zwar keinen Strom und auch kein Duschhäuschen – hat man doch alles dabei – dafür aber Tisch und Bank und  Feuerstellen bzw. Grillgelegenheiten für eigenes, mitgebrachtes Feuerholz. Klingt das nicht romantisch? Parkplatz, lodernde Lagerfeuer, der Duft nach Steak, Bratwurst und Stockbrot, dazu jede Menge netter Leute und bei etwas Glück ein bilderbuchhafter Outback Sonnenuntergang?

Stuart HWy
Stuart HWy

So steht dann  TENNANT CREEK eben erst am Folgetag auf dem Programmzettel. Gleich am Ortsschild erblicken wir den Hinweis auf eine „Gemeinde ohne Alkohol“. Selbst bei den 3.500 Einwohnern, davon über 50% Aborigines, ist im ganzen Ort kein bottle shop zu finden. Supermärkte hingegen verkaufen keine Alkoholgetränke.

Ob man für die Besichtigung des Ortes einen Tag veranschlagen soll, mag dahingestellt bleiben. Neben dem Aboriginal Cultural Center Nuinkka Nuyunyu sowie dem Battery Hill Mining Center mit angebotener Minenführung bietet die Stadt nicht mehr viel. Beide Attraktionen gibt es aber zuhauf in der Region.

Somit reizt uns die Weiterfahrt ins südliche 530km entfernte ALICE SPRINGS erheblich mehr.

Denn bereits 100km hinter TENNANT CREEK heißt es einen lohnenden Zwischenstopp einzulegen an den Devil’s Marbles. Große, eiförmige Felsblöcke zieren die Landschaft. Die „Eier“ liegen dort wie aufgeschichtet oder hingerollt. Für die Warumungu Aborigines ist der Ort heilig, denn für sie symbolisieren die Felskugeln die „Eier der Regenbogenschlange“ (vgl. K&K 56-Tjapukai und Pamagirri – Cairns einmal anders).

Weitere 30km südlich wird es mystisch, denn das Road House von WYCLIFFE beherbergt ein UFO-Center. Schriftlichen wie mündlichen Informationen zufolge sollen bemannte Raumschiffe von Aliens diesen Landstrich regelmäßig überfliegen. Eine Ausstellung aus Fotos und Zeitungsartikeln versucht dieses behauptete Phänomen zu belegen. Handfest zeigen sich hingegen die lustigen Aliensfiguren und Raumschiffattrappen.

Der weitere Weg nach Süden zieht sich durch die bergige Landschaft des Outback. Mal nennt sie sich Wüste wie die Karlantijpa Desert, mal Range wie Crawford Range oder Anmatjira Range. Hübsch anzusehen sind sie alle mit den Hügeln und Bergen. Langweilig wird die lange Fahrt deshalb nie.

Naked Giant
Naked Giant

Schon gar nicht, wenn man unterwegs auch noch an den sogenannten Historical Markers eine kurze Rast einlegt. Hierdurch erfahren wir viel über die lokale und regionale Geschichte, z.B. beim John McDuall Stuart Memorial, der Ryans Well Historic Reserve oder dem Warburton Memorial. Ergänzend blickt dann noch in der Aboriginal Siedlung AILERON die 12m hohe Statue Naked Charly auf die Reisenden herab. Er thront nicht allein auf seinem Felsen. Seine Frau zähmt am Fuß des Berges zusammen mit ihrem Kind eine Schlange, natürlich ebenfalls als Statue.

Kurz vor ALICE SPRINGS haben wir noch einmal die Gelegenheit zur Parkplatzübernachtung, direkt auf dem Wendekreis des Steinbocks / Tropic of Capricorn. Hier holt uns der australische Winter ein. Oben, bei MOUNT ISA herrschten noch Temperaturen von bis zu 30°C tagsüber, nachts um die 20°C. Im nördlicheren DARWIN spricht der Wetterbericht von 35°C Tages- bei 25°C Nachttemperaturen. Mitten im Kontinent ohne mäßigenden Meereseinfluss liegen wir nur noch bei 15°C am Tage, trotz ununterbrochenen Sonnenscheins, und 2°C nachts. Je südlicher wir fahren, umso kälter soll es werden.  Alice Springs im Morgengrauen DSCN5594

Noch bei Sonnenaufgang erreichen wir die Stadtgrenze von ALICE SPRINGS, dieser Halbwüstenmetropole. Erstaunlich grün kommt sie uns auf den ersten Blick vor. Das alltägliche Leben scheint noch nicht erwacht zu sein, also fahren wir hinauf auf den ANZAC Hill für einen morgendlichen Stadtüberblick. Dieser macht sich fantastisch: Die Häuser sind in dem vielen Grün nicht leicht auszumachen. Der Stadtkern gefällt durch seine moderne, aufgelockerte Architektur. Direkt in der Fußgängerzone konkurrieren mehrere Aboriginal Art Galleries miteinander. Vom Verkäufer sollte man sich nicht abschrecken lassen, die Kunstwerke mit ihren bestechenden Mustern in Ruhe zu betrachten. Über TV-Schirme werden Filme über die Aboriginal Künstler und deren Arbeitsweise gezeigt. ALICE SPRINGS sagt von sich selbst, dass hier die „modernen Aborigines“ zuhause sind, die sich den „modernen Lebensanforderungen“ gestellt haben. Mag sein, wir erleben sie auch nicht anders als in anderen Städten und Dörfern.

Besichtigungsanlässe finden wir in der Stadt mehr als genug. Um sie alle zu besuchen, bräuchten wir sicherlich mehr als eine Woche. Also beschränken wir uns auf solche, die sich von vorherigen vielleicht ein wenig abheben.

Der Alice Springs Desert Park mag zu dieser Kategorie zählen. Wir erleben ihn als gelungene Mixtur aus Botanischem Garten, Zoo und Aboriginal Cultural Center. Von jedem ein wenig mit viel Auslauf für Tier und Mensch.

The Old Ghan  Freiluftklasse
The Old Ghan Freiluftklasse

Viele Städte punkten mit einer Hall of Fame. ALICE SPRINGS wartet gleich mit zwei solcher Ruhmeshallen auf. Die eine befindet sich im Museum of Transport. Beleuchtet wird die Wichtigkeit der Erschließung des Outbacks durch mechanische Transportmittel, allen voran durch den Bau der Eisenbahn. The Old Ghan gilt als Schlüsselerfindung. Ihr wird  ein breiter Raum eingeräumt mit Außen- und Innenbesichtigung des historischen Zuges. Erst sein Einsatz hat das Outback wirklich erschlossen, ohne die Ergebnisse der Erforschungsreisen zu Fuß, auf Pferderücken oder mit Kamelen schmälern zu wollen. Die zweite Hälfte dieses Museums widmet sich dem Auto, als PKW, Bus aber mit besonderem Akzent auf LKW. Denn sie sind für den heutigen Outback-Transport ein unerlässliches  Verkehrsmittel. Das gilt in besonderem Maße natürlich für die Road Trains. Wie diese besondere Geschichte begann, kann den allerersten Road Train hier besichtigen, einen Viehtransporter. Und wen beherbergt nun die Ruhmeshalle? Alles was sich als Trucker im On und Off Road Schwerverkehr einen Namen gemacht hat. Dabei spielt es aus unserer Sicht auch keine Rolle, ob wir Namen kennen oder nicht. Die Leistungen dieser Kapitäne der Landstraßen sind einfach grandios. Es gibt zwar auch den Begriff der Truckerette. Doch dieser Beruf bleibt hier immer noch eine Männerdomäne.

Da ist es nur logisch, dass im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit das weibliche Gegenstück auch mit einer Hall of Fame aufwartet, The National Pioneer Women Museum. Bei dem Begriff „Pioneer“ kommt uns natürlich sofort die Erstbesiedlung durch europäische Einwanderer in den Sinn. Diesen heldenhaften Frauen wird in der Ruhmeshalle auch ein Denkmal gesetzt. Doch die Ausstellung und Dokumentation geht weit darüber hinaus. Allen Frauen, die bahnbrechend als erste auf einem Gebiet für Australien gewirkt haben oder noch wirken, wird hier ein Denkmal gesetzt. Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen Aborigines oder europäischen Herkunftswurzeln. Um auch nur einen Hauch aller in der Ruhmeshalle aufgezeichneten Pionierleistungen erfassen zu können, soll man genügend Zeit mitbringen, denn es muss viel gelesen werden. Nach dem eindrucksvollen Rundgang bleibt für uns allerdings eine Frage unbeantwortet. Warum hat man diese wertvolle Dokumentation ausgerechnet in ein Gebäude des musealen Gefängnisses „The Old Goal“ in unnetter Nachbarschaft zu historischen Gefängniszellen integriert?

Flynn Gedächtniskirche
Flynn Gedächtniskirche

Ein weiteres Mal treffen wir in der Stadt auf den „Albert Schweizer“ des Outback, Reverend Flynn. Hier hat er als Superintendent viele Jahre gewirkt und die entscheidenden Maßnahmen und Schritte für den Aufbau der Royal Flying Doctor Services unternommen. Aus Dank hat man ihm in der Innenstadt eine Flynn Gedächtniskirche gewidmet. Sein Grab befindet sich 6km westlich der Stadt, stilecht  auf einem Outback Hügel vor einer Outback typischen Felswand in Outback charakteristischer Vegetation mit einem riesigen Felsbrocken auf einem Sockel. Der schlichte Ort gleicht einer Pilgerstätte.

Gehen wir noch gemeinsam ins Central Australian Museum. Man findet es im sogenannten Alaruen Cultural Precint in direkter Nachbarschaft mit einem Aboriginal Cultural Center und dem Strehlow’s Research Institute.

MacDonnell Ranges East
MacDonnell Ranges East

Was macht das Museum so interessant? Außer einer Ausstellung über Tiere im Outback behütet es zum einen ein Meteoritenstück, welches vor rund 4.000 Jahren auf die Erde fiel (s.u.). Zum anderen steht dort in nachgebauter Skelettform der größte Vogel, der jemals auf Erden gelebt haben soll, vor gut 4 Millionen Jahren. Zum dritten widmet sich das Museum und die Ausstellung zu dem angegliederte Forschungsinstitut dem missionarischen Schaffen des deutschen Pastors Carl Strehlow.

MacDonnell Ranges West
MacDonnell Ranges West

Somit können wir eine direkte Verbindung in die westlichen MacDonnell Ranges zu dem Dorf HERMANNSBURG knüpfen.

Hermannsburg
Hermannsburg

Denn hier hat Carl Strehlow von 1894-1922 als evangelischer Pastor gewirkt und missioniert. Dazu muss man wissen, dass es sich bei dem Ort um das Aboriginal Dorf Ntaria handelt.

Hermannsburg
Hermannsburg

Strehlow errichtete hier ein umfangreiches Missionsdorf mit Kirche, Schule, Krankenstation, Schmiede, Gerberei, Bäckerei mehreren Wirtschaftsgebäuden und Wohnhäusern. Neben der kirchlichen Arbeit widmete er sich besonders der schulischen Ausbildung der Kinder. Ohne von ihrer Muttersprache, dem Arrarnta zu lassen, lernten die Kinder und auch Erwachsenen Englisch. Viele ließen sich taufen. Strehlows Erbe wirkt auch heute noch in Form einer aktiven evangelischen Gemeinde.

Die MacDonnell Ranges gelten als wahre Naturperlen. Wie die Querbalken eines Kreuzes erstrecken sich westlich und östlich der Stadt. Hohe, schroffe Gebirgsketten sind ihr Markenzeichen. Jeweils eine gut geteerte Stichstraße führt in sie hinein. Im Westen rund 160km bis nach GLEN HELEN. Abstecher führen zum Simpsons Gap, dem Serpentine Gorge und dem Ormiston Gorge, zu den Orchre Pits sowie zum Ellery Creek Big Hole. Allesamt bestauenswerte Naturerscheinungen. Die größte Attraktion ist dabei der Standley Chasm mit seinen 80m hohen Felswänden.  

Standley Chasm
Standley Chasm

Auf der gegenüber liegenden Seite, im Osten, verläuft die Straße rund 70km bis zu einem Resort. Auch auf diesem Abstecher wirken die Felswände wie Postkartenpanoramen, manchmal durchbrochen von einer großen Felslücke, aber immer parallel zur Straße. Für jeden Arm nehmen wir uns einen Tag Zeit, um die fantastischen Aussichten in Ruhe genießen zu können. Beim Oststrang lohnen sich besonders Kurzwanderungen an Emilys Gap, Jessie Gap und dem Corroboree Rock.

Die Solar Capital ALICE SPRINGS und Umgebung bilden fast eine kleine Reise für sich. Doch allmählich zieht es uns weiter südlich zu einer anderen markanten Outback Sehenswürdigkeit.

Meteoriten Kraterrand
Meteoriten Kraterrand

Gut 4.000 Jahre sind seither vergangen, als ein Meteorit 130km südlich von ALICE SPRINGS, nahe der winzigen Gemeinde HENBURY mit einer Geschwindigkeit von 40.000km/h auf die Erde prallte. Es heißt, glücklicherweise zerlegte er sich vor dem Aufprall in viele Einzelteile, sonst hätte ein Erdbeben den Globus eventuell aus seiner Umlaufbahn geworfen. So lief der Zusammenstoß einigermaßen glimpflich ab. Er brachte außer 12 Kratern mit Durchmessern zwischen 7m und 180m bei teilweise 15m Tiefe lediglich noch einige Felsen zum Einsturz. Einige Tonnen an Nickel-Eisen-Meteoritenbrocken konnten für die heutige Forschung noch geborgen werden. Die großen Krater entstanden durch Fragmente so groß wie ein 200L Benzinfass. Heute können einige dieser Krater umwandert werden. Hierfür biegen wir kurz hinter HENBURY vom Stuart Highway westlich auf eine Schotterstraße ab, die nach 15km am entsprechenden Parkplatz (mit Übernachtungsmöglichkeit) endet. Der interessanteste Rundweg führt auf dem Rand um den größten Krater herum. Verschiedene Informationstafeln erläutern Absturz und Auswirkungen des Meteoriteneinschlags. Was wäre, wenn der Himmelkörper nicht in dieser gottverlassenen Gegend niedergegangen wäre? Das kann sich  nun jeder selbst ausmalen.

Red Center
Red Center

Wir wollen jedenfalls ohne Meteoritenbegleitung ins Herz des Roten Zentrums vorstoßen, zum Ayers Rock und dem Kings Canyon. Australiens Hauptattraktionen liegen nur noch 500km von den Kratern entfernt. Hier im Outback firmiert diese Entfernung unter Kurzstrecke.