Archiv der Kategorie: Europa

On Tour 16-GB SCO „Baumstammstemmen und Bergcrosslauf – Schottische Highland Games“

Berg für Hill Race
Berg für Hill Race

Sie sind schon eine besondere Mischung aus Sportwettkampf und Tanzturnier, diese schottischen Highland Games. Die Tanzprüfungen bleiben überwiegend der Jugend, vorwiegend der weiblichen, vorbehalten. Zu live vorgetragener Dudelsackmusik, oft mit vielköpfigen „Pipe Bands“ im Rahmenprogramm,  messen sich die meist 10-14 Jahre jungen Tänzerinnen auf einem Podest z.B. im Tanz über gekreuzte Schwerter.

Schottentracht
Schottentracht

Parallel dazu finden unterschiedliche Sportwettkämpfe statt, allerdings in vielen Disziplinen, die auf sonst „üblichen“ Sportveranstaltungen unbekannt sind.

Bei typisch schottischem Wetter, d.h. viele heftige Regenschauer durchfeuchten Sportler wie Zuschauer, erleben wir diese Highland Games in dem kleinen Ort ALVA (3.500 Einwohner) irgendwo zwischen Glasgow und Edinburgh. Wer hier an dörfliche Provinzialität denkt, hat weit gefehlt. Die Aktiven kamen aus aller Herren Länder, auch aus den USA. Denn die ALVA-Spiele sind weit über die regionalen Grenzen hinaus bekannt.

Craig Dunbar-Organisator
Craig Dunbar-Organisator

Rund 200 Sportler im Alter von 9 bis 74 Jahren kämpfen heute um Ruhm und Preisgelder, erklärt uns der Organisator, Graig Dunbar in einem Gespräch. ALVA blickt auf eine lange Tradition von Highland Games zurück. In diesem Jahr werden sie schon zum 158. Mal durchgeführt. Eigentlich reiche die Tradition dieser Spiele bis in das  9.Jh. zurück. Unter den Augen von König oder Chief besaßen sie damals jedoch eher einen kultisch-religiösen Charakter. In der Gegenwart spiegele sich diese Seite noch in den Tanzwettkämpfen wider.

Die kriegerische Komponente zeige sich in den Sportwettkämpfen. Gute Läufer gäben schnelle Kuriere ab, starke Männer eine zuverlässige Leibwache.

Und was sich davon bis in die Gegenwart gerettet? Gut, Pferderennen wurden durch Wettkämpfe auf Stahlrössern ersetzt, HighTEC-Räder bleiben verpönt.

 

Hill Race
Hill Race

Zahlreiche Laufwettbewerbe auf regenglattem Rasen über alle möglichen Kurz- und Mittelstrecken füllen den Tag. Am anspruchsvollsten ist dabei das „Hill Race“ .(der Berglauf). Eine Differenz von rund 500 Höhenmetern, querfeldein einen steilen Berg bis zur Wendemarke am Gipfel und wieder zurück zum Veranstaltungsort, sind dabei zu überwinden. Gelaufen, oder besser geklettert, wird dabei in drei Altersklassen: Jugendliche unter 12 (!) Jahren müssen die halbe Höhe erklimmen, junge Leute bis 17 dürfen nach rund 350 Höhenmetern wieder umkehren. Und die Erwachsenen durchlaufen oder durchschlittern die volle Distanz.

Wir dachten zunächst, das wird ja ewig dauern, bis die Läuferinnen und Läufer wieder ins Ziel einlaufen. Weit gefehlt!

Schottentracht, feierlich
Schottentracht, feierlich

Der Sieger der jüngsten Gruppe, ein Elfjähriger durchlief bereits nach knapp 10 Minuten das Zielband. In der mittleren Altersgruppe dauerte es auch nicht viel länger als 15 Minuten, bis der Sieger gekürt werden konnte. Und auf der vollen Distanz? Nach ganzen 22  Minuten von Start bis Ziel konnte auch hier der über und über mit Matsch beschmierte Champion ausgerufen werden. Der schottische Rekord, in ALVA aufgestellt, soll bei knapp 18 Minuten für den kompletten Gipfelsturm liegen.

Nun darf man sich dieses Rennen nicht so vorstellen, dass die Läufer die Sportstätte verlassen und erst bei ihrer Rückkehr wieder gesichtet werden. Nein, der Zuschauer kann ihr mühevolles Rennen am fast baum- und strauchlosen Berghang die gesamte Zeit über verfolgen. Leuchtende weiße, schimmernde rote und undeutliche dunkle Punkte quälen sich den Hang hinauf, laufend, kriechend, zum Teil krabbelnd, die gelben, weithin sichtbaren Wendmarken anschlagend und wieder zurück den glitschigen Abhang hinunter. In der Tat, so werden „gute, ausdauernde Kuriere“ kreiert.

Gewichtwerfen
Gewichtwerfen

Und die „Leibwachenfindung“? Starke Männer, Schränken ähnlich, lautet das Stichwort. Gewandet in den Schottenrock (Kilt), mit und ohne Kopftuch  üben sich diese äußerlich rauen Riesen gleich in mehreren Wettkämpfen.

Die umgänglichsten Wettkämpfe sind dabei das „einfache“ Kugelstoßen bzw. das „Tug-o-War“ (dt: Tauziehen). Erheblich gewöhnungsbedürftiger kommen dann aber bereits „Kettenkugel-“ und der „Besenstielhammerwurf“ daher. Ersterer darf nur mit einer Hand ausgeführt werden, bei letzterem krallen sich die Wettkämpfer mit ihren „Schnabelschuhen“ in den Rasen, um nicht von dem Schwung der Hammerkugel selbst aus dem Sicherheitskreis geschleudert zu werden.

Als Königsdisziplinen der Kraftprotze präsentieren sich dann schließlich das „Weight the Height“ und anschließend das „Tossing the Caber“. Zunächst  muss ein Gewicht von 25kg einhändig über eine Hochsprunglatte geworfen werden. Dabei muss der Werfer aufpassen, dass das Geschoss ihm nicht wieder auf den Kopf fällt, da er es rückwärts hochschleudert. Die erreichte Siegerhöhe lag immerhin bei 4,20m. Man muss sich vorstellen, dass man 25 ein Kilo schwere Zuckertüten zugleich über einen Doppeldeckerbus schleudern soll.

Baumstammstemmen
Baumstammstemmen

Und nachdem doch nun alle total erschöpft sein müssten, schleppen  für das „Tossing the Caber“ zwei Ordner noch einen rund 6m langen Baumstamm herbei. Mühevoll wird er aufgerichtet und einem Wettkämpfer übergeben. Dieser muss ihn mit bloßen Händen senkrecht aufnehmen, was sich, vom Gewicht gar  nicht zu reden, schon als schwieriger Balanceakt erweist. Ein kurzer, schwankender Anlauf, und dann soll das Ungetüm so fortgeworfen werden. Die Wurfweite spielt dabei keine Rolle. Der Baumstamm soll sich vielmehr  über seine Enden kugeln, um anschließend möglichst in „Zwölf-Uhr-Position“ zum Werfer liegen zu bleiben. Kräftemäßig und technisch so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit.

Unser Fazit: Wer etwas typisch Schottisches erleben möchte, besuche eines dieser Sportfestivals, die zwischen Ende Juni und Anfang September im ganzen Land abgehalten werden. Urtypisch zeigen sie sich jedoch meist nur noch in den kleineren Gemeinden, wie z.B. in ALVA. An größeren und bekannteren Veranstaltungsorten sollen sie eher zu „touristischem Spektakel“ verkommen, versicherte uns unser Gesprächspartner.

On Tour 15-GB SCO „Schottengeiz“

Verwundert fragt der Arzt seinen schottischen Patienten: „Wie kommen denn die vielen Holzsplitter in Ihre Zunge?“ – „Ganz einfach“, antwortet dieser, „der Barkeeper hat Whiskey auf dem Tresen verschüttet“.

Threave Garden - Keine Statue
Threave Garden – Keine Statue

Dieser und weitere unzählige, oft platte, geschmacklose Witze prägen oberflächlich unser Schottenbild des stereotypen Geizkragens. Und woher kommt es? Genau ist dieses Vorurteil  kaum zu belegen. Aber die Auffassung, dass dieser Sparsamkeitstrieb sich aus der Not bzw. Armut heraus gebildet hat, sollte nicht gleich gänzlich zurückgewiesen werden. Und wir wissen ja, die Grenzen zwischen – notgedrungener? – Sparsamkeit und Geiz sind fließend.

Wir sind nunmehr auf dem „Territorium der Geizigen“ Fuß gefasst, nach gut zweistündiger, ruhiger Fährfahrt von Belfast nach Cairnryan. Fördert es den Geiz, wenn auf dem Schiff ein volles Abendmenü (z.B. ½ Hähnchen oder Schnitzel jeweils mit reichlich Beilagen) für lediglich knapp £8,00 (ca. 10,00) kredenzt wird? Jedenfalls haben uns diese „Niedrigpreise“ doch überrascht und erfreut. Da sind wir von Frankreich und Irland her doch anderes gewohnt gewesen.

Geiz war aber doch im Spiel, zumindest was das Wetter und den erhofften Sonnenschein mit sommerlichen Temperaturen betrifft. Bei unserer abendlichen Schiffsankunft herrschte nicht nur dichter Nebel. Die Temperaturen waren auf weit unter 10°C gefallen, heftiger Regen prasselte an die Windschutzscheibe. Also erst einmal ein möglichst ruhiges Übernachtungsplätzchen in Hafennähe gesucht in stiller Hoffnung auf den Folgetag. Doch der meteorologische Geiz hielt an, das „schottische Atlantiktief“ lieferte ganze Arbeit.

Da wurde dann der Besuch des „Threave Garden“ am westlichen Solway Firth zu einem eher zwiespältigen Erlebnis. Die Gärtner hat’s gefreut, diese Sintflut!

Aber wer klagt, sollte lieber umkehren. Schottland ist nun halt mal kein „Adriaerlebnis“.

Dafür geht es hurtig weiter mit Burgen, netten historischen Städtchen und vor allen Dingen wieder viel, viel bewaldetem und auch kahlem Berghangrün.

Gretna Geen Hochzeitsstube
Gretna Geen Hochzeitsstube

Unser Weg führt uns nach Norden, immer auf der Küstenstraße A77 entlang, hin zum berühmten Culzean Castle mit dem nicht minder bekannten ovalen Treppenhaus. Architektonisch hat es alle Epochen überstanden, vom 15.Jh. bis hin in die Moderne. Große, künstlerische Gartenanlagen incl. eines der so beliebten „Walled Garden“ (dieses Mal bei gutem Wetter erkundet) betten es ein.

Culzean Castle
Culzean Castle

Der Blick aus dem runden Salon hinaus aufs Meer und hinüber zur Ailsa Craig Island und der Arran Island ist unbeschreiblich. Kein Wunder also, dass es sich auch zu einer viel gesuchten Veranstaltungs-, bes. Hochzeitsstätte gemausert hat. Preiswerter geht es in Gretna Green, diesem ehemaligen Hochzeitsparadies für noch nicht „Heiratsberechtigte“. Heute präsentiert es sich als kommerzialisiertes Museumsdorf, in dem man auch noch heiraten kann.

Lockerbie
Lockerbie

Nur wenige Kilometer entfernt erinnert ein „Remembrance Garden“ an die schreckliche Flugzeugkatastrohe (1988) von Lockerbie. Dieses vorher völlig unbekannte Dorf hat sich durch diesen Terrorakt bleibend ins Gedächtnis der Menschheit eingekerbt. Eine Gänsehaut – „Es hätte auch Dir passieren können“ – lässt sich beim Wandeln durch diese Gedenkstätte nicht unterdrücken.

Burns Zentrum in Ayr
Burns Zentrum in Ayr
Burns Cottage
Burns Cottage

Doch als die eigentliche Perle dieser Region erweist sich der Heritage Trail für „Robert Burns“. Besonders die Städte Dumfries und Ayr kennzeichnen den Weg dieses schottischen Volksdichters (1759-1796). Lieder, Gedichte und typisch schottische Geschichten (z.B. in der Figur des Schusters Tam O’Shanter) charakterisieren sein kompositorisches und literarisches Schaffen. Allerdings konnte der Lebenswandel des Poeten seiner künstlerischen Qualität nicht das Wasser reichen. Sein ausschweifendes Leben mit Alkohol und Frauen spricht Bände. Unklar ist bis heute noch die Zahl seiner außerehelichen Kinder – bei sechs ehelichen. In den beiden sehr sehenswerten „Burns-Centern“ in Dumfries und Ayr finden jährlich im Mai „Robert-Burns-Festivals“ statt oder musikalische Sonntagsmatineen. Wir durften einen keltischen Chor mit traditioneller, schottischer Musik im Robert-Burns-Zentrum Ayr genießen.

Die vier hier aufgesuchten Sehenswürdigkeiten vereint, dass sie alle vom „National Trust“ betreut werden. Dabei handelt es sich um eine „Non-Profit“-Organisation, die über ganz Großbritannien und Nordirland hunderte kulturelle und naturelle Schätze unter ihren Fittichen hat. Wir wollen an dieser Stelle den wohlgemeinten Ratschlag geben, eine einjährige Mitgliedschaft einzugehen. Sie kostet rund €60 p.P. (Stand: 2014). Anschließend genießt man „freien Eintritt“ und kostenlose Parkplatzbenutzung. Nach dem vierten, fünften Besuch einer derartigen Kulturstätte hat sich der Preis bereits amortisiert, also ein lohnendes Geschäft besonders für Langzeitreisende wie wir. Und was hat das mit Geiz zu tun? Überhaupt nichts, eher – bei übertriebener Empathie – mit finanzieller und ideeller Unterstützung einer guten Sache.

Glasgow alt und modern
Glasgow alt und modern

„Dirty Old Town“ – das war vielleicht einmal. Dieser Ruf hat Glasgow offensichtlich lange Zeit geprägt. Wer heute durch die Stadt schlendert, findet ein Festival an unterschiedlichen Architekturstilen und wohlrestaurierten Kirchenbauten neben hypermodernen Brücken, Museen und Kongress- bzw. Veranstaltungszentren. Der relativ schmale River Clyde durchquert majestätisch diese ansprechende Stadt. Unter den zahlreichen Museen und musealen Sammlungen sind besonders die „Gallery of Modern Art“ im Stadtzentrum und das „Riverside Museum“ hervorzuheben. Und nicht nur sie sind gut besucht, sicherlich wohl auch, weil alle städtischen Museen freien Eintritt gewähren. Wirklich gelungen!

Das eigentliche Stadtzentrum mit seinen Einkaufpassagen kann gut zu Fuß erobert werden. Für den Rest gibt es genügend Auswahl an Stadtrundfahrten zu gemäßigten Preisen.

Glasgow Kathedrale Evensong
Glasgow Kathedrale Evensong

Denn so gelangt man auch problemlos in die Glasgower Kathedrale mit der Necropolis und dem St. Mungo Museum ein wenig außerhalb des Zentrums. Mungo präsidiert als quasi „Nationalheiliger“ die kirchliche Welt. Ihm zu Ehren ist deshalb die riesige Kathedrale gewidmet, eigentlich zwei aneinander gefügte eigenständige Kirchen mit der Orgelempore als offener Raumteiler. Wer das Glück hat, dem sogenannten „Evensong“ lauschen zu dürfen, dieser musikalisch geprägten protestantischen Abendandacht, wird wegen der Akustik und der Qualität der Darbietungen den Kirchenraum wie berauscht verlassen.

On Tour 14–IRL/Nordirland „Grenzenlos“

Ostküste
Ostküste

Man merkt es nicht, wenn man von Irland nach Großbritannien/Nordirland wechselt, kein Schild, geschweige denn ein irgendwie gearteter Hinweis oder gar eine „Grenzstation“. Der Übergang ist in der Tat „grenzenlos“.

Eine gewisse Grenznähe wird höchstens spürbar, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen nunmehr in km/h und mp/h, Benzinpreise in und £ verzeichnet sind. Und die Bezeichnungen der Straßenkategorien haben gewechselt. Ansonsten aber alles wie gehabt.

Oder doch nicht ganz, denn man muss jetzt in £ bezahlen, was eigentlich nur eine Frage der rechtzeitigen Währungsbeschaffung darstellt. Grenzenlos kompliziert wird die Währungsfrage dann aber, wenn die in Nordirland nicht aufgebrauchten £-Scheine im sogenannten „mainland“, als auf Inselengland weiterverwendet werden wollen. Denn in  Nordirland gibt es vier verschiedene Banken mit Prägungshoheit – Bank of Scotland, Bank of Irleand, Ulster Bank, Bank of England. Also hat man meistens £-Scheine verschiedener Banken im Portemonnaie. Doch nur die mit dem Aufdruck „Bank of England“ werden dann im mainland akzeptiert. Oder man muss sie auf Postämter gegen erneute Tauschgebühr in die „wirklich englischen“ £-Scheinezurücktauschen. In einem zusammenwachsenden Europa mit einer großen €-Währungszone wirkt das Alles wie Gebaren ehemaliger Fürstentümer, in denen an jedem Stadttor eine andere Währung – und nur diese – galt.

Da bereitet das Sightseeing doch mehr Freude. Anlässe hierfür gibt es genug in Nordirland, angefangen bei der politisch-historischen Stadt Londonderry/Derry über die Hauptstadt Belfast bis hin zu den fantastischen Küstenformationen.

„The Bloody Sunday“ (30.01.1972) klebt wie Patina an der Stadtgeschichte von Londonderry und ihren Bewohnern. 13 Tote gab es zu beklagen, die Spannungen zwischen Protestanten und Katholiken steigerten sich ins Unermessliche. Der Ursprung dieser Spannungen geht zurück ins 17.Jahrhundert, aus heutiger Sicht sicherlich ein längst überholter, aber nie befriedeter Anlass (Stadtbelagerung durch Katholiken).

Ist es das Vorwissen um diesen Konflikt, welches das Gefühl einer unbeschwerter Besichtigung dieser Stadt mir ihrer vollständig erhaltenen und begehbaren Stadtmauer, mit der wunderschönen St. Columb’s Kathedrale, dem historischen Stadtzentrum, der Versöhnungsstatue bzw. der Peace Bridge nicht wirklich entstehen lässt? Vielleicht! Doch an allen Ecken wird man optisch auf diesen tiefgreifenden Konflikt gestoßen. An der Bishop’s Gate z.B. führt ein kleiner, schmaler Fußweg nur in ein von Protestanten bewohntes Stadtviertel, „versiegelt“ durch einen undurchdringlichen Sichtzaun. Zurück auf die eigentliche Straße kommt man nicht mehr. Viele Wandbilder mit Szenen des „Bloody Sunday“ zieren mannigfach die Hauswände. Und ob das weit sichtbare Wandbild mit der Aufschrift „You are now entering free Derry“ zur Versöhnung beiträgt, mag dahingestellt bleiben.

Giant's Causeway
Giant’s Causeway

Somit trieb es uns dann doch zum „freien Durchatmen“ relativ schnell zurück an die Küste. Und die hat es an purer Naturschönheit in sich. Der irische „Wild Atlanctic Way“ wurde abgelöst durch die „Causeway Coastal Road“ mit dem „Giant’s Causeway“ und der „Rope Bridge“ bei Ballintoy.

Rope Bridge
Rope Bridge

Geschätzte rund 40.000 meist sechseckige Basaltsäulen ragen beim Giant’s Causeway hinein ins Meer. Auf ihnen kann man herrlich herumklettern. Natürlich bleibt man dort nicht allein, besonders nicht an einem sonnigen Sommerwochenende. Aber die Menschenmassen verteilen sich auf dem ausgedehnten Wanderwegenetz (24km bis zur Rope Bridge). Es geht aber auch per Shuttlebus, um sich diese reizvolle Landschaft zu erobern.

„Giant’s Causeway“ bedeutet ja eigentlich „Damm eines Riesen“, womit wir wieder einmal bei einer tiefsitzenden lokalen Legende wären: Jedermann weiß, dass Riesen sich nicht gern nasse Füße einhandeln. Also baute Finn, der damalige Anführer des ehemaligen Fianna-Kriegerstammes (gab es wirklich! Finn wurde erst später als „Riese“ zur Legendenfigur) einen Steindamm hinüber nach Schottland, um seinen Erzfeind, den Riesen Benandonner zu besiegen. Denn nur so hätte er seine Geliebte ehelichen können. Und warum gibt es diesen Steindamm heute nicht mehr? Weil Benandonner ihn letztendlich aus Rache wieder zerstört hat.

Weniger legendenhaft erlebte die spanische Armada vor diesem Küstenstreifen Ende des 16.Jahrhunderts ihr Fiasko, nicht so sehr durch kriegerische Einwirkungen, denn durch witterungsbedingte. Jedenfalls sollen in den Stürmen rund 8.000 der insgesamt 22.000 Soldaten und Seeleute ums Leben gekommen sein.

Und überhaupt nicht legendhaft ist die Überquerung der bereits erwähnten „Rope Bridge“. Grenzenlose Schaukelfestigkeit und Schwindelfreiheit sind für ihr Betreten Grundvoraussetzung.

Und zum zweiten Frühstück – möglichst nach der Rope Bridge – gibt es eine Whisky-Probe in der Bushmills Destillery im Ort Bushmill, zumindest, wenn man die erste morgendliche Führung um 10.00Uhr bucht. Ist doch eine gute Einstimmung auf den vor einem liegenden Tag, oder nicht? In dieser Destille wird seit nunmehr gut 400 Jahren Whisky nach immer gleichem Grundrezept produziert. Da wird dann nach erfolgreicher Besichtigung und „Tasting“ die Panoramaküstenstraße noch enger, kurviger aber mit immerwährenden fantastischen Ausblicken nunmehr schon gen Osten hinüber nach Schottland.

Carrickfergus Castle
Carrickfergus Castle

Einen besonders hervorragenden Blick kann man sich gönnen vom Burgturm des majestätischen Carrickfergus Castles hinab und hinüber. Der „Wachturm“ Belfasts, einst monströse Normannenburg in Schlüsselposition an der Meereszufahrt nach Nordirlands Hauptstadt, gilt heute als Touristenmagnet, wohl auch wegen seiner ausgezeichneten Restaurierung.

Belfast unbeschwert
Belfast unbeschwert

Oh Gott, Belfast, Du Jahrhunderte lang vom Konfessionskonflikt geschundene Stadt! Gut, eine Rundtour rückt ihre Sehenswürdigkeiten ins rechte Licht, wie die alte, ehrwürdige Queen’s Universität, erzählt von den Docks, auf denen die Titanic gebaut wurde und schildert des Luxusliners schicksalhaftes Leben, führt vorbei an der St. Anne’s Cathedral, der gigantischen City Hall und dem Stormont (nordirisches Parlament). Letzteres ist in einem Tag-Wochenverhältnis genau 365 feet lang und zählt sieben Stockwerke.

Belfastkonflikt
Belfastkonflikt
Peace Grid
Peace Grid

Doch in dieser Stadt sind die „ewigen Spannungen“ spür- und sichtbar. Eine Mauer, höher als die ehemalige Berliner Mauer, und Stacheldraht bewehrt, die man fast liebevoll das „Peace Grid“ nennt, trennt Protestanten von Katholiken. Morgens werden einige eiserne Zauntore geöffnet, abends wieder verschlossen. Alles geschieht automatisch, buisiness as usual, Gefängnis robotisiert. Und trotz aller Friedensbemühungen, in die „No Go Areas“ sollten sich „Andersgläubige“ nicht wagen. Soweit geht die friedliche Stimmung während des offiziellen Waffenstillstandes noch nicht.

Ebenso wie in Londonderry veranschaulichen zahlreiche Wandbilder den Konflikt und seine Auswirkungen, natürlich je nach Religionszugehörigkeit parteiisch gestaltet. Wie man uns sagte, werden die „Murals“ (=Wandbilder) regelmäßig erneuert, gemäß der aktuellen Konfliktsituation. Und so verfolgt den Besucher auf Schritt und Tritt auch hier in dieser Stadt der religiös-politische Streit. Nach zwei Besuchstagen schnappten wir wiederum nach “freiem Durchatmen“.

Titanic Experience
Titanic Experience

Belfast ist die letzte Station auf der Tour durch die „Sinfonie in Grün“, Inselirland liegt nun hinter uns. Von den zahlreichen Küstenparkplätzen nördlich und südlich von Belfast (prima geeignet zum Overnight Parking) schweift der Blick bereits öfter hinüber nach Schottland. Zwei bis drei Fährstunden trennen uns nur noch von unserem nächsten großen Reiseabschnitt.

On Tour 13–IRL/Nordwesten „Freier Blick – nicht nur auf den Atlantik ”

Furchtlos
Furchtlos

Man mag es kaum glauben, aber es gibt in Irland doch von Hecken fast freie Landstriche. Endlich kann der Blick wieder in die Ferne schweifen, hier „oben“ in der Nordwestecke. Die Landschaft wird rauer und kahler, fast fjellartig mit schroffen Bergmassiven, noch nicht alpin aber immerhin. Unterstrichen wird dieser Eindruck durch mitunter fast kahle Berghänge, an den nur noch einige Schafe Futter finden, sowie hin und wieder durch einen plätschernden Wasserfall wie z.B.den Glencar Wasserfall etwas nördlich von Sligo. Selbstverständlich bleiben auch die Höherundwege mit freiem Atlantikblick ein Juwel. Der „Skyroad“ beim Küstenort Clifden gewährt Ausblick „fast bis nach Amerika“. Die „Slieve League Cliffs“ an der Nordwestspitze der Insel sowie der „Malin Head“ als Northernmost Point of Ireland stehen dem in nichts nach.

Malin Head
Malin Head

Und genau an diesem nördlichen Cap hat man mit großen weißen Steinen das Wort „EIRE“ auf grünem Rasen ausgelegt. Ein Einheimischer erklärte uns, dass es sich dabei um ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg handele. Gedacht war es für evtl. deutsche Bomberpiloten, die gen England flogen und vielleicht glaubten, hier beginne bereits britisches „Feindesland“.

Ein weiterer Nationalpark, der Connemara NP lässt nicht lange auf sich warten. Er sei besonders Wanderfreunden empfohlen, die unterwegs bestimmt die bekannten Connemara Ponys treffen. Gesäumt wird der Fernblick stets durch die „Twelve Bens / Zwölf Gipfel“, unter ihnen der „Heilige Berg“ der Iren. Croagh Patrick lautet sein Name nach dem Nationalheiligen. Wie überliefert soll der Heilige Patrick im Jahre 441AD dort droben in ca. 800m Höhe 40 Tage lang gefastet und gebetet haben. Die Zeitspanne kommt Bibelkundigen sicherlich bekannt vor. Jährliche Prozessionen auf den Berg erinnern an dieses Ereignis.

Galway Fußgängerzone
Galway Fußgängerzone

Städtebummler kommen in der nördlich-westlichen Inselecke gleichsam auf ihre Kosten. Wer Verkehrsgewühl und eine Stadtrundfahrt im Schritttempo liebt, begebe sich nach Sligo. Wenn man Glück hat, kann man die Stadt aufgrund des meist ruhenden Verkehrsflusses nach einer Stunde wieder verlassen.

Ein Ausflug nach Galway hingegen lohnt bereits wegen des feinsandigen, weitläufigen Strandes samt zwei Meilen langer Promenade. In der Innenstadt mit Fußgängerzone spielen zahlreiche Musikgruppen genussvolle „Pure Irish Drops“, das Touristengeschäft brummt. Da übersieht man dann leicht und schnell ein dunkles, stadtgeschichtliches Kapitel. Die tragische Geschichte  soll sich Ende des 15. Jahrhunderts abgespielt haben, als der damalige Bürgermeister Lynch, ausgestattet auch mit der absoluten Gerichtsbarkeit, seinen eigenen Sohn wegen Mordes zum Tode verurteilte und hinrichten ließ.

Freundlicher, vom Stadtbild und der Historie her, präsentiert sich der nördlichere Urlaubsort Donegal. Kleinstädtisch geprägt mit dreieckigem Marktplatz in der Ortsmitte lädt er zum Bummeln ein. Angenehmer wäre es noch, wenn sich nicht der gesamte Durchgangsverkehr dort auch hindurchzwängen müsste.

27 Sorten Bratwurst
27 Sorten Bratwurst

Hier am Markt haben wir durch Zufall einen Schlachterladen mit Bratwurstspezialitäten aufgespürt. 27 verschiedene Sorten bot er feil, alle frisch, lecker und preiswert. Gelernt habe er sein Handwerk in Deutschland, erläuterte Mr. Butcher, seine Kühltheke habe er 1974 in Frankfurt / Main erstanden. Sie funktioniere noch immer einwandfrei.

Selbstverständlich darf die obligatorische „Burg der Region“ nicht fehlen. Sie erhebt sich mitten in der Stadt. Über gut vier Jahrhunderte diente sie als Residenz des O’Donnells-Clans. Neben den üblichen Hinterlassenschaften weist sie aber zwei Besonderheiten auf. Zum einen kann man das „Stolper-Treppenhaus“ erklimmen. Dabei wurden die Stufen der Wendeltreppe uneben gestaltet, um feindliche Schwertkämpfer zum Stolpern zu bringen. Die Treppe windet sich im Uhrzeigersinn nach oben. Die bot den O’Donnells, die Rechtshänder waren, an den Treppenbiegungen den nötigen Platz, um die Feinde mit dem Schwert niederzustrecken, immer schön einen nach dem anderen. Mehr Platz war nicht!

Etwas „anrüchig“ liest sich hingegen die Story mit dem „Abtritterker“. Nie gehört den Ausdruck? Man könnte auch einfacher „mittelalterliche Toilette“ sagen. Nach nicht belegter Überlieferung musste in den offenen Abortschacht, der als „Plumsklo“ direkt in den Fluss führte, ein bestimmter Winkel eingebaut werden, so dass die Burgbewohner nicht von feindlichen Bogenschützen überrascht werden konnten.  Aha! Somit wird auch deutlich, warum in unserer Zeit in der Bahn, dem Flugzeug oder auf Schiffen nur mit „geschlossenen Systemen“ gearbeitet wird.

Lernen können wir aber noch von der zweiten Funktion der „Abtritterker“. Sie dienten nämlich auch als Kleiderablage. In den Wandlöchern war mit Stangen eine Bank befestigt, auf welche die Bewohner ihre Kleider legten. Denn man glaubte damals, dass die Kleider durch das im Raum wabernde Ammoniak des Urins desinfiziert werden. Fazit: Alles Bio, wozu brauchen wir chemische Reinigungen.

B&B neolithisch
B&B neolithisch

Wir bleiben noch ein wenig beim Historischen. Freie Blicke, im wahrsten Sinne des Wortes, bieten zwei historische Stätten mit Ausgrabungen und Funden aus den Jahren 4000 bis 2000 BC. Die bereits an der Nordküste gelegenen „Céide Fields and Cliffs“ zeigen entsprechende neolithische Mauer- und Siedlungsausgrabungen. Das ausgezeichnete Visitor Center ist gespickt mit nützlichem Informationsmaterial (auch mehrsprachig).

Knapp 100km nordöstlich erhebt sich der Steinkreis „Grianán Aligh“. Er könnte als Vorläufer alter römischer Arenen dienen. 23m im Durchmesser bot und bietet er als vorchristliche und später auch christliche Kultstätte in seinem Inneren auf drei Terrassen viel Platz für Zuschauer.

Torfstechen
Torfstechen

 

Als dritte „Historienstätte“ sei das Folk Village im Küstendorf Glencomcille erwähnt, leicht zu finden bei den oben erwähnten „Slieve League Cliffs“. Das Dorf beleuchtet die „jüngere Geschichte“ der dortigen Torfbauern aus dem 18./19. bzw. 20.Jh. Entstanden ist dieses Freilichtmuseum eigentlich aus der Not heraus. Eröffnet wurde es erst 1967 auf Initiative des damaligen Ortspfarrers James Mc Dyer hin. Als dieser 1951 in diese gottverlassene und armselige Region versetzt wurde, erkannte er schnell, dass die Bewohner außer Torfstechen kaum Möglichkeiten hatten, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Folk Village
Folk Village

Eine stetige Abwanderung war die logische Folge. Diese Entwicklung konnte Pfarrer Mc Dyer durch das Museumsprojekt quasi als langjährige Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und späteren Strukturwandel hin zum Tourismus zumindest erheblich eindämmen. Die Anzahl der Museumsbesucher legt Zeugnis vom Erfolg des Projektes ab.

Wir sind angekommen im Norden der Insel und damit auch am Ende des „Wild Atlantic Way“ am „Malin Head“. Politisch verlassen wir nunmehr Irland, geographisch und inselmäßig allerdings noch nicht. Die zu England gehörende Provinz „Nordirland“ ruft.

Irlandflagge P1120013Ach ja, eines wollen wir doch noch erwähnen, die Symbolik der irischen Flagge. Sie spricht eigentlich Bände über dieses von Eroberern, irdischen und kirchlichen, oft gequälten Volkes. Die drei Farben Grün, Weiß, Orange werden als „Symbol der Hoffnung“ angesehen.  Dabei steht das Grün erstens natürlich für die Natur, tiefgründiger aber für  die gälische bzw. frühere anglo-normannische Bevölkerung. Das Orange repräsentiert die protestantischen Anhänger von Wilhelm von Oranien. Das Weiß schließlich reflektiert den Frieden, der zwischen diesen Gruppen herrschte, sozusagen als Wink in die Zukunft.

On Tour 12–IRL/Westen „Limerick(s) – aber nicht nur”

Bevor wir für einen weiteren kleinen Inlandschlenker den „Wild Atlantic Way“ kurz verlassen, schauen wir noch einmal in einer Kleinstadt, in Tralee vorbei. Was zieht uns in diesen quirligen Ort? In erster Linie der Museumskomplex „Kerry County“, aber auch der

Tralee Rosengarten
Tralee Rosengarten

Stadtpark mit seinem Rosengarten.

Hervorragend anschaulich wird dem Besucher die Geschichte von 8.000 v.Chr. bis in die Jetztzeit dargeboten, in drei verschiedenen Ausstellungen. Und im Kellergeschoss präsentiert sich die „Medivial Experience / Mittelalterliche Erfahrung“ als hautnahes Erlebnis. Dieses Kellermuseumsdorf lässt die damalige Zeit in „lebensechter Darstellung“ aufleben. Alles ist hervorragend gestaltet. Eine Besichtigung, die lohnt.

Schwärmen wollen wir auch vom Rosengarten im städtischen Park gleich nebenan. Mit viel Liebe und KnowHow ist die Anlage gestaltet. Farben und Formen der „schönsten Blume der Welt“ sind perfekt aufeinander abgestimmt. Auf einem jährlichen Festival wird  „The Rose of Tralee“ gekürt, eigentlich ein Schönheitswettbewerb mit der heimlichen Krönung der „Miss Irland“.

Limerick
Limerick

Doch nun zur eigentlichen Überschrift: Limerick hat Doppelbedeutung. Zum einen heißt so die Stadt am River Shannon, zum anderen beschreibt der Begriff eine Form von „Volkspoesie“ mit festem Versrhythmus. Hier ein aus der eigenen Situation heraus gedichtetes Beispiel:

 

“Earned not Given” – ein Leben “On Tour”

Ohne Stress, mit viel Zeit, ohne Uhr,

Irlands Küsten tiefgrün,

Fuchsien blutrot erglüh’n

Oh welch kraftvolle Schöpfung – ganz pur!

Am Schluss dann noch ein authentisches, irisches Beispiel.

Und die Stadt? Wie soll man es ausdrücken? Man muss schon kräftig graben, um den Charme der Stadt zu entdecken. Zwei Wahrzeichen sind immerhin weithin sichtbar in diesem halb modernen Häusergewirr, das King John’s Castle und die St. Mary’s Cathedral. Doch auch diese beiden Perlen können die wenig ansprechende industrielle Umgebung kaum aufwiegen.

Bunratty Castle
Bunratty Castle

Also rollen wir schnell wieder hinaus, dieses Mal auf der Nordseite des River Shannon, zum nur 15km entfernten „Bunratty Castle and Folk Park“. Zu entdecken gilt es eine große Burganlage, die nicht nur gut erhalten ist, sondern auch eingerichtet wurde wie zu Zeiten der Earls of Thomond im 15.Jh. Vom Keller bis zur Zinne können alle Treppen erklommen und fast alle Gemächer besichtigt werden. Und wer dann großen Appetit verspürt, reserviert für das abendliche Mittelalterschlemmen im zeitgemäßen Thronsaal. Rund um die Burganlage schlendert man dann durch ein Museumsdorf mit Gebäuden aus der Region und mehrerer Epochen. Die für diesen Besuch investierte Zeit war sicherlich nicht vergeudet.

Head Loop am Abend
Head Loop am Abend

Zurück zur Westküste, auf den spannenden „Wild Atlantic Way“.Wie könnte man den Unterschied zwischen den weltberühmten „Cliffs of Moher“ und dem völlig unbekannten, etwas südlicheren „Head Loop“ beschreiben? Gemeinsam ist beiden Anlaufpunkten, dass eine raue, felsige Küste das Landschaftsbild prägt. Hohe, steil abfallende Cliffs, Moher bis 220m hoch, Head Loop etwas niedriger, reizen geradezu, auch einmal über den Rand zu schauen. Die Spitze des Head Loop ziert ein Leuchtturm, die Moherkliffs ein hervorragendes

Cliffs of Moher
Cliffs of Moher

Besucherzentrum, und im nahen Ort Doolin werden Bootstouren angeboten zu den gegenüber liegenden Aran Islands und an den Cliffs entlang. Und damit sind wir bei den Unterschieden. Head Loop gibt es für umsonst, Moher kostet, da touristisch vereinnahmt, nicht wenig Eintritt, bei fast identischer Aussicht, nämlich demselben Atlantikblick. Also, wer Einsamkeit und Abgeschiedenheit sucht, mag sich für Head Loop entscheiden, die anderen für die Cliffs of Moher. Am besten ist es  für beide!

Und gleich nebenan kann man durch „The Burren“ (übersetzt: felsiger Untergrund) wandern, denn Moher und Burren gehören zu einem Geopark und sind als UNESCO-Weltnaturerbe geschützt. In Kilfenora, der Stadt der steinernen Kreuze, lohnt sich der Besuch des Burren-Informationscenters.

The Burren
The Burren

Dieser Burren bedeutet noch „unberührte“ Natur. Hinsichtlich eines immergrünen Irlandbildes stellt er eigentlich eine irreale Welt dar: Unerwartet zwischen saftigen Weiden auftauchend, kaum nutzbar, eine Ausnahmeerscheinung im sonstigen irländischen Naturell. Somit kann man eigentlich nur stundenlang über vom Wind durchfegte, platte, abgeschliffene, plateauartige Kalksteinfelsen wandern bis zum 5.000 Jahre alten Steingrab, dem Poulnabrone Dolmen. Die Felsoberfläche fügt sich wie bei einem Puzzle ineinander, in den Auswaschungen und Rillen bewachsen mit einheimischem Bodendecker wie dem Efeu. Oliver Cromwells Kartograph beschrieb dieses ebene „Felsenauge“ als „wild und zu trocken, um jemanden zu ertränken, von keinen Bäumen durchsetzt, um jemanden aufhängen zu können, mit zu wenig Erde versehen, um jemanden zu bestatten“. Prima, jeder pflegt seine eigenen Beschreibungscharakteristika.

Und nun noch das versprochene, authentische Beispiel für einen Limerick (freigegeben für Leserinnen und Leser ab 18 Jahren):

A gentle friend of Miss Mee

Who found her neckline invitingly free

So meaning no harm

He inserted his arm

And tenderly petted ….. her knee.

On Tour 11–IRL/Westen „Ringreiten”

Kerry-Cliffs
Kerry-Cliffs

Wenn auf den entsprechenden Reitturnieren tatsächlich so viel Betrieb herrschte wie hier am und auf dem „Ring of Kerry“ oder dem „Ring of Dingle“, die Veranstalter würden sich die Hände reiben. Obwohl noch nicht einmal „peak season“, also Hochsaison“ herrscht,  tummelt sich bereits ein buntes und umfangreiches Touristenvölkchen auf den einzigartigen Panoramarouten. Man findet alle Spielarten der Fortbewegung, am häufigsten natürlich per Auto, Wohnmobil oder – besonders lecker auf den schmalen Straßen – Reisebussen, daneben aber auch Wanderer, Fahrradfahrer und Biker. Selbst hoch zu Ross umrunden Wagemutige die Halbinseln.

Man muss noch nicht einmal direkt auf den eigentlichen Scenic Routes rollen, um das Gedrängel genießen zu dürfen. Bereits in Kenmare, am südlichen Ende der ersten Halbinsel, stärker noch etwas nördlicher in Killarney, dem eigentlich „Tor zum Kerryring“ schieben sich die Touristen gleichsam durch die Straßen. Das Angebot ist entsprechend, die Preise auch. 5,50 Euro für zwei kleine Kugeln Eis sprechen Bände. Da sehnen wir uns schnell an der Einsamkeit der südlicheren Küstentouren zurück.

Wo es große, bekannte Ringe gibt, fallen auch immer ein paar kleine, unbekanntere ab, wie der Ring of Skellig oder der Ring of Valentia. Der eine umrundet mit seinen knapp 20km die kleine, gleichnamige Valentia-Insel im Nordwesten der Kerry-Halbinsel, die ja eigentlich Iveragh Peninsula heißt. Aber es bietet viel, dieses kleine Eiland. Neben dem Besuch der pittoresken, weit verstreuten Fischersiedlungen lohnt das Erklimmen des „Geokaun Hügels“ mit den spektakulären Fogher Cliffs.

Übernachtungsplatz
Übernachtungsplatz

Wanderern bietet sich ein Rundwanderweg auf halber Höhe mit späterem „Gipfelsturm“ auf rund 400m. Autofahrer können die Sandpiste hinauf fahren, wenn ihr Vehikel die knapp 30% Steigung schadlos übersteht.

Es ist der Mühe wert, denn oben gibt es nicht nur einen 360° Rundblick sondern auch „Bildung über das Mittelalter“. Wer wusste denn schon, wie man vollwertiges Mitglied der Finnai-Kriegergruppe aus dem 12.Jh. werden kann? Für eventuelle Bewerber, hier die Auswahlkriterien: „Als Finnai-Krieger musst Du Folgendes beherrschen: 1) 12 Gedichtbände auswendig rezitieren – 2) Dich gegen die Speere von gleichzeitig 19 Kriegern verteidigen – 3) Durch einen dichten Wald rennen, ohne ein einziges Zweiglein abzubrechen – 4) Über einen Stab springen, der Deine Höhe hat – 5) Unter einem Stab hindurch kriechen (Limbo-Style), der nicht höher als Dein Knie liegt – und schließlich 6) im vollen Lauf einen Dorn aus de Fußsohle ziehen“. Wie gesagt, Übung macht den Meister!

Basstölpelkolonie Skellig
Basstölpelkolonie Skellig

Nicht auslassen sollte man dann von dem Inselübergangsort Portmagee eine Bootstour zu den Skellig Islands. Das sind zwei knorrige Felseninseln knapp zwei Fischkutterstunden entfernt. Die eine dient als Vogelparadies für die größte europäische Basstölpelpopulation. Die Felsformation schimmert in schierem Weiß, hervorgerufen von dem Gefieder der Vögel und deren Hinterlassenschaften. Dicht gedrängt hocken sie auf denFelsvorsprüngen, streiten oder lieben sich bei ohrenbetäubendem Lärm.

Klosterinsel Skellig
Klosterinsel Skellig

Das andere Felsmonument, gut 200m schroff aus dem Wasser ragend, diente zwischen dem 7. und 10. Jh. als Sitz eines Klosters (heute: UNESCO-Weltkulturerbe). Heute hat sich an den Felshängen eine riesige Kolonie an Papageientauchern eingenistet.  Mehr als 600 Steinstufen – sie sollen über tausend Jahre als sein – führen hinauf zu den Klosterruinen. Um sie zu erklimmen, bedarf es wirklicher Schwindelfreiheit, denn zum Teil geht es direkt an der Felswand entlang, ohne Geländer oder sonstige Sicherheitsmaßnahmen. Aber solch eine Kletter- und Hüpftour bleibt unvergesslich!

Ebenso gilt das auch für den Ring of Skellig, diese Berg-Panoramastrecke (gut 40km) immer entlang der steilen äußersten Westküste. Nur Glück braucht man, dass die Sicht nicht durch den häufigen Nebel beeinträchtigt ist. Umso imposanter wirken dann aber auch von der Sonne durchfluteten Felsformationen, die sich „Kerry‘s Most Spectacular Cliffs“ nennen. Sicherlich ein relativer Begriff aber in jedem Fall besuchenswert. Unterwegs gibt es als Belohnung auch etwas für das leibliche Wohl, die Skellig Chocolate Fabrik.

Und der eigentliche Ring of Kerry? Nun, er kann schon mit seiner attraktiven Schönheit prahlen. Denn nicht umsonst wird er von Reisebussen quasi gestürmt. Gleiches gilt für den etwas abseits der Küsteroute liegenden „Lakes of Killarny National Park“. Wer diese beiden Sehenswürdigkeiten  bei aller oben erwähnten Touristenüberflutung auslässt, hat sicherlich Wichtiges in Irland verpasst.

Papageientaucher
Papageientaucher

Das wusste wohl auch bereits Charlie Chaplin. Im Küstenort Waterville hatte er eines seiner ständigen Urlaubsquartiere aufgeschlagen. Die Stadt hat ihm aus Dankbarkeit dafür eine Statue aufgestellt.                Soviel Ruhm und Rummel erfährt der große „Befreiungspolitiker“ O’Connel nicht. Sein Geburtshaus steht zwar in Cahirsiveen, aber kaum einer nimmt Notiz davon. Tja, was die Welt wirklich interessiert!

Um wieviel ruhiger und beschaulicher als der „Kerryring“ präsentiert sich dann doch die nördliche Schwester, die Dingle Halbinsel. Sicherlich, auch hier treten sich die Touristen teilweise auf die Füße. Doch dieser Auswuchs konzentriert sich auf den Hauptort, die Hafenstadt Dingle. Der Rest, inklusive des „Ring of Dingle“ mit seiner atemberaubenden Küstenstraße, bleibt beschaulich mit seiner lieblichen Landschaft. Hier bleibt man großenteils „unter sich“, besonders an der Nordküste in den abseits gelegenen Heads und Caps.

Delphin Funghi P1110932Wer hat wohl mehr Spaß an den Wettrennen ? Die Touristen auf den Ausflugsbooten oder der Delphin „Funghi“, der sich seit nunmehr mehr als 30 Jahren in der Bucht vor Dingle-Stadt tummelt. Jedenfalls hat die „Dolphintour“ den Touch eines Wettkampfes nach dem Hase-und-Igel-Prinzip „Ick bin all dor“.

Ohne frühchristliche Kirche“ geht es auf Dingle aber auch nicht. Man entdeckt mancherorts „Bienenstöcke“ und „Boote kieloben“, alles alte Steinkirchen meistens aus dem 12./13.Jh. Die Perle unter ihnen heißt „Gallarus Oratory“ und soll bereits 1.300Jahre alt sein.

Den frühen Vogel frisst der Wurm
Den frühen Vogel frisst der Wurm
Ringstraße
Ringstraße

Wer diese beiden Halbinseln bereist, verfährt gut nach dem Motto: Schaue nicht auf die Uhr und zähle die zurückgelegten Kilometer. Das kann nur missmutig stimmen. Summiere die Spitzen der Felsküste, die sagenhaften Ausblicke, aber auch die heil überstanden verkehrstechnischen Begegnungsgefechte.

On Tour 10–IRL/Südwesten „The Wild Atlantic Way”

Diese Panoramastraße verläuft auf ca. 2.500km vom Süden Irlands, vom „Old Head“ bei Cork bis hoch oben in den Norden nach Malin Head im Donegal County Mit rund 160 „Must-See“-Sehenswürdigkeiten nennt der Tourismusminister es „einen unvergesslichen Abenteuertrip“. Wir bereisen im Moment die Südwestecke dieses Trails.

Mizen Head
Mizen Head

Raue, felsige Klippenlandschaft prägen die vielen Landzungen und Caps hier im Südwesten, wie z.B. den Mizen Head oder den Sheep’s Head. Um an die äußersten wind- und meeresumtosten Landspitzen zu gelangen, muss man oft mehrere Kilometer durch gebirgige, schroffe Landschaft kraxeln. Ja, die bis zu 800m hohen Berge zeichnen sich häufig durch große Felsmassive aus – eigentlich eine Landschaft, die nicht so recht ins vorgeprägte Irlandbild passt. Ebenso wenig erwartet man eine subtropische Flora. Doch es gibt sie häufig am südwestlichsten Punkt der Insel, die von Palmen gesäumten Gärten. Besonders hervorzuheben sind hierbei der „Bamboo Park“ im Hafenort Glengariff sowie gleich nebenan „Garinish Island“.

Und erst die kleinen Badeorte an diesem Küstenabschnitt. Alle wohltuend, unaufdringlich touristisch durchgestylt, egal ob Baltimore, Cobh (sprich: Cove), Kinsale oder auch Bantry. Die meisten werden von Burgen oder was von ihnen übrig blieb überragt; vielfach prägen überdimensionale Kathedralen das Stadtbild.

Sheep's Head
Sheep’s Head

Die Halbinseln im äußersten Südwesten, wie die „Beara Pensinsula“ haben darüber hinaus den Vorteil, dass sie nicht so von Touristen überlaufen sind wie die nördlicheren Schwestern, die Iveragh Peninsula mit dem weltberühmten „Ring of Kerry“ oder die „Dinglenase“.

Doch hier in der Südwestecke gibt es noch die einsamen, verwunschenen Ecken, zu denen nur äußerst schmale Straßen führen. Was kümmert da der offizielle Linksverkehr, wenn der Wirtschaftsweg nicht breiter ist als das eigene Wohnmobil. Schweißperlen auf der Stirn und leicht feuchte Hände stellen sich erst bei Gegenverkehr ein, zumal links und rechts am Wegesrand nur ein tiefer, modriger Graben jegliches Ausweichen so gut wie unmöglich macht. Wie heißt es so schön? In der Ruhe liegt die Kraft!

Picken wir einige besonders besuchenswerte Highlights heraus. Natürlich hat vorchristliche Ritualkunst auch in diesem Landstrich ihre Spuren hinterlassen. Steinkreise sowie die „Standing Stones“ sind über den gesamten Landstrich hinweg zu finden.

Das Küstenort Baltimore, heute ein kuscheliges Hafenstädtchen, musste seinerzeit eine bizarr grausame Zeit durchmachen,  als 1631 algerische Piraten rund 100 damalige Einwohner in die Sklaverei entführten.

Grausam zeigte sich ebenfalls Irlands schwere Hungersnot der 1840ger Jahre. Zahlreiche Missernten des irischen Grundnahrungsmittels, der Kartoffel, ließen allein in dieser Südwestregion mehr als 10.000 Menschen sterben. Das „Heritage Center“ in der Kleinstadt Skibbereen dokumentiert hervorragend dieses düstere Kapitel.

Cobh-Emigranten-hist. Abfertigungshalle
Cobh-Emigranten-hist. Abfertigungshalle

Nicht zuletzt hierin lag auch ein Grund, warum in den folgenden Jahren mehr als eine Million Iren ausgewandert sind, um sich in den USA, Kanada oder auch Australien eine neue Existenz aufzubauen. Bei der Durchleuchtung dieser Auswanderungsbewegung trafen wir auf die Ahnen bekannter Persönlichkeiten. Allen voran zu nennen sind die Urgroßeltern vom früheren amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy. Ihm zu Ehren gibt es ein eigenes „Kennedy-Arboretum“. Der dazugehörige Heritage Trail geleitet den Reisenden dann in die Kleinstadt New Ross, wo der „Dreimaster „Dunbrody“ als maßstabsgetreuer Nachbau besichtigt werden kann. Auf diesem Schiff haben die Kennedyahnen seinerzeit Irland verlassen.

Einige Dörfer weiter, in Ballyporeen, gibt es die Parallele. Dort wird an einen weiteren amerikanischen Präsidenten mit irischen Wurzeln erinnert, nämlich an Ronald Reagan. Auch seine Urahnenwiege wurde in dieser Region hier geschaukelt.

Sie alle schifften sich in dem Örtchen Cobh ein, ebenso wie dann in den 1930ger Jahren die Komikerweltstars „Laurel & Olli“ bei uns besser bekannt als „Dick & Doof“.

Cobh gilt auch als letzter Anlaufhafen für die Titanic, bevor sie auf ihre tragische Eismeerroute auslief. Und nicht weit davon entfernt, auf der „Scenic Route“ Richtung Old Head erinnert eine kleines, unscheinbares Denkmal an eine weitere Schiffskatastrophe ähnlichen Ausmaßes. Der Erste Weltkrieg in Form des deutschen U-Boot-Krieges hat auch hier sein grausames Unwesen getrieben. Im Mai 1915 wurde das Passagierschiff „Lutsitania“ von einem deutschen Torpedo versenkt. Rund 1.200 Opfer waren zu beklagen.

Atlantikküstenfrühstück
Atlantikküstenfrühstück

Soweit einige historische Mosaiksteinchen. Die Gegenwart zeigt sich erheblich aufgehellter, und das nicht nur unter dem  meteorologischen Aspekt. Die Insel präsentiert sich aktuell sehr sommerlich, von Sonnenschein durchflutet bei angenehmen 20°C – immer zuverlässig zwischen den regelmäßigen atlantischen Regenschauern.

Schwebebahn zur Dursey Island
Schwebebahn zur Dursey Island
Über dem Dursey Sund
Über dem Dursey Sund

Beschaulichkeit ist angesagt an der Spitze der Beara Halbinsel. Die dortige Schwebebahn, die einzige in ganz Irland, stellt die  Verbindung zur nahen Dursey Insel sicher. Mit Uralttechnik ausgestattet, kann sie auf einer Tour entweder sechs Erwachsene oder ein „großes Stück Vieh“ transportieren. Da bei unserem Besuch weder Kuh noch Schaf in Warteschlange stehen, lassen wir uns gemütlich über den rund 300m breiten, von heftigen Tidenströmungen mit Strudeln gezeichneten Dursey Sund schaukeln und genießen den Tiefenblick.

On Tour 01-F/La SOMME: „Auch 100 Jahre später…“

Auf dem „Rundkurs der Erinnerungen“ an der Somme

Man stelle sich vor: Rund 3 Millionen Soldaten aus ca. 30 Nationen standen sich auf einer Länge von nur 45km Frontlinie gegenüber, hier in dem kleinen nordfranzösischen Département SOMME. Der Erste Weltkrieg (1914-1918) hat diesem, heute friedlich in der Maisonne ruhenden Landstrich der Picardie übel mitgespielt. Auf der einen Seite standen die Alliierten, allen voran die Franzosen und Engländer, später auch die Amerikaner, Kanadier, Australier und viele weitere Nationen, auf der anderen die Deutschen und ihre Verbündeten. Die entscheidenden Schlachten wurden hier ab Juli 1916 bis hin zur späteren Kapitulation Deutschlands (im November 1918) am gleichnamigen Fluss geschlagen.

Schützengrabenreste
Schützengrabenreste

Unsere Rundfahrt führt vorbei an außerordentlichen Gedenkstätten, Museen, Kampfplätzen und Friedhöfen, die das Andenken an alle Soldaten dieses Krieges pflegen.

Zwei hervorragende Museen gilt es zu nennen. In der Stadt PÉRONNE weist das „Historial“ dem Besucher den Weg durch vier Jahre Weltkriegszeit. Geschichtliches wie Alltägliches kommen zu Wort; das Leiden der Soldaten und Zivilbevölkerung nimmt dabei einen umfangreichen Platz ein.

dt. Soldatenfriedhof
dt. Soldatenfriedhof

Im „Musée Somme 1916“ des  Städtchens ALBERT wird der Besucher zehn Meter unter die Erde geführt, um dort in 250m Schutzbunkergewölbe „das Leben der Soldaten im Schützengraben“ nachempfinden zu lassen.

Überreste von ehemals durch Artilleriebeschuss ausradierten Dörfern, wie z.B. das „Ruinendorf“ FAY, säumen unseren Weg genauso wie der nunmehr eingefallene ehemalige deutsche Bunker „Le Gibraltar“ nahe der Ortschaft POZIÈRES.

Britisches Mahnmal
Britisches Mahnmal

Zum kriegswichtigen Transportmittel entwickelte sich die Eisenbahn. Auf historischer Strecke geht es von FROISSY nach DOMPIERRE. Diese Strecke diente den Alliierten als Haupttransportweg zur Versorgung der Einheiten in den Schützengräben.

Den entscheidenden Angriff 1916 leiteten die Alliierten ein durch die Explosion einer „unvorstellbar gigantischen Mine“ (Sichtweise 1916). Der daraus resultierende Krater mit seinen 91m Durchmesser und 21m Tiefe kann heute als „Lochnager Crater“ bei LA BOISSELLE zu Fuß umrundet werden.

Schier unzählige Monumente und Gedenkstätten zieren die Region. Jede Nation hat ihre eigene Gedenkstätte errichtet. Jetzt zum 100. Jahrestag des Kriegsbeginns sind sie natürlich besonders herausgeputzt. Allen voran ist die französische „Gedächtniskirche“ in RANCOURT zu nennen, ebenso wie der „Triumphbogen“ von PROYART. Nicht minder beeindruckten uns das britische Monument in THIEPVAL, die südafrikanische Gedenkstätte in LONGUEVAL sowie der australische Gedächtnispark in VILLERS-BRETONNEUX.

Lokalkolorit spiegelt das Denkmal für Soldaten aus Wales „Gallischer Drachen“ bei MARMETZ wider. Flügelschlagend streckt das knallrote Untier seine Krallen dem Feind entgegen, der sich im naheliegenden Wald verschanzt hält.

Ähnliches gibt es über das Monument für die Einheiten aus Neufundland zu berichten. Statt Drachen wurde hier ein Karibu, das Wappentier dieser kanadischen Insel, als Bronzestatue auf einen Hügel gestellt. Sein Schrei ertönt in Richtung der feindlichen Schützengräben. Zu finden ist es in BEAUMONT-HAMEL.

Zusätzlich bietet dieser Erinnerungspark, laut eigener Beschreibung der Parkdirektion, eine „bewegende und realistische Vision von dem Stellungskrieg, nicht zuletzt hervorgerufen durch ein heute noch begehbares und gut erhaltenes Netz an Schützengräben“.

Erheblich hautnaher schildert diese Situation der ehemalige Kriegsteilnehmer und große französische Schriftsteller Blaise Cendrars (1887-1961): „Wir konnten die Deutschen buchstäblich bei den Hörnern packen. Wir hielten eine kleine Stellung, die von der deutschen nur einige Sandsäcke entfernt lag. Man hätte sich mit den Bajonetten von einem Schützengraben zum anderen wie zu einem Schaschlik aufspießen können“.

Blaise Cendrars hat den Krieg überlebt. Viele Millionen andere Soldaten nicht (insgesamt 9.300.000 gefallene Soldaten). Einer von ihnen war das deutsche „Fliegerass“ Manfred von Richthofen, auch genannt „Der Rote Baron“. Vor seiner Überführung nach Deutschland war der Leichnam zeitweilig auf dem deutschen Soldatenfriedhof in FRICOURT bestattet.

Wer mag all die Gräber zählen auf den gut 500 Soldatenfriedhöfen nur in dieser Somme-Region (darunter 410 britische, 22 französische und 14 deutsche). Eine Besonderheit stellt der „Chinesische Soldatenfriedhof“ in NOYELLE-SUR-MER dar. China hatte zwar nicht an den Kämpfen direkt teilgenommen. Es schickte den Alliierten jedoch bis zu 90.000 zivile Mitarbeiter für Versorgung und späteren Wiederaufbau.

Spendenaufruf
Spendenaufruf

Wir wenden uns zum Schluss noch einmal dem Museum und Dokumentationszentrum „Historial“ in PÉRONNE zu, knüpft es doch eine besondere Verbindung nach Deutschland. In einer einzigartigen Ausstellung des deutschen Malers Otto Dix werden Leid, Schrecken und die zerstörerischen Folgen des Krieges in Kohlezeichnungen dargestellt.

Außerdem – mehr per Zufall entdeckt – wird unter den rund 70.000 Exponaten des Museums ein Plakataufruf an alle Einwohner Lübecks präsentiert: „Sammelt Knochen!“

Wir verabschieden uns aus dieser geschichtsträchtigen Region Nordfrankreichs und melden uns später wieder evtl. aus der Bretagne.

Demnächst wieder „on tour“

03 Rauhe Küsten HPIM2685Ja, es soll mal wieder losgehen.

Frankreich, Irland, England stehen für die nächsten sechs Monate auf dem Programm, also Reiseziele „gleich um die Ecke“ mit einem hohen Grad an Naturerlebnissen,  historischen Einblicken und Lebensfreude.

Bedanken möchten wir uns bei all denen, die durch ihre Besuche bei unseren Diavorträgen, Konzerten und Ausstellungen zu einer erfolgreichen „Spielzeit“ beigetragen haben.

Ab November geht es dann weiter, auch  mit neuen Vorträgen wie z.B. Norwegen, Kanada, Schottland und der neuesten Kreation über die USA  „Der Mississippi – Lebensader einer Nation“, ein Reisebericht „Von der „Quelle bis zur Mündung“.

 

Achtung! Linksverkehr!!!!
Achtung! Linksverkehr!!!!

Ab Anfang Mai  sind wir lediglich über handy bzw. mail erreichbar. Aber so ganz aus der Welt sind wir allerdings nun doch nicht, denn hier, auf dieser Internetseite lässt sich  einiges über unseren aktuellen Aufenthaltsort erfahren, sicherlich garniert mit ein paar hübschen Fotos. Außerdem werden höchstwahrscheinlich wieder einige Artikel in der örtlichen Presse erscheinen, dieses Mal in den „Lübecker Nachrichten“.

Ciao!